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<strong>AUSRÜSTUNG</strong><br />
Ich schieß eine ganz Dicke“, sagte der<br />
Pechvogel und hielt eine Teilmantelrundkopf<br />
im Kaliber 8x57 IRS in die<br />
Höhe. Am Anschuss war nur wenig<br />
Schweiß, in der Fährte überhaupt nichts<br />
zu finden. Die Nachsuche auf den starken<br />
Überläufer hatte es in sich. Zwei<br />
Stunden Riemenarbeit und 300 Meter<br />
Hetze waren bis zum erlösenden Fangschuss<br />
nötig.<br />
Die dicke Pille hatte die Sau waidwund<br />
gefasst. Kein Ausschuss, das einfache Teilmantelprojektil<br />
hatte sich zerlegt. „Bisher<br />
war ich mit der Patrone immer zufrieden“,<br />
meinte der Jäger kopfschüttelnd.<br />
Der ältere Herr hatte fast ausschließlich<br />
auf Rehwild gejagt. Da im Revier des Erlegers<br />
der Schwarzwildbestand massiv zunimmt,<br />
schlugen wir einen Geschosswechsel<br />
vor.<br />
Er entschied sich für ein schnell ansprechendes<br />
Deformationsprojektil, bei<br />
dem der Mantel mit dem Kern verschweißt<br />
ist (RWS Evolution). Sowohl auf Sauen, als<br />
auch auf Rehe ist er damit sehr zufrieden.<br />
Vor allem Tiefenwirkung und sicherer<br />
Ausschuss haben ihn beeindruckt.<br />
Ein weiteres Beispiel: Mit schöner Regelmäßigkeit<br />
wurden wir von einem<br />
Jungjäger zu einfachen, kurzen Todsuchen<br />
gerufen. Daran ist im Prinzip nichts<br />
auszusetzen. Gelegentlich tut eine kurze<br />
Totsuche Hund und Führer gut. Trotzdem:<br />
30 Kilometer Fahrt, zwei Stunden<br />
Fehlzeit am Arbeitsplatz und das alles für<br />
100 Meter Riemenarbeit auf einen Frischling<br />
mit Kammerschuss?<br />
Das von ihm verwendete, nur wenig<br />
aufpilzende Deformationsgeschoss (bleifrei)<br />
bannte die überwiegend schwachen<br />
Stücke (Kitze, Frischlinge) nur selten an<br />
den Platz. Energieabgabe und Stoppwirkung<br />
des auf Hochwild ausgelegten Projektils<br />
waren zu gering. Zudem lieferte<br />
der kleine Ausschuss zu wenig Pirschzeichen.<br />
Der Schütze wechselte zu einem<br />
Teilzerlegungsgeschoss (Brenneke TAG/<br />
Torpedo Alternativ Geschoss). Die Stücke<br />
bleiben jetzt in aller Regel am Platz.<br />
Beide Beispiele zeigen, wie wichtig die<br />
individuelle Anpassung des Geschosses<br />
an persönliche Jagdverhältnisse ist. Kein<br />
Baujäger schafft sich einen Deutsch-<br />
Drahthaar an, nur um später festzustellen,<br />
dass er für die Fuchsröhre zu groß<br />
ist. Sollen Deckel und Topf zusammen-<br />
50 WILD UND HUND 24/2009<br />
Beispiel Deformationsgeschoss<br />
(Monobloc) Barnes XLC, 8x57 IS:<br />
Ausschuss etwa 3 Zentimeter<br />
Beispiel Teilzerlegungsgeschoss RWS<br />
Bionic Yellow, .30-06: Ausschuss etwa<br />
4 Zentimeter<br />
passen, sind bei der Geschosswahl zwei<br />
Punkte zu berücksichtigen: Zum Einen<br />
gilt es, die eigene jagdliche Situation zu<br />
analysieren. In diesem Zusammenhang<br />
sind vor allem die zu bejagenden Wildarten,<br />
das Kaliber, Schussentfernungen,<br />
Jagdmethoden, Wildvermarktung und<br />
die Verfügbarkeit von Nachsuchenhunden<br />
