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Tätigkeitsbericht des Integrationsrates 2004-2009 - Förderverein ...

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Integration durch Partizipation<br />

<strong>Tätigkeitsbericht</strong> <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong> der Stadt Köln<br />

<strong>2004</strong>-<strong>2009</strong><br />

Integrationsrat Köln


Inhaltsangabe<br />

Vorwort 4<br />

Vom Ausländerbeirat zum Integrationsrat 7<br />

Politische Partizipation 15<br />

Interkulturelle Öffnung der Stadtverwaltung 21<br />

Integrationskonzept für Köln 25<br />

Interkulturelle Zentren 31<br />

Integration braucht Bildung 37<br />

Gleichstellung statt Diskriminierung 45<br />

Fazit 55<br />

Integrationsrat Köln 3


4<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

Nach fünf Jahren geht nun die Amtsperiode <strong>des</strong><br />

Kölner <strong>Integrationsrates</strong> zu Ende. Am 7. Februar 2010<br />

finden die Wahlen zum neuen Integrationsrat statt.<br />

Der richtige Zeitpunkt also, Bilanz zu ziehen. In dem<br />

Ihnen vorliegenden umfangreichen Bericht dokumentieren<br />

wir die vielfältige Tätigkeit <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong>.<br />

Er belegt, dass sich die gemeinsame Arbeit von direkt<br />

gewählten Migrantenvertreterinnen und –vertretern<br />

sowie vom Stadtrat entsandten Mitgliedern bewährt<br />

hat. Die politische Beteiligung von Migrantinnen und Migranten ist in<br />

den vergangenen fünf Jahren vorangekommen. Das gilt auch für den<br />

Integrationsprozess insgesamt. Allein durch die Zusammensetzung <strong>des</strong><br />

<strong>Integrationsrates</strong> wird dokumentiert, dass Integration eine gesellschaftliche<br />

Aufgabe ist, die gemeinsam getragen und gestaltet werden muss.<br />

Mein Dank für fünf Jahre konstruktiver und vertrauensvoller politischer<br />

Arbeit gilt allen meinen Kolleginnen und Kollegen im Integrationsrat, den<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern <strong>des</strong> Interkulturellen Referates sowie<br />

allen Verwaltungsangehörigen, die in besonderer Weise mit und für den<br />

Integrationsrat gearbeitet haben. In diesem Zusammenhang darf ich der<br />

für den Integrationsrat zuständigen Beigeordneten Marlis Bredehorst einen<br />

besonderen Dank aussprechen. Mit ihrer Offenheit und ihrem Verständnis<br />

für eine Integrationspolitik, die in erster Linie die Chancen einer Zuwanderungsgesellschaft<br />

in den Mittelpunkt stellt, hat sie wesentlich dazu<br />

beitragen, dass die Anliegen <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong> nicht in den berühmten<br />

„Mühlen der Verwaltung“ untergegangen sind.<br />

Ein solches Zusammenspiel zwischen Politik und Verwaltung wünsche<br />

ich mir auch für den künftigen Integrationsrat, denn viele unserer Anregungen<br />

müssen fortgesetzt werden. Die Grundlagen für eine weitere gute<br />

Arbeit sind gelegt – es kommt nun darauf an, diese nach der Wahl am 7.<br />

Februar 2010 kontinuierlich mit Leben zu füllen.<br />

Der vorliegende Bericht ist Beweis dafür, dass sich die Arbeit <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong><br />

lohnt.<br />

Tayfun Keltek<br />

Vorsitzender <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong> der Stadt Köln<br />

Integrationsrat Köln


Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

Köln ist eine Stadt im ständigen Wandel. Die Stadt<br />

lebt von der Zuwanderung von Menschen aus allen<br />

Kulturkreisen. Menschen aus unterschiedlichsten<br />

Ländern und Kulturen leben teilweise seit Generationen<br />

in unserer Stadt und sind längst fester Bestandteil der<br />

Kölner Stadtgesellschaft.<br />

Wenn daher heute etwa die Hälfte der Kölner Kinder<br />

und Jugendlichen über einen Migrationshintergrund<br />

verfügen, ist dies für Köln elementare Chance und<br />

Herausforderung zugleich.<br />

Chance <strong>des</strong>halb, da Köln in Zeiten <strong>des</strong> demographischen Wandels einer<br />

Überalterung der Stadtgesellschaft gegensteuern und gleichzeitig sein<br />

Potential nutzen kann, sich im Rahmen der Globalisierung international<br />

und multikulturell auszurichten;<br />

Herausforderung, weil es eines der vorrangigsten Ziele der Stadt sein<br />

muss, den Prozess der Integration auf „Augenhöhe“ zu organisieren und<br />

praktisch umzusetzen.<br />

Der Integrationsrat als Teil der Kölner Kommunalpolitik hat hierbei eine<br />

immer wichtiger werdende Rolle in der politischen Diskussion. Hervorzuheben<br />

ist hier das Verdienst <strong>des</strong> Vorsitzenden <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong><br />

der Stadt Köln, Herrn Tayfun Keltek, als gleichzeitigem Vorsitzenden <strong>des</strong><br />

Lan<strong>des</strong>verban<strong>des</strong> der kommunalen Migrantenvertretungen (LAGA). Ohne<br />

seinen ständigen Einsatz auf kommunaler, Länder- und Bun<strong>des</strong>ebene<br />

hätten wir mit Sicherheit nicht die Möglichkeit den jetzt vorgelegten <strong>Tätigkeitsbericht</strong><br />

<strong>des</strong> Kölner <strong>Integrationsrates</strong> in dieser Form und inhaltlichen<br />

Qualität zu präsentieren.<br />

Ich möchte mich an dieser Stelle bei den Mitgliedern <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong><br />

– den direkt gewählten Vertretern der Kölner Migrantinnen und Migranten,<br />

sowie den vom Rat der Stadt benannten Mitgliedern – recht herzlich<br />

für die gute Zusammenarbeit in den letzten fünf Jahren bedanken. Durch<br />

Ihr großes Engagement, Ihre Eingaben, Anregungen und Diskussionen<br />

wurde der Integrationsprozess in der Stadt Köln positiv befördert – Sie<br />

haben der Verwaltung den Blick geschärft für die spezifischen Belange<br />

und Teilhabeaspekte der Migrantinnen und Migranten in Köln.<br />

Marlis Bredehorst.<br />

Beigeordnete der Stadt Köln für Soziales, Integration und Umwelt<br />

Integrationsrat Köln 5


epräsentation<br />

6<br />

Integrationsrat Köln


Vom Ausländerbeirat zum<br />

Integrationsrat<br />

Seit den 70er Jahren <strong>des</strong> letzten<br />

Jahrhunderts gab es in Städten und<br />

Gemeinden verschiedene Gremien,<br />

welche die politische Beteiligung von<br />

den nicht wahlberechtigten Ausländern<br />

gewährleisten sollten. In Köln<br />

wurde 1979 ein Ausländerbeirat vom<br />

Stadtrat berufen. Menschen, die sich<br />

in besonderer Weise für die Belange<br />

der ausländischen Arbeitnehmer<br />

stark machten, wurden von der Kommunalpolitik<br />

benannt, sie bei Fragen<br />

der Integration zu beraten. Schon<br />

bald gab es aber Debatten über die<br />

demokratische Legitimierung <strong>des</strong><br />

Ausländerbeirats.<br />

P olitische Partizipation von<br />

Migranten ist von elementarer<br />

Bedeutung für die politische und<br />

gesellschaftliche Entwicklung der<br />

Stadt, da nur diejenigen sich auch<br />

für das Gemeinwesen verantwortlich<br />

fühlen, die mitbestimmen können.<br />

Kölner Migrantinnen und Migranten<br />

müssen in die kommunalen<br />

politischen Entscheidungsprozesse<br />

einbezogen werden, wenn Integration<br />

gelingen soll.<br />

Insbesondere Migrantenvereine,<br />

aber auch Wohlfahrtsverbände setzten sich für die Direktwahl <strong>des</strong> Ausländerbeirates<br />

ein. 1984 kam es in Köln zur ersten Urwahl zum Ausländerbeirat.<br />

Alle volljährigen Kölnerinnen und Kölner ohne deutschen Pass<br />

waren aufgerufen, ihre politische Vertretung zu wählen. Daneben konnten<br />

auch deutsche Staatsbürger mit und ohne Migrationshintergrund in den<br />

Ausländerbeirat gewählt werden. Neben den direkt gewählten Mitgliedern<br />

gehörten zudem Vertreter der Ratsfraktionen mit Stimmrecht dem Ausländerbeirat<br />

in Köln an.<br />

Der Ausländerbeirat konnte sich gemäß der städtischen Hauptsatzung<br />

zu allen Fragen der Kommunalpolitik einbringen und besaß das Recht,<br />

Anträge an den Stadtrat zu stellen. Allerdings war das Gremium nicht<br />

in der Gemeindeordnung <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> Nordrhein-Westfalen verankert.<br />

Der Ausländerbeirat war rein beratend tätig ohne die Möglichkeit der<br />

Verwaltung durch eigene Beschlüsse Aufträge zu erteilen, wie dies Fachausschüsse<br />

können.<br />

Integrationsrat Köln 7


Ausländerbeiräte in die Gemeindeordnung<br />

Zu Beginn der 1990er Jahre räumte das Bun<strong>des</strong>land Schleswig-Holstein<br />

dort lebenden Ausländern das kommunale Wahlrecht ein. Ein Urteil <strong>des</strong><br />

Bun<strong>des</strong>verfassungsgerichts befand das entsprechende Gesetz jedoch für<br />

verfassungswidrig. Die Richter machten deutlich, dass ein kommunales<br />

Wahlrecht für alle Nicht-Deutschen nur nach vorheriger Änderung <strong>des</strong><br />

Grundgesetzes möglich sei.<br />

In der Folge kam es auch in Nordrhein-Westfalen zu einer intensiven<br />

Debatte um eine angemessene politische Beteiligung von Migrantinnen<br />

und Migranten. Sie mündete 1994 in einer Reform der Gemeindeordnung<br />

(GO). Damals wurde der Ausländerbeirat als Regelgremium im § 27 GO<br />

verankert. Von nun an waren alle Kommunen mit mehr als 2.000 ausländischen<br />

Bürgern verpflichtet einen Ausländerbeirat auf Antrag dieses Personenkreises<br />

wählen zu lassen. Bei mehr als 5.000 Ausländerinnen und<br />

Ausländern war ein Ausländerbeirat auf jeden Fall zu wählen. Zeitgleich<br />

wurde auch der §126 in die nordrhein-westfälische Gemeindeordnung aufgenommen.<br />

Das damit geschaffene Instrument der Experimentierklausel<br />

gibt Kommunen die Möglichkeit, lokale Lösungswege in unterschiedlichen<br />

Politikfeldern zu testen. Davon wurde in Köln zu einem späteren Zeitpunkt<br />

Gebrauch gemacht.<br />

Zunächst war mit der Reform der GO Rechtssicherheit für die Ausländerbeiräte<br />

geschaffen worden:<br />

• Es gab fortan klare Rahmenbedingungen für die Einrichtung einer<br />

Migrantenvertretung.<br />

• Die Direktwahl der Ausländerbeiräte wurde verpflichtend.<br />

• Es wurde festgelegt, dass sich die Ausländerbeiräte zu allen Fragen<br />

der Kommunalpolitik äußern können.<br />

• Anträge <strong>des</strong> Ausländerbeirates sollten im Rat behandelt werden. Vertreter<br />

<strong>des</strong> Ausländerbeirates können sich zu diesen Anträgen äußern.<br />

• Eine angemessene Ausstattung für die Arbeit der Ausländerbeiräte –<br />

allerdings ohne nähere Bestimmung – wurde ebenfalls ins Gesetz<br />

aufgenommen.<br />

• Ratsmitglieder sollten den Ausländerbeiräten nicht mehr angehören.<br />

8<br />

Integrationsrat Köln


Dies wurde mit der Eigenständigkeit der Gremien begründet.<br />

Damit blieb der Ausländerbeirat ein beraten<strong>des</strong> Gremium der Kommunalpolitik.<br />

Um die Verbindung zur Kommunalpolitik sicherzustellen wurden<br />

Mitglieder der Ratsfraktionen in den Ausländerbeirat entsandt. Sie hatten<br />

allerdings kein Stimmrecht.<br />

Die im Jahre 1996 gegründete Lan<strong>des</strong>arbeitsgemeinschaft der<br />

Ausländerbeiräte (LAGA NRW) 1 mit ihrem Vorsitzenden Tayfun Keltek<br />

drängte daher auf weitere Verbesserungen bei der politischen Teilhabe<br />

von Migrantinnen und Migranten in Nordrhein-Westfalen. Zusammen mit<br />

ihren Mitgliedsorganisationen sowie dem Innenministerium in Düsseldorf<br />

erarbeitete die LAGA NRW das Modell <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong>, das <strong>2004</strong> in<br />

insgesamt 59 Städten und Gemeinden <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> zum Tragen kommen<br />

sollte.<br />

Der Kölner Integrationsrat<br />

Zur Einführung <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong> musste auch in Köln auf eine Besonderheit<br />

in der GO NRW zurückgegriffen werden: die Experimentierklausel<br />

<strong>des</strong> § 126 GO. Diese Klausel ermöglichte Städten und Gemeinden,<br />

von den Bestimmungen der GO abzuweichen und neue Wege zu gehen.<br />

Ein solches Experiment war durch das Innenministerium <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong><br />

Nordrhein-Westfalen zu genehmigen und galt für eine Wahlperiode.<br />

Einem Antrag auf Durchführung eines Experiments und der Einrichtung<br />

eines <strong>Integrationsrates</strong> in Köln stimmte der Stadtrat in seiner Sitzung<br />

vom 12. Februar <strong>2004</strong> einstimmig zu. Das Innenministerium genehmigte<br />

dieses Experiment. Die Wahlen zum neuen Integrationsrat wurden in Köln<br />

als reine Briefwahl abgehalten. Der letztmögliche Wahltermin war der 21.<br />

November <strong>2004</strong>.<br />

Die Briefwahl war nicht die einzige Besonderheit <strong>des</strong> Kölner <strong>Integrationsrates</strong>.<br />

Schon bei der Formulierung <strong>des</strong> Antrags hatte der Stadtrat dem<br />

Integrationsrat weitgehende politische Gestaltungsmöglichkeit eingeräumt.<br />

Der gesetzliche Rahmen unterhalb einer Grundgesetzänderung wurde in<br />

Köln ausgeschöpft. Der Kölner Integrationsrat<br />

• besteht aus 22 direkt gewählten Migrantenvertretern und 11 Ratsmitgliedern,<br />

