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Der Besuchsdienst - Haus kirchlicher Dienste

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ei den Besuchten wie bei dem Auftraggeber<br />

vermutet werden, spielt die eigene Einschätzung<br />

eine ebenso bedeutende Rolle. In der<br />

Beschäftigung mit dieser Frage spüren die<br />

möglichen Mitarbeitenden, dass sie selbst<br />

ungeübt sind, wenn es um religiöse Themen<br />

geht. Sie sind es nicht gewohnt und es haftet<br />

diesem Thema auch ein gewisses Tabu an:<br />

Darüber spricht man nicht, das gehört eher in<br />

die Privatsphäre. So sehen sich Mitarbeitende<br />

selbst, es ist ihnen selbst unangenehm<br />

darüber zu reden, sie befürchten nicht die<br />

richtigen Worte zu finden, schon gar nicht<br />

sind sie geübt darin, mit anderen zu beten<br />

oder zu singen. Zusammengefasst könnte<br />

man sagen, Mitarbeitende haben selbst die<br />

Befürchtung, in solchen Situationen sprachlos<br />

zu sein.<br />

Die Unsicherheit bis hin zu einem Widerstand,<br />

was dieses Thema angeht, rührt also aus<br />

Erwartungen in dreierlei Hinsicht: die Erwartungen,<br />

die jemand bei den Besuchten, wie<br />

bei dem Träger der Arbeit vermutet, als auch<br />

die Erwartungen, die im Kontakt mit sich selbst<br />

entstehen. Es sind in der Phantasie sehr hohe<br />

Erwartungen. So ist es häufig: Wenn jemand<br />

auf etwas Neues zugeht und ohne Erfahrung<br />

ist, neigt er dazu, alles viel größer in der Phantasie<br />

zu machen, als es dann in der Realität ist.<br />

Zunächst gilt es, die Phantasien der Mitarbeitenden<br />

herunterzuschrauben und der Realität<br />

anzupassen. Gleichzeitig geht es aber darum,<br />

deutlich zu machen, dass an diesen Phantasien<br />

auch etwas Wahres dran ist. Denn die Mitarbeitenden<br />

spüren instinktiv, dass es ein anderer-<br />

Besuch wird, sobald gesagt wird: Ich komme<br />

vom <strong>Besuchsdienst</strong> der Kirchengemeinde.“<br />

In der Begrüßung liegt schon der Ansatz der<br />

religiösen Dimension, liegt die Chance, dass<br />

auch diese Dimension in der Begegnung zum<br />

Tragen kommt.<br />

2. Ahnung und Aufmerksamkeit für<br />

religiöse Ebenen des Gesprächs<br />

Aber wie gesagt: Die Dramatik die phantasiert<br />

wird, spiegelt sich in den ersten Begegnungen<br />

nicht wider. Denn zunächst einmal sind es ganz<br />

normale Besuche, entwickeln sich ganz normale<br />

Gespräche. Die Befürchtung, es könnte<br />

sofort die religiöse Dimension angesprochen<br />

werden, bewahrheitet sich nicht. Die Frage,<br />

die sich vor dem Beginn der Tätigkeit mitunter<br />

so vehement in den Vordergrund drängt, rückt<br />

in den Hintergrund. Die erste Phase dient der<br />

Kontaktaufnahme, und da, wo ein regelmäßiger<br />

Kontakt entsteht, entwickelt sich eine Beziehungsgestaltung.<br />

Gerade da, wo Beziehungen entstehen und<br />

wachsen, machen die Mitarbeitenden die Erfah-<br />

rung, dass die Gespräche eine tiefere Dimension<br />

erreichen. Mitarbeitende im <strong>Besuchsdienst</strong>,<br />

so formulierte es Dieter Große gern, können<br />

davon ausgehen, dass sie mit dieser tieferen<br />

Ebene auch die religiöse Ebene erreicht haben.<br />

Es ist die Zeit, in der Mitarbeitende feststellen,<br />

dass sich die Gespräche dann doch deutlich von<br />

„normalen“ Besuchen unterscheiden. Viele Mitarbeitende<br />

spüren es, ohne es richtig in Worte<br />

fassen zu können. Es ist etwas anderes, als<br />

wenn sie als Nachbarin jemanden besuchen,<br />

ohne genau sagen zu können, was es genau<br />

ist. „Aber es macht einen Unterschied aus, ob<br />

ich als Nachbarin oder von der Kirche komme.<br />

Die Menschen sind offener, erzählen mehr.“<br />

Es sind dann häufig Redewendungen, die die<br />

Funktion von Religion übernehmen: „Da kann<br />

man eben nichts machen“; „Hoffentlich geht’s so<br />

noch ein paar Jahre“. Da wird dann erzählt aus<br />

dem Leben und die Erzählung bekommt den<br />

Charakter einer Art Lebensbilanz. „Wenn ich<br />

sage, ich komme von der Kirche, dann denken<br />

die, Gott ist irgendwie dabei und dann erzählen<br />

sie anders, Dinge, die sie sonst nicht erzählen<br />

würden.“ So formulierte es eine Mitarbeiterin.<br />

Mit der steigenden Erfahrung bei Besuchen,<br />

nimmt auch die Sensibilität zu, in der Begegnung<br />

auch die religiöse Ebene wahrzunehmen.<br />

Es ist häufig eher eine Ahnung die dann in der<br />

Reflexion in der Gruppe zu Bemerkungen führt<br />

wie „Am Ende hatte ich das Gefühl, da hätte<br />

auch ein ‚Vater unser’ gut getan.“<br />

Mit dem Bewusstwerden dieser Ahnung wächst<br />

nach unserer Erfahrung auch die Neugierde<br />

an diesem Thema. Und zwar deshalb, weil die<br />

religiöse Ebene nicht wie ein „Überfall“ über<br />

einen kommt, sondern weil sie sich entwickelt in<br />

der Begegnung zweier Menschen in einem Begegnungsraum,<br />

der deutlich als ein „<strong>kirchlicher</strong>“<br />

und damit religiöser Raum gekennzeichnet ist.<br />

Interessant wird dieses Thema aber auch deshalb,<br />

weil die Besuchenden auch für sich selbst<br />

neugierig werden.<br />

3. Wachsende Neugier und Interesse<br />

am eigenen Glauben<br />

Mit der Neugierde wächst dann auch das<br />

Interesse, mehr Sicherheit in der Herangehensweise<br />

an dieses Thema zu gewinnen. Wir<br />

stellen jedenfalls fest, dass schon seit einigen<br />

Jahren besonders die Fortbildungen, die sich<br />

mit dem Thema, in welcher Weise der Glaube<br />

in Gesprächen angesprochen werden kann,<br />

beschäftigen, besonders gefragt sind. Die Motivation<br />

besteht darin, sich selbst zu vergewissern<br />

und im Austausch mit anderen, die Scheu zu<br />

verlieren, mit anderen auch über Fragen des<br />

Glaubens ins Gespräch zu kommen. Es stecken<br />

Erfahrungen dahinter, die Mitarbeitende bei den<br />

Besuchen gemacht haben, aus denen heraus<br />

hI n t e r g r ü n D e<br />

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