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Die Dobbertiner Sandpropstei, ein Schlüssel und das Kloster

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<strong>Die</strong> <strong>Dobbertiner</strong> <strong>Sandpropstei</strong>, <strong>ein</strong> <strong>Schlüssel</strong> <strong>und</strong> <strong>das</strong> <strong>Kloster</strong> zu Röbel<br />

Ralf Jackewitz, Stadtarchiv Röbel/ Müritz,<br />

in „STIER u. GREIF“, Jhrg. 19, 2009, Blätter z. Kultur- u. Landesgeschichte in Meckl.-Vorp.,<br />

herausgegeben v . Landeshauptarchiv M-V, Mecklenb. Volksk<strong>und</strong>emuseum, Landeskulturb<strong>und</strong> M-V<br />

Nicht selten entpuppt sich <strong>ein</strong>e lange gesuchte Stecknadel im Heuhaufen der Geschichte als <strong>Schlüssel</strong> im<br />

wahrsten Sinne des Wortes. Ein solcher befindet sich, <strong>ein</strong>zigartig in dieser Form in Mecklenburg, auch im<br />

Röbeler Stadtwappen <strong>und</strong> führt uns im Zusammenhang mit dem nachfolgend beschriebenen Indi-<br />

zien zu <strong>ein</strong>er Beziehungslinie vom Erzbistum Hamburg-Bremen über die Klöster zu Stade, Zeven<br />

<strong>und</strong> Dobbertin bis hin zum Büßerinnenkloster <strong>und</strong> der Stadt in Röbel. <strong>Die</strong>ses bei Orten mit Bene-<br />

diktinerkonventen häufige Wappensymbol sowie Hinweise anderen Ortes auf <strong>ein</strong>e frühe Präsenz<br />

von Benediktinern in der Müritzstadt, von den meisten Historikern im Lande bislang unbeachtet, erhalten mit<br />

der Nennung <strong>ein</strong>es historischen Vorgangs aus der Ortschronik <strong>ein</strong>es Dorfschullehrers in der Familienchronik<br />

<strong>ein</strong>er Pastorenfamilie nun stärkeres Gewicht, <strong>und</strong> die Tür zum Geschehen in <strong>ein</strong>er im 13. Jahrh<strong>und</strong>ert nicht<br />

unbedeutenden Kommune mit landesherrlicher Burg <strong>und</strong> <strong>Kloster</strong> steht uns <strong>ein</strong> Stück weiter offen.<br />

Ende Juni 2009 waren die Heimatstuben Röbel <strong>das</strong> Ziel des Schweizer Ehepaares Anita <strong>und</strong> Manuel Schärer-<br />

Binde aus Rothenburg bei Luzern. Aus <strong>ein</strong>er Reisetasche, die sie als Flughandgepäck mitbrachten, kamen <strong>ein</strong>e<br />

Reihe von Familienbildern, <strong>ein</strong> dickes Kirchenbuch von 1711, die Mecklenburgischen Monatshefte von 1926<br />

als Sammelband sowie die handschriftliche <strong>und</strong> maschinegeschriebene Familienchronik des <strong>ein</strong>stigen Pastors<br />

zu Schwarz <strong>und</strong> Kieve <strong>und</strong> späteren Kirchenrates Karl Binde (06.04.1833 – 11.03.1923) zum Vorsch<strong>ein</strong>, welche<br />

s<strong>ein</strong> Sohn, der Kirchenmusiker <strong>und</strong> Komponist Paul Binde (23.05.1877 – 26.06.1962), weitergeführt hatte, <strong>und</strong> die<br />

dessen Schwester, die früher sehr bekannte Schriftstellerin Marie <strong>Die</strong>rs, geb.Binde (10.06.1867 – 05.11.1949), in<br />

die maschinengeschriebene Endform brachte.<br />

Familienbild der Bindes (Paul Binde links) Kirchenrat Binde mit Frau bei Marie <strong>Die</strong>rs<br />

Frau Anita Schärer-Binde, Enkelin von Paul Binde, sorgte für den Erhalt des Werkes ihrer Großtante, indem<br />

sie die Schreibmaschinenseiten kopieren <strong>und</strong> binden ließ. Aus 21 Manuskriftheften wurde so <strong>ein</strong> Schuber mit<br />

sechs Bänden, die sich nach erster Insichtnahme als wertvoller Zeitzeugenbericht mit <strong>ein</strong>igen noch bislang<br />

unbekannten historischen Details aus diversen historischen Quellen herausstellten. Insbesondere die Bände 2<br />