1 Seit der Mitgliederversammlung vom 8.April 2000 lautet der offizielle Name Lan<strong>des</strong>arbeitsgemeinschaft<br />

der kommunalen Migrantenvertretungen NRW<br />

Integrationsrat Köln 9


• kann eigenständig Anfragen und Anträge an die Verwaltung stellen,<br />

• entscheidet über die Vergabe der Zuschüsse für interkulturelle<br />

Zentren,<br />

• ist in der Beratungsfolge der Ratsausschüsse so zu berücksichtigen,<br />

dass er bei integrationspolitisch relevanten Themen rechtzeitig<br />

mitberaten und -entscheiden kann (z.B. Sprachförderung in Kindertagesstätten<br />

und Schulen),<br />

• darf eigenständige Öffentlichkeitsarbeit machen,<br />

• wird von allen Ausländern sowie eingebürgerten Deutschen, die sich<br />

in die Wählerlisten eingetragen haben gewählt.<br />

Vielfalt der Kandidaturen<br />

Die Aussicht auf stärkere politische Kompetenzen mobilisierte schon vor<br />

der Wahl im November <strong>2004</strong> viele Migrantinnen und Migranten. Durch<br />

Informationsveranstaltungen und Berichte motiviert meldeten sich deutlich<br />

mehr Listen als zuvor zu der Wahl an. Schon bei den Kandidaturen<br />

zeigte sich, dass der neue Integrationsrat ein „bunteres“ Gremium als der<br />

Ausländerbeirat werden würde: Diverse Listen italienischstämmiger Bürger<br />

meldeten sich ebenso zur Wahl, wie Russisch- und türkeistämmiger Kölnerinnen<br />

und Kölner. Auch die Wahlbeteiligung stieg um 6,1 Prozentpunkte<br />

auf 16,7 Prozent an. Ein immer noch enttäuschen<strong>des</strong> Ergebnis. Dabei ist<br />

jedoch zu berücksichtigen, dass keiner der Listen für die Mobilisierung der<br />

Wählerinnen und Wähler ein hauptamtlicher Apparat zur Verfügung stand,<br />

wie dies bei Parteien und politischen Stiftungen etwa der Fall ist.<br />

Wahlergebnisse<br />

10<br />

Partei Stimmen %-Anteile<br />

LDK 3.695 15,31%<br />

LB 3.549 14,70%<br />

Forum 2.192 9,08%<br />

Karaman 1.680 6,96%<br />

BAKA 1.609 6,67%<br />

Integrationsrat Köln


Partei Stimmen %-Anteile<br />

ITALIA 1.483 6,14%<br />

DIALOG 1.474 6,11%<br />

INTEGRATION 1.270 5,26%<br />

AVRASYA 1.231 5,10%<br />

Sozial 1.060 4,39%<br />

WiK 960 3,98%<br />

PHOENIX 915 3,79%<br />

ROMA 839 3,48%<br />

KIB 634 2,63%<br />

KAL 545 2,26%<br />

DV 477 1,98%<br />

BKM 433 1,79%<br />

Aksoy 90 0,37%<br />

Gesamt 24.136 100,00%<br />

1.3 Direkt gewählte Mitglieder<br />

Name Stellvertreter/in Partei<br />

Keltek, Tayfun Önel, Yasemin LDK<br />

Özkücük, Turan Iyilik, Levent LDK<br />

Mucuk-Edis Demir, Ali LDK<br />

Öztürk, Rafet Özsinmaz, Mustafa LDK<br />

Sirin, Metin Aktas, Aydin LB<br />

Karadöl, Ismail Bük, Evren LB<br />

Uzun, Ilhan Kosar, Yilmaz LB<br />

Esen, Ali Batir, Hasan LB<br />

Voloshin, Igor Schreiber, Artur Forum<br />

Nilov, Maxim Groznijs, Aleksandrs Forum<br />

Karaman, Malik ----- Einzelbewerber<br />

Zeren, Songül Demirkapu, Nesih BAKA<br />

Toprakci, Selahattin Yavuz, Röjde BAKA<br />

Integrationsrat Köln 11


12<br />

Name Stellvertreter/in Partei<br />

Di Salvo, Vincenzo Di Renzo, Mario ITALIA<br />

Azzolina, Salvatore Tremarco, Pietro ITALIA<br />

Yasar, Dogan Kulac, Abdurrahman DIALOG<br />

Bogdanou, Maria ----- INTEGRATION<br />

Surat, Sabri Surat, Belgin AVRASYA<br />

Giurano, Antonella ----- sozial<br />

Veronica Oomen Benkovic, Alan WIK<br />

Ostrowski, Viktor Hochdörfer, Regina PHOENIX<br />

Cilis, Filomena Salerno, Jenny ROMA<br />

Konstituierung <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong><br />

Am 11. Januar 2005 trat der Integrationsrat schließlich zu seiner<br />

konstituierenden Sitzung zusammen. Bei der Wahl zum Vorsitz setzte sich<br />

Tayfun Keltek mit 19 von insgesamt 33 Stimmen durch. Ilhan Uzun, Igor<br />

Voloshin und Maria Bogdanou wurden zu den drei Stellvertretern gewählt.<br />

Nach dem Ausscheiden von Maria Bogdanou wurde Antonella Giurano im<br />

April <strong>2009</strong> zur Stellvertreterin gewählt.<br />

Bei seiner Sitzung vom 4. April 2005 legte der Integrationsrat einstimmig<br />

folgende Handlungsfelder fest, mit denen sich die Mitglieder<br />

insbesondere befassen wollten:<br />

Auszug aus dem Antrag: Beschreibung von Handlungsfeldern der kommunalen<br />

Migrantenvertretung:<br />

• Politische Partizipation<br />

• Förderung der Antidiskriminierungsarbeit<br />

• Interkulturelle Öffnung der Verwaltung<br />

• Zusammenarbeit mit der Ausländerbehörde<br />

• Förderung der Migrantenselbstorganisationen<br />

• Dialog der Religionen<br />

• Förderung von Migrantenkindern im Elementarbereich<br />

• Verbesserung der Schulerfolge von Migrantenkindern<br />

Integrationsrat Köln


• Maßnahmenprogramm Übergang Schule/Beruf<br />

• Wohnen und Stadtentwicklung<br />

• Sport<br />

• Gesundheitsfragen<br />

• Seniorenarbeit<br />

• Verbesserung der Lebenssituation von Asylbewerbern und<br />

Flüchtlingen<br />

• Öffentlichkeitsarbeit<br />

Der Integrationsrat im Gefüge der Kölner Politik<br />

Schon zu Beginn der Amtsperiode wurde deutlich, dass der Integrationsrat<br />

einen höheren Stellenwert innerhalb der Kölner Politik genießt. Die<br />

von den Fraktionen im Rat entsandten Mitglieder zeichneten sich durch<br />

ein hohes Interesse an der Themenstellung aus. CDU, SPD und Bündnis<br />

90/Die Grünen machten Mitglieder mit Migrationshintergrund zu ihren<br />

integrationspolitischen Sprechern. Bis zum Ende der Wahlperiode gehörte<br />

auch Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes dem Integrationsrat an.<br />

Um sicherzustellen, dass der Integrationsrat immer rechtzeitig in die<br />

Beratung zu integrationspolitisch relevanten Verwaltungsvorlagen oder<br />

Anträgen beraten kann, wurde er an den Beginn der Beratungsfolge der<br />

Ausschüsse gesetzt.<br />

Die Teilnahme stimmberechtigter Ratsmitglieder führte zu einer engen<br />

Verzahnung zwischen der Migrantenvertretung und der gesamten Kommunalpolitik.<br />

Anträge <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong> wurden – wie alle anderen Anträge<br />

– frühzeitig in den Fraktionen behandelt. Häufig wurden Vorschläge<br />

aus den Reihen der direkt gewählten Migrantenvertreter komplett oder mit<br />

Änderungen übernommen.<br />

Die Stadtverwaltung achtete verstärkt darauf, dass Vorlagen, die integrationspolitische<br />

Relevanz haben könnten, dem Integrationsrat rechtzeitig<br />

zur Mitberatung vorzulegen. So hat sich der Integrationsrat zu einem normalen<br />

Ausschuss in etwas abgewandelter Zusammensetzung entwickelt.<br />

Das zeigte sich nicht zuletzt darin, dass Beigeordnete und Amtsleiter<br />

immer wieder an seinen Sitzungen teilnahmen. Auf Einladung <strong>des</strong> Vorsitzenden<br />

besuchte auch der nordrhein-westfälische Integrationsminister<br />

Armin Laschet eine Sitzung.<br />

Integrationsrat Köln 13


14<br />

Integrationsrat Köln


Politische Partizipation<br />

Die politische Beteiligung ist für den Integrationsrat (IR) Köln ein<br />

Kernthema. Während der Amtsperiode beschäftigten sich die Mitglieder<br />

zunächst mit den eigenen Möglichkeiten, den ihnen gebotenen politischen<br />

Spielraum zu nutzen. Weitere wichtige Themen waren das kommunale<br />

Wahlrecht sowie die gesetzliche Verankerung der Integrationsräte in die<br />

nordrhein-westfälische Gemeindeordnung (GO).<br />

Politische Qualifizierung<br />

Ganz zu Beginn der Amtsperiode <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong> spielte die<br />

Frage nach Qualifizierung der Integrationsratsmitglieder eine große Rolle.<br />

Zwar hatten die gewählten Migrantenvertreterinnen und –vertreter klare<br />

politische Ziele, aber nicht alle fanden sich gleich im Zusammenspiel<br />

von Rat, Verwaltung und Integrationsrat zurecht. Mit Unterstützung der<br />

Lan<strong>des</strong>zentrale für politische Bildung bot die LAGA NRW ein Programm<br />

zur Schulung der Mitglieder der Integrationsräte an. Sechs Kölner<br />

IR-Mitglieder nahmen an den Fortbildungen teil und informierten sich<br />

über die politischen Mitwirkungs- und Handlungsmöglichkeiten, die<br />

die nordrhein-westfälische GO und die Satzungen der Städte zulassen.<br />

Darüber hinaus gab es Informationen zum Umgang mit der Presse und zur<br />

Organisation der eigenen Arbeit.<br />

Integrationsrat für Kommunales Wahlrecht<br />

Die Einführung <strong>des</strong> kommunalen Wahlrechts für alle Migrantinnen<br />

und Migranten stand 2007 im Zentrum der Tätigkeiten <strong>des</strong><br />

Kölner <strong>Integrationsrates</strong>.<br />

Anlass für die Initiative <strong>des</strong> Kölner IR war eine Passage im Koalitionsvertrag<br />

zwischen CDU, SPD und CSU auf Bun<strong>des</strong>ebene. Darin hatten die<br />

Parteien eine Überprüfung <strong>des</strong> kommunalen Wahlrechts für alle Migranten<br />

aufgenommen. Die Bun<strong>des</strong>regierung sollte eine solche Überprüfung durchführen,<br />

um die Möglichkeiten einer Grundgesetzänderung auszuloten.<br />

Integrationsrat Köln 15


Rund eineinhalb Jahre nach Amtsübernahme zeigte sich jedoch,<br />

dass die Bun<strong>des</strong>regierung das Thema nur sehr zögerlich anging. In<br />

Nordrhein-Westfalen rief die LAGA NRW zusammen mit den Wohlfahrtsverbänden<br />

und dem DGB zu einer Unterschriftensammlung für die Einführung<br />

<strong>des</strong> kommunalen Wahlrechts auf. Als Schirmherrin unterstützte die<br />

frühere Bun<strong>des</strong>tagspräsidentin und CDU-Politikerin Prof. Rita Süssmuth<br />

die Kampagne.<br />

Im März 2007 beschloss der Kölner Integrationsrat einen Antrag zum<br />

kommunalen Wahlrecht:<br />

„Der Integrationsrat der Stadt Köln fordert das aktive und passive<br />

kommunale Wahlrecht für alle Migrantinnen und Migranten, die sich seit<br />

min<strong>des</strong>tens fünf Jahren rechtmäßig in der Bun<strong>des</strong>republik aufhalten,<br />

unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit.“<br />

Bis auf die CDU-Fraktion stimmten alle Mitglieder <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong><br />

dem Antrag zu. Der so angenommene Antrag wurde an den Stadtrat weitergeleitet.<br />

Dieser beriet im September 2007 darüber und verabschiedete<br />

ihn ebenfalls mit breiter Mehrheit.<br />

Neben SPD, Bündnis90/Die Grünen, FDP, Die Linke und dem Vertreter<br />

<strong>des</strong> Kölner Bürgerbündnisses stimmte auch Oberbürgermeister Fritz<br />

Schramma für den Antrag <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong>. Die Beschlüsse <strong>des</strong> IR<br />

und <strong>des</strong> Rates wurden an die Lan<strong>des</strong>regierung sowie an den Bun<strong>des</strong>tag<br />

zur weiteren Bearbeitung gesandt. Bis zum Ende der Legislaturperiode<br />

<strong>2004</strong>-<strong>2009</strong> blieb die Initiative ohne Erfolg.<br />

Parallel dazu beschloss der Kölner Integrationsrat, seine Möglichkeiten<br />

der Öffentlichkeitsarbeit für die Forderung nach verbesserter politischer<br />

Partizipation zu nutzen. Unter dem Titel „Hier, wo ich lebe, will ich<br />

wählen!“ berief der Integrationsrat eine Pressekonferenz ein. Dabei wurde<br />

darüber informiert, dass Deutschland innerhalb der Europäischen Union<br />

bei der Frage <strong>des</strong> kommunalen Wahlrechts nahezu alleine steht. Fast<br />

alle EU-Mitgliedsstaaten gewähren Nicht-EU-Bürgern ein kommunales<br />

Wahlrecht.<br />

In Informationsflyern warnte der Integrationsrat außerdem vor „demokratiefreien<br />

Zonen“ in Stadtteilen mit einem hohen Migrantenanteil. Der<br />

Anteil der Wahlberechtigten liegt in Köln in einigen dieser Stadtteile unter<br />

50 Prozent. Zugleich sei das kommunale Wahlrecht für alle Migranten<br />

eine Chance, die von der insgesamt niedriger werdenden Wahlbeteiligung<br />

profitierenden rechtsradikalen Parteien wieder zurückzudrängen.<br />

16<br />

Integrationsrat Köln


Migranten in die Parlamente<br />

Trotz aller Lücken im Wahlrecht: Schon heute gibt es in Köln viele<br />

Menschen mit Zuwanderungsgeschichte, die das kommunale Wahlrecht<br />

haben – das sind alle EU-Bürger über 16 Jahre und alle Eingebürgerten.<br />

Für viele dieser Menschen ist die Wahrnehmung ihres Wahlrechts jedoch<br />

nicht immer selbstverständlich. Daher hat der IR alle wahlberechtigten<br />

Migranten zur Teilnahme an den Wahlen aufgefordert.<br />

Ziel <strong>des</strong> IR war darüber hinaus, dass die Parteien das steigende Wählerpotenzial<br />

erkennen, nutzen und umwerben – mit guten Konzepten und<br />

Köpfen. Seit 1999 war eine – wenn auch nur langsam steigende – Zahl<br />

von Migrantinnen und Migranten in den Stadträten aktiv. <strong>2004</strong> gelang in<br />

