NJW Neue Juristische Wochenschrift
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38* <strong>NJW</strong> 2001, Heft 14 Beilage<br />
dazu ergangene Rechtsprechung gesehen 406 . Auch eine<br />
Ønderung der deutschen Rechtsprechung zum wettbewerbsrechtlichen<br />
Verbot unverlangter Werbung ist weder<br />
erforderlich noch angezeigt. Ein Umsetzungsbedarf dçrfte<br />
insoweit wegen der o. g. Rechtsprechung auch nicht auf<br />
Grund der E-Commerce-Richtlinie bestehen 407 .<br />
Nach Art. 13 des Vorschlags vom 12. 7. 2000 der EU-<br />
Kommission fçr eine Richtlinie çber die Verarbeitung<br />
personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphåre<br />
in der elektronischen Kommunikation soll E-Mail-<br />
Werbung an Privatpersonen nur mit Einwilligung des<br />
Empfångers zulåssig sein, also insoweit die Opt-In-Læsung<br />
zwingend vorgesehen werden 408 .<br />
Die einmalige Zusendung einer Werbe-E-Mail sieht das<br />
LG Augsburg nicht als unaufgefordert an, wenn sich der<br />
Empfånger zuvor per Internet in die Datenbank des Versenders<br />
eingewåhlt und dort eine kostenpflichtige Dienstleistung<br />
in Anspruch genommen hat 409 . Der Empfånger<br />
der Werbung hatte zuvor çber T-Online kostenpflichtig in<br />
einer Datenbank recherchiert, die Zwangsversteigerungstermine<br />
enthålt. Dieses Entgelt wurde entrichtet. Der Datenbankbetreiber<br />
wies ein einziges Mal per E-Mail darauf<br />
hin, dass er auch eine Immobilien-Datenbank unterhalte.<br />
In einem solchen Ausnahmefall darf der Werbende mit<br />
dem Einverståndnis des Empfångers çber den Erhalt von<br />
Informationen zum Internet-Angebot rechnen.<br />
Die einmalige unverlangte Ûbersendung geschåftlicher<br />
E-Mail-Werbung begrçndet nach Ansicht des OLG Hamburg<br />
410 keine Wiederholungsgefahr, wenn es sich um das<br />
Angebot einer einmalig auszufçhrenden Dienstleistung<br />
handelt. Es ging um ein Angebot einer einzelnen Dienstleistung,<br />
nåmlich um die Umgestaltung der Website des<br />
Werbeempfångers. Da der zugesandte Werbetext nicht<br />
speziell auf die Verfçgungsklågerin zugeschnitten war, ist<br />
die Entscheidung nicht unproblematisch, weil sich entgegen<br />
der Auffassung des Senats der Verdacht einer Serienwerbung<br />
an Website-Betreiber aufdrången muss. Hierzu<br />
fehlte es aber offenbar an einem Vortrag. Nach Ansicht<br />
des Gerichts hatte die Abmahnung auch deshalb keine<br />
Wirkung, weil die dort vorgesehene Vertragsstrafe in<br />
Hæhe von 10 001 DM unangemessen hoch sei.<br />
10. Werbung mit Zugangspreisen<br />
Eine Reihe von Entscheidungen befasst sich mit der<br />
Grenze zulåssiger Werbeslogans fçr Internet-Zugånge. In<br />
der Werbung wird oft verschwiegen oder zumindest nicht<br />
deutlich gemacht, dass zwischen dem Zugang zum Internet<br />
± mæglicherweise entsteht jeweils eine ¹Zugangsgebçhr``<br />
± der Nutzung des Internet ± mæglicherweise entstehen<br />
insoweit Minutenpreise ± und den oft hinzu kommenden<br />
Telefongebçhren zu unterscheiden ist und der beworbene<br />
Preis nur einen dieser Aspekte beinhaltet.<br />
a) Festpreis. Nach OLG Kæln versteht der von der<br />
