Der Besuchsdienst - Haus kirchlicher Dienste

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13.02.2013 Aufrufe

pr a x I s 28 Gefühle miteinander verband. Was bedeutet der Text, diese Aussage für mich, für mein Leben? Wo fühle ich mich getragen, geborgen, beobachtet, kontrolliert, gehalten…? Welche Menschen haben mich auf meinem Weg begleitet? Diesem Bild galt es einen „Rahmen“ zu geben. Einen Rahmen, der das eigene Leben umgibt. Was gibt Kraft und Halt, das nichts herausfallen kann? Wer hat mitgestaltet an diesem Rahmen? Welche Rolle spielt Gott, der Glaube bei dem, was meinem Leben einen Rahmen gibt? Auch hier waren die Erfahrungen und Gedanken sehr ambivalent. Mein Leben hat einen Rahmen, alles ist aufgehoben. Alles, was zu mir gehört, wird gehalten durch Gottes guten Rahmen. Nichts kann herausfallen. – oder auch: Ich kann nichts verbergen, kann nicht aus dem Rahmen fallen, Ängste vor Kontrolle und das Gefühl von Enge und Bedrohung treten in den Vordergrund. „Ich danke Dir, dass ich wunderbar gemacht bin“ Zu diesem Vers arbeiteten wir mit Spiegeln. Die Frauen sollten sich betrachten, sich ansehen – Ich bin wunderbar gemacht! Vielen Frauen fiel es schwer, sich so anzusehen. Der Spiegel wird dazu „normalerweise“ nicht benutzt. Man gebraucht ihn, um zu sehen, ob alles „in Ordnung“ ist, die Kleidung richtig sitzt, nicht aber um sich selbst zu sehen, als Mensch, wunderbar gemacht. Für einige Frauen war die Zeit des „Sich Betrachtens“ kaum auszuhalten. – Ich sollte in meinem Leben nicht schön sein, darum ging es nicht. Ich sollte passend gekleidet sein, praktisch für die Arbeit – und auch meine Hände durften nicht schön sein; dann galt ich als faul. Die Hände mussten Spuren der Arbeit aufweisen, dazu waren sie da. Nicht aber um schön zu sein. Mich einfach nur so im Spiegel zu betrachten, mich als wunderbar gemacht zu sehen, ist pure Eitelkeit. Es ziemt sich nicht, sich so zu sehen. Und doch gilt: Sieh, Du bist wunderbar gemacht. Gott hat mich wunderbar gemacht. So wie ich bin, bin ich in Gottes Augen wertvoll- wunderbar! Und die Spuren, die mein Leben an mir hinterlassen hat, mindern niemals seine Zusage an mich. Du siehst mich so, wie ich bin, mit allem, was zu mir gehört. Du hältst mich und umgibst mich, bei Dir bin ich geborgen. Einen eigenen Psalm schreiben Der Text der zunächst von Außen an die Teilnehmenden herantrat, wurde von ihnen im Laufe des Seminars verinnerlicht, weil sich seine Worte und Bilder mit der ganz individuellen Lebensgeschichte verschränkt haben. Ein neuer, persönlicher Psalm war entstanden. Die Teilnehmenden haben das, was sie im Laufe des Seminars entdeckt und erlebt haben, in einem eigenen Psalm in Worte gefasst. Der Psalm wurde so für sie zu einem ganz persönlichen Psalm, zu „ihrem“ Psalm. In einer „Dichterinnenlesung“ haben die Teilnehmenden einander daran teilhaben lassen. Das Wort und das Leben führen zu neuen Worten – eine unendliche Geschichte, wenn wir sie nur weitererzählen.

