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NJW Neue Juristische Wochenschrift

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Beilage <strong>NJW</strong> 2001, Heft 14 9*<br />

als nunmehr wirksame Willenserklårung dçrfte der Intention<br />

des Richtlinie entsprechen.<br />

d) Datençbermittlungsfehler. Rechtsprechung zu den<br />

Rechtsfolgen einer fehlerhaften Ûbermittlung rechtsgeschåftlicher<br />

Willenserklårungen çber das Internet existiert<br />

bislang nicht. In Betracht kommen hierbei die folgenden<br />

Konstellationen:<br />

± Die Ûbertragung scheitert, die Willenserklårung<br />

kommt beim Empfånger nicht an;<br />

± es kommt zu Fehlern wåhrend der Datençbertragung,<br />

so dass der Inhalt der elektronisch çbersandten Erklårung<br />

verfålscht ankommt. Der Inhalt wird durch Ûbertragungsfehler<br />

zufållig so abgewandelt, dass fçr den<br />

Empfånger der Fehler nicht erkennbar ist;<br />

± durch Fehler bei der Datençbertragung kommt nur<br />

¹Datenmçll`` an.<br />

Das Fehlen einschlågiger Rechtsprechung låsst sich unschwer<br />

damit erklåren, dass es sich im Wesentlichen um ein Scheinproblem<br />

handelt. Scheitert die Datençbertragung, so liegt kein Zugang<br />

der Erklårung beim Empfånger vor, so dass das Vertragsverhåltnis<br />

nicht zustande kommt. Dies ergibt sich daraus, dass<br />

der Zugang einer empfangsbedçrftigen Willenserklårung gem.<br />

§ 130I 1 BGB voraussetzt, dass die Willenserklårung in den<br />

Machtbereich des Empfångers gelangt und die Kenntnisnahme<br />

unter normalen Umstånden zu erwarten ist. Bei einer elektronischen<br />

Ûbermittlung der Erklårung kann dies nicht eintreten,<br />

wenn wåhrend der Datençbertragung vom Sender zum Empfånger<br />

durch eine technische Stærung die Erklårung im ¹Nirvana``<br />

des Internet verschwindet. Noch nicht befasst war die Rechtsprechung<br />

bislang mit der im Internet in der Regel gegebenen technischen<br />

Besonderheit, dass E-Mails und sonstige çber das Netz<br />

çbertragene Nachrichten håufig nicht direkt zum Empfånger<br />

gelangen, sondern auf dem Mail-Server60 des Providers zwischengespeichert<br />

werden bis zu einem Abruf durch den Berechtigten.<br />

Der in der Literatur håufig diskutierte Fall 61 , dass durch<br />

einen Fehler bei der Ûbertragung die çbermittelten Daten<br />

fçr den Empfånger unerkennbar abgewandelt ankommen,<br />

liegt auûerdem jeglicher Wahrscheinlichkeit. Denn man<br />

kann davon ausgehen, dass selbst bei einem Fehler in der<br />

Ûbertragung nur eines einzelnen Bit das Empfangsergebnis<br />

als ¹Datenschrott`` ankommt, also als eine Menge<br />

unverståndlicher Zeichen. Im seltenen Ausnahmefall<br />

greift die Anfechtung nach § 120BGB ein.<br />

Der Referentenentwurf des Formvorschriftengesetzes 62<br />

sieht vor, § 120BGB dahin gehend zu ergånzen, dass das<br />

veraltete Wort ¹Anstalt`` durch den allgemeineren Begriff<br />

der ¹Einrichtung`` ersetzt wird. Eine inhaltliche Ønderung<br />

der Rechtslage tritt hierdurch nicht ein. Der Entwurf vom<br />

31. 5. 1999 hatte noch die elektronische Ûbermittlung<br />

ausdrçcklich erwåhnt 63 .<br />

e) Computerfehler. Anders ist die Rechtslage bei Computerfehlern<br />

zu beurteilen. Beruht eine Willenserklårung<br />

auf einer fehlerhaften Programmierung eines Computers,<br />

die eine unrichtige Erklårung automatisch generiert, wird<br />

eine Anfechtung in der Regel nicht in Betracht kommen,<br />

weil Irrtçmer im Vorfeld der Willenserklårung nach<br />

§ 119 I BGB unbeachtlich sind, selbst wenn diese sich<br />

spåter im Inhalt einer Willenserklårung niederschlagen.<br />

Das gilt auch fçr den Fall fehlerhafter Computerprogrammierung,<br />

die zu einer Falschberechnung ausgewiesener<br />

Preise fçhrt, ohne dass die Berechnungsgrundlage offen<br />

gelegt wurde, sog. verdeckter oder interner Kalkulationsirrtum<br />

64 .<br />

Das gleiche wird gelten, wenn die Vertragserklårung<br />

darauf beruht, dass veraltetes Datenmaterial verwendet<br />

wurde, so dass die automatisch generierte Erklårung auf<br />

fehlerhaftem Datenmaterial beruht. Dies liegt in der<br />

Sphåre des Dateninhabers, der sich deshalb auf einen Irrtum<br />

nicht berufen kann 65 .<br />

2. Verbraucher- und Kundenschutz<br />

a) AGB-Gesetz. Der Diensteanbieter wird regelmåûig<br />