<strong>und</strong> 3, die aus der Zeit vor Paul Bindes Wechsel von Kieve auf <strong>das</strong> Gymnasium in Wittstock 1891 berichten,<br />

sind von regionalhistorischem Wert.. Auch nachdem Paul Binde mit s<strong>ein</strong>er Frau Käthe Anfang des 20.Jhdts.<br />

ins schweizerische Schaffhausen übergesiedelt war, blieb die Bindung an die Kindes-<strong>und</strong> Jugendheimat bestehen.<br />

Ebenso behielt Mecklenburg in Marie <strong>Die</strong>rs’ Romanen <strong>ein</strong>en herausragenden Platz.


„M<strong>ein</strong>e lieben Kinder haben die Absicht, <strong>ein</strong>e Chronik der Familie anzulegen <strong>und</strong> mich als den derzeitigen<br />

Senior beauftragt, den Reigen zu eröffnen.“ Mit diesen Worten beginnt der Band 1 der Chronik, der mit<br />

<strong>ein</strong>em Nachwort der ältesten Tochter Marie <strong>Die</strong>rs endet:“<strong>Die</strong>se Blätter hat unser geliebter Vater in den<br />

letzten Wochen vor s<strong>ein</strong>em Heimgang (06.04.1923) zum Teil an s<strong>ein</strong>em Schreibtisch oder neben Mamas Bett,<br />

zum Teil selber liegend, geschrieben...“ In diesem Band wird über die Familie, die Kinder- <strong>und</strong> Jugendzeit<br />

Karl Bindes in Salzwedel berichtet, über s<strong>ein</strong>e diversen Ansätze, als Missionar nach Übersee zu gehen, um<br />

schließlich1863 als Hauslehrer nach Melz zu kommen „zu <strong>ein</strong>em recht w<strong>und</strong>erlichen Patron v. Ferber, dessen<br />

zweiten trägen Sohn ich zur Untersek<strong>und</strong>a vorzubereiten hatte...“, dann 1864 in Lübz als Hilfsprediger <strong>und</strong> 3<br />

Jahre später, inzwischen mit s<strong>ein</strong>er ersten Frau verheiratet, in die „klösterliche Pfarre“ nach Schwarz zu<br />

wechseln.<br />

Damit nahm die Bindung der Bindes an die südliche Müritzregion ihren Anfang, die nun mit dem Ehepaar<br />

Schärer-Binde wieder hergestellt worden ist. Ihre mitgebrachten Erbstücke spendeten sie dem Stadtarchiv<br />

Röbel/ Müritz, weil sie um den Erhalt dieses Erbes fürchteten <strong>und</strong> dort den richtigen Aufbewahrungsort dafür<br />

sahen.<br />

Neben den persönlichen <strong>und</strong> familiären Werdegängen, Dorfchroniken <strong>und</strong> Beschreibungen von Ortschaften<br />

sowie der Landschaft findet sich darin auch <strong>ein</strong> hochinteressanter Hinweis auf <strong>ein</strong>e bislang ungeklärte<br />

Situation im Röbel des 13.Jhdts., die im Zusammenhang mit der „<strong>Sandpropstei</strong>“ des <strong>Kloster</strong>s Dobbertin<br />

(mehrere Dörfer von Sietow bis <strong>Die</strong>mitz) <strong>und</strong> deren Verwaltungssitz in Röbel steht:<br />

In Band 2 der Chronik wird aus <strong>ein</strong>er „Linshöft-Chronik“ zitiert. Paul Binde schreibt: „In Schwarz lebte von<br />

1876 – 1923 der Lehrer Linshöft. Er war 1851 in Barendorf geboren <strong>und</strong> lebt jetzt, 85 Jahre alt, in Schwerin.<br />

<strong>Die</strong>ser Mann hat nun in den letzten 6 oder 7 Jahren <strong>ein</strong> Buch verfaßt, <strong>das</strong> „Aus der Geschichte von Schwarz<br />

<strong>und</strong> der Hintersandpropstei“ heisst. Das Buch ist Manuskript <strong>und</strong> darf ausgeliehen werden. Verwalter dieses<br />

Buches ist Bauer Eduard Winkel in Schwarz. Es gibt noch <strong>ein</strong> zweites Exemplar, <strong>das</strong> nicht ausgeliehen<br />

werden darf. Linshöft hat <strong>ein</strong>e erstaunlich gründliche <strong>und</strong> gewissenhafte Arbeit geleistet... Ich werde aus dem<br />

umfangreichen Buche --209 eng beschriebene Seiten-- <strong>ein</strong>iges, was sich auf Schwarz all<strong>ein</strong> bezieht, abschreiben<br />