Köln insgesamt vier Kandidatinnen und Kandidaten mit Zuwanderungsgeschichte<br />

der Einzug in den Rat.<br />

„Damit sind Migranten immer noch unterrepräsentiert. Aber es hat sich<br />

gezeigt, dass die gute Zusammenarbeit mit den Fraktionen insbesondere<br />

über diese Ratsmitglieder funktioniert hat.“ zieht der Vorsitzende <strong>des</strong><br />

<strong>Integrationsrates</strong>, Tayfun Keltek, Bilanz.<br />

Aufgrund dieser positiven Erfahrung, aber auch aus grundsätzlichen<br />

Überlegungen verabschiedete der Integrationsrat am 2. Juni 2008 eine<br />

Resolution an die Kölner Parteien. Darin wurden diese aufgefordert, bei<br />

der Aufstellung ihrer Kandidatinnen und Kandidaten zur Kommunalwahl,<br />

Menschen mit Zuwanderungsgeschichte zu berücksichtigen. Wörtlich hieß<br />

es:<br />

„Migrantinnen und Migranten sind im gleichen Maße politisch interessiert<br />

wie die Mehrheitsbevölkerung. Doch sie machen in großem<br />

Umfang ihre Entscheidung, ob sie sich an den Wahlen beteiligen,<br />

davon abhängig, dass eine aktive Integrationspolitik betrieben wird und<br />

Kandidatinnen und Kandidaten aufgestellt werden, die selbst über einen<br />

Migrationshintergrund verfügen und ihr Vertrauen genießen. Dies ist für<br />

Viele ausschlaggebend für eine Beteiligung an den Wahlen. Im Sinne einer<br />

Kommunalpolitik, die die Interessen aller Einwohnerinnen und Einwohner<br />

vertritt, sind die Parteien <strong>des</strong>halb aufgefordert, dies zu berücksichtigen.“<br />

Integrationsrat für dauerhafte gesetzliche Regelung<br />

Im letzten Jahr der Amtsperiode beschäftigte den Kölner Integrationsrat<br />

die Frage nach der eigenen Zukunft. 2007 hatte die Geschäftsstelle <strong>des</strong><br />

<strong>Integrationsrates</strong> einen vom Oberbürgermeister unterzeichneten Erfah-<br />

Integrationsrat Köln 17


ungsbericht an das Innenministerium <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> Nordrhein-Westfalen<br />

fertiggestellt. Die Bilanz der Arbeit fiel positiv aus. Insbesondere die verbesserte<br />

Kommunikation zwischen Migrantenvertretung und Kommunalpolitikern<br />

wurde gelobt, ebenso die bessere Berücksichtigung der Anliegen<br />

aus dem Integrationsrat innerhalb der Verwaltung.<br />

In der abschließenden Bewertung <strong>des</strong> Berichts heißt es:<br />

„An der Gestaltung der Rahmenbedingungen zur Förderung von Integrationsprozessen<br />

müssen sowohl die Mehrheitsgesellschaft als auch die<br />

Zuwanderer beteiligt sein, wenn diese breite Akzeptanz erfahren sollen.<br />

… Der Integrationsrat gewährleistet, dass Mitwirkung und Zusammenwirken<br />

erfolgreich umgesetzt werden. …Hier arbeiten die Ratsmitglieder<br />

mit ihrer politischen Routine und ihrer politischen Sozialisation<br />

einerseits und die Migrantenvertreter, die neben der unterschiedlich<br />

ausgeprägten, aber erheblich gewachsenen Fachlichkeit auch direkte<br />

Betroffenheit mitbringen, zusammen.<br />

Wünschenswert wäre es, wenn die Kompetenzen <strong>des</strong> Gremiums eindeutiger<br />

als bisher geregelt werden könnten:...“<br />

Schon Ende 2007 sprachen sich der Kölner Integrationsrat sowie der<br />

Stadtrat für die Verankerung dieses Modells in der Gemeindeordnung aus.<br />

Als sich Ende <strong>des</strong> Jahres 2008 abzeichnete, dass insbesondere das<br />

Innenministerium Bedenken gegen eine Änderung der GO und die gesetzliche<br />

Festlegung <strong>des</strong> Integrationsratsmodells hegte, handelte man wieder<br />

gemeinschaftlich. Regelmäßige Berichte veranlassten zunächst die Ratsmitglieder<br />

aller Fraktionen ihren Parteikollegen in Düsseldorf die Kölner<br />

Position nahezubringen. Bis zum Frühjahr <strong>2009</strong> gab es noch keinen<br />

Gesetzesentwurf der Lan<strong>des</strong>regierung. Allerdings legten die Landtagsfraktionen<br />

von CDU und FDP einen Entwurf vor, der in Köln auf Kritik stieß<br />

– auch auf Seiten der Rats-CDU. Kurz zusammengefasst sah der Gesetzesentwurf<br />

einen, nach Auffassung <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong>, Rückschritt vor.<br />

Die auf die Integrationsthemen bezogenen Entscheidungskompetenzen für<br />

den Integrationsrat blieben unberücksichtigt.<br />

Protestaktion vor dem Rathaus<br />

Am 19. Mai <strong>2009</strong> protestierten Mitglieder <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong>, Ratsmitglieder<br />

sowie Kölner Bürgerinnen und Bürger mit Migrationshintergrund<br />

vor dem Rathaus. Unter dem Motto: „Lan<strong>des</strong>regierung setzt uns den Stuhl<br />

vor die Tür“ setzten sie sich auf Stühle vor das Historische Rathaus.<br />

18<br />

Integrationsrat Köln


Die öffentliche Resonanz führte zu einer Präzisierung <strong>des</strong> Gesetzentwurfs:<br />

Den Kommunen wurde zugestanden, die Integrationsräte mit Entscheidungskompetenzen<br />

auszustatten, wozu allerdings ein gesonderter Ratsbeschluss<br />

notwendig sein wird. Eine einheitliche Regelung auf Lan<strong>des</strong>ebene<br />

ist jedoch ausgeblieben.<br />

Exkurs: Moscheebau in Ehrenfeld<br />

In der Regel befassen sich politische Gremien in einer Demokratie nicht<br />

mit Fragen der Religion oder Religionszugehörigkeit. Die in Köln in den<br />

vergangenen Jahren geführte Diskussion über den Bau einer repräsentativen<br />

Moschee, machte eine Befassung allerdings unvermeidlich. Im April<br />

2006 stand das Thema auf der Tagesordnung <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong>. Vertreter<br />

<strong>des</strong> Stadtplanungsamtes stellten zusammen mit einem Architekten<br />

sowie einem Vertreter der DITIB die Baupläne <strong>des</strong> Architekturbüros Böhm<br />

für die Moschee vor.<br />

Im Zuge dieser Diskussion betonte der Integrationsrat, dass man den<br />

Bau einer repräsentativen Moschee befürworte, weil es zur vom Grundgesetz<br />

garantierten Religionsfreiheit dazugehöre, dass auch Muslime in<br />

einem würdigen Gotteshaus beten könnten.<br />

Darüber hinaus ist der Integrationsrat sowohl im Beirat der DITIB zum<br />

Moscheebau wie im Kölner Rat der Religionen vertreten.<br />

Integrationsrat Köln 19


sta dt köln<br />

20<br />

Integrationsrat Köln


Interkulturelle Öffnung<br />

der Stadtverwaltung<br />

Gleich zu Beginn seiner Amtsperiode<br />

machte der Integrationsrat (IR)<br />

einen Impuls für die interkulturelle<br />

Öffnung der Stadtverwaltung zu<br />

einem seiner wichtigsten Anliegen.<br />

Bedeutung der interkulturellen<br />

Öffnung der Verwaltung<br />

Ähnlich wie bei der Partizipation<br />

auf der politischen Ebene geht es<br />

auch bei der Verwaltung um eine<br />

stärkere Repräsentation der Bevölkerung<br />

mit Zuwanderungsgeschichte.<br />

Ziel <strong>des</strong> IR ist es, dass mehr<br />

Menschen mit Migrationshintergrund<br />

in den Verwaltungen arbeiten. Das<br />

allein ist aber nicht Sinn und Zweck<br />

<strong>des</strong> Anliegens.<br />

Dazu bringen Menschen, die selber<br />

Zuwanderungserfahrungen haben,<br />

die notwendige Sensibilität mit, um<br />

Veränderungsprozesse in den Verwaltungen<br />

einzuleiten. Sie können<br />

zu Vorbildern für Nachwuchskräfte<br />

werden. Zugleich erleichtern sie<br />

Menschen, die den Umgang mit<br />

deutschen Behörden nicht kennen<br />

oder scheuen, den Weg zur Stadt-<br />

Interkulturelle Öffnung der Stadtverwaltung<br />

bedeutet, dass den veränderten<br />

Bedürfnissen und Erwartungen<br />

einer von Einwanderung und der<br />

Vielfalt von Lebensentwürfen geprägten<br />

Gesellschaft Rechnung getragen<br />

wird. Interkulturelle Kompetenz ist<br />

eine zentrale Grundlage für erfolgreiches<br />

Handeln von Verwaltungen, um<br />

Anliegen der zugewanderten Bürgerinnen<br />

und Bürger in angemessener<br />

Weise und sachgerecht bearbeiten<br />

zu können.<br />

D ie interkulturelle Öffnung der<br />

Verwaltung erfordert die laufende<br />

Weiterbildung und Qualifizierung <strong>des</strong><br />

vorhandenen Personals, um es auf<br />

neue, sich ändernde Bedürfnisse in<br />

der Bevölkerung einzustellen.<br />

verwaltung. Migrantinnen und Migranten sollten <strong>des</strong>wegen möglichst in<br />

allen Bereichen der Verwaltungen arbeiten und sich nicht auf spezifische<br />

Bereiche wie der Ausländerbehörde konzentrieren.<br />

Integrationsrat Köln 21


Integrationsrat stößt Diskussionsprozess an<br />

Bereits in seiner Sitzung vom 4. April 2005 diskutierte der Integrationsrat<br />

einen Antrag zur „Förderung der Beschäftigung und der Ausbildungsbeteiligung<br />

von Migrantinnen und Migranten in der Stadtverwaltung“.<br />

Darin wurden nicht nur eine Erhöhung der Anteile an den Beschäftigten<br />

und Auszubildenden gefordert, sondern auch konkrete Maßnahmen<br />

vorgeschlagen, die sich in anderen Städten bereits bewährt hatten. Dazu<br />

gehörten unter anderem regelmäßige Informationen über Ausbildungs-<br />

und Berufswege in Verwaltungen an Schulen, gezielte Vorbereitung auf<br />

Einstellungstests in Zusammenarbeit mit Schulen und Schulpraktika in<br />

Verwaltungen.<br />

Nach eingehender Diskussion verabschiedete der IR schließlich einen<br />

Prüfauftrag. Die Verwaltung sollte die im Antrag formulierten Vorschläge<br />

auf ihre „rechtliche und tatsächliche“ Umsetzbarkeit prüfen und dem<br />

Integrationsrat dazu eine Stellungnahme vorlegen.<br />

Später stellte eine für die Ausbildung bei der Stadt Köln verantwortliche<br />

Mitarbeiterin <strong>des</strong> Personalamtes im Integrationsrat die Verwaltungspraxis<br />

vor. Sie schilderte die Werbung um Nachwuchskräfte in Schulen. Die vom<br />

IR vorgeschlagenen Maßnahmen hielt die Verwaltung zunächst für nicht<br />

umsetzbar. Insbesondere wurde auf die Verpflichtung der öffentlichen<br />

Verwaltung zur Gleichbehandlung hingewiesen.<br />

Erste Erfolge<br />

Zwei Jahre nach der ersten Diskussion stand das Thema der interkulturellen<br />

Öffnung der Stadtverwaltung erneut auf der Tagesordnung. Bei der<br />

Debatte am 24. April 2007 wurde deutlich, dass die Anregungen aus<br />

Entwicklung der Auszubildendenzahlen bei der Stadt Köln bis zwischen<br />

2005 und 2008. (Quelle: Ausbildungsbericht der Stadt Köln, Januar <strong>2009</strong>)<br />

Ausbildungsjahr Gesamtbewerbungen<br />

22<br />

Integrationsrat Köln<br />

Bewerbungen von<br />

Migrantinnen und<br />

Migranten in %<br />

2005 4013 3,50 2,50<br />

2006 5427 16,50 15,20<br />

2007 5551 17,70 16,90<br />

2008 5245 22,70 25,60<br />

Einstellungen von<br />

Migrantinnen und<br />

Migranten in %


dem IR Wirkung gezeigt hatten. Bei der Zahl der Auszubildenden in der<br />

Verwaltung, war der Anteil der Jugendlichen mit Migrationshintergrund<br />

angestiegen: Von nur 2,5 Prozent 2005 stieg der Anteil der Auszubildenden<br />

mit Migrationshintergrund schon 2006 auf 15,2 Prozent an.<br />

Mitteilungen über diese Veränderungen bei den Personal- und Auszubildendenzahlen<br />

wurden zunächst nur dem zuständigen Fachausschuss für<br />

Allgemeine Verwaltung und Recht vorgelegt. Dennoch zeigte sich, dass die<br />

Vorschläge <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong> nachhaltige Wirkung hatten: So war bei<br />

der Einstellung von neuen sozialpädagogischen Kräften für den<br />

„Gefährdungsmeldungs-Sofort-Dienst“ im Jugendamt eine besondere Berücksichtigung<br />

von qualifizierten Migranten aus Sicht der Fachverwaltung<br />

durchaus erwünscht. Eine entsprechende Anregung aus dem Integrationsrat<br />

wurde in die Beschlussvorlage übernommen – und umgesetzt.<br />

Im Juni <strong>2009</strong> stellte der für das Personal verantwortliche Stadtdirektor<br />

