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Ausgabe 1975 - Hohenzollerischer Geschichtsverein

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gen, daß wöchentlich an zwei Werktagen und außerdem<br />

an jedem 2. Sonntag in Bitz eine Messe gelesen werde<br />

und daß auch sonst im Bedarfsfall den Bitzern ein Priester<br />

zur Verfügung stehe. Doch wie aus Urkunden ersichtlich<br />

ist, wurde das nicht eingehalten. Es kam daher<br />

zum Streit. 1520 wurde angeordnet, daß alle 14 Tage<br />

drei Messen zu Bitz zu lesen seien. Auch wegen der zwei<br />

Heiligenpfleger, von denen der eine ein Ebinger, der andere<br />

ein Bitzer war, gab es Streitigkeiten mit der Stadt.<br />

Da man diese Stelle mit Leuten besetzen wollte, die sich<br />

gegenüber den Ebingern behaupten konnten, wurden<br />

häufig Männer ausgewählt, denen eine „heftige, rauhe<br />

und unheilige Sprache" eigen war. Der große Fruchtzehnten,<br />

der Heuzehnten und der Kleinzehnt gehörten<br />

der Pfarrei Ebingen.<br />

Mit der Einführung der Reformation in Württemberg<br />

wurde Bitz evangelisch. Seitdem lag die kirchliche Versorgung<br />

von Bitz bei dem jeweiligen Ebinger Diakon.<br />

„Von Martini (11. November) bis Georgi (23. April) hat<br />

der Geistliche einen reitenden oder fahrenden Begleiter<br />

von der Gemeinde anzusprechen, der ihn sowohl in<br />

Ebingen abholt, als wiederum dahin zurückbegleitet.<br />

Von dieser Begleitung wird aber gewöhnlich nur Gebrauch<br />

gemacht in der Zeit, wo Schnee liegt oder die<br />

Steige wegen Eis gefährlich zum passieren, oder bei besonders<br />

neblichem Wetter, sonst nicht". Im Winter<br />

scheint es aber manchmal wegen der Verkehrsverhältnisse<br />

überhaupt unmöglich gewesen zu sein, von Ebingen<br />

nach Bitz zu gelangen. Die „Kilsteig" (= Kirchensteig)<br />

wird schon 1365 erwähnt. Noch 1856 heißt es: „nach allen<br />

Orten schlechte, meist unfahrbare, über Viehweiden<br />

führende Wege, nur nach Ebingen ein chaussiertes Sträßchen".<br />

Es mag daher für den Ebinger „Helfer" oft ein<br />

kaltes und schwieriges Reiten gewesen sein. So wird bei<br />

den Nachkommen noch öfters der „Bitzer Mantel" eines<br />

solchen Helfers erwähnt.<br />

Das Jahr 1830 brachte in der kirchlichen Entwicklung<br />

einen wichtigen Einschnitt. Während Bitz seither ein unselbständiger<br />

Teil der Kirchengemeinde Ebingen war,<br />

wurde es 1830 zur selbständigen Pfarrei erklärt und erhielt<br />

das Recht, Kirchen- und Schulvisitation vorzunehmen.<br />

Der Ebinger Helfer war nun zugleich Pfarrer von<br />

Bitz.<br />

Zum Konfirmandenunterricht mußten aber die Bitzer<br />

Kinder nach wie vor nach Ebingen. 1838 schreibt der<br />

Ebinger Diakon Zais: „Die Konfirmanden von Bitz sollen<br />

nach Ebingen kommen, um an dem Unterricht teil zu<br />

nehmen, den dort der Diakonus den Kindern von Ebingen<br />

erteilt. Sie können aber nur selten kommen, teils wegen<br />

des oft ungebahnten, IV2 Stunden langen, im Winter<br />

mitunter gefährlichen Weges, teils wegen der strengen<br />

Kälte, in welcher den langen Weg zu machen den meistens<br />

leicht und schlecht gekleideten Kindern nicht ohne<br />

Gefahr für ihre Gesundheit zugemutet werden<br />

kann . . . Der Unterricht in Ebingen wird nämlich<br />

von 11 bis 12 Uhr erteilt. Um den IV2 stündigen Weg in<br />

die Stadt zurückzulegen, müssen die Kinder um 9 Uhr in<br />

Bitz abgehen, kommen dann um 11 Uhr in Ebingen an<br />

und werden um 12 Uhr wieder entlassen, verzehren<br />