(Paul Binde, August 1937).“<br />

Dann folgt die bedeutsame Information, der Schlüsssel, mit dem sich uns die Tür zur Klärung bislang noch<br />

offener Fragen bezüglich des Einflusses der <strong>Dobbertiner</strong> Propstei auf die Röbeler Geschichte öffnet:<br />

„Im Jahre 1237 wird dem <strong>Kloster</strong> Dobbertin der Besitz von Lärz <strong>und</strong> Schwarz durch Fürst Nikolaus bestätigt.<br />

–Im Februar 1260 meldet der Sandpropst in Röbel:<br />

„Johann Selige (von Schwarz) beim Fischen ertrunken. Johann hinterlässt <strong>ein</strong>en Sohn, 33 Jahre alt, mit<br />

Namen Peter, sehr gelehrt <strong>und</strong> wohl geeignet, die Verhandlungen für den verstorbenen Vater weiterzuführen.“<br />

Gem<strong>ein</strong>t sind wohl die Abschlüsse zwischen dem <strong>Kloster</strong> Dobbertin <strong>und</strong> dem Bischof von Wittstock <strong>und</strong><br />

Havelberg, angefangen 1237, Abschluss 1282. Aus <strong>ein</strong>em Pergament von 1488 geht hervor, daß die Sehlig<br />

schon vor alten Zeiten dem <strong>Kloster</strong> Dobbertin besondere <strong>Die</strong>nste geleistet haben. Der Lehnschulze Sehlig<br />

hatte sicher auch Verhandlungen zu führen, <strong>ein</strong>erseits mit Mirow, <strong>das</strong> sich nach Schwarz hin auszudehnen<br />

suchte, <strong>und</strong> andererseits mit dem Markgrafen von Brandenburg, der von Süden her vordrängte. Johann <strong>und</strong><br />

(1) (2) (3)<br />

Peter waren über den Rahmen der damaligen Verhältnisse hinaus gebildet...“<br />

<strong>Die</strong> hier gemachten Angaben passen in den historischen Kontext: 1227 Stiftung der Johanniterkomthurei<br />

Mirow, 1237 gr<strong>und</strong>legende Landverleihung in der Hintersandpropstei Dobbertin, im gleichen Jahr<br />

Umwandlung des 1220 von Mönchen des <strong>Kloster</strong>s Stade gegründeten Benediktinerklosters Dobbertin in <strong>ein</strong><br />

Nonnenkloster des gleichen Ordens (1234-37) mit Benediktinerinnen aus dem <strong>Kloster</strong> Zeven. (4)<br />

Mit dieser umfangreichen Landübertragung ( 70 Hufen) für die OSB-Nonnen muß auch die Einrichtung <strong>ein</strong>es<br />

Verwaltungssitzes für die später „<strong>Sandpropstei</strong>“ genannten Besitzungen um Röbel mit ihren sich teilweise<br />

schon vor 1250 etablierenden Gem<strong>ein</strong>den (Sietow, Lexow, Roez, Schwarz, Lärz, später auch <strong>Die</strong>mitz)<br />

<strong>ein</strong>hergegangen s<strong>ein</strong>, die alle im Umkreis <strong>ein</strong>es halben Tagesritts von Röbel entfernt liegen.


Hierfür bot sich der Ort zwischen Mönchteich <strong>und</strong> Predigerstraße unterhalb der Burg Nicolaus I. an, von wo<br />

der Sandvogt 1389, wegen der an dieser Stelle neu zu errichtenden Neustadtpfarrhäuser <strong>und</strong> der geplanten<br />

Verlegung des <strong>Kloster</strong>s von dort an den Töpferwall, <strong>ein</strong> Stück weiter an den Kirchplatz neben den Ritter Büno<br />

umziehen mußte .(5)<br />

Aufgr<strong>und</strong> der schwachen Urk<strong>und</strong>enlage der Klöster konnte man bislang die Existenz<br />

<strong>ein</strong>es <strong>Dobbertiner</strong> Verwalters <strong>und</strong> der Benediktiner in Röbel nach 1237 nur vermuten.<br />

