Auenentwicklung am Inn seit Inbetriebnahme der Kraftwerkstufe ...

solches Extremereignis wird zeigen, wie stark die älteren Auenformationen vom Inn erneuert
werden können.
Schliesslich stehen im Unterengadin auch Pionierstandorte ausserhalb des
Überschwemmungsbereichs in einer direkten Beziehung zum Inn: An Prallhängen führte der
Abtrag am Hangfuss unter natürlichen Bedingungen einst zu ausgeprägten Erosionshängen
mit charakteristischen Schuttfluren (Zoller 1974). Aufgrund von Uferverbauungen und der
Anlage von Fahrwegen seit den 1960er Jahren kam die Erosionsdynamik in den grossen
Prallhängen jedoch fast ganz zum Erliegen (Zoller 1974). In kleinerem Massstab hielt diese
Tendenz auch in den letzten Jahren an: Seit 1993 sind im Untersuchungsgebiet erneut mehr
trockene Pionierstandorte verschwunden als neue entstanden (Tabelle 3). Dies ist wohl
mehrheitlich auf die stabilisierende Wirkung von Verbauungen entlang des Inns
zurückzuführen. Dem Inn fehlt heute zwischen Pradella und Martina vielerorts auch Raum
und Material (Schutt aus Erosionshängen) für eine ursprüngliche Dynamik.
Schlussfolgerungen
Für die Pionierlebensräume und jüngeren Stadien der Auenvegetation haben sich die
Bedingungen am Inn zwischen Pradella und Martina seit 1993 wesentlich verbessert:
Die Dynamik hat sich den natürlichen Verhältnissen angenähert.
In den älteren Auenformationen konnte kaum Dynamik beobachtet werden, was aber
aufgrund der Intensität der im Untersuchungszeitraum aufgetretenen Hochwasser zu
erwarten war. In welchem Ausmass die Auen zwischen Pradella und Martina unter den
heutigen Bedingungen von episodischen Spitzenhochwassern erneuert werden
können, kann deshalb anhand der vorliegenden Untersuchungen nicht beurteilt
werden.
3.2.3 ENTWICKLUNGEN IN DEN EINZELNEN ABSCHNITTEN
Je nach Gefälle und Breite des Tals präsentiert sich der Überschwemmungsbereich des Inns
unterschiedlich in verschiedenen Abschnitten. Die Flächenbilanzen für die einzelnen
untersuchten Inn-Abschnitte zeigen wir im Anhang IV. Im Folgenden erläutern wir
ausgewählte Aspekte der Entwicklungen in den einzelnen Abschnitten, analog dem
Referenzbericht von 1993 (FORNAT 1994b).
Pradella – Sur En
Bis zur Uina-Mündung bei Sur En bieten die topografischen Verhältnisse der V-förmigen
Talsohle kaum Raum für Flussauen. Die Ufervegetation beschränkt sich auf ein schmales
Band, welches jedoch seit 1993 durch kleinflächige Sedimentablagerungen und partielle
Besiedlung mit jungen Vegetationsstadien angereichert wurde (Fotos 1 und 3).
Erst der Uinabach mit seiner beträchtlichen Geschiebezufuhr (Foto 4) bewirkt eine leichte
Auffüllung der Talsohle und eine Ablenkung und damit eine grössere Breitenwirkung des Inn
oberhalb Sur En (Anhang III; s. auch Erstausgabe der Siegfriedkarte unter
http://map.geo.admin.ch). So wurde 2010 der äussere Teil des Auenwaldes bei Parnasura
vom Inn stellenweise frisch übersart (Foto 5). Im Flussbett haben sich in diesem Bereich seit
1993 grosse Kiesbänke gebildet (Anhang III). Allerdings scheint der Mensch zum Schutz der
Siedlung Sur En bei besonders grosser Geschiebezufuhr des Uinabachs hier korrigierend
12 Auenentwicklung am Inn seit Inbetriebnahme der Kraftwerkstufe Pradella – Martina (1993-2010)