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Ausgabe 1975 - Hohenzollerischer Geschichtsverein

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» 1. 8. 1648 Franz). Es ist bemerkenswert, daß zwischen<br />

1635 und 1646 die Frau des Obervogtes Georg<br />

Schweizer, Elisabeth Schweizerin, zum Zeichen der Verbundenheit<br />

mit der Malerfamilie sich jeweils als Patin<br />

zur Verfügung stellte. Das spricht auch für das Ansehen<br />

des Josue Klingenstein innerhalb der Stadt Trochtelfingen.<br />

Übrigens scheint die Familie gut die schrecklichen<br />

Pestjahre 1630 und 1635 überstanden zu haben, die in<br />

Trochtelfingen einen hohen Tribut an Menschenleben<br />

forderten. Etwa 1648 bestellte man unseren Maler zum<br />

Mesner der St. Martinspfarrkirche, verschiedentlich erscheint<br />

er in der folgenden Zeit als Trauzeuge im dortigen<br />

Ehebuch. Der älteste Sohn Johann Jakob zeichnete<br />

sich offensichtlich durch besondere geistige Gaben aus,<br />

denn am 29. 10. 1653 schrieb er sich zum Studium der<br />

Rhetorik in die Matrikel der Universität Salzburg ein u .<br />

Schwerlich dürfte der Vater mehr die Priesterweihe seines<br />

Sohnes erlebt haben, denn ein plötzlicher Tod nahm<br />

ihm am 10. August 1655 den Pinsel aus der Hand. Das<br />

Trochtelfinger Totenbuch widmete ihm einen längeren<br />

Nachruf, vor allem ging es näher auf den merkwürdigen<br />

Tod des Josue Klingenstein ein 7 . Der etwa 60jährige<br />

Maler, seit sieben Jahre Mesner, habe, wie man allgemein<br />

annahm, neulich einen vergifteten Becher leergetrunken.<br />

Jedenfalls zerfielen rasch Verstand und<br />

Kräfte. Nachdem er sich fünf Tage niedergelegt<br />

hatte, verlöschte durch eine böse Macht sein Lebenslicht,<br />

ohne mehr durch eine Arznei Rettung zu finden. Kurz<br />

zuvor habe er am Jubiläumstag Papst Alexander VII.<br />

sowohl Büß- wie Altarsakrament empfangen, im Todeskampf<br />

konnte er nur noch die Krankensalbung erhalten.<br />

Sein Tod bereitete allen Trauer, da er sein Amt mit besonderer<br />

Sorgfalt versehen habe und im übrigen ein guter<br />

Mann gewesen sei. Offensichtlich führte die Witwe<br />

noch kurze Zeit die Malerwerkstätte weiter. - Der<br />

Sohn Johann Jakob erscheint wenig später als Kaplan<br />

im Heimatort, ab 1657 verwaltete er bis zu seinem Tod<br />

im Jahr 1698 die Pfarrei Oberstetten, seit 1671 war er<br />

sogar Dekan des Landkapitels Trochtelfingen 8 .<br />

Wenden wir uns der Tätigkeit des Malers zu, die durch<br />

die Ereignisse des 30jährigen Krieges und das Grauen<br />

der Pestzeit sicherlich stark eingeschränkt wurde. Allerdings<br />

dürfte Klingenstein an der Neuausstattung mancher<br />

Kirche und Kapelle nach 1648 beteiligt gewesen<br />

sein, da es vieles in Stand zu setzen galt. Meist sind es<br />

bescheidene Aufträge, die in den Trochtelfinger Heiligenpflege-Rechnungen<br />

genannt werden. HR 1630/31:<br />

„Item Josue Klingensteinen Mahlern vor Arbait bezahlt<br />

32 xr. Item Josue Klingensteinen Mahlern vor daß Gätter<br />

in der Kirchen anzustreichen geben 2 fl". HR 1631/<br />

Anmerkungen:<br />

1 Die Kunstdenkmäler Hohenzollerns, hgbn. von Walther<br />

Genzmer - Bd. I, Kr. Hechingen, Hechingen 1939 - Bd.<br />

II, Kr. Sigmaringen, Stuttgart 1948.<br />

2 Im Pfarrarchiv Trochtelfingen.<br />

3 Dieser bisher unbekannte Meister malte 1598 die Haidkapelle<br />

aus: „Jtem Michael Sattlern Malern von Riedlingen<br />

von der Haid Cappel zu malen, für färben und alles andere<br />

1 C XXXV lb. xß." (HR Trochtelfingen). Ebenso hatte er<br />

1604 für die neuerbaute Pfarrkirche in Neufra den Hochaltar<br />

zu fassen, den der Schreiner Martin Kadus von Mengen<br />

angefertigt hatte (Rechnung über Einnahmen und <strong>Ausgabe</strong>n<br />

zum Kirchenneubau 1603-05, im Pfarrarchiv Neufra). Sein<br />

Sohn war sicherlich der Maler Johann Jacob Sattler in<br />

Riedlingen, der sich am 13. 6. 1617 mit Maria Anna Rapp<br />

verheiratete und bis 1630 mit acht Kindern im Riedlinger<br />

Taufbuch verzeichnet ist. Von Michael Sattler stammt wahrscheinlich<br />

das gemalte Rollwerk um die Langhausfenster der<br />

Trochtelfinger Pfarrkirche, das typische Renaissanceformen<br />