S<strong>ein</strong>en etwas abfällig klingenden, auf die schlechte Bodenbeschaffenheit s<strong>ein</strong>er Prop-<br />

stei hinweisenden Namen erhielt er wohl erst später zur Unterscheidung von den ande-<br />

ren Pröbsten in Alt- <strong>und</strong> Neustadt. Daß er nicht all<strong>ein</strong>e s<strong>ein</strong>en Verwaltungs-, Haushalts-<br />

<strong>und</strong> Seelsorgeaufgaben erfüllen konnte liegt auf der Hand. Ihm werden Ordensbrüder<br />

oder auch Laienbrüder zur Seite gestanden haben, zu denen (oder zu deren Ablösung)<br />

spätestens 1250 für die Hof- <strong>und</strong> Haushaltung die anfänglich besitzlosen, der Arbeit <strong>und</strong><br />

Buße verpflichteten Büßerinnen dazu kamen. Es ist doch bemerkenswert, daß nicht Dob-<br />

bertiner OSB-Nonnen ihm die Arbeit machten, sondern diese anspruchsloseren, leicht zu Pfarrhäuser, Prediger-<br />

dominierenden Frauen ihre Heimstatt neben s<strong>ein</strong>em Propsteihof hatten. straße, alter <strong>Kloster</strong>ort<br />

Was spricht dagegen, daß Dobbertin bei der Stiftung des Büßerinnenkonvents in Röbel ursächliche Ansprüche<br />

geltend gemacht hatte?<br />

Wer war dieser erwähnte Sandpropst von 1260? Urk<strong>und</strong>en aus dem Jahr 1256 geben Hinweise: Nachdem der<br />

in Wittstock ansässige Havelberger Bischof H<strong>ein</strong>rich seit 1252 die Grenzen s<strong>ein</strong>es Sprengels auf alte<br />

Ansprüche fußend bis <strong>ein</strong>schließlich des Kirchspiels Neu-Röbel erweitert hatte, muß es in Röbel drei Pröpste<br />

gegeben haben: in der Neustadt Stephanus de Vlotowe (erwähnt zwischen 1249-1273) dazu Henricus et Johannes<br />

(6) <strong>Die</strong> beiden zuletzt genannten Pröpste sind wohl kaum parallel an der werleschen Altstadtkirche St.Marien<br />

(Bistum Schwerin) tätig gewesen, denn im gleichen Jahr noch urk<strong>und</strong>et Nicolaus I. für den (leider namentlich<br />

nicht benannten) Altstädter Propst (7). Auch kann Stephanus de Vlotowe 1249 noch nicht Propst oder<br />

Archediakon für <strong>das</strong> Kirchspiel Neu-Röbel gewesen s<strong>ein</strong>, da dieses erst später entstand <strong>und</strong> die vor der<br />

Nicolaikirche (Baubeginn um 1270) vorhandene, am Pferdemarkt vermutete kl<strong>ein</strong>e Stadtkirche k<strong>ein</strong>es<br />

Propstes sondern nur <strong>ein</strong>es Priesters bedurfte.<br />

Denkbar ist, wie u.a. von Lisch angeführt, daß der <strong>Kloster</strong>propst gleichzeitig die Seelsorge für die Stadtpfarre<br />

inne hatte. (8) Erst in den Jahren nach 1252, eher noch nach 1261, kann für <strong>ein</strong> Archediakonat Havelbergs in<br />

der Neustadt genügend Pfarrarbeit vorhanden gewesen s<strong>ein</strong>, um mehrere Geistliche zu beschäftigen. Ebenso<br />

ist nicht geklärt, welche Aufgaben der bereits 1239 erwähnte Röbeler Propst Nicolaus zu erfüllen hatte .(9)<br />

<strong>Die</strong> Marienkirche als Hauskirche des Nicolaus’ von Werle bestand damals nur aus dem jetztigen Chorbau.<br />

<strong>Die</strong> oben erwähnte, am Pferdemarkt vermutete kl<strong>ein</strong>e Stadtkirche war sicherlich noch k<strong>ein</strong>e Propsteikirche.<br />

Daß diese beiden später großen Röbeler Pfarren um 1250 schon Filialkirchen hatten, darf bezweifelt werden.<br />

<strong>Die</strong> seelsorgerische Betreuung der <strong>Kloster</strong>dörfler besorgte sicherlich der Sandpropst. Es ist durchaus möglich,<br />

daß dieser Nicolaus neben der Verwaltung der <strong>Dobbertiner</strong> Propstei mit der der Seelsorge in der Stadt Röbel<br />

betraut war.<br />

In <strong>ein</strong>er Urk<strong>und</strong>e Nicolaus II. für die Neue Stadt Röbel 1288 (<strong>das</strong> Dorf Küsskow betreffend) wird als erster<br />

