Ausgabe 1975 - Hohenzollerischer Geschichtsverein
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MANFRED HERMANN<br />
Zum Barockmaler Johann Schiander in Trochtelfingen<br />
Verschiedene archivalische Funde machen es notwendig,<br />
einen Nachtrag zum Artikel „Die Maler Schiander in<br />
Inneringen und Trochtelfingen" 1 zu schreiben. Der Aufenthalt<br />
der aus Altingen (Kr. Tübingen) stammenden<br />
Familie Schiander in Inneringen begann mit der Anstellung<br />
des Georg Anton als Mesner und Schulmeister (ludimoderator)<br />
durch die dortige Pfarrgemeinde am<br />
26. 7. 1697 1 . Offensichtlich versah jedoch der Vater Silvester<br />
den Mesnerdienst bis zur Heirat seines Sohnes am<br />
24. 10. 1700, da ihn das Inneringer Taufbuch am<br />
12. 1. 1699 „aedituus" nennt. Neben dem Vater und der<br />
Mutter Anna Maria Rösch (t 2. 6. 1699) war sicherlich<br />
noch ein zweiter Sohn dort ansässig, nämlich der Maler<br />
Johann Schiander, der 1699, als Maler von Inneringen<br />
bezeichnet, für die St. Georgskirche zu Burladingen tätig<br />
war. Indirekt finden wir ihn in den Verhörsprotokollen<br />
der Herrschaft Jungnau zum 26. 4. 1706 erwähnt, als er<br />
- „der Bruder des Mesners" - im Wirtshaus mit dem<br />
Schultheiß Peter Metzger in eine Auseinandersetzung geriet.<br />
Zu meiner Überraschung fand ich im Neufraer Ehebuch<br />
3 den Heiratseintrag für den Maler: „1. Mai 1706<br />
- Sponsalia contraxerunt Joannes Schiander et Maria<br />
Anna Emmin". Bei der Braut handelt es sich möglicherweise<br />
um eine Trochtelfinger Bürgerstochter, die Trauzeugen<br />
gehören nach Neufra. Wie aber kam der Maler,<br />
zu dessen Familie sich dort keine weitere Angaben finden<br />
lassen, in den Ort an der Fehla?<br />
Das Schicksal der Familie des Johann Schiander läßt<br />
sich in Trochtelfingen, der damals fürstenbergischen<br />
Oberamtsstadt, weiterverfolgen. Hier war er nach dem<br />
Tod des Malers Josue Klingenstein, der verschiedentlich<br />
in Trochtelfinger Heiligenpflege-Rechnungen erscheint 4 ,<br />
der einzige Vertreter seines Berufes. Fünf Kinder schenkte<br />
ihm in den folgenden Jahren seine Ehefrau (Franz Ignaz<br />
* 30. 11. 1706 5 , Maria Antonia * 27. 11. 1707, Maria<br />
Josepha * 6. 9. 1709, Christian Tiberius 25. 12. 1710<br />
und Joseph Benedikt * 30. 3. 1713). Bemerkenswert sind<br />
deren Paten, die sich zum Zeichen der Verbundenheit<br />
mit dem Ehepaar zur Verfügung stellten: Einmal ist<br />
es bei allen Kindern der Trochtelfinger Stadtpfarrer<br />
Benedikt Schmid 6 , dann bei den ersten vier das wohledle<br />
Freifräulein Maria Antonia Speth von Zwiefalten<br />
zu Neufra 7 . Diese persönlichen Beziehungen des Malers<br />
verdienen Beachtung, da sie auf Aufträge schließen<br />
lassen. Vermutlich fanden die Sponsalien deswegen in<br />
Neufra statt, weil Johann Schiander im dortigen Schloß<br />
mit Malerarbeiten beschäftigt war. Offensichtlich hatte<br />
er sich das Vertrauen der Neufraer Ortsherrin verdient.<br />
Als sicher erscheint es, daß der Maler für die Trochtelfinger<br />
Pfarrkirche St. Martin gearbeitet hat, die ja nicht<br />
weniger als sechs Altäre besaß. Leider sind alle diese<br />
nicht mehr vorhanden, und zu allem Unglück fehlen<br />
auch noch die Heiligenpflege-Rechnungen aus der Zeit<br />
von Schlanders Aufenthalt in Trochtelfingen, so daß wir<br />
uns kein Bild seiner Tätigkeit am Ort mehr machen<br />
können. Mitentscheidend für die Niederlassung im fürstenbergischen<br />
Oberamtsstädtchen dürften die persönlichen<br />
Beziehungen Schlanders zu den Pfarrern Daniel<br />
Ülin (1698-1715 Seelsorger in Inneringen) und Benedikt<br />
