haensel und gretel - Mainzer Kinder- und Jugendtheater
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Märchen nach den Gebrüdern Grimm<br />
Es war einmal ein armer Holzhacker, der wohnte mit seiner Frau <strong>und</strong> seinen beiden <strong>Kinder</strong>n an einem<br />
großen Wald. Er war so arm, dass er oft nicht wusste, wie er das Essen für seine Familie bezahlen<br />
sollte. Darum nahm er seine <strong>Kinder</strong> Hänsel <strong>und</strong> Gretel oft mit, wenn er zum Holzfällen in den Wald<br />
ging, damit sie sich Beeren <strong>und</strong> Nüsse suchen konnten.<br />
Eines Tages gingen Hänsel <strong>und</strong> Gretel wieder einmal mit dem Vater in den Wald. Es war noch sehr<br />
früh. Die Sonne schien, die Vögel zwitscherten <strong>und</strong> der Morgen war so schön, dass selbst der Vater<br />
seine Sorgen kurz vergaß <strong>und</strong> zuhörte, was Hänsel <strong>und</strong> Gretel ihm erzählten.<br />
„Oh Vater“, rief Gretel, „Sieh mal, das Eichhörnchen!“ „Wo denn, Gretel?“ fragte der Vater. „Jetzt<br />
läuft’s da am Baumstamm hoch! Wie niedlich!“ freute sie sich. Auch Hänsel sah das Eichhörnchen<br />
jetzt: “Wie schnell es klettert!“ Da verschwand das Eichhörnchen in den Ästen des Baumes. „Ja,<br />
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> ich muss mich jetzt an die Arbeit machen“, sagte der Vater, „hier auf der Lichtung wollen<br />
wir uns trennen. Geht aber nicht zu tief in den Wald hinein, hört ihr?“ „Nein Vater. Wir gehen nur so<br />
weit, dass wir immer noch deine Axt hören können. Wir kommen bald wieder!“<br />
Und Hänsel nahm sein Schwesterchen bei der Hand <strong>und</strong> ging mit ihr in den Wald hinein. Es dauerte<br />
gar nicht lange, da hörte der Vater sie aus der Ferne lustig singen:<br />
„Hänsel <strong>und</strong> Gretel,<br />
so werden wir genannt,<br />
Hänsel <strong>und</strong> Gretel<br />
gehn immer Hand in Hand.“<br />
„Gretel komm mal her“, rief Hänsel aufgeregt, „hier läuft ein ganz großer Käfer! Und guck mal hier<br />
der Schmetterling!“ Ja, es gab viel zu sehen. Hänsel <strong>und</strong> Gretel liefen immer tiefer in den Wald hinein,<br />
aßen sich satt an Beeren <strong>und</strong> Nüssen, spielten <strong>und</strong> freuten sich. So verging eine ganze Weile, bis beide<br />
schließlich müde wurden. Und so legten sie sich ins weiche Gras – <strong>und</strong> schliefen ein.<br />
Bald war auch der letzte Sonnenstrahl hinter den Bäumen verschw<strong>und</strong>en <strong>und</strong> als Hänsel endlich<br />
erwachte, war es bereits ganz dunkel geworden. Er weckte Gretel auf, die in der Dunkelheit große<br />
Angst bekam. Doch Hänsel beruhigte sie: „Hab keine Angst! Wir wollen warten, bis der Mond<br />
aufgeht, dann suchen wir den Weg nach Hause!“<br />
Und als der Mond aufgegangen war, fassten sie sich an den Händen <strong>und</strong> liefen los. Noch nie waren<br />
sie nachts im Wald gewesen <strong>und</strong> sie fürchteten sich sehr. Bei jedem Knacksen im Unterholz zuckten<br />
sie zusammen <strong>und</strong> jedes Rascheln im Gebüsch erschreckte sie.<br />
So gingen sie viele St<strong>und</strong>en <strong>und</strong> als der Morgen anbrach, sahen sie, dass sie sich noch mehr verirrt<br />
hatten. Gretel weinte bitterlich <strong>und</strong> Hänsel wusste auch keinen Rat mehr. Da sahen sie plötzlich ein<br />
schneeweißes Vögelchen auf einem Ast sitzen, das sang so schön, dass sie stehen blieben <strong>und</strong> ihm<br />
zuhörten: „Kiwitt, kiwitt, kommt mit, kommt mit, kommt mit...“ „Gretel!“, rief Hänsel aufgeregt,<br />
„hast du das gehört? Vielleicht zeigt uns das Vögelchen den Weg nach Hause!“ Und so liefen sie dem<br />
kleinen Vogel nach. Es dauerte gar nicht lange, da gelangten sie zu einem Haus. Das Haus war aus<br />
lauter Kuchen <strong>und</strong> Zuckerwerk gebaut! Endlich konnten sie wieder richtig essen! Das schmeckte so<br />
gut! Plötzlich rief eine Stimme aus dem Haus heraus:<br />
„Knusper, knusper, knäuschen, wer knuspert an meinem Häuschen?“
„Der Wind, der Wind, das himmlische Kind!“<br />
erwiderten die <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> aßen einfach weiter, so sehr schmeckte es ihnen. Hänsel nahm sich<br />
Lebkuchen vom Dach <strong>und</strong> Gretel naschte vom Zuckerwerk am Fenster. Da ging auf einmal die Tür auf<br />
