Der Besuchsdienst - Haus kirchlicher Dienste

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13.02.2013 Aufrufe

hI n t e r g r ü n D e 18 Lichteinfall sie für die Besuchten ein kompetentes Gegenüber sein möchten, mit dem sie auch über die „Dinge“ des Glaubens sich austauschen können. Dabei verlieren sich die Kategorien von „richtig“ und „falsch“ und gehen eher in Richtung von „mutig“ und „selbstsicher“. Denn das wird in diesen Fortbildungen und in den Gesprächen von Mitarbeitenden sehr deutlich, dass es nicht nur um die Erfüllung der Erwartung anderer geht, sondern dass sie selbst von diesem Austausch und den Gesprächen über den Glauben profitieren. Was am Anfang als eine unüberwindliche Mauer erscheint, entwickelt sich mit den Erfahrungen in den Begegnungen mit Menschen zu etwas, was Interesse und Neugierde weckt bis hin zu dem Wunsch, dieses Thema auch aktiv einzubringen. Nicht im Sinne, dem Gegenüber etwas überzustülpen, sondern die Sensibilität dafür zu entwickeln, was das Gegenüber selbst an einer religiösen Dimension in das Gespräch einbringt, um sich auch dafür als Gesprächspartner/in anzubieten. Man könnte es vielleicht auch so formulieren: Die Energie und das Potential, das zu Beginn in der Unsicherheit und im Widerstand gebunden ist, verwandelt sich mit den Erfahrungen in die Energie, mit der sich Mitarbeitende mit Neugier auf das Thema „Glauben“ richten und sich auch da selbst weiterentwickeln möchten. Neben dem Faktor, dass sich die zunächst überhöhten Phantasien der Realität anpassen, geschieht unseres Erachtens, dass sich die Mitarbeitenden immer mehr mit ihrer Tätigkeit identifizieren. So erleben sie die Kirchengemeinde nicht mehr als eine Organisation, die Erwartungen an sie heranträgt, sondern erleben sich selbst als ein Teil dieser Organisation und teilen deren Ziele. Die guten Beziehungen zu den Besuchten führen dazu, dass sie ihnen auch auf dem Themengebiet des Glaubens ein guter Gesprächspartner sein wollen. Und schließlich erleben sie sich selbst als „religiöse“ Menschen, die aus der Beschäftigung und Auseinandersetzung mit den Fragen des Glaubens großen Gewinn ziehen. 4. Prozess zunehmender eigener Sicherheit und Zutrauen Im Grunde zeigt sich in diesen Erläuterungen, dass sich die Frage, wie die religiöse Dimension in den Begegnungen zum Tragen kommt, ähnlich zu den Fragen verhält, wie der Besuchende überhaupt in Kontakt zum Besuchenden kommt, und, wie beide zu einem Thema finden. Auch da türmen sich mitunter Fragen wie hohe Berge auf bei Mitarbeitenden, die noch keinen Besuch gemacht haben. Und genauso lösen sich die Fragen auf: sich bewusstmachen, was an der Tür passiert, was in der ersten Begegnung geschieht, einüben unter Gleichgesinnten, sich sensibel zeigen, was das Gegenüber möchte. Auf diese Weise öffnet sich die Tür, weil die Atmosphäre stimmt, finden die Gesprächspartner ein Thema, weil sich eine Beziehung entwickelt, ergibt sich ein Gespräch auch auf der religiösen Ebene, weil Vertrauen gewachsen ist. Es gibt dafür kein Rezept, es entwickelt sich im Prozess der Kontaktaufnahme und der Beziehungsgestaltung und dem gegenseitigen Einfühlungsvermögen.