Schmid, dessen Nachfolger in Trochtelfingen, gewesen<br />
sein.<br />
12<br />
Nach Notizen des allerdings nur kurz in Trochtelfingen<br />
tätigen Pfarrverwesers Roman Hohl 8 ist 1711 der Maler<br />
Johann „Schwander" um 57 fl. als Bürger angenommen<br />
worden. Dabei hatte er wie jeder Neubürger in Trochtelfingen<br />
einen Feuerkübel zu liefern. Die Aufnahme in<br />
das Bürgerrecht wurde in der Regel von der Einzünftung<br />
abhängig gemacht. Die Trochtelfinger Zunftordnung<br />
9 bestimmte 1716: „Kein Lediger oder Verheirateter<br />
soll ohne Verwilligung der Zunft für sich selbst arbeiten<br />
oder eine Werkstätte führen, es sei denn, daß er<br />
als Meister anerkannt ist und sich der Zunft einverleibt<br />
hat, auch seine Gebühr nach Brauch abgestattet hat".<br />
Dies bedeutet jedoch nicht, daß Schiander vor 1711<br />
nicht hätte selbständig arbeiten können. Ohne Zweifel<br />
hatte man ihn gegen eine jährliche Gebühr als Hintersassen<br />
angenommen. Ab dem 2. 4. 1717 gehörte er als Maler<br />
zu der damals errichteten sogenannten „Geschenkten<br />
Zunft", deren Herberge sich im Gasthaus „Zur Krone"<br />
befand 10 . Am 24. 1. 1718 kaufte sich Johann Schiander<br />
ein eigenes Haus, ein Zeichen, daß er sich einen bescheidenen<br />
Wohlstand erworben hatte. Wie bereits berichtet,<br />
starb der Maler am 14. 11. 1737 in Trochtelfingen ohne<br />
vorausgehende Krankheit und unversehen eines plötzlichen<br />
Todes. Weitere Feststellungen zu seiner Familie,<br />
etwa über ihr späteres Schicksal, sind mir nicht mehr gelungen.<br />
Jedenfalls übernahm keiner der Söhne, sondern<br />
der Mitarbeiter Johann Bommer aus Aulendorf 11 die<br />
Malerwerkstätte.<br />
Beim sorgfältigen Studium der Neufraer Heiligenpflege-<br />
Rechnungen 12 (HR) zeigte sich, daß Johann Schiander<br />
als der „Maler von Trochtelfingen" öfters mit kleineren<br />
Arbeiten betraut wurde. HR 1710/11: „Dem Mahler<br />
vmb die schwarze fahnen Stangen zu mahlen geben 1 fl 4<br />
xr. Dem Mahler von Trochtelfingen wegen zwei Pahlen<br />
zu mahlen bezalt 24 xr". Allerdings erhielt er den Auftrag<br />
für ein Fahnenblatt nicht: „Item Joseph Riegel maurer<br />
von dem schwarzen fahnenblatt auf Pfullendorf und<br />
den fahnen wider herunder zu tragen vollen lohn geben<br />
30 xr". Wahrscheinlich ließ man das Blatt bei Dominik<br />
Kretzdorn 13 oder bei dem 1712 als Bürger in Pfullendorf<br />
angenommenen Anton Maulbertsch 14 aus Rottweil<br />
fertigen. HR 1712/13: „Dem mahler von Trochtelfingen<br />
wegen 2 Bluemensteckh 20 xr". HR 1716/17: „Dem<br />
schreiner von Ringingen 15 von 2 blindtrammen zue machen<br />
1 fl 30 xr. Item vor das Altarblath bezalt 30 fl.<br />
Vor 2 Antependia bezalt 3 fl 5 xr. Dem Mahler von<br />
Trochtelfingen wegen 4 Bluemensteckhen zue mahlen geben<br />
22 xr". Dabei ist es fraglich, ob man Schiander ein<br />
großes Altargemälde anvertraut hat. Zudem ist in Neufra<br />
keine Arbeit mehr erhalten geblieben, die sich mit<br />
Schiander in Verbindung bringen ließe. HR 1720/21:<br />
„Item dem mahler von Trochtelfingen fasserlohn von<br />
zwey Engel 2 Fl". HR 1722/23: „dem Mahler von<br />
Trochtelfingen vor ein antipendium zu mahlen bezalt 2<br />
fl 15 xr". HR 1725/26: „Dem Mahler von Trochtelfingen<br />
vor ein fahnenblättlein und Stangen 4 fl 24 xr".<br />
Letztmals wird Schiander in HR 1726/27 allerdings<br />
ohne Angabe eines genauen Auftrages erwähnt. Aus all<br />
diesen kleinen Beschäftigungen wird deutlich, daß<br />
Schiander nicht so sehr ein Kunstmaler war, sondern mit<br />
handwerklichen Anstreicherarbeiten das tägliche Brot<br />
verdiente. Hinzu kamen öfters die Fassung von Schnitz-