Zeuge der <strong>Dobbertiner</strong> Propst Henricus de Berscen genannt, danach der Neustadtpropst (hier Archediakon)<br />

Johannes Storm, dann Nicolaus, der Kapellan der auf Burg Röbel residierenden Mutter Nicolaus’, Sophie v.<br />

Lindow-Ruppin, <strong>und</strong> schließlich, vor Rittern <strong>und</strong> Stadträten, noch Ludolfus et Johannes als Priester <strong>und</strong> Sozii<br />

des Neustadtpropstes. (10) <strong>Die</strong>ser <strong>Dobbertiner</strong> Propst H<strong>ein</strong>rich tritt auch bereits in <strong>ein</strong>er 1281 für Dobbertin in<br />

Röbel ausgestellten Urk<strong>und</strong>e auf. (11) Möglicherweise ist er ja identisch mit dem 1256 erwähnten Propst<br />

Henricus, sicherlich jedoch mit dem o.a. H<strong>ein</strong>rich v. Bersen (<strong>ein</strong> Ritter Otto v. Bersen war übrigens Zeuge der<br />

Privilegierung für die Neue Stadt Röbel 1261).<br />

In jedem Falle ist offensichtlich, daß Dobbertin im 13. Jhdt. bereits in Röbel vertreten war. Der Hof des<br />

Sandpropstes beim alten <strong>Kloster</strong> läßt auf <strong>ein</strong>e enge Verbindung mit diesem schliessen. Bei den Pröpsten muß<br />

es sich um Benediktiner gehandelt haben, die <strong>das</strong> <strong>Kloster</strong> Stade für die curia monialis der Nonnen in<br />

Dobbertin zurückgelassen hatte, die dann 1286 für 10 Jahre an die Dominikaner überging. (12)


Karte oben: Adaption des Stadtplans von 1836/38 (erstellt v. R. Jackewitz)<br />

Ernst v.Kirchberg berichtet in s<strong>ein</strong>er Reimchronik von 1378: „ ...Da nam zu wybe vord an, der eldiste, der<br />

hiez Johan, des greven tochtir von Lyndowe (Johann v. Werle <strong>und</strong> Sophia v. Lindow-Ruppin,), dy wart eyn<br />

eren riche frowe. Funf sone sy von im gebar, dy ich hy benenne gar: Nicolaus, Johan, Gunther, Hinrich,<br />

Bernhart, nicht synd ir mer. Dy lesten czwene monche worden zu Rybele in santi benedictis orden <strong>und</strong> worden<br />

ouch da begrabin mit groszin ungehabin..“ (13)<br />

Leider fehlen die genauen Geburtsdaten des Johann v. Werle-Parchim <strong>und</strong> dessen Frau Sophie, Tochter<br />

Gunthers, Graf von Arnsberg <strong>und</strong> Lindau, Herr zu Ruppin (1201-1283). Ebenso kann man die Geburtsdaten<br />

derer Söhne H<strong>ein</strong>rich <strong>und</strong> Bernhard nur annähernd rekonstruieren. Johann, zweiter Sohn Nicolaus I. v. Werle,<br />

starb bereits 1283, nur 6 Jahre nach s<strong>ein</strong>em Vater. Er dürfte etwa 1233 geboren s<strong>ein</strong>, da Nicolaus 1231 Jutta v.<br />

Anhalt heiratete. Als unwesentlich jünger kann man Sophie v. Lindow-Ruppin platzieren, die zwischen 1301<br />

<strong>und</strong> 1304 auf Burg Röbel verstarb <strong>und</strong> im <strong>Kloster</strong> bestattet wurde. H<strong>ein</strong>rich starb 1291, Bernhard 1309.<br />

Ausgehend davon, daß ihre Eltern um 1255 verheiratet waren <strong>und</strong> sie die Kinder 5 <strong>und</strong> 6 des Paares waren,<br />

kommen für die beiden Geburtsdaten zwischen 1260 <strong>und</strong> 1265 in Betracht. 1285 gilt als <strong>das</strong> Gründungsdatum<br />

des Dominikanerkonvents zu Röbel; wären die beiden den Dominikanern beigetreten, wäre H<strong>ein</strong>rich bereits<br />

über 21 Jahre alt gewesen, <strong>ein</strong> recht hohes Eintrittsalter für <strong>ein</strong>en Nachgeborenen, der mit dem dem dritten<br />