Anke Kolster „Ic h D a n K e D I r, D a s s I c h w u n D e r b a r g e m a c h t b I n“ - be s u c h e n m I t le I b u n D se e l e Als ich angefragt wurde, ein Tanzseminar für Besuchsdienstmitarbeitende zu leiten, war ich irritiert: entgegen meiner Überzeugung, dass Tanzen einfach immer gut tut, fragte ich mich, was „die“ denn damit anfangen sollten bzw. wohl von mir erwarten würden. In der Annahme, dass es wohl darum ginge, sozusagen als Dankeschön für die regelmäßige Arbeit mal an was ganz Anderem teilnehmen zu können, bereitete ich den für mich gewohnten Ablauf eines Kirchentanzseminars zum Thema Psalmen vor. Die Frage, auf welche Erwartungen meine Angebote stoßen würden, blieb verunsichernd. Es wurde ein sehr aufregendes, erfüllendes Seminar. Beiderseitige Erwartungen wurden zum Glück größtenteils nicht erfüllt. Die TN und ich wurden gleichermaßen überrascht vom Mitgebrachten und Angebotenen, von der Tiefe und Weite des bereits Vorhandenen, der Sprache unserer Körper, der Sprache der Psalmen und dem in beiden liegenden Schatz der Erfahrungen. Da ich vermute, dass die meisten der diesen Artikel lesenden Besuchsdienstmitarbeitenden noch eher weniger Erfahrungen mit Kirchentanz haben, möchte ich ihn kurz vorstellen. (Die Teilnehmerinnen des zu beschreibenden Seminars hatten zum großen Teil noch nicht einmal, bemerkt, dass sie sich zu einem Tanzseminar angemeldet hatten!) Wir sind geschaffen mit Seele und Leib. Kirchentanz ist eine Form der Pflege, des Feierns und des Genießens unserer Geschöpflichkeit. Und Gott offenbarte sich uns in einem menschlichen Körper. Gott kommunizierte mit Haut und Knochen, Jesus legte Hand an, berührte, und er drückte sich aus in Bildern und Gleichnissen, in symbolischer Sprache. Die direkteste symbolische Ausdrucksweise, die Menschen besitzen, ist die Körpersprache. Tanz ist also eine Möglichkeit, das lebendige Wort „Fleisch“ werden zu lassen. Wir können in Körpersprache Evangelium hören und weitererzählen, Eindruck gewinnen und Ausdruck geben von dem, was uns bewegt und was uns bewegen soll. Und Ein Kirchentanzseminar Kirchentanz ist ein Raum, in dem der Geist/die Geistin wehen kann, Gottes- und Menschenbegegnung kann passieren. In diesem trinitarischen Sinne meine ich von der Sakramentalität des Tanzes sprechen zu können. Wie die Musik kann der Tanz im kirchlichen Kontext in den verschiedensten Bereichen in unterschiedlichen Formen und Stilen ausgeübt werden. Hier nur einige Begriffe: Liturgische Gebärden, Liedtänze, Kirchentanzchor, getanzte Predigt, Bibelarbeit getanzt, Kirchentanzkunst, Tanztherapie in der Seelsorge, Tanzmeditation, Gemeinde-Disco, … . Ich werde nicht den gesamten Seminarablauf beschreiben, sondern nur auf die Sequenzen eingehen, in denen das passierte, wovon dieses Arbeitsheft handelt: der Einbruch des Alltäglichen in das Göttliche und umgekehrt. Das Thema „Psalmen“ wählten wir aus, weil es alle Grundformen menschlicher Befindlichkeit beinhaltet, und diese thematische Weite auch ermöglicht, verschiedenste tänzerische Zugänge „auszuprobieren“. Tanzen in Worte zu fassen ist eigentlich unmöglich - sonst bräuchte man ja auch nicht zu tanzen. Ohne Beschreibung der Tanzphasen sind die sich anschließenden allgemeineren Aussagen jedoch schwer nachzuvollziehen. Versuchen Sie, beim Lesen innerlich mit zu tanzen … Eine Vorstellung gewinnen Es liegt eine größere Anzahl von Psalmworten aus. Die TN werden gebeten, eines auszusuchen, was sie gerade besonders anspricht und mit welchem sie sich vorstellen wollen. Zu den Versen soll nun eine Bewegung gefunden werden. Ich rege dazu an, die Bewegung zu einem ersten Tanz werden zu lassen (Einbezug aller Körperteile, Entscheidung bezüglich Dynamik und Rhythmus, Entscheidung bezüglich des Raumweges). Nun geschieht eine Vorstellungsrunde im wahrsten Sinne des Wortes: Die anderen TN gewinnen eine Vorstellung dessen, was die einzelne TN bewegt, indem alle erst schauen und dann mit vollziehen. Es Anke Kolster pr a x I s 29