Guido Kahlen dem Integrationsrat Qualifizierungsmaßnahmen vor, die<br />

inzwischen bei der Rekrutierung von Nachwuchskräften üblich geworden<br />

sind.<br />

Gemeinsam mit der Agentur für Arbeit hat das Kölner Personalamt<br />

Programme entwickelt, die zum Teil seit 2006 durchgeführt werden. Dazu<br />

gehören halbjährliche Praktika, in deren Verlauf Jugendliche „an eine<br />

Verwaltungstätigkeit oder alternativ in ein Berufsbild ihrer Wahl herangeführt<br />

werden“ (Ausbildungsbericht <strong>2009</strong> der Stadt Köln). Weiter heißt es<br />

in dem Bericht: „Mit einer individuellen, zielgerichteten Förderung sollte<br />

ihnen der erfolgreiche Abschluss <strong>des</strong> Projektes erleichtert werden, gleichzeitig<br />

die Grundbedingung für die Übernahme in ein Ausbildungsverhältnis<br />

als Verwaltungsfachangestellte/r“ geschaffen werden.<br />

Dazu kommt ein spezielles Auswahlverfahren, dass das Lernpotenzial<br />

junger Bewerber mit Migrationshintergrund „in den gängigsten Sprachen<br />

der Herkunftsländer“ ermittelt. So werden einerseits besondere Kompetenzen<br />

abgefragt, die nicht ohne Weiteres erkennbar sind und zugleich<br />

festgestellt, ob mögliche Defizite im Verlauf der Ausbildung abgebaut<br />

werden können. Sogenannte „Culture fair-Maßnahmen“ 2 hatte der Integrationsrat<br />

bereits in seinem Antrag aus dem Frühjahr 2005 vorgeschlagen.<br />

Nun sind sie Bestandteil <strong>des</strong> Verwaltungshandelns geworden.<br />

2 Testverfahren, die in einem ersten Schritt unabhängig von der aktuellen Kompetenz in der<br />

deutschen Sprache Fähigkeiten prüfen.<br />

Integrationsrat Köln 23


24<br />

konzept<br />

Integrationsrat Köln


Integrationskonzept für Köln<br />

Am 23. Oktober 2006 verabschiedete<br />

der Kölner Integrationsrat (IR)<br />

einstimmig einen knapp formulierten<br />

Antrag. In nur einem Satz wurde die<br />

Verwaltung aufgefordert, ein Integrationskonzept<br />

für die Stadt Köln zu<br />

erstellen.<br />

Das war der Beginn eines neuen<br />

Prozesses, der bis Ende <strong>2009</strong> noch<br />

nicht ganz abgeschlossen sein wird.<br />

Historische Einordnung<br />

Mit dem Beschluss knüpfte der<br />

Integrationsrat an eine Kölner<br />

Tradition an. Die Domstadt war Ende<br />

der 70er Jahre die erste Großstadt<br />

Deutschlands, die mit einem<br />

„Ausländermaßnahmenprogramm“<br />

die Integration von Migranten<br />

systematisch förderte. Dieses<br />

Maßnahmenprogramm enthielt z.B.<br />

Regelungen zur finanziellen Förderung<br />

von Interkulturellen Zentren,<br />

V oraussetzung für ein tolerantes<br />

und friedliches Zusammenleben<br />

in einer funktionierenden Stadtgesellschaft<br />

ist der gleichberechtigte<br />

Zugang und die Teilhabe aller Bürgerinnen<br />

und Bürger an den vielfältigen<br />

Angeboten und Ressourcen der<br />

Stadt. Ein Kölner Integrationskonzept<br />

ist notwendig, da die Ausgangsvoraussetzungen<br />

von Kölnerinnen<br />

und Kölnern mit Migrationshintergrund<br />

unterschiedlich zu denen der<br />

deutschen Kölnerinnen und Kölnern<br />

sind. Ziel <strong>des</strong> Integrationskonzeptes<br />

ist für die Gruppe der Kölner Migrantinnen<br />

und Migranten Wege zu einer<br />

gleichberechtigten Partizipation zu<br />

entwickeln und aufzuzeigen.<br />

Etablierung von Hausaufgabenangeboten und Deutschförderung für Kinder<br />

etc. Es wurde in den 80er und 90er Jahren <strong>des</strong> vergangenen Jahrhunderts<br />

fortgeschrieben und enthielt sowohl laufende wie auch beabsichtigte<br />

Maßnahmen aus allen Bereichen der Stadtpolitik, die die Integration<br />

von Migranten betrafen. Zu Beginn dieses Jahrzehnts hatten sowohl der<br />

Ausländerbeirat wie der Stadtrat eine weitere Fortschreibung angemahnt.<br />

Einen Entwurf aus dem Jahr 2003 hatte die Verwaltung nach Kritik aus<br />

der Politik jedoch zurückgezogen.<br />

Eine im Sommer 2006 von SPD und Bündnis 90/Die Grünen beantragte<br />

Integrationsrat Köln 25


Fortschreibung <strong>des</strong> „Interkulturellen Maßnahmenprogramms“ war nach<br />

Auffassung der direkt gewählten Migrantenvertreterinnen und –vertreter<br />

nicht ausreichend. Angeregt durch die Ergebnisse eines Wettbewerbs der<br />

Bertelsmann Stiftung forderten sie ein eigenes Integrationskonzept für die<br />

Stadt.<br />

Leitlinien für ein Integrationskonzept<br />

Zur Sitzung <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong> am 24. April 2007 berichtete eine<br />

Referentin der Bertelsmann Stiftung über die Erkenntnisse aus diesem<br />

Wettbewerb.<br />

Die Bertelsmann Stiftung hatte als Quintessenz daraus die zehn<br />

wichtigsten Handlungsfelder für eine erfolgreiche Integrationspolitik<br />

herausgearbeitet und knappe Leitlinien formuliert. Da die zahlreichen<br />

Maßnahmen und Programme in der Vergangenheit nicht die gewünschten<br />

Integrationserfolge gezeigt hatten, wobei Integration im Sinne gleichberechtigter<br />

Teilhabe und von Chancengerechtigkeit verstanden wird, wurde<br />

die Notwendigkeit gesehen ein gesamtstädtisches Konzept zu entwickeln.<br />

Die fachspezifischen Ansätze sollen zu einem Ganzen zusammengeführt<br />

und zukünftig weiter entwickelt werden.<br />

Nach Auffassung der meisten Integrationsratsmitglieder bildeten diese<br />

Leitlinien eine gute Grundlage für die Erarbeitung eines Kölner Konzeptes<br />

zur Integration von Migrantinnen und Migranten. Mit einigen Anpassungen<br />

wurden diese in der Mai-Sitzung als Arbeitsgrundlage weitergegeben. Später<br />

wurden diese Leitlinien noch ergänzt und in das Integrationskonzept<br />

eingebaut.<br />

Hier der Beschluss <strong>des</strong> Beirates zur Erstellung eines Integrationskonzepts<br />

(s.u. Der Prozess):<br />

Leitlinien für das Integrationskonzept der Stadt Köln<br />

26<br />

1. Köln ist seit jeher eine Stadt, die von Zuwanderung geprägt ist.<br />

Integration ist somit heute und auch in Zukunft für alle politischen<br />

und gesellschaftlichen Bereiche von zentraler Bedeutung.<br />

2. Integration setzt die Anerkennung gemeinsamer freiheitlich demokratischer<br />

Normen und Regeln voraus.<br />

3. Integration ist eine dauerhafte politische und gesellschaftliche<br />

Aufgabe der gesamten Stadtgesellschaft, zu der Menschen mit Mig-<br />

Integrationsrat Köln


ationsgeschichte und die Mehrheitsbevölkerung zählen. Integration<br />

ist ein Prozess der gegenseitigen Verständigung und der Aushandlung<br />

bei Interessengegensätzen. Integration stärkt die Solidarität in der<br />

Stadt.<br />

4. Integration bedeutet, Vielfalt anzuerkennen und zu gestalten. Die<br />

mit der Zuwanderung verbundene kulturelle Vielfalt in der Stadt ist<br />

als Chance zu verstehen, die die Begegnung der unterschiedlichen<br />

Gruppen fördert und den Zusammenhalt der Gesellschaft fördert.<br />

Integration setzt bei den vorhandenen interkulturellen Potenzialen der<br />

in Köln lebenden Menschen an.<br />

5. Integration bedeutet weiterhin politische Partizipation und gleichberechtigte<br />

Teilhabe am Leben zu ermöglichen und Chancengleichheit<br />

zu verwirklichen. Integration bietet gleichberechtigten Zugang<br />

aller – insbesondere – zu Bildung, Erwerbsarbeit, gesundheitlicher<br />

Versorgung, Informationen, Kultur, sozialen Dienstleistungen, Sport<br />

und Wohnraum.<br />

6. Integration heißt, entschieden gegen Diskriminierung und Rassismus<br />

vorzugehen und Benachteiligungen abzubauen.<br />

7. Im Sinne einer sozial integrierten europäischen Stadt wird am<br />

Grundsatz der sozialräumlichen Mischung festgehalten. Die Umsetzung<br />

dieses Grundsatzes wird in allen gesellschaftlichen Bereichen<br />

aktiv betrieben. Integration geht über das friedliche Nebeneinander<br />

hinaus und führt zum Zusammenleben, welches Offenheit, gegenseitige<br />

Anerkennung und Dialogbereitschaft erfordert. Die Verantwortung<br />

für die Gesellschaft soll gemeinsam getragen werden.<br />

8. Bildung – von vorschulischer Bildung über die Berufsfindung bis<br />

zur Weiterbildung – ist die Grundlage und der Ausgangspunkt für die<br />

Integration in alle gesellschaftlichen Bereiche. In diesem Sinne spielt<br />

Bildung auch eine Schlüsselrolle für die Integration von Migrantinnen<br />

und Migranten in der Stadt.<br />

9. Der Schlüssel zu einer erfolgreichen Integration ist das Erlernen<br />

der gemeinsamen Sprache Deutsch. Angemessene Sprachkompetenzen<br />

im Deutschen und ergänzend in den Herkunftssprachen werden<br />

Integrationsrat Köln 27


28<br />

als Schlüsselressourcen von Integration vorausgesetzt.<br />

10. Integration setzt die interkulturelle Orientierung und Öffnung von<br />

Institutionen voraus<br />

11. Integration erfordert zielgruppenspezifische Angebote.<br />

12. Alle Integrationsmaßnahmen werden auf ihre Auswirkungen auf<br />

Frauen und Männer, auf Mädchen und Jungen hin überprüft, wobei<br />

die Frauenbelange eine besondere Berücksichtigung erfahren. Alle<br />

Maßnahmen sind auch auf ihre Auswirkungen im Hinblick auf die<br />

Akzeptanz von gleichgeschlechtlichen Lebensweisen hin zu überprüfen.<br />

Ebenso werden die Querschnittsthemen Antidiskriminierung,<br />

Behinderte, Bürgerschaftliches Engagement sowie Senioren im<br />

Integrationskonzept berücksichtigt.<br />

13. Alle Integrationsmaßnahmen werden auf ihre Auswirkungen auf<br />

Flüchtlinge hin überprüft.<br />

14. Die Stadt Köln spricht sich dafür aus die Erstellung und Umsetzung<br />

<strong>des</strong> Integrationskonzeptes im Rahmen ihrer Zuständigkeiten<br />

und Möglichkeiten zu unterstützen. Gleichfalls sind alle weiteren<br />

am Integrationskonzept Beteiligten dazu aufgerufen mit dem ihnen<br />

möglichen Beitrag maßgeblich zum Erfolg <strong>des</strong> Integrationskonzeptes<br />

beizutragen.<br />

Als weitere Handlungsfelder sahen die Leitlinien Antidiskriminierungs-,<br />

Bildungs-, Stadtentwicklungs- und Gleichstellungspolitik vor.<br />

Der Prozess<br />

Das Integrationskonzept sollte nach dem Willen <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong><br />

wie <strong>des</strong> Stadtrates mit einer breiten Bürgerbeteiligung erarbeitet werden.<br />

Im November 2007 fand die Auftaktveranstaltung unter Teilnahme von<br />

rund 200 Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Kirchen, Gewerkschaften,<br />

Wohlfahrtsverbänden, Migrantenorganisationen, aber auch<br />

nicht-organisierten Bürgern und Bürgerinnen statt. Die meisten nahmen<br />

in der Folge der Veranstaltung am gesamten Prozess teil. In thematischen<br />

Arbeitsgruppen wurde zu den beschlossenen inhaltlichen Bereichen diskutiert,<br />

abgewogen und Handlungsempfehlungen formuliert. Viele Mitglieder<br />

Integrationsrat Köln


<strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong> haben in den Arbeitsgruppen (AGs) mitgearbeitet.<br />

Jede der insgesamt 22 AGs wurde von zwei Personen – ehrenamtlich<br />

– geleitet. Zugleich bildeten die Leiterinnen und Leiter die Steuerungsgruppe<br />

für den gesamten Prozess. Für die politische Begleitung setzte der<br />

Stadtrat einen Beirat ein, dem auch der Vorsitzende <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong><br />

angehören sollte.<br />

Ende 2008 wurde dem Rat ein erster Entwurf vorgelegt. Dieser stellte<br />

noch kein vollständiges Konzept mit eindeutigen Prioritäten, sondern<br />

zunächst ein Rahmenkonzept für das Verwaltungshandeln dar. Im Einvernehmen<br />

mit dem Integrationsrat und allen Beteiligten, nahm der Rat im<br />

Dezember 2008 dieses Rahmenkonzept zur Kenntnis. Zugleich wurde<br />

eine Verlängerung <strong>des</strong> Prozesses bis Ende <strong>2009</strong> vereinbart.<br />

Stand der Dinge<br />

Am 20. Oktober <strong>2009</strong> endete die Amtsperiode <strong>des</strong> Rates <strong>2004</strong> - <strong>2009</strong>.<br />

Auf Anregung <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong> wird zuvor noch ein Workshop zum<br />

Stand <strong>des</strong> Integrationskonzepts organisiert. So erhalten die bis dahin amtierenden<br />

Stadtrats- und Integrationsratsmitglieder die Gelegenheit, eine<br />

vorläufige Bewertung zu dem Integrationskonzept abzugeben. Die endgültige<br />

Verabschiedung <strong>des</strong> Integrationskonzeptes wird der neugewählte<br />

Stadtrat vornehmen müssen.<br />

Vorläufiges Fazit<br />

Im Integrationsrat wurde die breite und kontinuierliche Beteiligung<br />

vieler Bürgerinnen und Bürger am Erarbeitungsprozess <strong>des</strong> Konzepts als<br />