bestrebt sein, åhnlich dem klassischen Versandhandel die<br />

eigenen Verkaufsbedingungen in das Vertragsverhåltnis<br />

einzubeziehen, und zwar auch und gerade bei Bestellungen<br />

durch den Verbraucher. Bei Vertragsschlçssen zwischen<br />

Unternehmer und Verbraucher66 liegt die wichtigste Hçrde<br />

in den Einbeziehungsvoraussetzungen des § 2 AGBG.<br />

Bestellt der Kunde çber das Internet nicht aus einem<br />

ihm vorliegenden Versandhauskatalog, sondern aufgrund<br />

einer nur elektronisch auf der Website des Waren- oder<br />

Dienstleistungsanbieters enthaltenen Warenpråsentation,<br />

so mçssen die Einbeziehungsvoraussetzungen nach § 2<br />

AGBG online erfçllt werden. Unter Zugrundelegung der<br />

bisherigen Rechtsprechung zum Fernabsatz im klassischen<br />

Versandhandel und bei Btx-Angeboten ist dies nicht problemlos<br />

mæglich, andererseits aber bei richtiger Gestaltung<br />

der Website ohne erheblichen Aufwand zu erreichen.<br />

(1) Ausdrçcklicher Hinweis. Ausdrçcklich ist der nach<br />

§ 2 I Nr. 1 AGBG erforderliche Hinweis auf die Geschåftsbedingungen,<br />

wenn er so angeordnet und gestaltet<br />

ist, dass er von einem Durchschnittskunden auch bei<br />

flçchtiger Betrachtung nicht çbersehen werden kann67 .<br />

Auf den ausdrçcklichen Hinweis kann verzichtet werden,<br />

wenn dieser nur unter unverhåltnismåûigen Schwierigkeiten<br />

mæglich wåre. Die grafische Darstellung im Internet<br />

und insbesondere im WWW-Dienst ermæglicht jedoch<br />

zahlreiche problemlos realisierbare Varianten, Geschåftsbedingungen<br />

wiederzugeben und auf sie hinzuweisen,<br />

weshalb kein Anlass besteht, auf diese gesetzliche Anforderung<br />

zu verzichten68 .<br />

Problematisch ist die Einbeziehung insbesondere dann,<br />

wenn der Verbraucher seine Bestellung per E-Mail ohne<br />

ausdrçckliche Bezugnahme auf die Lieferbedingungen aufgibt.<br />

Selbst wenn die Website des Anbieters die AGBs online<br />

verfçgbar hålt, wird man auf der Grundlage der Rechtsprechung<br />

des BGH69 als Mindestvoraussetzung verlangen<br />

mçssen, dass sich aus der Bestellung irgend ein Hinweis auf<br />

die Geschåftsbedingungen des Lieferanten ergibt70 .<br />

Bei der Gestaltung einer Website låsst sich diese Anforderung<br />

ohne besondere Schwierigkeiten erfçllen: Das Angebot sollte auf<br />

ein Bestellformular hinfçhren, das ± åhnlich wie es bei gedruckten<br />

Formularen çblich ist ± eine Bezugnahme auf die Geschåfts-<br />

60) Vgl. o. 1 a).<br />

61) Zuletzt: Hoeren/Oberscheidt, VuR 1999, 371 (373) m. w. Nachw.<br />

62) S. o. Fuûn. 49.<br />

63) Dieser Entwurf hatte folgenden neuen Wortlaut des § 120BGB<br />

vorgesehen: ¹Eine Willenserklårung, welche durch die zur kærperlichen,<br />

elektronischen oder sonstigen Ûbermittlung verwendete Person oder<br />

Einrichtung unrichtig çbermittelt worden ist, kann unter der gleichen<br />

Voraussetzung angefochten werden wie nach § 119 eine irrtçmlich abgegebene<br />

Willenserklårung.``<br />

64) BGH, <strong>NJW</strong>-RR 1987, 1307; OLG Frankfurt a. M., <strong>NJW</strong>-RR<br />

1990, 692.<br />

65) AG Frankfurt a. M., <strong>NJW</strong>-RR 1990, 116; LG Frankfurt a. M.,<br />

<strong>NJW</strong>-RR 1988, 1331; <strong>NJW</strong>-RR 1997, 1273.<br />

66) Vgl. die durch das Fernabsatzgesetz neu ins BGB aufgenommene<br />

Definition des Verbrauchers und des Unternehmers in §§ 13 f. BGB; im<br />

immer håufiger anzutreffenden anglizistisch und von Kçrzeln geprågten<br />

Jargon ¹B2C-Geschåft`` (Business to Consumer) genannt, im Gegensatz<br />

zum ¹B2B-Geschåft`` (¹Business to Business``).<br />

67) BGH, <strong>NJW</strong>-RR 1987, 112.<br />

68) Ebenso Spindler, in: Spindler (Hrsg.), VertragsR der Internet Provider,<br />

2000, S. 221 Rdnr. 27.<br />

69) <strong>NJW</strong> 1988, 2106 (2108), wonach es gleichgçltig ist, ob das Angebot<br />

im Rechtssinne vom AGB-Verwender oder vom Verwendungsgegner<br />

abgegeben wird.<br />

70) Zum herkæmmlichen Versandhandel wird çberwiegend die zutr.<br />

Meinung vertreten, dass der bloûe Abdruck der AGB in einem Katalog<br />

nicht ausreicht, vgl. LG Mçnster, VersR 1980, 100; LG Berlin, MDR<br />

1980, 404; zust. Palandt/Heinrichs (o. Fuûn. 57), § 2 AGBG Rdnr. 5;<br />

a. A. OLG Mçnchen, <strong>NJW</strong>-RR 1999, 1358, 1361.

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