Der Besuchsdienst - Haus kirchlicher Dienste
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pr a x I s 32 anderes zu erschließen. Er ist aber auch das zu Erschließende selbst. • Im Tanz kann Unsagbares geschehen, kann ich ergriffen werden. • Nicht alles, was geschieht, braucht noch interpretiert oder gar bewertet zu werden. Es hat seinen Sinn als solches. • Für die Begegnung von Klage und Hoffnung kann es kein vorgeschriebenes Drehbuch geben. (Gewisse Bereitschaften zur Begegnung sollten mitgebracht werden (s.o.).) Der eigene Psalm – Der eigene Tanz Ein Psalm ist im weiten Sinn ein geistliches Lied. Die TN werden gebeten, einen Text aufzuschreiben, keine literarische Leistung, vielleicht nicht mal in Satzform: was sie jetzt im Moment gerne gegenüber Gott äußern würden. In ihrem Text müssen sich dann alle für die drei wichtigsten Punkte entscheiden, die Schlüsselwörter. Zu jedem Wort wird nun unabhängig voneinander eine Bewegung, eine Körperhaltung und noch eine Bewegung gesucht und zu Tänzerischem überarbeitet. Die entstandene Tanzsequenz wird beschlossen mit einem „Amen“ in einer selbst gewählten Körperhaltung. Nun wird wieder Anteil gegeben und Anteil genommen: eine tanzt ihren Psalm, eine andere begleitet schauend. Es entsteht ein weiterer Psalm: Diejenige, die schauen durfte, schreibt einen Text, den ihr das Geschaute eingibt. Danach liest sie den so entstandenen Text derjenigen vor, die ihn tanzend vortrug. Der getanzte Psalm hätte schon genügt, an Ausdruck und an Eindruck. Nun kommt noch die Überraschung dazu, dass der neue Text dem ursprünglichen ähnelt oder es sogar noch besser sagt, was die Worte des ersten Textes zu fassen versuchten. • Worte lassen sich tanzen. • Tanz kann mehr sagen als Worte. • Es lässt sich auch tanzend beten. • Wort und Tanz können sich wunderbar ergänzen. • Auch Zuschauen ist eine zu pflegende Kunst. • Zuschauen gibt Bedeutung. Die TN waren erfüllt. Und sie waren erschöpft. Erfüllt vom Reichtum der Psalmen, der vorgefundenen und der neu entstandenen. Sie waren erfüllt von ihren eigenen tänzerischen Fähigkeiten. Sie haben mit Vorurteilen sich selbst gegenüber, dem Tanz gegenüber und anderen gegenüber aufgeräumt. Ich selbst musste gestehen, so viel Bereitschaft, sich auf Neues einzulassen, nicht erwartet zu haben. Insbesondere den älteren Frauen hatte ich unterstellt, dass sie doch nur im Kreis nach vorgegebenen Schritten tanzen wollten. Gerade sie gingen an ihre konditionellen Grenzen im freien Tanz und eröffneten sich und anderen neue Verständnisräume. „Und was hat das Ganze nun für die Besuche gebracht?“ Siehe oben. Das Tanzen hat uns mit einer anderen Aufmerksamkeit für uns selbst und füreinander in die nächsten Begegnungen mit Gott und der Welt geschickt. Mit Langzeitwirkung im Körpergedächtnis.