Erfolg für die Integrationspolitik in Köln gewertet. Ein neues Interesse an<br />

kommunaler Integrationspolitik sei entstanden. Auch in der Verwaltung sei<br />

das Thema wieder präsent. Nach Verabschiedung <strong>des</strong> Konzepts wird es<br />

nun darauf ankommen, dass die Handlungsempfehlungen ernst genommen<br />

werden. Ein Gradmesser wird sein, ob die Politik bereit sein wird,<br />

ausreichende Finanzmittel für die Umsetzung <strong>des</strong> Konzepts zur Verfügung<br />

zu stellen. Der Integrationsrat versteht sich als „federführen<strong>des</strong> Gremium“<br />

in der Stadt Köln den begonnenen Prozess zu begleiten und weiter voran<br />

zu treiben.<br />

Integrationsrat Köln 29


30<br />

Integrationsrat Köln


Interkulturelle Zentren<br />

Interkulturelle Zentren haben sich<br />

in Köln seit Beginn der 1970er Jahre<br />

als Säulen der Integrationsarbeit etabliert.<br />

Zunächst allein ehrenamtlich<br />

tätig, entwickelten sich viele Zentren<br />

zu professionell arbeitenden Trägern<br />

von Jugend- und Sozialarbeit. Anfang<br />

dieses Jahrzehnts war die Förderung<br />

der Arbeit – und damit der<br />

Bestand der Zentren – wegen der<br />

schwierigen finanziellen Situation bei<br />

der Stadt Köln in Gefahr.<br />

Auch <strong>2004</strong>, zu Beginn der<br />

Amtszeit <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong> (IR),<br />

war die Lage noch nicht gesichert.<br />

Daher war die Frage der finanziellen<br />

und institutionellen Absicherung<br />

der Interkulturellen Zentren eine der<br />

ersten Aufgaben <strong>des</strong> IR.<br />

Zukunft der Interkulturellen Zentren<br />

In der Sitzung vom 13. Juni 2005 stellten der Vorsitzende <strong>des</strong> Deutsch-<br />

Türkischen Vereins (DTVK) und der Leiter der Interkulturellen Zentren<br />

der Caritas dem Integrationsrat ihre Arbeit vor. Sie beschrieben vier<br />

Arbeitsfelder, in denen die Zentren besondere Dienste leisten, die sowohl<br />

den Migranten als auch der gesamten städtischen Gesellschaft zugute<br />

kommen.<br />

• Sozialarbeit (Sozialberatung)<br />

• Bildungsarbeit<br />

• Kooperation<br />

D ie Interkulturellen Zentren<br />

arbeiten für die Integration der<br />

in Köln lebenden Menschen mit<br />

Zuwanderungshintergrund und sehen<br />

die Förderung <strong>des</strong> gleichberechtigten<br />

Zusammenlebens aller Menschen<br />

in Köln als einen Schwerpunkt ihrer<br />

Arbeit. Sie sind Orte der Begegnung<br />

für Menschen mit unterschiedlichen<br />

kulturellen Wurzeln. Als Kulturmittler<br />

tragen sie durch ihre vielseitigen<br />

Angebote dazu bei, dass Begegnung<br />

möglich wird und Berührungsängste<br />

abgebaut werden. (aus: Leitlinien zur<br />

Förderung interkultureller Zentren in<br />

Köln)<br />

Integrationsrat Köln 31


• Integrationsarbeit<br />

Diese werden durch Sprach- und Integrationskurse, aber auch kulturelle<br />

Veranstaltungen, die identitätsstiftend wirken, gewährleistet. Darüber<br />

hinaus wurde den Mitgliedern verdeutlicht, dass die städtischen Zuschüsse<br />

nur einen kleinen Teil der Ausgaben der Interkulturellen Zentren<br />

deckten. Allerdings, so betonten die Referenten, seien diese notwendig,<br />

um sich als Interkulturelles Zentrum um Lan<strong>des</strong>-, Bun<strong>des</strong>- oder auch<br />

EU-Mittel zu bewerben. Auch private Stiftungen verlangten häufig den<br />

Nachweis einer städtischen Teil-Finanzierung. So könnten durch jeden<br />

städtischen Euro min<strong>des</strong>tens zehn Euro aus anderen Bereichen für die<br />

Kölner Integrationsarbeit generiert werden.<br />

Ein Argument, das den Integrationsrat und anschließend den Stadtrat<br />

überzeugte: 2005 blieb der Zuschuss an die Interkulturellen Zentren in<br />

voller Höhe erhalten. In den folgenden Jahren gelang es, die Zuschüsse<br />

von insgesamt knapp 300.000 Euro jährlich auf insgesamt 390.000 im<br />

Haushaltsjahr <strong>2009</strong> zu erhöhen.<br />

Die Einbeziehung <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong> in die Haushaltsplanberatungen<br />

– wie es jedem Ausschuss <strong>des</strong> Rates zusteht – hat sich positiv ausgewirkt.<br />

Die Migrantenvertretung konnte frühzeitig „eingreifen“, Akzente setzen<br />

und dadurch den politischen Entscheidungsprozess beeinflussen.<br />

Förderrichtlinien – Integrationsrat berät die Verwaltung<br />

Allerdings zeichnete sich bei der Diskussion im Integrationsrat ab, dass<br />

die Förderrichtlinien, nach denen die Stadt bis dahin die Zentren gefördert<br />

hatte, nicht mehr zeitgemäß waren. Kriterien wie die Miethöhe hatten<br />

einen starken, die inhaltliche Vielfalt <strong>des</strong> Angebots einen geringeren<br />

Einfluss auf die Entscheidung. Auch die Aufteilung in Grund- und Projektförderung<br />

war in der Praxis zu bürokratisch.<br />

Sowohl die Vertreter der Zentren wie die Mitglieder <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong><br />

waren sich einig, dass ein neuer Kriterienkatalog zur Anerkennung und<br />

Förderung der Zentren geschaffen werden müsse.<br />

Im Sinne der Partizipation der Migranten an Entscheidungen, die ihr<br />

Leben betreffen, aber auch einer bürgernahen Verwaltung, die sich als<br />

Partner der Kölnerinnen und Kölner versteht, erarbeitete man die neuen<br />

Richtlinien in mehreren Workshops in Zusammenarbeit mit Zentrenvertretern,<br />

Politik und Verwaltung. Ab dem Herbst 2005 wurden so neue Richtlinien<br />

erarbeitet, die für die Zuschussgewährung stärker auf die qualitative<br />

Arbeit der Zentren schaut. Insbesondere die Einbindung der Aktivitäten in<br />

32<br />

Integrationsrat Köln


den jeweiligen Stadtteil, die Akzeptanz und Offenheit der Angebote werden<br />

berücksichtig. Fixkosten, wie Miete und Personalkosten werden weiter<br />

berücksichtigt, sind aber nicht allein ausschlaggebend.<br />

Die grundsätzlichen Kriterien zur Anerkennung als Interkulturelles<br />

Zentrum lauten:<br />

„Als Interkulturelles Zentrum anerkannt werden Zentren, die<br />

• von Wohlfahrtsverbänden, anderen eingetragenen Vereinen, deren<br />

Gemeinnützigkeit vom Finanzamt anerkannt ist, Religionsgemeinschaften,<br />

Weltanschauungsgemeinschaften u.ä., die einem<br />

Wohlfahrtsverband angehören oder sonstigen Vereinigungen und<br />

Organisationen betrieben werden und ihren Sitz in Köln haben<br />

(mehrere Zentren eines Trägers an einem Standort gelten als ein<br />

Interkulturelles Zentrum),<br />

• als eigene Einheit von anderen größeren organisatorischen Einheiten<br />

(z.B. Wohlfahrtsverband, Bürgerzentrum usw.) erkennbar abgegrenzt<br />

sind,<br />

• über eine feste Organisationsstruktur verfügen, die den Bestand der<br />

Trägerschaft sichert,<br />

• die freiheitlich demokratische Grundordnung der Bun<strong>des</strong>republik<br />

Deutschland anerkennen,<br />

• keine parteipolitischen Ziele und politische Ziele der Herkunftsländer<br />

verfolgen,<br />

• nach definierten Zielen und Betätigung nicht hauptsächlich der Religionsausübung<br />

dienen. (…)“<br />

Für eine klarere Übersicht unterscheidet die Verwaltung zudem<br />

zwischen, kleinen, mittleren und großen Zentren, die entsprechend fixe<br />

Zuschüsse erhalten. Dabei werden laut Richtlinie u.a. folgende Aspekte<br />

besonders beachtet:<br />

• Mietkosten…<br />

• Beschaffung von Informationsmaterial, (wobei Broschüren usw. auch<br />

in deutscher Sprache abgefasst sein müssen)<br />

Integrationsrat Köln 33


• Honorarkosten für Kurse<br />

• Personalkosten.<br />

Durch diese Richtlinien ist auch eine Anschubfinanzierung für neue<br />

Zentren möglich geworden, sofern sich eine Einhaltung der städtischen<br />

Richtlinien schon in der Aufbauphase absehen lässt.<br />

Der Integrationsrat stimmte im Oktober 2007 den neuen Richtlinien zu.<br />

Neue Interkulturelle Zentren – Integrationsrat entscheidet über<br />

Anerkennung und Mittelvergabe<br />

In der jetzt ablaufenden Amtsperiode hat der Integrationsrat aufgrund<br />

dieser Richtlinien zahlreiche neue Interkulturelle Zentren anerkannt. Das<br />

ist die Voraussetzung, um städtische Fördermittel beantragen zu können.<br />

Dabei zeigte sich, dass Köln in den letzten Jahren noch bunter geworden<br />

ist.<br />

Auf Vorschlag der Verwaltung entscheidet der Integrationsrat über die<br />

Vergabe der Mittel an die Zentren. Diese auf die fachliche Kompetenz<br />

beschränkte Finanzhoheit <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong> ist mit den Kompetenzen<br />

anderer Ratsausschüsse vergleichbar. Der Rat entscheidet bei der Verabschiedung<br />

<strong>des</strong> Haushaltes über die Gesamthöhe der Mittel. Die konkrete<br />

Vergabe erfolgt über einen Ausschuss. Somit ist der Integrationsrat auch<br />

in diesem Sinne mit einem Ratsausschuss in einer besonderen Zusammensetzung<br />

vergleichbar.<br />

Insbesondere Migrantinnen und Migranten mit russischen Wurzeln, aber<br />

auch aus afrikanischen Ländern organisierten sich in eigenen Vereinen.<br />

Viele stellten schnell fest, dass sie nicht effektiv im Sinne der Integration<br />

arbeiten können, wenn sie sich allein auf ihre Herkunfts-Community<br />

bezogen. Eine Öffnung zur Mehrheitsgesellschaft ist unabdingbar geworden.<br />

Interkulturelle Zentren sind für viele Menschen dabei ein wahrer<br />

„Türöffner“. Daher stimmte der Integrationsrat in den meisten Fällen einer<br />

Anerkennung zu, sofern diese Türöffner-Funktion erkennbar war.<br />

In einigen wenigen Fällen wurde die Anerkennung abgelehnt. Auch eine<br />

Aberkennung als Interkulturelles Zentrum hat der Integrationsrat beschlossen,<br />

da sowohl die Mittelverwendung als auch die Qualität der Arbeit nicht<br />

den Kriterien der neuen Richtlinie entsprach. Damit ist der Integrationsrat<br />

auch seiner Kontroll- und Steuerungsfunktion gerecht geworden. Zur Zeit<br />

werden in Köln 33 Interkulturelle Zentren gefördert.<br />

34<br />

Integrationsrat Köln


Die vom Integrationsrat und Stadtrat anerkannten Interkulturellen<br />

Zentren in Köln:<br />

Allerweltshaus e.V.<br />

Arbeiterwohlfahrt Kreisverband Köln e.V.<br />

Atlant e. V.<br />

Begegnungs- und Fortbildungszentrum muslimischer Frauen e.V.<br />

Caritasverband für die Stadt Köln e.V.<br />

Dersim Gemeinde Köln e.V.<br />

Deutsch-Griechisches Kulturzentrum Porz e.V.<br />

Deutsch-Spanischer Kulturkreis „ANTONIO MACHADO“ e.V.<br />

Deutsch-Türkischer Bürgerverein e.V.<br />

Deutsch-Türkischer Verein Köln e.V.<br />

Diakonisches Werk <strong>des</strong> Evangelischen Kirchenverban<strong>des</strong><br />

Köln und Region Familienwelt e.V.<br />

Förderungs- & Bildungsgemeinschaft für Jugend- und Altenarbeit<br />

Vingst/Ostheim e.V.<br />

Freunde <strong>des</strong> Interkulturellen Zentrums FIZ e.V.<br />

Ignis e.V. Europäisches Kulturzentrum<br />

Islamischer Kulturverein e.V.<br />

Jugendhilfe Afrika 2000 e.V.<br />

Jugendhilfe und Schule e.V.<br />

Kölner Appell gegen Rassismus e.V.<br />

Logos-Verein für russische Kultur und Bildung e.V.<br />

MaDiBu e.V.<br />

Netzwerk-ISS gGmbH<br />

Offene Welt – Italienische Kultur im Dialog e.V.<br />

PHOENIX Köln e. V.<br />

Kultur- und Integrationszentrum Rom e.V.<br />

Solidaritätsbund der Migranten e.V.<br />

Synagogen-Gemeinde Köln<br />

Verein für Interkulturelle Bildung und Austausch e.V.<br />

Weltmusik, Klezmer und Ästhetik Akademie<br />

Integrations- und Begegnungszentrum e.V.<br />

Zurück in die Zukunft e.V.<br />

Integrationsrat Köln 35


36<br />

Integrationsrat Köln


Integration braucht Bildung<br />

Über die gesamte Amtsperiode<br />

hinweg hatten Bildungsfragen<br />

für den Integrationsrat eine hohe<br />

Bedeutung.<br />

Allerdings lagen die Schwerpunkte<br />

<strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong> etwas anders<br />

als in der allgemeinen politischen<br />

Bildungsdebatte. Heißt es im<br />

Allgemeinen, Kinder mit Zuwanderungsgeschichte<br />

müssten gut<br />

Deutsch lernen, stellte sich der Integrationsrat<br />

vor allem die Frage, wie<br />

D as sichere Beherrschen der<br />

Herkunftssprache erleichtert<br />

Kindern mit Migrationshintergrund<br />

das Lernen der deutschen Sprache.<br />

Die natürliche Mehrsprachigkeit<br />

von Kindern in Kindergärten und<br />

Schulen sollte genutzt werden.<br />

die natürliche Mehrsprachigkeit dieser Kinder und Jugendlichen gefördert<br />

werden könnte.<br />

Sprachwissenschaftler und Hirnforscher bestätigen immer wieder, dass<br />

Kinder, die ihre Herkunftssprache sicher erwerben, in der Folge besonders<br />

schnell und gut eine zweite Sprache lernen können. Die Kölner Sprachwissenschaftlerin<br />

Prof. Dr. Claudia Riehl hat außerdem nachgewiesen,<br />

dass Menschen, die mehrsprachig aufgewachsen sind, leichter grammatikalische<br />