dann ihr Mittagsbrot, das sie bei sich haben, suchen da<br />

und dort bei einem Bekannten eine warme Stube, kommen<br />

um 1 Uhr wieder aus der Stadt und um 3 Uhr nach<br />

Bitz. So ist für sie der Schulunterricht fast ganz verloren.<br />

Um dieser Umstände willen muß der Konfirmandenunterricht<br />

größtenteils durch den Schulmeister gegeben<br />

werden." Erst der Konsistorialerlaß vom<br />

16. März 1841 brachte die Errichtung einer besonderen,<br />

vorerst durch einen Verweser zu versehenden Pfarrei.<br />

Damit hatte die Zähigkeit der Bitzer, denen die Ebinger<br />

22<br />

1832 eine „übertriebene Wertschätzung zeitlicher Güter<br />

und eine daraus hervorgehende Verschmitztheit im Handel<br />

und Wandel" nachsagten, endgültig ihre Ziele erreicht.<br />

Die Freude ob der Steig war groß, und Bitz<br />

konnte sich als Sieger fühlen.<br />

Wenn G. Hummel in der „Geschichte der Stadt Ebingen"<br />

erzählt, Ebingen habe für die 23 000 Gulden Abkaufsumme<br />

auf dem Ziegelplatz einen „arthesischen<br />

Brunnen" erbohren wollen, allerdings ohne Erfolg, und<br />

es sei deshalb das Wort umgelaufen, Ebingen habe Bitz<br />

auf dem Ziegelwasen „vergraben", so war Bitz durchaus<br />

nicht tot; vielmehr war es so, das Dorf Bitz mit seinen<br />

Bewohnern lebte jetzt erst auf.<br />

Die Hüle als Dorfmittelpunkt<br />

Nach 1832<br />

Die 40er und 50er Jahre des vorigen Jahrhunderts waren<br />

zwar noch sehr mager, so daß viele Bitzer nach<br />

Amerika auswanderten. Aber dann begann der wirtschaftliche<br />

Aufstieg.<br />

Die Bitzer sind ein sehr fleißiges, umtriebliches Völklein<br />

und ringen auch dem magersten Boden noch erstaunlich<br />

hohen Ertrag ab. Das Land freilich in 800-900 m Höhe<br />

hätte nicht den Wohlstand bringen können, denn die<br />

Bitzer sind zwar „steinreich", aber wasserarm. Ohne die<br />

Industrie, die sich in den 60er und den folgenden Jahren<br />

entwickelte, wäre es nicht gegangen. Und hier waren es<br />

wieder die Ebinger, die sich des großen Fleißes, der Ordnungsliebe<br />

und Pünktlichkeit und des Sparsamkeitssinnes<br />

der Bitzer erinnerten und daher Verbindung mit der<br />

hochgelegenen Gemeinde aufnahmen. Allerdings diesmal<br />

in anderer Richtung.<br />

Anfang der 60er Jahre hatte Theodor Groz in Ebingen<br />

die Herstellung von Korsettschließen aufgenommen. Da<br />

er diesen Artikel nicht in größeren Mengen liefern koryite,<br />

wandte er sich an den Mechaniker Karl Theodor<br />

Beck in Bitz und veranlaßte diesen zur Herstellung von<br />

Schließen. Beide arbeiteten daran, die Metallschließen in<br />

immer größeren Mengen und auf immer vollkommenere<br />

Weise herzustellen. Sie konnten dabei auch etwa zehn<br />

Jahre ein gutes Geschäft machen. Inzwischen waren aber<br />

die Rundwirkmaschine und die Strickmaschine erfunden,<br />

die größere Mengen Nadeln benötigten. Und diese Nadeln<br />

wurden für Bitz von größter Bedeutung.<br />

Theodor Groz, der bisher schon die Nadeln für die<br />

Strumpfwirkstühle geliefert hatte, wandte sich sofort der<br />

Herstellung der neuen Nadeln zu. Beck fertigte dazu die<br />

ersten einfachen Werkzeuge, bis der Mechaniker Ferdinand<br />

Binder in Ebingen mit der Herstellung der erforderlichen<br />

Werkzeuge und Maschinen zur Nadelfabrikation<br />

betraut wurde. Beck konnte nun seine ganze Kraft<br />

der Nadelfabrikation widmen; Groz stellte Maschinen<br />

und Material und Beck lieferte die Fertigwaren an Groz.

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