Sohn Günther (später Domherr zu Güstrow <strong>und</strong> Magdeburg) <strong>und</strong> s<strong>ein</strong>em jüngeren Bruder Bernhard<br />

wahrsch<strong>ein</strong>lich schon früh für <strong>das</strong> geistliche Leben vorgesehen war, <strong>ein</strong>e gängige Praxis, um mögliche<br />

Erbansprüche zu minimieren. Allerdings ist in Röbel k<strong>ein</strong> kompletter benediktinischer Konvent nachweisbar,<br />

weshalb als Eintrittsort der Brüder in <strong>ein</strong>en solchen <strong>ein</strong> anderes <strong>Kloster</strong> in Frage kommen könnte <strong>und</strong> die<br />

Brüder mit der Gründung des von ihrer Mutter begünstigten Dominikanerhauses bei der Burg Röbel in diesen<br />

Orden wechselten. Andererseits wird allgem<strong>ein</strong> angenommen, daß beide Mönche direkt dem Bettelorden in<br />

Röbel beitraten. In diesem Falle hätte Ernst v. Kirchberg nur 100 Jahre später <strong>ein</strong>em Irrtum begangen. Oder<br />

er wußte noch um <strong>ein</strong>e doch stärkere Präsenz der Benediktiner im Ort, was auch im 16. Jhdt. in <strong>ein</strong>em dem<br />

Güstrower Rektor Georg Schedius (1580-1650) zugeschriebenen Manuskript erwähnt wird. Dort wird sogar <strong>ein</strong><br />

Gründungsdatum für den Büßerinnenkonvent genannt: 1250. (14)<br />

Mit Stephanus de Vlotowe wäre dann die Gründung des Büßerinnenkonvents spätestens vollzogen worden.<br />

<strong>Die</strong>ser muß in 20 Jahren erheblich an Mitgliedern <strong>und</strong> an Bedeutung zugenommen haben, denn 1273 erhält<br />

<strong>das</strong> <strong>Kloster</strong> 16 Hufen Land außerhalb von Röbel, darunter 5 in Küsskow <strong>und</strong> 2 in Sietow.


<strong>Die</strong> „sorroribus poenitentibus mariae magdalenae“ treten uns in dieser Urk<strong>und</strong>e als „sancte marie<br />

magdalene sanctemonialibus“ entgegen, <strong>ein</strong>e kl<strong>ein</strong>e, aber nicht unerhebliche Aufwertung im Namen. Erster<br />

Zeuge in dieser Urk<strong>und</strong>e: „Stephanus prepositus de Robele“. (15)<br />

<strong>Die</strong> Frauen des 1224 in Worms gegründeten, zuerst nach Zisterzienserregel lebenden <strong>und</strong> 1232 mit der Regel<br />

des Augustinus belegten Maria-Magdalenerinnenordens waren in den ersten Jahrzehnten ordinierten Nonnen<br />

nicht gleichgestellt. Sie hatten wegen ihres zu büßenden Lebenswandels nach der harten Augustinusregel zu<br />

leben <strong>und</strong> zu arbeiten. Lehrtätigkeit <strong>und</strong> eigenständige Gottesdienstführung blieben ihnen lange versagt.<br />

Jedem der Klöster war anfänglich <strong>ein</strong> Männerkonvent beigeordnet, dessen seelsorgerische Arbeit ab1280 nach<br />

Protesten der Möchsorden, die sich mit der curiemonialis überlastet sahen, nur noch <strong>ein</strong> Geistlicher bis zur<br />

Angliederung des Ordens an die Dominikaner 1286 versah. 1296 wurde der Büßerinnenorden wieder von den<br />

Dominikanern getrennt <strong>und</strong> erhielt erneut <strong>ein</strong>en <strong>ein</strong>zelnen Vorsteher. So war es wohl auch in Röbel. (16)<br />

Neben dem in Verbindung mit Benediktinern immer wieder auftauchenden Wappensymbol Petrusschlüssel<br />

(s. auch Genf , Bremen, Worms et al.) weist <strong>das</strong> Siegel von Röbel nicht nur <strong>ein</strong>en <strong>Schlüssel</strong> auf, es existierte in<br />

Röbel auch noch die Bruderschaft „Peter <strong>und</strong> Paul“ (u.a.Heilige des Benediktinerklosters Stade <strong>und</strong> des<br />