um 1600 zeigt.<br />

28<br />

32: „Item Josue Klingenstein Mahlern für die 3 Mergen<br />

außzustreichen l(aut) z(etel) 10 fl". Sollte damit die Neufassung<br />

der drei trauernden Frauen (Mergen-Marien) aus<br />

der Zeit des Weichen Stils (um 1430), die heute zu Füßen<br />

des mächtigen Kreuzes an der Chorwand der Pfarrkirche<br />

angebracht sind, gemeint sein? Jedenfalls handelte<br />

es sich um eine größere Arbeit. HR 1639/40: „Item dem<br />

„Jtem M. Josue Klingenstein von dem grab auszumachen,<br />

zalt 30 xr". HR 1645/46: „Jtem dem Mahler Josue<br />

Klingenstein vor die Uhrtafel zu mahlen 3 fl<br />

20 xr. Jtem M. Josue Klingenstein von dem Grab aufzurichten<br />

36 xr". HR 1647/48 „Josue M. Klingenstein<br />

mahlern bezahlt 1 fl 34 xr". HR 1650/51: „Josue<br />

Klingenstein mahlern 3 fl. Dem Mahler wegen aufmachung<br />

d. grabs 30 xr". HR 1652/53: „Jtem Josue<br />

Klingenstein dem mahler wegen etlicher Kirchenzierdt<br />

1 fl 34 xr". Damit könnte eine Hilfe des Malers bei der<br />

Aufrichtung zweier Altäre gemeint sein, die der Schreiner<br />

Mathäus Schoßer zu reparieren hatte. Sicherlich war<br />

eine teilweise Neufassung notwendig geworden. Im<br />

gleichen Jahr wurde auch an der Haidkapelle renoviert:<br />

„Jtem dem mahler von der Sonnen Uhr an der Haidt<br />

Capell zu ernewern zahlt 1 fl. Jtem Jhme ferner zahlt,<br />

so er an einem Altar in dise Capellen verdient 40 xr".<br />

Hier handelte es sich um einen Nebenaltar, den der vorgenannte<br />

Schreiner geschaffen hatte. Außerdem hatte<br />

„der Bildhauer von Hechingen" 9 von zwei Schachern<br />

einen repariert, den anderen ganz neu geschnitzt. Beide<br />

hatte Josue Klingenstein um 14 fl zu fassen. In HR<br />

1655/56 finden wir den letzten Hinweis auf unseren<br />

Maler bzw. seine Werkstatt: „Jtem Balthas Schnitzern<br />

vmb färben zur Sacristei und Beinhaus 1 fl 8 xr. Jtem<br />

der mahlerin in gleichem vmb färben anzumachen".<br />

Man könnte daraus schließen, daß die Witwe noch<br />

etliche Zeit durch einen Gesellen die Werkstatt weiterbetrieben<br />

habe.<br />

In der Zusammenschau der Aufträge erweist sich Josue<br />

Klingenstein mehr als Faß-, denn als Flachmaler. Um<br />

das tägliche Brot zu verdienen, dürfte er sogar öfters<br />

handwerkliche Anstreicherarbeiten durchgeführt haben.<br />

Immerhin mag er auch das eine oder andere Gemälde geschaffen<br />

haben. So könnte die älteste in Hohenzollern<br />

erhaltene Votivtafel der Gräfin Franziska Elisabeth von<br />

Fürstenberg von 1655 in der Haidkapelle Trochtelfingen<br />

10 von seiner Hand stammen. Allerdings ist das Bild<br />

nach der Restaurierung der Kapelle noch nicht an seinen<br />

alten Platz zurückgekehrt, so daß es an dieser Stelle nicht<br />

vorgestellt werden kann. Auch wenn für ihn keine belegte<br />

Arbeit mehr erhalten ist, soll Josue Klingenstein unter<br />

den ländlichen Kunsthandwerkern nicht vergessen sein.<br />

4 Vielleicht stammt die Ausmalung der Fensterlaibungen der<br />

Haidkapelle von Sattler. Vgl. Walther Genzmer, Denkmalpflege<br />

in Hohenzollern von 1959 bis 1965, in: Z. f. Hohz.<br />

Gesch., Bd. 1/1965, S. 191 f.<br />

5 Von 1612 bis zu seinem Tod am 29. Mai 1650, also während<br />

des ganzen 30jährigen Krieges Seelsorger in Trochtelfingen,<br />

ab 1617 auch Dekan. Friedrich Eisele, Zur Geschichte<br />

Trochtelfingens, in: Mitteilungen d. Vereins f. Gesch. in<br />

Hohenzollern, 42. Jhg/1908-09, S. 103 f.<br />

6 Maximilian Schaitel, Hohenzollerische Studenten in der<br />

Universität Salzburg (1639-1810), in: HH 1964, S. 56.<br />

7 ToBuch Trochtelfingen 1650-77.<br />

8 Friedrich Eisele, wie oben, in: Mitteilungen 47./49.Jhg/<br />

1913-16, S. 48. Johann Adam Kraus, Aus den Visitationsakten<br />

des ehem. Kapitels Trochtelfingen, in: Freib.<br />

Diöz. Archiv, Bd. 73/1953, S. 175 ff.<br />

9 Ein unbekannter Meister. Zachäus Taubenschmid war 1645<br />

gestorben. Lebte um diese Zeit noch Konrad Gilg, der 1627<br />

nach Burladingen eine Madonna lieferte?<br />

10 Kunstdenkmäler Hohenzollerns - II. Bd., Kr. Sigmaringen<br />

1948, S. 374 f.

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