Können wir auch mit und bei Besuchen Gottesdienst -Gottes Dienst an uns und unser Dienst für Gott- erleben und feiern? Gemeindegottesdienste sind liturgisch in vier Teile gegliedert: 1. Eröffnung und Anrufung, 2. Verkündigung und Bekenntnis, 3. Abendmahl, 4. Sendung und Segen Dieser Struktur liegen menschliche Erfahrungen zugrunde, die mit den liturgischen Elementen aufgenommen und erhellt werden. Auch in alltäglicher Begegnung finden sich diese Grunderfahrungen wieder: 1. Sich sammeln. Wir kommen an, begrüßen uns, begegnen uns wieder oder nähern uns erstmalig einander an. Diese Schritte finden meist im Foyer, im Flur, im Stehen statt und sind von Gesten des Willkommenheißens begleitet. 2. Orientierung finden. Wir vertiefen den Kontakt, indem wir uns mitteilen, uns informieren, miteinander ins Gespräch kommen. Das Wohnzimmer oder der Küchentisch als Orte laden ein, vertraut miteinander zu werden und Zeit zu haben. 3. Gemeinschaft erfahren. Sich einladen lassen, etwas zum Essen und Trinken zu reichen und einzuschenken und miteinander Essen und Trinken zu teilen, verbindet und stärkt. 4. Sich senden lassen. Wir bereiten das Auseinandergehen vor, verabreden uns, sprechen Wünsche aus und verabschieden uns. Auch hier, oft schon im Gehen, unterstützen Gesten den Abschied. Unsere Besuche spiegeln diese Grunderfahrungen ebenfalls wider. Bei aufmerksamem Wahrnehmen des Besuchsgeschehens lassen sich Worte und Gesten entdecken, die an gottesdienstliche Strukturen und Elemente erinnern. Ich komme im Auftrag der Kirche Eröffnung und Anrufung Sie konnte nicht mehr zum Gottesdienst in die Kirche kommen. Als ich sie besuchte, lag sie auf ihrer Couch. Sie kannte mich als Mitglied der Kirchengemeinde. Schnell wollte sie aufstehen, sich schön und angemessen anziehen. So hat sie es jahrzehntelang getan, wenn sie sich auf den Weg zur Kirche machte. Die innere und äußerliche Vorbereitung für den Gottesdienst war ihr wichtig. Jetzt fällt ihr das Anziehen schwer, aber das Bedürfnis nach Vorbereitung ist geblieben. Wenn ich sie besuche, ist es uns beiden bewusst, dass ich nicht als Nachbarin oder Freundin komme. Ich komme im Auftrag der Kirche, als Stellvertreterin der Gemeinde. Mein Besuch ist ein Zeichen, dass Gott sie nicht nur in der Kirche, sondern auch Zuhause besucht. Es ist deutlich, in wessen Namen wir diese Stunde des Besuchs zusammen sind. Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen. So wie im Gottesdienst am Sonntag: Wir feiern diesen Gottesdienst im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Gott war gegenwärtig im Erinnern Psalmlesung Beim Betreten des Wohnzimmers fiel der Blick auf ein großes Gemälde, ein Dorf im Schnee, mittendrin die Kirche. „Meine Heimat, Oberschlesien“, ihre Augen fingen an zu leuchten. Und dann reihte sie eine Geschichte an die andere: Kleine Anekdoten, gefühlvolle Szenen, traurige und witzige Episoden. Sie blühte auf, die Frau, die mich in depressiver Stimmung empfangen hatte. Erinnern tut gut. Wie in den Psalmen der Bibel. Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat. Der dir alle deine Sünde vergibt und heilt all deine Gebrechen, der dein Leben vom Verderben erlöst, der dich krönt mit Gnade und Barmherzigkeit, der deinen Mund fröhlich macht, und du wieder jung wirst wie ein Adler. Marianne Storz „wIr h a b e n n I c h t v o n go t t g e r e D e t, a b e r e r w a r m I t t e n u n t e r u n s “ Der Besuch – ein Gottesdienst? Marianne Storz hI n t e r g r ü n D e 19