Der Glaube ist immer schon im Gespräch Die Montagsrunde des Seniorenbesuchsdienstes. Eine neue Teilnehmerin stellt sich vor und schließt mit den Worten: “Aber über den Glauben reden, das kann ich nicht.” Einige versuchen sie zu beruhigen. “Vom Glauben ist bei unseren Besuchen selten die Rede.” “Von Gott sprechen wir fast nie.” Da kam das Seminar-Angebot gerade recht: “Der Glaube ist immer schon im Gespräch”. Das ist es doch! Das kann uns der Klarheit näher bringen. Ich hatte mich schon vor dem Seminar mit dem Thema auf meine Weise beschäftigt, denn ich wollte die Andacht zu Beginn halten. Für mich war klar, dass schon bei der Vorstellung “Ich komme von der Kirchengemeinde” ein Stück meines Glaubens mit einfließt. Schließlich komme ich im Auftrag der Kirche, und Kirche steht nun mal für die beiden Begriffe Gott und Glaube. Soweit meine vorweggenommenen Gedanken in der Andacht. Im Seminar erarbeiteten wir uns Schritt für Schritt Gewissheit darüber, was eigentlich bei unseren Besuchen zwischen den Gesprächspartnern vorgeht. Die biblische Geschichte “Der Blinde von Jericho” (Lk 1, 35-45) erzählt von dem Vertrauen, das der eine dem anderen im Vorübergehen entgegenbringt. Beim Besuch entsteht dieses Vertrauen schon an der Wohnungstür, wenn wir hereingebeten werden, die äußere Distanz sich verändert und Nähe entsteht. Dieses Vertrauen gilt es im Gespräch auszudehnen und zu bewahren. Nur so kann sich eine Basis für einen fruchtbaren Gedankenaustausch, für Trost oder Ermutigung ergeben. Spüren, wie der andere ist, wie seine Gefühlslage ist, was er braucht und das in Einklang mit meinen eigenen Gefühlen zu bringen, das ist die Grundlage für ein gelingendes Miteinander. Selbst in tiefsinnigen Gesprächen, wenn Besucher und Besuchte sich menschlich ganz nahe sind, scheuen wir uns, Gott oder Glauben zu nennen. Wir wählen andere Formen, die auf das Ungesagte deuten, indem wir z. B. rückblickend auf unser Leben Ereignisse mit Dankbarkeit oder Begeisterung schildern und auf diese Weise Gott Lob und Dank sagen. Sensibel werden für diese Situationen war für mich ein wichtiger Aspekt in einer Fallbesprechung. Nicht allzu häufig kommt jedoch auch das zur Sprache, was mit meinem ganz persönlichen Glauben zu tun hat. Nachdem mir klar geworden ist, woraus diese Scheu, von Gott wortwörtlich zu reden, entstanden ist, fühle ich mich freier. Die Rede von Gott berührt nach wie vor mein Innerstes, aber ich kann jetzt besser damit umgehen, weil ich weiß, es kommt auf mein Gegenüber und auf das “Klima” an, in dem wir gedanklich zueinander finden. Wenn die gemeinsame Ebene stimmt, fließen Gott und Glaube mühelos ins Gespräch. Und nicht selten kommt es in dieser Situation auch zu einer körperlichen Geste, die das gegenseitige Verständnis noch unterstreicht: Ein leichtes Streicheln oder ein herzlicher Händedruck. Meine Visitenkarte beim Besuch ist ein schmales Heft mit bunten Bildern und besinnlichen Texten in Großdruck. Immer ist auch ein Gebet dabei. Wenn ich spüre, wir sind dazu bereit, lese ich es vor. Unsere Besuche sind ein Brückenschlag von Mensch zu Mensch, geprägt von dem, was uns verbindet: Unser Glaube an Gott. Ute Münch „sp u r e n, D I e w I r b e I u n s e r e n be s u c h e n h I n t e r l a s s e n“ Ute Münch pr a x I s 33
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<strong>Der</strong> Glaube ist immer schon<br />
im Gespräch<br />
Die Montagsrunde des Seniorenbesuchsdienstes.<br />
Eine neue Teilnehmerin stellt sich<br />
vor und schließt mit den Worten: “Aber über<br />
den Glauben reden, das kann ich nicht.” Einige<br />
