Der Besuchsdienst - Haus kirchlicher Dienste
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pr a x I s<br />
30<br />
geht nicht um Beurteilung oder gar um Raterei,<br />
was die Bewegung wohl ausdrücken möge,<br />
sondern um den schlichten Versuch, nachzuvollziehen,<br />
wie ein anderer Mensch sich bewegt<br />
und was ihn bewegt. Nachdem alle sich und ihr<br />
Psalmwort vorgestellt haben, werden einzelne<br />
Bewegungen in kleinen Gruppen wiederholt.<br />
Jetzt ist man sich bekannt! Man hat sich darum<br />
bemüht, sich in die andere hinein zu versetzen.<br />
Man wird sich nicht an Namenslaute erinnern,<br />
aber an bedeutsame Gebärden, vielsagende<br />
Haltungen, individuelle Impulse, … - „Ach, ja,<br />
Sie sind doch die mit dem Hüftschwung zum<br />
Mauersprung!“<br />
• Anteilnahme und Anteilgabe müssen nicht<br />
allein in gesprochenem Wort geschehen.<br />
Da die Körpersprache die uns nahste und<br />
direkteste ist, verstehen wir sie sowieso –<br />
wenn wir bereit sind, in ihr zu hören.<br />
• Psalmworte sind nicht einfach nur Psalmworte.<br />
Sie können Ausdrucksform auch einer<br />
aktuellen individuellen Befindlichkeit sein.<br />
Ich kann sie für mich sprechen lassen, indem<br />
ich sie spreche, indem ich sie tanze.<br />
• Psalmworte erschließen sich neu, indem ich<br />
mich in sie hinein begebe und von dort aus<br />
agiere/reagiere.<br />
Tanzqualitäten in Psalmen –<br />
Psalmqualitäten getanzt<br />
Sehr fremd für die TN ist vorerst ein Ansatz von<br />
Bewegungsverständnis aus dem New Dance:<br />
Tanz lässt sich wahrnehmen als bestimmt von<br />
„Körperqualitäten“ wie u.a. Körperflüssigkeiten,<br />
Muskeln, Knochen und Gelenke und Nerven.<br />
Zuerst üben wir, die Bewegungsführung abzugeben<br />
aus dem Kopf an den gesamten Körper,<br />
sich also nicht erst zu überlegen, was gleich<br />
getanzt wird, sondern direkt Impulsen aus dem<br />
eigenen Körper zu folgen. (Eine sehr lustvolle<br />
Übung. Für Menschen, die sonst nur vorgegebenen<br />
Tanzschritten folgen, eine eher schwere<br />
Aufgabe. Für Menschen, die immer behaupten,<br />
sie könnten nicht tanzen, eine Überraschung.)<br />
Danach folgen wir den Bewegungsanregungen<br />
aus den einzelnen Qualitäten und vergleichen:<br />
was passiert jeweils mit der Atmung, wie ist der<br />
Bodenkontakt, was fällt leichter?<br />
• Körperbewegung ist nicht einfach Körperbewegung.<br />
Jede/r beginnt von einer anderen<br />
Ausgangslage aus, hat einen ganz individuellen<br />
körperlichen Zustand und bringt dazu<br />
aktuelle Befindlichkeiten mit, die sich im<br />
Körper niederschlagen.<br />
• Tanzen ist nicht abhängig von einem bestimmten<br />
Körperbau. (Aber ohne Körper, nur<br />
mit dem Kopf lässt es sich nicht tanzen.)<br />
Die Psalmen werden nun auch eingeteilt in<br />
Qualitäten: Trauer, Freude, Klage und Hoffnung.<br />
Diesmal lassen wir unser Tanzen bestimmt sein<br />
von den einzelnen Psalmqualitäten. Im Nachhinein<br />
tauschen wir uns darüber aus, welche Körperqualitäten<br />
dabei zum Tragen kamen: dass<br />
Freude z.B. weniger muskulär als von Knochen<br />
und Gelenken bestimmt ist, dass sie vom Boden<br />
leicht abheben lässt. Dass Klage in der Atmung<br />
und von den Muskeln her geballt auftritt. Dass<br />
Trauer bodennah bewegt und flüssig erscheint,<br />
und dass bei der Hoffnung die Nervenimpulse<br />
überwiegen. Selbstverständlich gibt es dabei<br />
individuelle Abweichungen.<br />
• In der Tanzimprovisation gibt es kein „richtig“<br />
oder „falsch“. Nicht in der Bewegung und<br />
nicht im Erleben. Es geht um mehr Aufmerksamkeit<br />
für das, was uns bereits vor Augen<br />
oder unter der Haut liegt.<br />
• Hören mit den Augen, Sehen mit der Haut.<br />
• Biblische Texte sind Erlebnisräume, in denen<br />
es sich bewegen lässt.<br />
Trauer trifft Freude, Klage trifft<br />
Hoffnung<br />
In einer weiteren Übung treffen in Gruppen<br />
zwei Psalmtypen aufeinander: Bleibt das Tempo<br />
der Freude erhalten? Verharrt die Trauer<br />
unten? ... Die Formulierungen über das, was<br />
rein körperlich beobachtet/erlebt wurde, lassen<br />
sich zugleich hören wie Erfahrungsschätze für<br />
„normale“ Treffen, wenn Trauernde einem von<br />
Freude erfüllten Menschen begegnen oder<br />
umgekehrt. Ja, die trauernde Person darf unten<br />
bleiben, aber vielleicht lässt sie sich vom<br />
Tonus der anderen etwas erfrischen. Ja, es<br />
ist auch wichtig, mal Distanz zu wahren, sonst<br />
macht die Klage die Hoffnung platt. Und wenn<br />
die Hoffnung zu „nervig“ ist: wie kann sie die<br />
Haltung der Klage aufnehmen? …<br />
• Getanzte Begegnungen, ob mit Menschen<br />
oder mit Texten ermöglichen und erfordern<br />
Perspektivwechsel, Haltungsänderungen,<br />
neue Wege. Sie erweitern den Horizont und<br />
lassen Allgemeinplätze und Scheinlösungen<br />
als solche hinter sich.<br />
• Körpersprache hat einen tieferen Sinn. Das<br />
Gesprochene ist gleichzeitig ein Tun. Körper<br />
lassen sich nicht belügen. Sie lehren uns.<br />
Sich Psalmtexte einverleiben in<br />
strukturierten Tänzen<br />
„Ich danke dir Gott, dass ich so wunderbar<br />
gemacht“ – Wir geben uns zum Aufwärmen<br />
gegenseitig eine Klopfmassage, die sehr direkt<br />
auf all die wunderbaren Teile unserer Körper<br />
verweist.<br />
„Ich will Gott loben“ – Die TN lernen eine<br />
Choreographie, innerhalb derer z.B. ein Erntedankaltar<br />
oder ein Abendmahlstisch gedeckt<br />
werden kann. Hauptschritt ist der so genannte<br />
Pilgerschritt. Jede trägt eine Gabe, Blumen, einen<br />
Krug Wasser, Brot, Kleinode aus der Natur.