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Lichteinfall<br />

sie für die Besuchten ein kompetentes Gegenüber<br />

sein möchten, mit dem sie auch über<br />

die „Dinge“ des Glaubens sich austauschen<br />

können. Dabei verlieren sich die Kategorien<br />

von „richtig“ und „falsch“ und gehen eher in<br />

Richtung von „mutig“ und „selbstsicher“. Denn<br />

das wird in diesen Fortbildungen und in den<br />

Gesprächen von Mitarbeitenden sehr deutlich,<br />

dass es nicht nur um die Erfüllung der Erwartung<br />

anderer geht, sondern dass sie selbst von<br />

diesem Austausch und den Gesprächen über<br />

den Glauben profitieren.<br />

Was am Anfang als eine unüberwindliche Mauer<br />

erscheint, entwickelt sich mit den Erfahrungen<br />

in den Begegnungen mit Menschen zu etwas,<br />

was Interesse und Neugierde weckt bis hin zu<br />

dem Wunsch, dieses Thema auch aktiv einzubringen.<br />

Nicht im Sinne, dem Gegenüber etwas<br />

überzustülpen, sondern die Sensibilität dafür zu<br />

entwickeln, was das Gegenüber selbst an einer<br />

religiösen Dimension in das Gespräch einbringt,<br />

um sich auch dafür als Gesprächspartner/in<br />

anzubieten.<br />

Man könnte es vielleicht auch so formulieren:<br />

Die Energie und das Potential, das zu Beginn in<br />

der Unsicherheit und im Widerstand gebunden<br />

ist, verwandelt sich mit den Erfahrungen in die<br />

Energie, mit der sich Mitarbeitende mit Neugier<br />

auf das Thema „Glauben“ richten und sich auch<br />

da selbst weiterentwickeln möchten.<br />

Neben dem Faktor, dass sich die zunächst<br />

überhöhten Phantasien der Realität anpassen,<br />

geschieht unseres Erachtens, dass sich die<br />

Mitarbeitenden immer mehr mit ihrer Tätigkeit<br />

identifizieren. So erleben sie die Kirchengemeinde<br />

nicht mehr als eine Organisation, die<br />

Erwartungen an sie heranträgt, sondern erleben<br />

sich selbst als ein Teil dieser Organisation und<br />

teilen deren Ziele. Die guten Beziehungen zu<br />

den Besuchten führen dazu, dass sie ihnen<br />

auch auf dem Themengebiet des Glaubens<br />

ein guter Gesprächspartner sein wollen. Und<br />

schließlich erleben sie sich selbst als „religiöse“<br />

Menschen, die aus der Beschäftigung und Auseinandersetzung<br />

mit den Fragen des Glaubens<br />

großen Gewinn ziehen.<br />

4. Prozess zunehmender eigener<br />

Sicherheit und Zutrauen<br />

Im Grunde zeigt sich in diesen Erläuterungen,<br />

dass sich die Frage, wie die religiöse Dimension<br />

in den Begegnungen zum Tragen kommt, ähnlich<br />

zu den Fragen verhält, wie der Besuchende<br />

überhaupt in Kontakt zum Besuchenden kommt,<br />

und, wie beide zu einem Thema finden. Auch da<br />

türmen sich mitunter Fragen wie hohe Berge<br />

auf bei Mitarbeitenden, die noch keinen Besuch<br />

gemacht haben. Und genauso lösen sich die<br />

Fragen auf: sich bewusstmachen, was an der<br />

Tür passiert, was in der ersten Begegnung<br />

geschieht, einüben unter Gleichgesinnten, sich<br />

sensibel zeigen, was das Gegenüber möchte.<br />

Auf diese Weise öffnet sich die Tür, weil die<br />

Atmosphäre stimmt, finden die Gesprächspartner<br />

ein Thema, weil sich eine Beziehung<br />

entwickelt, ergibt sich ein Gespräch auch auf<br />

der religiösen Ebene, weil Vertrauen gewachsen<br />

ist. Es gibt dafür kein Rezept, es entwickelt<br />

sich im Prozess der Kontaktaufnahme und der<br />

Beziehungsgestaltung und dem gegenseitigen<br />

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