versuchen sie zu beruhigen. “Vom Glauben ist<br />
bei unseren Besuchen selten die Rede.” “Von<br />
Gott sprechen wir fast nie.”<br />
Da kam das Seminar-Angebot gerade recht:<br />
“<strong>Der</strong> Glaube ist immer schon im Gespräch”.<br />
Das ist es doch! Das kann uns der Klarheit<br />
näher bringen.<br />
Ich hatte mich schon vor dem Seminar mit dem<br />
Thema auf meine Weise beschäftigt, denn ich<br />
wollte die Andacht zu Beginn halten. Für mich<br />
war klar, dass schon bei der Vorstellung “Ich<br />
komme von der Kirchengemeinde” ein Stück<br />
meines Glaubens mit einfließt. Schließlich<br />
komme ich im Auftrag der Kirche, und Kirche<br />
steht nun mal für die beiden Begriffe Gott und<br />
Glaube. Soweit meine vorweggenommenen<br />
Gedanken in der Andacht.<br />
Im Seminar erarbeiteten wir uns Schritt für<br />
Schritt Gewissheit darüber, was eigentlich bei<br />
unseren Besuchen zwischen den Gesprächspartnern<br />
vorgeht. Die biblische Geschichte<br />
“<strong>Der</strong> Blinde von Jericho” (Lk 1, 35-45) erzählt<br />
von dem Vertrauen, das der eine dem anderen<br />
im Vorübergehen entgegenbringt. Beim Besuch<br />
entsteht dieses Vertrauen schon an der<br />
Wohnungstür, wenn wir hereingebeten werden,<br />
die äußere Distanz sich verändert und Nähe<br />
entsteht. Dieses Vertrauen gilt es im Gespräch<br />
auszudehnen und zu bewahren. Nur so kann<br />
sich eine Basis für einen fruchtbaren Gedankenaustausch,<br />
für Trost oder Ermutigung ergeben.<br />
Spüren, wie der andere ist, wie seine Gefühlslage<br />
ist, was er braucht und das in Einklang mit<br />
meinen eigenen Gefühlen zu bringen, das ist die<br />
Grundlage für ein gelingendes Miteinander.<br />
Selbst in tiefsinnigen Gesprächen, wenn Besucher<br />
und Besuchte sich menschlich ganz nahe<br />
sind, scheuen wir uns, Gott oder Glauben zu<br />
nennen. Wir wählen andere Formen, die auf das<br />
Ungesagte deuten, indem wir z. B. rückblickend<br />
auf unser Leben Ereignisse mit Dankbarkeit<br />
oder Begeisterung schildern und auf diese Weise<br />
Gott Lob und Dank sagen. Sensibel werden<br />
für diese Situationen war für mich ein wichtiger<br />
Aspekt in einer Fallbesprechung.<br />
Nicht allzu häufig kommt jedoch auch das<br />
zur Sprache, was mit meinem ganz persönlichen<br />
Glauben zu tun hat. Nachdem mir klar<br />
geworden ist, woraus diese Scheu, von Gott<br />
wortwörtlich zu reden, entstanden ist, fühle ich<br />
mich freier. Die Rede von Gott berührt nach wie<br />
vor mein Innerstes, aber ich kann jetzt besser<br />
damit umgehen, weil ich weiß, es kommt auf<br />
mein Gegenüber und auf das “Klima” an, in<br />
dem wir gedanklich zueinander finden. Wenn<br />
die gemeinsame Ebene stimmt, fließen Gott<br />
und Glaube mühelos ins Gespräch. Und nicht<br />
selten kommt es in dieser Situation auch zu<br />
einer körperlichen Geste, die das gegenseitige<br />
Verständnis noch unterstreicht: Ein leichtes<br />
Streicheln oder ein herzlicher Händedruck.<br />
Meine Visitenkarte beim Besuch ist ein schmales<br />
Heft mit bunten Bildern und besinnlichen<br />
Texten in Großdruck. Immer ist auch ein Gebet<br />
dabei. Wenn ich spüre, wir sind dazu bereit,<br />
lese ich es vor.<br />
Unsere Besuche sind ein Brückenschlag von<br />
Mensch zu Mensch, geprägt von dem, was uns<br />
verbindet: Unser Glaube an Gott.<br />
Ute Münch<br />
„sp u r e n, D I e w I r b e I u n s e r e n be s u c h e n<br />
h I n t e r l a s s e n“<br />
Ute Münch<br />
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