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Gefühle miteinander verband. Was bedeutet der<br />

Text, diese Aussage für mich, für mein Leben?<br />

Wo fühle ich mich getragen, geborgen, beobachtet,<br />

kontrolliert, gehalten…? Welche Menschen<br />

haben mich auf meinem Weg begleitet?<br />

Diesem Bild galt es einen „Rahmen“ zu geben.<br />

Einen Rahmen, der das eigene Leben umgibt.<br />

Was gibt Kraft und Halt, das nichts herausfallen<br />

kann? Wer hat mitgestaltet an diesem Rahmen?<br />

Welche Rolle spielt Gott, der Glaube bei dem,<br />

was meinem Leben einen Rahmen gibt?<br />

Auch hier waren die Erfahrungen und Gedanken<br />

sehr ambivalent. Mein Leben hat einen<br />

Rahmen, alles ist aufgehoben. Alles, was zu<br />

mir gehört, wird gehalten durch Gottes guten<br />

Rahmen. Nichts kann herausfallen. – oder auch:<br />

Ich kann nichts verbergen, kann nicht aus dem<br />

Rahmen fallen, Ängste vor Kontrolle und das<br />

Gefühl von Enge und Bedrohung treten in den<br />

Vordergrund.<br />

„Ich danke Dir, dass ich wunderbar<br />

gemacht bin“<br />

Zu diesem Vers arbeiteten wir mit Spiegeln. Die<br />

Frauen sollten sich betrachten, sich ansehen –<br />

Ich bin wunderbar gemacht!<br />

Vielen Frauen fiel es schwer, sich so anzusehen.<br />

<strong>Der</strong> Spiegel wird dazu „normalerweise“ nicht<br />

benutzt. Man gebraucht ihn, um zu sehen, ob<br />

alles „in Ordnung“ ist, die Kleidung richtig sitzt,<br />

nicht aber um sich selbst zu sehen, als Mensch,<br />

wunderbar gemacht. Für einige Frauen war die<br />

Zeit des „Sich Betrachtens“ kaum auszuhalten.<br />

– Ich sollte in meinem Leben nicht schön sein,<br />

darum ging es nicht. Ich sollte passend gekleidet<br />

sein, praktisch für die Arbeit – und auch<br />

meine Hände durften nicht schön sein; dann<br />

galt ich als faul. Die Hände mussten Spuren<br />

der Arbeit aufweisen, dazu waren sie da. Nicht<br />

aber um schön zu sein.<br />

Mich einfach nur so im Spiegel zu betrachten,<br />

mich als wunderbar gemacht zu sehen, ist<br />

pure Eitelkeit. Es ziemt sich nicht, sich so zu<br />

sehen.<br />

Und doch gilt: Sieh, Du bist wunderbar gemacht.<br />

Gott hat mich wunderbar gemacht. So<br />

wie ich bin, bin ich in Gottes Augen wertvoll-<br />

wunderbar! Und die Spuren, die mein Leben<br />

an mir hinterlassen hat, mindern niemals seine<br />

Zusage an mich.<br />

Du siehst mich so, wie ich bin, mit allem, was<br />

zu mir gehört. Du hältst mich und umgibst mich,<br />

bei Dir bin ich geborgen.<br />

Einen eigenen Psalm schreiben<br />

<strong>Der</strong> Text der zunächst von Außen an die Teilnehmenden<br />

herantrat, wurde von ihnen im Laufe<br />

des Seminars verinnerlicht, weil sich seine<br />

Worte und Bilder mit der ganz individuellen Lebensgeschichte<br />

verschränkt haben. Ein neuer,<br />

persönlicher Psalm war entstanden. Die Teilnehmenden<br />

haben das, was sie im Laufe des<br />

Seminars entdeckt und erlebt haben, in einem<br />

eigenen Psalm in Worte gefasst. <strong>Der</strong> Psalm<br />

wurde so für sie zu einem ganz persönlichen<br />

Psalm, zu „ihrem“ Psalm. In einer „Dichterinnenlesung“<br />

haben die Teilnehmenden einander<br />

daran teilhaben lassen. Das Wort und das Leben<br />

führen zu neuen Worten – eine unendliche<br />

Geschichte, wenn wir sie nur weitererzählen.

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