zu beachten.<br />
Zweiter Schritt ist die Auswahl des<br />
optimalen Projektils für das erstellte Profil.<br />
Die folgende Skizzierung der wichtigsten<br />
Geschossgruppen soll dabei hilfreich<br />
sein. Die Gruppenzuordnung der<br />
Projektile erfolgt hier nach dem Funktions-<br />
und Wirkprinzip und weicht zu<br />
den in der Literatur verwendeten Einteilungen<br />
zum Teil ab. Außenballistische<br />
Parameter, Form und Zusatzausstattungen,<br />
wie zum Beispiel Scharfrand, bleiben<br />
unberücksichtigt.<br />
Mit den angegliederten Tabellen decken<br />
wir eine kleine, populäre Auswahl<br />
des umfangreichen Geschossangebots<br />
ab. Bei der Geschossbewertung fließen<br />
Herstellerangaben, Literaturhinweise<br />
und die umfangreichen praktischen Er-<br />
fahrungen mehrerer Berufsjäger, Förster<br />
und Schweißhundführer mit ein, die uns<br />
bei Ausrüstungstests unterstützen.<br />
Die Angaben sind als Trend zu verstehen<br />
und als Tipp für eine Vorauswahl gedacht.<br />
Sie ersetzen keinesfalls die praktische<br />
Erprobung der tatsächlichen Waffen-Kaliber-Geschoss-Kombination.<br />
Hier<br />
sind unter Umständen abweichende Ergebnisse<br />
möglich.<br />
Basis der Tabellenbewertung sind klassische<br />
Universalkaliber (7x64, 7x65 R,<br />
.308 Win., .30-06, 8x57 IS und 8x57 IRS).<br />
Liegt das Leistungsspektrum der eigenen<br />
Patrone darüber (zum Beispiel 9,3x62),<br />
oder darunter (zum Beispiel 6,5x57 R) ist<br />
die Wildwirkung entsprechend anzupassen.<br />
Die Aussagen beziehen sich ausschließlich<br />
auf heimisches Schalenwild<br />
(Gewicht aufgebrochen: bis 20 kg =<br />
schwach, 21–50 kg = mittelstark, > 50 kg<br />
= stark).<br />
Moderne Jagdgeschosse<br />
Mantelgeschosse: Als Mantelmaterial<br />
dienen meist Tombak, Gilding oder Flussstahl.<br />
Der ein- oder mehrteilige Kern<br />
kann aus Blei, Bleilegierungen oder Zinn<br />
bestehen. Man unterscheidet Vollmantel-<br />
(Mantelöffnung am Geschossboden)<br />
und Teilmantelgeschosse (Mantelöffnung<br />
am Kopf/Spitze), die wir in Deformations-,<br />
Teilzerlegungs- und variabel<br />
reagierende Geschosse unterteilen. Vorteile:<br />
hohes spezifisches Gewicht (Blei),<br />
gute außenballistische Werte. Nachteile:<br />
unter Umständen Bleisplitter im Wildbret,<br />
teilweise Neigung zur Mantel-Kern-<br />
Separation.<br />
Monoblocgeschosse: Auch Massivgeschosse<br />
genannt. Der einteilige Geschosskörper<br />
besteht in der Regel aus<br />
Kupfer oder bleifreien Kupferlegierungen.<br />
Es gibt Deformationsgeschosse<br />
und solche, die zur Splitterbildung neigen<br />
sowie Konstruktionen, die formund<br />
massestabil sind. Die Herstellung<br />
erfolgt im Dreh- oder Pressverfahren.<br />
Zur Reibungs- und Gasdruckreduktion<br />
können die Projektile beschichtet oder<br />
mit Entlastungsrillen/Führungsbändern<br />
ausgestattet sein. Vorteile: stabiler Geschossaufbau,<br />
bleifrei, einfache Herstellung.<br />
Nachteil: geringes spezifisches Materialgewicht.<br />
048_053_Geschosse_I.indd 50 02.12.2009 8:11:40 Uhr