Strukturen und ähnliche Wörter in anderen Sprachen erkennen<br />

können. Hieraus folgerte der IR, dass Kölner Kinder mit Migrationshintergrund<br />

eine gute Förderung in ihren Herkunftssprachen brauchen, damit<br />

sie auch gut und sicher deutsch lernen.<br />

Um eine effektive Diskussion der Bildungspolitik im Integrationsrat zu<br />

gewährleisten, riefen die Mitglieder einen Arbeitskreis (AK) Schule und<br />

Bildung ins Leben. Dieser hatte die Aufgabe – unter Hinzuziehung von<br />

Fachleuten –, sich mit der Thematik ausführlich zu beschäftigen, Lösungen<br />

und geeignete Maßnahmen zu diskutieren und politische Anträge für<br />

den IR, die insbesondere zur Förderung der Mehrsprachigkeit vorzubereiten.<br />

Integrationsrat Köln 37


Bilinguale Schulen für Köln – Integrationsrat fordert Umdenken<br />

Ende der 90er Jahre wurde an zwei Grundschulen in Köln jeweils ein<br />

deutsch-italienischer Zweig eingeführt. Zum Schuljahr 2007/08 kam ein<br />

dritter deutsch-italienischer Zweig an einer Grundschule im rechtsrheinischen<br />

Köln hinzu. Kinder, die für diese Zweige angemeldet werden,<br />

werden in beiden Sprachen alphabetisiert. Auch der Unterricht außerhalb<br />

<strong>des</strong> Sprachunterrichts findet zu einem Teil auf Italienisch statt.<br />

Angesichts der großen Zahl türkeistämmiger Kinder in Köln lag es auf der<br />

Hand, entsprechende bilinguale Schulen zu schaffen.<br />

Die Suche nach einer geeigneten Schule erwies sich als schwierig und<br />

langwierig. So erläuterte im Juni 2005 die zuständige Schulrätin dem<br />

Integrationsrat die Kriterien, die eine Schule erfüllen muss, um zu einer<br />

bilingualen Schule werden zu können. Es gibt<br />

• einen hohen Anteil von Migranten im Stadtteil;<br />

• etwa gleich große deutsche wie türkische Schülergruppen;<br />

• die Bereitschaft der Lehrer- wie Elternschaft bilinguale Zweige<br />

einzuführen;<br />

• entsprechende Beschlüsse der Lehrer- und Schulkonferenzen.<br />

Es sollte bis zum Schuljahresbeginn 2008/09 dauern, bis die Gemeinschaftsgrundschule<br />

Alzeyer Straße in Köln-Bilderstöckchen mit einem<br />

deutsch-türkischen Zweig startete.<br />

In der Zwischenzeit war der Bedarf an bilingualen Schulen enorm gewachsen.<br />

Anlässlich <strong>des</strong> Starts <strong>des</strong> deutsch-türkischen Zweigs, diskutierte<br />

der Integrationsrat im Herbst <strong>2009</strong> erneut die Frage bilingualer Schulen.<br />

In der Debatte wurde die rasche Genehmigung weiterer bilingualer Zweige<br />

angemahnt. Sowohl Migrantenvertreter wie Ratsmitglieder plädierten für<br />

raschere Entscheidungsprozesse, da der Bedarf nach bilingualen Zweigen<br />

steigen werde.<br />

In der Zeit bis 2008 war an neun Grundschulen die sogenannte Koordinierte<br />

Alphabetisierung (KOALA) in Deutsch und Türkisch für türkeistämmige<br />

Kinder eingeführt worden. Der Deutsch- und der Türkischunterricht<br />

werden so aufeinander abgestimmt, dass die Kinder das Schreiben<br />

anhand der gleichen Buchstaben, Wörter und Themen erlernen.<br />

38<br />

Integrationsrat Köln


Übersicht: Kölner Grundschulen mit Koordinierter Alphabetisierung<br />

Deutsch-Türkisch<br />

GGS Erlenweg<br />

GGS An St. Theresia<br />

GGS Ernstbergstraße<br />

GGS Weimarerstr.<br />

GGS Alte Wipperfürtherstr.<br />

FöS Ossyetzkistraße<br />

GGS Neusserstr.<br />

GGS (Schulstr) Lustheiderstraße<br />

KG Sankt. Nikolaus-Schule<br />

Integrationsrat initiiert „Kölner Verbund europäischer Grundschulen“<br />

Parallel zur Debatte um die Einführung bilingualer Zweige an Schulen,<br />

entwickelte der Arbeitskreis Schule und Bildung <strong>des</strong> IR einen Antrag zur<br />

Einführung eines Kölner Verbun<strong>des</strong> europäischer Grundschulen. Der Vorschlag<br />

<strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong> basierte auf Dokumenten der Europäischen<br />

Union, die seit Mitte der 1990er Jahre mehrfach Ziele für Schulabgänger<br />

in Europa formuliert hatte. Darin wurde schon sehr frühzeitig gefordert,<br />

dass alle Schülerinnen und Schüler nach ihrem Abschluss „über drei<br />

Sprachen verfügen“ sollten. Auch die Entwicklung der Schulen zu „interkulturellen<br />

Schulen“ gehörte seit 1997 zu den EU-Forderungen.<br />

Wie sich der IR erläutern ließ bedeutet „Interkulturelle Schule“, in erster<br />

Linie, dass die unterschiedlichen Herkünfte der Schülerinnen und Schüler<br />

als Realität angenommen und produktiv genutzt werden. Das bedeutet<br />

im Wesentlichen, dass neben Deutsch und den gängigen Fremdsprachen<br />

Englisch und Französisch insbesondere die Herkunftssprachen der Kinder<br />

und Jugendlichen im Regelunterricht Berücksichtigung finden. Außerdem<br />

soll auch das Lehrpersonal über eigene interkulturelle Erfahrung bzw.<br />

Fachwissen verfügen, sei es durch Weiterbildung, sei es durch persönliche<br />

Migrationserfahrung. Neben dem vielfältigen Sprachunterricht sollen<br />

außerdem interkulturelle Kompetenzen über alle Fächer hinweg vermittelt<br />

werden.<br />

Integrationsrat Köln 39


Vor diesem Hintergrund verabschiedete der Integrationsrat im September<br />

2006 einen Antrag an den Stadtrat. Darin wurde die Stadt Köln aufgefordert,<br />

einen „Verbund Kölner europäische Grundschulen“ zu gründen. Dabei<br />

sollten die Schulen laut Antragstext unter anderem folgende Merkmale<br />

zumin<strong>des</strong>t teilweise aufweisen:<br />

• Über das Fach Englisch (ab Klasse 3) hinaus gibt es zweisprachige<br />

Programme bei der Alphabetisierung und im Sachunterricht, z.B. in<br />

den Kombinationen deutsch-türkisch, deutsch-italienisch, deutschrussisch,<br />

deutsch-polnisch oder deutsch-französisch (…).<br />

• Die Anerkennung kultureller Vielfalt ist Bestandteil <strong>des</strong> Erziehungsauftrages,<br />

(…).<br />

• Neue Formen <strong>des</strong> Deutschlernens (auch mit Unterstützung der<br />

Muttersprache) ermöglichen eine rasche Verbesserung der Deutschkenntnisse<br />

aller Schülerinnen und Schüler.<br />

• Die Lehrerinnen und Lehrer für den muttersprachlichen Unterricht<br />

werden …in den schulischen Regelbetrieb (eingebunden), (…).<br />

• Mehrsprachige Lehrerinnen und Lehrer mit Migrationshintergrund<br />

werden bevorzugt eingestellt (…).<br />

• Die Lehrerstellen zur Integrationshilfe werden systematisch zur Verbesserung<br />

der Deutschkenntnisse genutzt.<br />

• Die Migranteneltern leisten einen aktiven Beitrag in den schulischen<br />

Mitbestimmungsgremien und im Schulleben (…).<br />

• Es finden kulturelle Veranstaltungen statt: mehrsprachige Lesewettbewerbe,<br />

fremdsprachige Theateraufführungen, Lesungen fremdsprachiger<br />

Autoren (…).<br />

Die Merkmale wurden in einem Antrag zusammengefasst und dienten<br />

als Bewertungsgrundlage für die Anträge der Schulen auf die Verleihung<br />

<strong>des</strong> Titels „Kölner europäische Grundschule“.<br />

Der Beschluss wurde im Stadtrat bestätigt und die Verwaltung<br />

erarbeitete ein entsprechen<strong>des</strong> Konzept. Die Rahmenbedingungen mit<br />

Fortbildungen für die Lehrerinnen und Lehrer mussten erst geschaffen<br />

40<br />

Integrationsrat Köln


werden. Erst im Januar <strong>2009</strong> forderte der Oberbürgermeister, die Kölner<br />

Grundschulen auf, sich für den Verbund Kölner europäischer Grundschulen<br />

zu bewerben.<br />

Integrationsrat setzt sich für ein ”Zentrum für Mehrsprachigkeit und<br />

Integration”<br />

Ein weiteres wichtiges Projekt war die Schaffung <strong>des</strong> Zentrums für<br />

Mehrsprachigkeit und Integration (Z.M.I.). Als zum Ende <strong>des</strong> Jahres 2007<br />

das damals von einem EU-Förderprogramm finanzierte Kompetenzzentrum<br />

Sprache vor dem Aus stand, war für alle Mitglieder <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong><br />

klar, dass eine neue Lösung gefunden werden muss. Die enge Kooperation<br />

der Stadt Köln mit Universität und Bezirksregierung Köln im Kompetenzzentrum<br />

hatte sich bewährt und bot eine Basis für die „wissenschaftliche<br />

Begleitung“ mehrsprachiger oder interkultureller Schulprogramme.<br />

Früher als andere Ausschüsse <strong>des</strong> Rates äußerte sich der IR daher zu<br />

dem Problem und beauftragte die Verwaltung eine städtische Lösung zu<br />

finden, die auch die Zusammenarbeit der Universität, der für die inhaltliche<br />

Ausrichtung der Schulen verantwortlichen Bezirksregierung und der<br />

Stadt Köln gewährleisten sollte.<br />

Ende <strong>des</strong> Jahres 2007 war schließlich sichergestellt, dass es eine<br />

Neugründung geben würde. An die Volkshochschule der Stadt Köln<br />

angegliedert, nahm das „Zentrum für Mehrsprachigkeit und Integration“<br />

zum 1. Januar 2008 seine Arbeit auf. Der Integrationsrat, aber auch der<br />

Schulausschuss und schließlich der Stadtrat stimmten der Struktur und<br />

der inhaltlichen Ausrichtung <strong>des</strong> Z.M.I. zu.<br />

In seiner Selbstdarstellung definierte das Z.M.I. seine Aufgaben so:<br />

„Mehrsprachigkeit ist in unserer Gesellschaft alltäglich – für einige in<br />

Gestalt von Fremdsprachenkenntnissen, für andere in Form <strong>des</strong> Lebens<br />

in zwei Sprachen. (…) Das Z.M.I.<br />

• versteht sich als zentrale Anlaufstelle für alle Fragen sprachlicher<br />

Bildung in Köln (…).<br />

• hat sich das Ziel gesetzt, bestehende Aktivitäten, Initiativen und<br />

Projekte zu vernetzen, die sprachliche Fähigkeiten und Fertigkeiten –<br />

insbesondere die Mehrsprachigkeit – befördern (…)“.<br />

Integrationsrat Köln 41


Natürliche Mehrsprachigkeit in Kindertageseinrichtungen<br />

Die Erkenntnis ist nicht neu: Je früher Kinder zwei- oder mehrsprachig<br />

erzogen werden, <strong>des</strong>to leichter erlernen sie sicher mehrere Sprachen.<br />

Eltern möchten diese Chance für ihre Kinder wahrnehmen. Doch die<br />

öffentliche Debatte dreht sich meist um das frühe Erlernen <strong>des</strong> Englischen<br />

oder Französischen. Die natürliche Mehrsprachigkeit eines wachsenden<br />

Anteils von Kindern bleibt dabei oft unberücksichtigt.<br />

Mit besonderem Interesse informierte sich der Integrationsrat daher<br />

über Konzepte zur mehrsprachigen Erziehung in Kindertageseinrichtungen.<br />

Der für die Kindertageseinrichtungen <strong>des</strong> Caritas-Verban<strong>des</strong><br />

für die Stadt Köln zuständige Mitarbeiter erläuterte die Entstehung<br />

mehrsprachiger Gruppen in Kitas. Zunächst handelte es sich um<br />

deutsch-italienische Gruppen, später kamen deutsch-türkische und<br />

deutsch-spanische hinzu.<br />

Außerdem wurde das inhaltliche Konzept der Caritas vorgestellt.<br />

Demnach werde nach dem Prinzip „eine Person, eine Sprache“ gearbeitet.<br />

Konsequent durchgehalten führe dieses Prinzip dazu, dass auch<br />

deutschstämmige Kinder eine weitere Sprache spielerisch erlernen.<br />

Kritisch merkte der Referent an, dass es nicht immer gelinge, die so<br />

geförderten Kinder auch später in Schulen unterzubringen, die ihre<br />

Fähigkeiten weiter ausbilden könnten.<br />

Während der Amtsperiode <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong> war die Spracherziehung<br />

in den Tageseinrichtungen immer wieder Gegenstand von Anfragen<br />

und ausführlichen Diskussionen. In der Folge initiierte der Arbeitskreis<br />

Bildung und Schule <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong> zum Ende der laufenden Periode<br />

einen Antrag zu dem Thema. Die Verwaltung wurde aufgefordert,<br />

geeignete Konzepte zur Förderung der natürlichen Mehrsprachigkeit in<br />

den Kindergärten vorzulegen. Dabei sollten neben zweisprachigen Gruppen<br />

auch weitere Möglichkeiten aufgezeigt werden, insbesondere für die<br />

Sprachen, die anders als Türkisch oder Russisch meist nicht gehäuft<br />

vorkommen.<br />

Das Engagement <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong> für die Mehrsprachigkeit hat<br />

Wirkung gehabt. In den Programmen zur Kommunalwahl <strong>2009</strong> haben<br />

sich die Parteien zur Förderung der Mehrsprachigkeit bekannt.<br />

42<br />

Integrationsrat Köln


Weitere Aktivitäten<br />

Schon die genannten Beispiele zeigen, welch große Rolle Bildung<br />

und Schule für die Arbeit <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong> spielte. Darüber hinaus<br />

beteiligten sich die Mitglieder <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong> regelmäßig an Veranstaltungen<br />

wie dem Kölner Sprachenfest oder initiierten selber<br />

Informationstage und Kongresse rund um das Thema Bildung und<br />

Schule.<br />

Meist fanden die Vorschläge und Initiativen <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong><br />

breite Zustimmung bei den Ratsfraktionen. Anders war das bei dem<br />

Antrag zur Erweiterung <strong>des</strong> „Privatgymnasiums Dialog“. Der Vertreter<br />

der Liste „Dialog“ stieß mit diesem Anliegen auf ein geteiltes Echo bei<br />

den Mitgliedern und Ratsparteien. Die Schule, die neben Englisch und<br />

Französisch auch Türkisch auf dem Lehrplan hat, wollte ihre beiden<br />

Standorte in Buchheim zusammenfassen. Die Kontroverse wurde im Rat<br />

zugunsten <strong>des</strong> Antrags <strong>des</strong> Schulträgers entschieden.<br />