<strong>und</strong> eine alte Frau kam heraus. Hänsel <strong>und</strong> Gretel erschraken sehr, die Alte aber wackelte mit dem<br />
Kopf <strong>und</strong> sprach: „Ei ihr lieben <strong>Kinder</strong>, wer hat euch hier her gebracht? Kommt herein <strong>und</strong> bleibt bei<br />
mir, es geschieht euch kein Leid.“ Sie fasste beide an der Hand <strong>und</strong> führte sie in ihr Häuschen. Dort<br />
backte die Alte den <strong>Kinder</strong>n Pfannkuchen mit Zucker <strong>und</strong> richtete ihnen zwei Betten. Hänsel <strong>und</strong><br />
Gretel glaubten, sie wären im Himmel, doch in Wirklichkeit war die alte Frau eine böse Hexe <strong>und</strong><br />
schon am nächsten Morgen sollten die <strong>Kinder</strong> merken, wie böse sie war.<br />
In aller Frühe packte die Hexe Hänsel mit ihrer dürren Hand <strong>und</strong> steckte ihn in einen kleinen Stall.<br />
Dann ging sie zu Gretel <strong>und</strong> rüttelte sie wach: “Steh auf, Faulenzerin, hol Wasser <strong>und</strong> koch deinem<br />
Bruder etwas Gutes, der sitzt draußen im Stall <strong>und</strong> soll fett werden. Wenn er fett ist, will ich ihn braten<br />
<strong>und</strong> essen.“<br />
Gretel fing bitterlich an zu weinen, aber sie musste tun, was die böse Hexe verlangte. Also kochte sie<br />
Hänsel das beste Essen <strong>und</strong> sie selbst musste hungern. Jeden Morgen schlich die Alte zum Ställchen<br />
<strong>und</strong> rief: „Hänsel, streck deine Finger heraus, damit ich fühle, ob du bald fett bist.“ Hänsel streckte ihr<br />
aber einen kleinen Knochen hinaus <strong>und</strong> die Alte, die schlechte Augen hatte, konnte es nicht erkennen<br />
<strong>und</strong> meinte, es wären Hänsels Finger. So w<strong>und</strong>erte sie sich, dass er gar nicht fett wurde. Doch nach<br />
vier Wochen wurde sie ungeduldig: „Los, Gretel, sei flink <strong>und</strong> hol Wasser. Egal ob fett oder mager,<br />
morgen will ich deinen Bruder kochen. Da war Gretel ganz verzweifelt <strong>und</strong> weinte sehr. Früh am<br />
Morgen am nächsten Tag musste Gretel hinaus um Wasser zu holen <strong>und</strong> das Feuer anzuzünden.<br />
„Gretel“, krächzte die alte Hexe, „erst wollen wir backen. Ich habe schon den Teig geknetet. Kriech<br />
in den Ofen <strong>und</strong> sieh nach, ob er schon heiß genug ist, damit wir das Brot hinein schieben können.“<br />
„Ich weiß nicht, wie ich’s machen soll“, erwiderte Gretel, „wie komm ich da hinein?“ „Du dumme<br />
Gans!“ schimpfte die Hexe. „Die Öffnung ist groß genug, ich könnte selbst hinein!“<br />
Mit diesen Worten schob die Alte ihren Kopf in den Backofen <strong>und</strong> Gretel gab ihr einen Stoß, so dass<br />
die Hexe weit hinein fiel. Gretel schloss ohne zu zögern die eiserne Tür des Ofens <strong>und</strong> schob den<br />
Riegel vor. Im Backofen heulte die Hexe <strong>und</strong> verbrannte im Feuer. Gretel aber lief schnell zu Hänsel<br />
<strong>und</strong> befreite ihn aus seinem Ställchen: „Hänsel, wir sind frei, die Hexe ist tot...“<br />
Und weil sie sich nun nicht mehr zu fürchten brauchten, gingen sie noch einmal in das Hexenhaus<br />
zurück <strong>und</strong> fanden in allen Ecken Kisten mit Perlen <strong>und</strong> Edelsteinen. Die <strong>Kinder</strong> füllten ihre Taschen<br />
so voll, wie es ging <strong>und</strong> machten sich schließlich auf den Weg. Als sie einige St<strong>und</strong>en gegangen<br />
waren, kam ihnen der Wald immer bekannter vor. Und da sahen sie auch schon das Haus ihres Vaters.<br />
Der stand vor der Tür <strong>und</strong> als er sie sah, rannte er seinen <strong>Kinder</strong>n entgegen. Hänsel <strong>und</strong> Gretel fielen<br />
ihm jubelnd um den Hals: „Vater, wir sind ja so froh, dass wir wieder bei dir sind! Wir hatten uns<br />
verlaufen <strong>und</strong> waren bei einer bösen Hexe!“ „Meine <strong>Kinder</strong>!“ rief der Vater erleichtert. „Wie wird<br />
eure Mutter sich freuen! Und die vielen Edelsteine, die ihr mitgebracht habt! Nun hat alle Not ein<br />
Ende!“<br />
Und sie lebten von nun an glücklich <strong>und</strong> zufrieden. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben<br />
sie noch heute.<br />
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