Büßerinnenklosters Röbel). (17) Röbels Wappenschlüssel hängt demnach wahrsch<strong>ein</strong>lich mit dem von Stade<br />

<strong>und</strong> dem des Erzbistums Bremen zusammen, zu dessen Unterbistum Schwerin ja Dobbertin <strong>und</strong> bis 1252 ganz<br />

Röbel gehörte. Das dem Stadtwappen von Röbel unterliegende Siegel, wie es an der Malchower <strong>Kloster</strong>-<br />

Urk<strong>und</strong>e von 1298 (18 ) betr. die Umsiedlung der Röbeler Magdalenerinnen dorthin befestigt war, zeigt sich in<br />

der für die Mitte des 13. Jhdts. gängigen Schildform <strong>und</strong> enthält neben dem Petrischlüssel heraldisch rechts,<br />

also vorne, den halben werleschen Stierkopf mit der Sonne, Siegel des Nicolaus I. v. Werle, ohne die Ende<br />

des 13. Jhdts. aufgenommene Zungenbewehrung. <strong>Die</strong>s, ebenso wie die Umschrift „Sigillum Civitatis In<br />

Robelle“ deutet auf <strong>ein</strong>en Siegelschnitt vor 1261 hin, da ab diesem Datum von der „Nova civitate Robele“<br />

die Rede ist; aus der „Stadt In Röbel“ wurde also die „Neue Stadt Röbel“ in der dann für diese erstellten<br />

Stadtrechtsbestätigung. (19)<br />

Der <strong>Schlüssel</strong> im Stadtsiegel müßte <strong>ein</strong>ige Jahre vor 1261 als Symbol geistlicher Macht, allerdings in der<br />

Blasonierung der weltlichen nachrangig, im Siegel der vor Juni 1226 erstprivielgierten Stadt untergebracht<br />

worden s<strong>ein</strong>, der Zugehörigkeit zum Schweriner Bistum bis 1252 entsprechend. Daß hierbei unter<br />

Vernachlässigung der andersartigen Schweriner <strong>und</strong> Havelberger Bischofssiegel <strong>ein</strong> Benediktinersymbol<br />

Verwendung fand, ist doch bemerkenswert. Das Nonnenkloster selbst ist, obwohl am Rande der seit 1252<br />

havelbergischen Neustadt gelegen, offenbar stets beim Bistum Schwerin verblieben ebenso wie die Altstadt,<br />

bis <strong>das</strong> Haus 1298 den Dominikanern übertragen wurde. (20)<br />

Siegel v. Röbel<br />

Wappen v. Stade Wappen v. Genf<br />

Wappen d. Vatikans Wappen Erzbistum Bremen-Hamburg<br />

<strong>Die</strong> Ausrichtung der <strong>Schlüssel</strong>bärte hatten die Bedeutung des Bindens an oder Entbindens von Sünden:<br />

Stade ist der Bindeschlüssel gegeben, Röbel der Löseschlüssel. <strong>Die</strong> Gründe hierfür <strong>und</strong> die aufrechte Ausrichtung<br />

beider bedürfen noch näherer Untersuchung.


<strong>Die</strong> Zeugennennung <strong>ein</strong>es oder mehrerer <strong>Dobbertiner</strong> Pröpste in Röbeler Urk<strong>und</strong>en der Zeit bis 1288, der<br />

<strong>Schlüssel</strong> im Stadtsiegel, die Einrichtung <strong>ein</strong>es zuerst der benediktinischen Kurie unterstellten Büßerinnenklosters<br />

um 1250 sowie der noch bis ins 18.Jhdt. in Röbel ansässige Sandpropst Dobbertins stützen die<br />

Behauptung, daß <strong>ein</strong>e enge Verbindung des Hauses Werle <strong>und</strong> Röbels mit den Benediktinern vor dem<br />

Auftreten der Dominikaner bestand. Das damals noch innige Verhältnis von Landesherr, Bürgerschaft <strong>und</strong><br />

Geistlichkeit zeigt sich symbolisch im Röbeler Wappenbild, für welches nunmehr <strong>ein</strong>e plausiblere <strong>und</strong><br />

vielleicht die Wahrnehmung dieses <strong>ein</strong>st bedeutenden Ortes hebende Erklärung gef<strong>und</strong>en s<strong>ein</strong> könnte.<br />

Quellen:<br />

(1) Abschrift der Familienchronik, Bd. 2, S. 5. <strong>Die</strong> Linshöft-Chronik ist auch erwähnt bei W. Strecker: <strong>Die</strong><br />

geschichtliche Literatur Mecklenburgs 1932-1933, in Mecklenb. Jahrbücher (MJB) Bd. 97, S. 178, als<br />