Integrationsrat Köln 43


44<br />

Integrationsrat Köln


Gleichstellung statt Diskriminierung<br />

Immer noch erleben Migrantinnen<br />

und Migranten Diskriminierung<br />

aufgrund ihrer Herkunft. Solche<br />

Erfahrungen sind sehr persönliche,<br />

aber die Ursachen sind – zumin<strong>des</strong>t<br />

teilweise – politisch oder strukturell<br />

bedingt. Der Integrationsrat (IR)<br />

hat es sich daher zu einer seiner<br />

wichtigsten Aufgaben gemacht,<br />

politisch und strukturell bedingte<br />

Diskriminierung zu benennen und zu<br />

bekämpfen.<br />

Keine Gesinnungstests in<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

D iskriminierung ist, wenn eine<br />

Person wegen ihrer Abstammung,<br />

Herkunft, Hautfarbe, Sprache,<br />

Religionszugehörigkeit oder<br />

ihres Glaubens in einer vergleichbaren<br />

Situation eine weniger günstige<br />

Behandlung erfährt, erfahren<br />

hat oder erfahren würde oder<br />

wenn dem Anschein nach neutrale<br />

Vorschriften, Kriterien oder Verfahren<br />

Personen in besonderer Weise<br />

benachteiligen könnten.<br />

Zu Beginn <strong>des</strong> Jahres 2006<br />

erregte das Land Baden-Württemberg Aufsehen durch die Verordnung,<br />

Einbürgerungswillige nach ihren politischen und religiösen Auffassungen<br />

zu befragen, bevor entsprechende Anträge zur Entscheidung kamen.<br />

Damit ging das Land weit über die allgemeinen Bestimmungen <strong>des</strong><br />

Einbürgerungsrechts hinaus und stellte Migrantinnen und Migranten unter<br />

einen Generalverdacht der Verfassungsfeindlichkeit. In der Presse wurde<br />

schnell das Wort vom „Gesinnungstest“ geprägt.<br />

Üblicherweise werden bei Anträgen auf Einbürgerung Routineabfragen<br />

beim Verfassungsschutz gemacht. Gibt es Hinweise auf verfassungsfeindliche<br />

Tendenzen der betreffenden Person, wird nochmals geprüft.<br />

Mitglieder <strong>des</strong> IR nahmen die öffentliche Debatte zum Anlass, eine Resolution<br />

zu verfassen. Dabei richteten sie sich in erster Linie an das Land<br />

Nordrhein-Westfalen und forderten die Lan<strong>des</strong>regierung auf, hier keine<br />

solchen „Gesinnungstests“ einzuführen.<br />

Integrationsrat Köln 45


Doch dem IR ging es um mehr. In die Kritik an den Plänen der Lan<strong>des</strong>regierung<br />

Baden-Württemberg mischte sich die Sorge, dass solche<br />

diskriminierenden Maßnahmen dazu führen könnten, Ressentiments in<br />

Teilen der Mehrheitsgesellschaft zu verstärken.<br />

Schlimmer wog aber nach Auffassung <strong>des</strong> Kölner <strong>Integrationsrates</strong> die<br />

Tatsache, dass man immer neue Hürden in ein ohnehin eher restriktives<br />

Einbürgerungsgesetz hineinschreibe. Damit signalisiere man Migrantinnen<br />

und Migranten, dass sie in Deutschland letztlich nicht willkommen seien,<br />

argumentierten die Antragsteller, und erziele genau das, was man nicht<br />

wolle: Nämlich Rückzug – teilweise Abschottung – der Migrantinnen und<br />

Migranten in die eigenen Communities.<br />

Insofern sahen die Mitglieder <strong>des</strong> IR ihre Initiative auch nicht allein als<br />

Reaktion auf eine einzelne Maßnahme. Anti-Diskriminierungsarbeit hat ein<br />

großes Gewicht für eine umfassende und gelungene Integrationspolitik.<br />

Sie trägt dazu bei, dass Migrantinnen und Migranten sich akzeptiert<br />

fühlen und Bereitschaft zeigen, in der und für die Gesellschaft, in der sie<br />

leben, engagiert zu arbeiten.<br />

Keine Ethnisierung der Kriminalität<br />

Zwei Jahre später – im 17. Januar 2008 – verabschiedete der IR erneut<br />

eine Resolution. Dieses Mal wandten sich die Migrantenvertreterinnen<br />

und –vertreter gegen die Ethnisierung der Kriminalität. Anlass waren die<br />

Äußerungen <strong>des</strong> hessischen Ministerpräsidenten. Im Zuge <strong>des</strong> brutalen<br />

Überfalls zweier junger Migranten auf einen älteren Mann in der Münchener<br />

U-Bahn, hatte er Migranten und Kriminalität pauschal in einen engen<br />

Zusammenhang gesetzt und härteres Durchgreifen gefordert. Kurz vor<br />

den Landtagswahlen in Hessen, sei das Stimmenfang auf dem Rücken<br />

der Migranten, kritisierte der Kölner Integrationsrat in seiner Resolution.<br />

Darin wurde zugleich die Ausschöpfung der Rechtsmittel gefordert, die<br />

dem Rechtsstaat zur Verfügung stehen. Eine Ethnisierung der Kriminalität<br />

wurde deutlich abgelehnt.<br />

Auch in diesem Fall ging es dem IR vor allem darum, Tendenzen der<br />

Diskriminierung und <strong>des</strong> Rassismus zu benennen. Zugleich appellierte der<br />

Integrationsrat an alle politisch Verantwortlichen Chancen und Probleme<br />

einer modernen Einwanderungsgesellschaft in einer Stimmung der Akzeptanz<br />

zu diskutieren.<br />

46<br />

Integrationsrat Köln


Das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz<br />

Im Sommer 2006 verabschiedete der Bun<strong>des</strong>tag das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz.<br />

Mit der Verabschiedung erfüllte Deutschland eine<br />

Richtlinie der Europäischen Union, die in vergleichsweise scharfer Form<br />

die Diskriminierung aufgrund der Herkunft, <strong>des</strong> Geschlechts, sexueller<br />

Neigung oder Ähnlichem ablehnt und eine Sanktionierung fordert.<br />

Der Kölner Integrationsrat befasste sich im Sommer 2006 mit den<br />

Inhalten <strong>des</strong> Gesetzes. Die Mitglieder begrüßten, dass es nun eine gesetzliche<br />

Regelung gebe, kritisierten aber zugleich, dass die Bun<strong>des</strong>regierung<br />

sich auf die europäischen Minimalanforderungen beschränkt habe.<br />

Insbesondere Diskriminierung bei Wohnungssuche und Vermietung werde<br />

häufig beklagt, sei aber nur schwer nachweisbar. Die EU-Richtlinie hatte<br />

gerade für solche Fälle eine starke Vereinfachung bei der Beweisführung<br />

für die Betroffenen vorgesehen, die aber im deutschen Gesetz weitgehend<br />

unberücksichtigt blieb.<br />

Da die Aufklärung über Diskriminierung im Gesetz einen hohen Stellenwert<br />

einnimmt, beauftragten die Mitglieder <strong>des</strong> IR die Verwaltung,<br />

eine öffentliche Informationsveranstaltung zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz<br />

durchzuführen. Diese fand am 14. September 2006 im<br />

Bürgerzentrum Ehrenfeld statt und richtete sich in erster Linie an ehren-<br />

und hauptamtliche Mitarbeiter von Interkulturellen Zentren und anderen<br />

Organisationen, die in der Beratung von Migrantinnen und Migranten tätig<br />

sind.<br />

Im weiteren Verlauf der Amtsperiode, erschien eine Informationsbroschüre<br />

in Zusammenarbeit mit der städtischen Anti-Diskriminierungsstelle.<br />

Unter dem Titel „Dissen – nicht mit mir“ werden insbesondere<br />

Jugendliche und Schülerinnen und Schüler über Diskriminierung und die<br />

Formen dagegen vorzugehen informiert.<br />

Das Kölner Drei-Säulen-Modell<br />

Gute Beratung und ein Netzwerk der Unterstützung sind für die wirksame<br />

Bekämpfung der Diskriminierung notwendig. Schon 2001 setzte<br />

die Stadt Köln eine Antidiskriminierungsbeauftragte ein. Außerdem wird<br />

von der Stadtverwaltung eine Antidiskriminierungsrichtlinie erarbeitet.<br />

Diese Richtlinie enthält Bestimmungen, wie Diskriminierung innerhalb der<br />

Verwaltung bekämpft wird. Außerdem können sich Bürger an die Antidiskriminierungsbeauftragte<br />

wenden, wenn sie meinen, diskriminiert worden<br />

zu sein.<br />

Integrationsrat Köln 47


Scheut sich ein Opfer von institutioneller Diskriminierung sich gleich<br />

an die Stadtverwaltung zu wenden, kann es zunächst bei einem anderen<br />

Träger vorsprechen. So entstand über die Jahre das auch über Kölns<br />

Grenzen hinaus bekannte und anerkannte sowie von der Stadt geförderte<br />

Drei-Säulen-Modell. Die Antidiskriminierungsstelle der Stadt Köln, der<br />

Verein „ Öffentlichkeit gegen Gewalt“ sowie das Antidiskriminierungsbüro<br />

der Kölner Caritas bilden die drei Säulen.<br />

Zu den Zielen <strong>des</strong> „Drei-Säulen-Modells“ wurde in der städtischen<br />

Richtlinie unter anderem definiert:<br />

• „Prävention gegen Diskriminierung auf Grund der ethnischen,<br />

kulturellen nationalen Herkunft, der Hautfarbe, der Sprache oder der<br />

Religion;<br />

• Abbau von strukturellen Hemmnissen und Zugangsbarrieren gegenüber<br />

städtischen Einrichtungen;<br />

• Information und Beratung für Menschen, die auf Grund der ethnischen,<br />

kulturellen, nationalen Herkunft, der Hautfarbe, der Sprache<br />

oder der Religion von Diskriminierung betroffen sind (…).<br />

Kritisch diskutierte der IR die weitere Notwendigkeit einer städtischen<br />

Richtlinie. Nach Verabschiedung <strong>des</strong> Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes<br />

war zunächst unklar, ob die recht weitgehende städtische Antidiskriminierungsrichtlinie<br />

noch rechtmäßig sei. Nach Auffassung <strong>des</strong> IR sei<br />

eine konkrete Handlungsrichtlinie für die Verwaltung auf jeden Fall erforderlich.<br />

Die Stadt Köln hält am „Drei-Säulen-Modell“ fest und verfolgt in<br />

der Antidiskriminierungsarbeit weiterhin folgende Schwerpunkte:<br />

• „Beratung und Unterstützung der von Diskriminierung betroffenen<br />

Personen<br />

• Erfassung und Auswertung der Diskriminierungsbeschwerden sowie<br />

Berichterstattung auf kommunaler Ebene (…);<br />

• Förderung der interkulturellen Kompetenz in Behörden und Einrichtungen;<br />

• Förderung der Chancengleichheit von Menschen mit Migrationshintergrund<br />

in Bezug auf Zugang zu und Teilhabe an allen Bereichen <strong>des</strong><br />

gesellschaftlichen Lebens.“<br />

48<br />

Integrationsrat Köln


Das Kölner Anti-Rassismus-Training<br />

Mit der Verabschiedung <strong>des</strong> Haushaltes 2007 wurde eine neue Position<br />

in den Kölner Haushalt aufgenommen: Im Bereich <strong>des</strong> Dezernat für<br />

Soziales, Integration und Umwelt erschien nun auch die Haushaltsstelle<br />

Anti-Rassismus-Trainings, die mit 50.000 Euro ausgestattet war. Darauf<br />

hatte sich der Stadtrat bei den Beratungen zum städtischen Etat geeinigt.<br />

Später forderte der Integrationsrat die Stadtverwaltung auf, Förderrichtlinien<br />

dafür zu entwickeln.<br />

Dabei sollte die Verwaltung ein Konzept erarbeiten, das die langfristige<br />

Wirkung von Anti-Rassismus-Arbeit berücksichtigt. Mit dem Geld sollten<br />

nach dem Willen <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong> keine einmaligen Projekte finanziert,<br />

sondern vor allem ehrenamtliche und hauptamtliche Multiplikatoren<br />

so geschult werden, dass sie selber Wissen um Diskriminierung und<br />

Rassismus im Alltag weitergeben können.<br />

Nach einigen Jahren Erfahrung kann von einem Erfolg <strong>des</strong> Programms<br />

gesprochen werden. So wurde mit dem Geld ein Materialienkoffer für das<br />

NS-Dokumentationszentrum angeschafft. Damit kann schon in Grundschulen<br />

kindgerechte Aufklärungsarbeit über Rassismus und Nationalsozialismus<br />

geleistet werden. Auch wurden zahlreiche Schulungsprogramme<br />

für Sporttrainer über die Kölner Sportjugend finanziert. Anti-Gewalt-<br />

Prävention an Schulen wird ebenfalls gefördert.<br />

Rechtspopulistische Parteien in Köln – Integrationsrat bezieht Stellung<br />

Seit der Kommunalwahl <strong>2004</strong> ist die vom Oberverwaltungsgericht<br />

Münster als rechtsextremistisch eingestufte, sich selbst „Bürgerbewegung<br />

PRO KÖLN“ nennende Partei im Kölner Stadtrat vertreten. In populistischer<br />

Weise äußert sie sich immer wieder zum inzwischen beschlossenen<br />

Bau der Moschee in Ehrenfeld, versucht eine „Islamisierungsgefahr“ zu<br />

beschwören und stellt Muslime generell unter den Verdacht <strong>des</strong> Extremismus<br />

und Islamismus.<br />

Im September 2008 sowie im Mai <strong>2009</strong> veranstaltete PRO KÖLN<br />

„Antiislamisierungkonferenzen“, die in beiden Fällen zu Gegendemonstrationen<br />

unter großer Beteiligung vieler Kölnerinnen und Kölner führte.<br />

Vor diesen „Konferenzen“ verabschiedete der Integrationsrat Resolutionen<br />

zum Thema. Die Mitglieder forderten einstimmig den gegenseitigen<br />

Respekt und riefen zu demokratischen Demonstrationen gegen die fremdenfeindliche<br />

Ressentiments schürende „Bürgerbewegung PRO KÖLN“<br />

Integrationsrat Köln 49


auf. Auch der Stadtrat schloss sich dem Integrationsrat an.<br />

Im Mai <strong>2009</strong> verabschiedete der Integrationsrat außerdem einen Appell<br />

„Für kulturelle Vielfalt und ein demokratisches Miteinander“. Der später<br />

vom Kölner Stadtrat unterstützte Aufruf wandte sich sowohl gegen die<br />

Instrumentalisierung von Glaubensfragen wie auch von integrationspolitischen<br />

