Der Besuchsdienst - Haus kirchlicher Dienste
Der Besuchsdienst - Haus kirchlicher Dienste
Der Besuchsdienst - Haus kirchlicher Dienste
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
hI n t e r g r ü n D e<br />
26<br />
was mich treibt, etwas davon in den Bildern<br />
auszudrücken. Es gelingt mir bei weitem<br />
nicht immer, aber dann macht es mich<br />
glücklich. Das ist der Zustand im Moment<br />
des Malens: Es ist wie eine Meditation,<br />
mit der ich mich ins Malen versenke, ich<br />
nehme dann nichts mehr um mich her wahr,<br />
ich bin einfach nur glücklich und aufgehoben.<br />
Wenn mir dann ein Bild gelungen ist,<br />
wundere ich mich, wie es denn zustande<br />
gekommen ist. Ich kann es nur als ein<br />
Geschenk ansehen.<br />
Stü: So wie in Ihren Bildern, da ist Licht auf<br />
etwas gefallen, vielleicht gebrochen, gespiegelt,<br />
durch eine neue Brille geschaut.<br />
Mir wird durch diese Gedanken mein Eindruck<br />
zu Beginn noch etwas klarer. Himmel<br />
und Erde gehören zusammen, bilden eine<br />
Einheit – und doch sehe ich in den Bildern<br />
Himmel und Erde immer auch getrennt.<br />
Die Trennung sehe ich jetzt so, dass ich<br />
als Mensch nur das sehen kann, was mir<br />
vor Augen ist. Wenn es mir gelingt, etwas<br />
von dem, was im Himmel ist, sichtbar zu<br />
machen, dann ist es das, was beleuchtet<br />
ist auf der Erde, was Farbe gewinnt. Aber<br />
das kann ich nicht selber machen, sondern<br />
ist ein Geschenk.<br />
Mig: So ist es. Genau. Genauso ist es.<br />
Stü: In der <strong>Besuchsdienst</strong>arbeit sagen wir, dass<br />
in der Begegnung zwischen Menschen, in<br />
mitunter alltäglichen Äußerungen, immer<br />
auch das Religiöse durch schimmert. Nun<br />
bin ich ja auf Ihre Bilder gekommen, weil<br />
aus ihnen für mich die religiöse Dimension<br />
spricht. Nun kann man uns Theologen ja<br />
vorwerfen, dass sie gerne etwas sehen,<br />
wo es gar nichts zu sehen gibt. Aber nach<br />
unserem Gespräch täusche ich mich da<br />
nicht, oder?<br />
Mig: Nein, auf keinen Fall. Ich freue mich, es<br />
ist wunderschön, dass meine Bilder einen<br />
solchen Resonanzboden finden, wie dieses<br />
Gespräch. Denn, was hier in diesem Gespräch<br />
in Worten zum Ausdruck kommt,<br />
trifft ja das, was ich in Bildern auszudrücken<br />
versuche und für mich erst einmal gar nicht<br />
sagbar war. Es bleibt auch immer etwas<br />
Unsagbares darin, wenn es um transzendente<br />
Erfahrung geht, und doch ist hier in<br />
Worte gekommen, die ich so noch nicht<br />
gehört habe.<br />
Stü: Da geht es mir ähnlich nur andersherum:<br />
ohne die Bilder könnte ich gar nicht in<br />
Worte fassen, was diese Bilder in mir<br />
auslösen.<br />
Ich würde gern noch auf die beiden Bilder<br />
schauen, die vor uns liegen.<br />
Mig: Gern.<br />
„Heiterkeit des Unbegrenzten“<br />
Wenn Sie genau hinschauen dann sehen<br />
Sie im Wasser die Kontinente der Erde,<br />
wenn auch verzerrt – sie liegen im Fluss<br />
der Zeit, sind Veränderungen ausgesetzt.<br />
Sie sind immer in Bewegung. Die Heiterkeit,<br />
die darin liegt, ist nicht im nur Großen<br />
und Ganzen zu spüren, sondern ist in<br />
jedem kleinsten Ort existent.<br />
Stü: Es ist die himmlische Bewegung des<br />
Kreises, die sich auf der Erde widerspiegelt,<br />
die Bewegung und Veränderung auf<br />
der Erde nach sich zieht.<br />
Mig: Wobei der Kreis das Ganze, die Einheit<br />
symbolisiert, die sich eben auch hier in<br />
jedem kleinsten Ort wiederfindet.<br />
Stü: Ich sehe darin Gott, der die Erde in Bewegung<br />
bringt und hält. Und mir fällt dazu<br />
das Pfingstfest ein, die Ausgießung des<br />
Heiligen Geistes – auch das hat für mich<br />
etwas Heiteres, Beschwingtes, Kreatives<br />
– existent an jedem Ort der Erde.<br />
Mig: Ein schöner Gedanke…<br />
„Dauer im Wandel“<br />
Das Meer in seiner immer währenden Bewegung,<br />
keine Welle gleicht der anderen<br />
– schon das ist kaum zu erfassen – wie<br />
das Leben.<br />
Stü: Die Welle wirkt aber auch etwas bedrohlich,<br />
zerstörerisch.<br />
Mig: Nun, sie steht genauso für die Prüfungen<br />
im Leben, die über einen kommen. Aber<br />
über die Welle geht das Licht. Es gibt einen<br />
Schöpfer und alles gehört zum Leben<br />
dazu.<br />
Stü: Gehe ich zu weit, wenn ich sage: Weil das<br />
Licht darüber geht, kann ich dieser Welle<br />
auch standhalten, auch in ihr bestehen,<br />
also mit allem, was Leben beinhaltet? Denn<br />
auch das ist beim Schöpfer aufgehoben?<br />
Mig: Ja, so kann man das in Worte fassen. Das<br />
Buch liegt im Licht, steht für „Am Anfang<br />
war das Wort“. Vor allem und in allem…<br />
Stü: … und die Brille steht für die Erkenntnissuche.<br />
Mig: Ja. Obwohl ich nun doch noch etwas zu<br />
dem sagen möchte, was wir zu den Bilder<br />
geäußert haben. Es gibt kein richtiges oder<br />
falsches Sehen. Jeder Mensch wird etwas<br />
anderes sehen, aus seinem Blickwinkel,<br />
aus seiner Lebensgeschichte heraus –<br />
jedes Bild ist da ganz offen für das, was<br />
Menschen bei der Begegnung mit dem Bild<br />
selbst mitbringen, sehen und empfinden.<br />
Das ist mir ganz wichtig. Es kann ja auch<br />
sein, dass wir beide Morgen dieses oder jenes<br />
Bild mit ganz anderen Augen sehen.<br />
Stü: Das kann ich mir gut vorstellen.<br />
Liebe Frau Migge, ich danke Ihnen für<br />
dieses Gespräch und für die Zeit miteinander.<br />
Mig: Es war mir eine Freude, mit Ihnen in dieser<br />
Weise über meine Bilder zu sprechen.