Manuskript im damaligen Geh.u. Hauptarchiv Schwerin.<br />

(2) Zur Landverleihung an Dobbertin 1237 s. Mecklenburg. Urk<strong>und</strong>enbuch (MUB) Nr. 469;<br />

(3) Zur Eigentumsbestätigung für die Dörfer der Hintersandpropstei 1282 s. MUB Nr. 1610;<br />

siehe auch A. Pries: <strong>Die</strong> Hintersandpropstei, in Mecklenburg. Monatshefte, 2/1926, S. 237-239.<br />

(4) H. Alsleben: Das <strong>Kloster</strong> Dobbertin, Vortrag f. Ver<strong>ein</strong> f. mecklenb. Familien- u. Personengeschichte e.V.,<br />

Schwerin 2001; dito: Historie des <strong>Kloster</strong>s Dobbertin, in: eigene Korrespondenz mit dem ehemaligen<br />

<strong>Kloster</strong>baumeister Alsleben, 2003- 2006, Stadtarchiv Röbel; F. Lisch: Döbbersen mit der Kirche <strong>und</strong> <strong>das</strong><br />

<strong>Kloster</strong> Zeven, MJB Bd. 31, 1866, S. 8.<br />

(5) MUB 12089; zur Lage des alten <strong>Kloster</strong>s, s. auch I.Ulpts: <strong>Die</strong> Bettelorden in Mecklenburg, Saxonia<br />

Franciscana, Bd.6, 1996, S.87-95.<br />

(6) H.J.Deppe: „Frühe Spuren in der Stadtbildung in Mecklenburg“, Jahrbuch f.d. Geschichte Mittel- <strong>und</strong><br />

Ostdeutschlands, Berlin 1991); Diplom. Doberanense, Westphalen a.a.D. 1497-1499, in: Codex Diplomat.<br />

Brandenburgensis, Bd. 2, 1842, S. 367-368.<br />

(7) MUB 763.<br />

(8) F. Lisch: <strong>Die</strong> Kirchen zu Röbel, in MJB Bd.8, 1843, S.8.<br />

(9) MUB 499.<br />

(10) MUB 1962.<br />

(11) MUB 1593,<br />

(12) I. Ulpts, s.o. Pkt (5)<br />

(13) Mecklenburgische Reimchronik d. Ernst. v. Kirchberg, Hrsg. C.Cordshagen u. R. Schmidt im Auftrag d.<br />

Histor. Kommission für Mecklenburg, 1997, S. 410.<br />

(14) D. Schröder: Das papistische Mecklenburg, 1701, S.641<br />

(15) Friedrich Lisch: Über <strong>das</strong> <strong>Kloster</strong> der Büßerinnen zu Röbel, später zu Malchow, in Jahrbücher d. Ver<strong>ein</strong>s<br />

f. Mecklenburg. Geschichte u. Altertumsk<strong>und</strong>e (MJB), Bd. 21, 1856, S. 293-294; dito: Urk<strong>und</strong>ensammlung,<br />

in MJB Bd. 16, S.213-214.<br />

(16) www.orden.-online.de; www. Grin.com/e-book/ <strong>Die</strong> Frauenkonvente der Bettelorden in Straßburg,<br />

S.5-6; S. Schmitt: <strong>Kloster</strong>leben im Spätmittelalter. Das Beispiel der Straßburger Frauenkonvente, in Protokoll<br />

über die Arbeitsssitzung am 16.Juli 2004, Arbeitsgem<strong>ein</strong>schaft f. geschichtliche Landesk<strong>und</strong>e am Oberrh<strong>ein</strong>.;<br />

G.Streich: Klöster, Stifte <strong>und</strong> Kommenden in Niedersachsen vor der Reformation, in Veröffentlchungen d.<br />

Historischen Kommission f. Niedersachsen u. Bremen, Heft 30, 1986, S 20.<br />

(17) Landeshauptarchiv Schwerin, Acta eccles. spec. Röbel, 2.12-3/4 Nr. 9165 u.9167, Visitationsprotokoll<br />

1577 : <strong>Die</strong> Bruderschaft Peter u. Paul zu Röbel war 1577 noch existent, neben der Kalandsbruderschaft.<br />

(18) MUB 2503.<br />

(19) MUB 911.<br />

(20) I. Ulpts, s.o. Pkt. (5).

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