Konfliktthemen. Allerdings wird nicht allein die Politik, sondern<br />

insbesondere die Zivilgesellschaft aufgefordert, sich rechtsextremistischen<br />

und rassistischen Tendenzen zu stellen und demokratische Alternativen zu<br />

debattieren. Wörtlich heißt es unter anderem:<br />

„Eine Einflussmöglichkeit erhält die extreme Rechte dort, wo sie<br />

politische Leerstellen besetzen kann. Integrationspolitische Fragen und<br />

Probleme müssen <strong>des</strong>halb unter demokratischen Vorzeichen mit dem<br />

Ziel erörtert werden, zu Lösungen für ein respektvolles interkulturelles<br />

Miteinander zu kommen.“<br />

Humanitäre Verantwortung – Keine Diskriminierung von Flüchtlingen<br />

In Köln leben rund 4.000 Flüchtlinge. Sie haben häufig nur den<br />

ungesicherten Aufenthaltsstatus der Duldung und leben oft in<br />

Übergangsheimen.<br />

Auch um die Belange dieser Menschen wollte sich der Integrationsrat<br />

(IR) kümmern. Dabei musste der IR beachten, dass kommunale Flüchtlingspolitik<br />

stark von der aktuellen Gesetzgebung abhängt. Dennoch ist<br />

die Kommunalpolitik auch in diesem Bereich nicht ohne Einfluss. Insbesondere<br />

die Art und Weise wie Flüchtlinge untergebracht werden, hängt<br />

von städtischen Entscheidungen ab. Seit 2003 wurden alle Entscheidungen<br />

dazu von dem durch den Stadtrat eingesetzten „Runden Tisch für<br />

Flüchtlingsfragen“ vorbereitet.<br />

Regelmäßig ließ sich der Integrationsrat über die Situation der<br />

Flüchtlinge in Köln informieren. Mit Inkrafttreten der sogenannten Bleiberechtsregelung<br />

im November 2006, forderte der Integrationsrat wie auch<br />

weitere Ausschüsse <strong>des</strong> Rates die Verwaltung auf, potenzielle Nutznießer<br />

<strong>des</strong> Gesetzes möglichst umfassend und in ihren Herkunftssprachen zu<br />

informieren.<br />

In seiner Sitzung vom 1. September <strong>2009</strong> verabschiedete der Intgrationsrat<br />

einen Aufruf an die Bun<strong>des</strong>regierung, die Bleiberechtsregelung zu<br />

verlängern.<br />

50<br />

Integrationsrat Köln


Flüchtlingsarbeit<br />

Am 5. März 2007 stimmte der Integrationsrat einer Vorlage der<br />

Verwaltung zu, die recht weitgehende Folgen für die Arbeit von und mit<br />

Flüchtlingen in Köln haben sollte.<br />

Zu Beginn der 90er Jahre <strong>des</strong> vergangenen Jahrhunderts, wurde das<br />

Interkulturelle Flüchtlingszentrum als eine Art Dachorganisation für ganz<br />

unterschiedliche Flüchtlingsgruppen ins Leben gerufen. In Räumen <strong>des</strong><br />

Bürgerzentrums in der Turmstraße untergebracht, fanden viele kleine<br />

Vereine hier einen Raum für ihre beratenden und kulturellen Aktivitäten.<br />

Von Bedeutung für zahlreiche Flüchtlinge waren die Kurse in Sprachen<br />

wie Eritreisch, die an Schulen nicht angeboten werden konnten. Im Kölner<br />

Haushalt gab es eine eigene Etatposition für das Interkulturelle Flüchtlingszentrum.<br />

Mitte dieses Jahrzehnts stellte sich heraus, dass der bestehende<br />

Träger seine Arbeit nicht fortführen konnte. Es gab Unklarheiten über<br />

die Vereinsführung. Die Qualität der Arbeit litt. Manche Beobachter<br />

fürchteten, dass ein Aus für die Selbstorganisation der Flüchtlinge drohe.<br />

Der Integrationsrat forderte daher die Verwaltung auf, einen Vorschlag zu<br />

machen, wie die selbstorganisierte interkulturelle Flüchtlingsarbeit weiter<br />

gewährleistet werden könne.<br />

Nach Beratungen mit allen Beteiligten sowie dem Kölner Flüchtlingsrat<br />

wurde die Übertragung <strong>des</strong> Interkulturellen Flüchtlingszentrums vorgeschlagen.<br />

Dem neuen Träger gehören sowohl Vereine, die zuvor das IFZ<br />

ausgemacht haben, wie auch der Flüchtlingsrat als Mitglied an. Ebenso<br />

wie sein Vorgänger erhält das neue Zentrum städtische Unterstützung.<br />

Damit kann unter anderem eine hauptamtliche Kraft bezahlt werden, die<br />

die ehrenamtliche Arbeit <strong>des</strong> Zentrums unterstützt.<br />

Integrationsrat Köln 51


52<br />

<strong>2009</strong><br />

Integrationsrat Köln


Fazit<br />

Arbeit <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong> fängt<br />

erst richtig an<br />

Neben den in diesem <strong>Tätigkeitsbericht</strong><br />

dargestellten Themen und<br />

Anträgen hat der Integrationsrat<br />

Köln (IR) noch einige andere behandelt.<br />

So kamen der Leiter <strong>des</strong> Kölner<br />

Sportamtes und der Vorsitzende der<br />

Kölner Sportjugend zur Sitzung <strong>des</strong><br />

<strong>Integrationsrates</strong> am 16. August<br />

2007.<br />

Gemeinsam wurde festgestellt,<br />

dass der Sport ein entscheidender<br />

Faktor für das gute Zusammenleben<br />

aller Kölnerinnen und Kölner ist.<br />

Da in den Vereinen die individuelle<br />

Leistung und nicht die Herkunft<br />

zählt, bietet der Sport eine ideale<br />

Plattform zur Bekämpfung von<br />

Vorurteilen und Diskriminierung.<br />

Daher wurde ein regelmäßiger<br />

Austausch zwischen dem IR und<br />

den Entscheidungsträgern aus dem<br />

Sportbereich vereinbart. Auch der<br />

zukünftige Integrationsrat wird den<br />

intensiven Dialog nutzen müssen,<br />

um die besonderen Möglichkeiten<br />

zur Integration durch Sport für alle<br />

Kölnerinnen und Kölner zu nutzen.<br />

Eine weitere Aufgabe, der sich die<br />

Mitglieder <strong>des</strong> im Februar 2010 neu<br />

zu wählenden <strong>Integrationsrates</strong> stellen<br />

sollten, hat mit den besonderen<br />

Zu Beginn der Amtsperiode <strong>des</strong><br />

<strong>Integrationsrates</strong> legten seine<br />

Mitglieder ein Arbeitsprogramm<br />

fest. Die beschlossenen Themenfelder<br />

waren:<br />

• Politische Partizipation von<br />

Migrantinnen und Migranten<br />

• Förderung der Antidiskriminierungsarbeit<br />

• Interkulturelle Öffnung der<br />

Verwaltung<br />

• Förderung von Migranten-<br />

organisationen<br />

• Dialog der Religionen<br />

• Förderung von Migrantenkindern<br />

vom Kindergarten bis zur<br />

Berufsausbildung<br />

• Wohnsituation und Stadtentwicklung<br />

• Sport<br />

• Gesundheitsfragen<br />

• Verbesserung der Lebenssituation<br />

von Asylbewerbern und Flüchtlingen<br />

Integrationsrat Köln 53


Bedürfnissen der älteren Migrantinnen und Migranten zu tun. Die meisten<br />

Migrantinnen und Migranten bleiben auf Dauer in Deutschland – auch<br />

wenn sie das Rentenalter erreicht haben. Sie sind Teil dieser Gesellschaft<br />

geworden. Das kann nicht ohne Auswirkungen auf kommunalpolitische<br />

Entscheidungen bleiben. Denn auch die Seniorinnen und Senioren mit<br />

Migrationsgeschichte brauchen Angebote der offenen Altenarbeit. Besondere<br />

Erfordernisse an die Alten- und Krankenpflege aufgrund religiöser<br />

Überzeugungen sind zu berücksichtigen. Auch hier ist interkulturelle<br />

Öffnung und Kompetenz erforderlich. Eine große Herausforderung, die an<br />

Bedeutung gewinnen wird und <strong>des</strong>halb politisch begleitet werden muss.<br />

In engem Bezug – wenn auch nicht ausschließlich – zur Seniorenarbeit<br />

steht ebenso die vermehrte Aktivierung von Migrantinnen und Migranten<br />

für ehrenamtliches und bürgerschaftliches Engagement. Hier gibt es noch<br />

viele Ressourcen, die für ein gleichberechtigtes Zusammenleben in der<br />

Gesellschaft nutzbar gemacht werden können. Auf Vorschlag der Verwaltung<br />

hat der Integrationsrat bereits im Frühjahr <strong>2009</strong> einem Projekt dazu<br />

zugestimmt. Der künftige Integrationsrat wird die Ergebnisse bewerten<br />

und Schlüsse daraus ziehen müssen.<br />

Integrationsrat hat sich bewährt<br />

Der Kölner Integrationsrat hat sich als gewähltes Gremium zur Repräsentation<br />

der Migrantinnen und Migranten in Köln bewährt. Er hat in<br />

der nun zu Ende gehenden Amtsperiode seine politischen Gestaltungsmöglichkeiten<br />

gut genutzt und sich zum wichtigen Impulsgeber für die<br />

kommunale Integrationspolitik entwickelt. Den Migrantenvertreterinnen<br />

und –vertretern ist es gelungen, in Fragen der interkulturellen Öffnung der<br />

Verwaltung, der Erarbeitung eines Integrationskonzeptes für die Stadt oder<br />

der Förderung der Mehrsprachigkeit entscheidende Eckpfeiler zu setzen.<br />

Die Mitglieder <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong> haben diese und andere Themenfelder<br />

verantwortlich begleitet, bearbeitet und zu Entscheidungen geführt.<br />

Dennoch ist die Weiterführung dieses Modells nur möglich, wenn auch<br />

der neue Stadtrat ihm zustimmt. Die Änderung der Gemeindeordnung<br />

(s. Kapitel 3) macht den Integrationsrat zwar zur regulären Migrantenvertretung.<br />

Die konkreten Kompetenzen und Handlungsspielräume muss aber<br />

weiterhin der Rat festlegen.<br />

Dabei sollte sich der neue Stadtrat vom Gedanken der Teilhabe leiten<br />

lassen. Kommunale Integrationspolitik ist dann besonders erfolgreich,<br />

wenn alle Teile der Gesellschaft an ihr beteiligt werden.<br />

54<br />

Integrationsrat Köln


Der Integrationsrat ist das politische Gremium, das diese Beteiligung<br />

organisiert und sichert. Vieles wäre ohne die Arbeit <strong>des</strong> IR in Köln nicht<br />

oder nicht so rasch auf den Weg gekommen. Dazu zählen sicher die Initiativen<br />

zur interkulturellen Öffnung der Verwaltung, zur Förderung der Mehrsprachigkeit<br />

und nicht zuletzt der Anstoß zum Kölner Integrationskonzept.<br />

Der Integrationsrat aus direkt gewählten Migrantenvertretern und Ratsmitgliedern<br />

hat sich bewährt. Die enge Verbindung zu den Fraktionen hat<br />

nicht allein die Verbindlichkeit der Beschlüsse <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong> gegenüber<br />

dem Ausländerbeirat erhöht; sie war zugleich die Voraussetzung<br />

für einen breiten Konsens in allen integrationspolitisch relevanten Fragen.<br />

Verantwortungsbewusst hat der Integrationsrat von seinen fachlichen<br />

Rechten Gebrauch gemacht. Dies gilt insbesondere für alle Entscheidungen,<br />

bei denen es um die Verteilung von Finanzmitteln ging. Eine fachlich<br />

begründete Entscheidungskompetenz über Finanzmittel ist auch künftig<br />

sinnvoll.<br />

Verbessert hat sich auch die Resonanz der Migrantenvertretung in den<br />

Medien – sowohl in der deutschsprachigen, wie in den nicht-deutschsprachigen<br />

Zeitungen und Sendern, die von Migranten und Migrantinnen<br />

häufig genutzt werden. Initiativen <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong> zur Förderung der<br />

Mehrsprachigkeit, die Aktivitäten gegen die ursprünglichen Pläne der Lan<strong>des</strong>regierung<br />

zur Reform der Migrantenvertretungen, die Stellungnahmen<br />

<strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong> zu diskriminierenden politischen Aktionen wie dem<br />

beschriebenen „Gesinnungstest“ wurden von der Presse aufgegriffen und<br />

in die Öffentlichkeit getragen – dorthin, wo die Chancen und Potenziale<br />

einer Einwanderungsgesellschaft diskutiert werden müssen.<br />

Wahl <strong>des</strong> neuen <strong>Integrationsrates</strong><br />

Nun kommt es darauf an, Kontinuität zu schaffen. Dabei ist nicht allein<br />

der Stadtrat mit seinen Entscheidungen für die Arbeitsbedingungen <strong>des</strong><br />

<strong>Integrationsrates</strong> verantwortlich. Der Integrationsprozess fordert alle<br />

Bürgerinnen und Bürger. Menschen mit Zuwanderungsgeschichte sind<br />

aber besonders gefragt. Sie sollten alle eine aktive Rolle in der Integrationspolitik<br />

übernehmen. Das können sie durch eine eigene Kandidatur<br />

für den nächsten Integrationsrat tun. Damit würden sie einen wichtigen<br />

Beitrag zur demokratischen Teilhabe sowie zur politischen Vielfalt und<br />

Kultur leisten.<br />

Integrationsrat Köln 55


Genauso wichtig ist es aber, am 7. Februar 2010, dass alle wahlberechtigten<br />

Migrantinnen und Migranten ihr Wahlrecht auch wahrnehmen, weil<br />

nur so das politische Gewicht <strong>des</strong> <strong>Integrationsrates</strong> gestärkt werden kann:<br />

Je höher die Wahlbeteiligung wird, umso stärker werden die politischen<br />

Einflussmöglichkeiten. Der noch amtierende Integrationsrat wird daher<br />

alles tun, um die Wahlbeteiligung zu erhöhen und Migrantinnen und<br />

Migranten für eine eigene Kandidatur motivieren. Denn es gilt der Satz:<br />

Demokratie lebt von der Partizipation!<br />

56<br />

Integrationsrat Köln


Impressum<br />

Herausgeber: Integrationsrat der Stadt Köln Tayfun Keltek, Vorsitzender<br />

Geschäftsstelle Otmar Pohl Platz 1 51103 Köln<br />

Kontakt: Geschäftsführer: Andreas Vetter Tel.: 0221 – 221 23195<br />

integrationsrat@stadt koeln.de<br />

Redaktion, Satz, Layout: Die PR BERATER GmbH, Köln<br />

Druck: Önel Verlag, Köln<br />

Auflage:<br />

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