Werbung angesprochene Verbraucher die Aussage ¹Internet<br />
zum Festpreis`` dahin, dass der dort angegebene Preis<br />
derjenige ist, den er bezahlen muss, um die beworbene<br />
Dienstleistung in Anspruch nehmen zu kænnen. Er rechnet<br />
nicht damit, dass es sich nur um die Grundgebçhr handelt<br />
und Verbindungsentgelte hinzu kommen 411 . Im Ansatz<br />
gleicher Auffassung ist das OLG Hamburg, jedoch mit<br />
der Maûgabe, dass dem Interessen aus dem textlichen<br />
Zusammenhang klar werden kænne, damit sei nur die<br />
Monatsgebçhr gemeint 412 .<br />
b) Pauschaltarif. Bezçglich dieses Begriffs gilt nach Ansicht<br />
des OLG Hamburg Entsprechendes wie beim ¹Festpreis``<br />
413 .<br />
c) ¹Internet umsonst``. Die Werbeslogans ¹Free ins<br />
Net`` und ¹Internet umsonst`` haben nach Ansicht des<br />
gleichen Senats einen eindeutigen irrefçhrenden Inhalt,<br />
wenn in Wahrheit Nutzungsentgelte verlangt werden.<br />
Diese Irrefçhrung lasse sich nicht zuverlåssig durch aufklårende<br />
Sternchenhinweise ausschlieûen, sondern nur<br />
wenn im selben Zusammenhang (Blickfang bzw. Flieûtext)<br />
in gleicher Weise ein Hinweis auf den anfallenden<br />
Minutenpreis erfolge 414 .<br />
d) Freistunden. Internet-Freistunden fçr den Kunden in<br />
einem ¹Starterpaket`` verstoûen nicht gegen die Zugabeverordnug,<br />
da es sich aus Sicht des angesprochenen Verkehrs<br />
um ein Gesamtangebot des TK-Unternehmens handelt;<br />
es liegt auch kein çbertriebenes Anlocken und keine<br />
Irrefçhrung vor, ebenso wenig ein Verstoû gegen das Rabattgesetz<br />
415 .<br />
e) Zwangsvollstreckung. Erscheinen noch Wochen nach<br />
Zustellung einer Verbotsverfçgung Werbungen der verbotenen<br />
Art, liegen darin nach Ansicht des OLG Kæln grob<br />
nachlåssige und damit schuldhafte Verstæûe gegen das<br />
Unterlassungsgebot. Denn der Schuldner habe zwischenzeitlich<br />
offensichtlich keinerlei ernst zu nehmende Anstrengungen<br />
unternommen, um ein weiteres Erscheinen<br />
von Werbung der verbotenen Art zu verhindern 416 .Erscheint<br />
nach Zustellung einer einstweiligen Verfçgung<br />
eine nach Text und grafischer Gestaltung gegençber der<br />
verbotenen Werbung leicht abweichende Werbeanzeige,<br />
so spricht eine tatsåchliche Vermutung dafçr, dass der<br />
Schuldner den Auftrag in Reaktion auf das Verfahren erteilt<br />
hat 417 .<br />
11. Virtuelles Hausrecht<br />
Ob jemand, der in einem Chatroom durch beleidigende,<br />
rassistische oder sonstwie zu beanstandende Øuûerungen<br />
aufgefallen ist, von dem Betreiber des Chatrooms als Inhaber<br />
eines ¹virtuellen Hausrechts`` allein wegen dieser<br />
angeblich polarisierenden Øuûerungen von der weiteren<br />
Teilnahme am Chat ausgeschlossen werden kann, hat das<br />
LG Bonn im konkreten Fall verneint, da ein sachlicher<br />
Grund hierfçr erforderlich sei, nachdem der Chatroom-<br />
Betreiber den allgemeinen Publikumsverkehr einschrånkungslos<br />
eræffnet habe 418 . Im Berufungsrechtszug wurde<br />
der Anspruch anerkannt, wodurch sich die Hauptsache<br />
erledigt hatte. Im Kostenbeschluss nach § 91 a ZPO fçhrt<br />
das OLG Kæln aus, dem Betreiber eines allgemein zugånglichen<br />
Dienstes ohne besondere Zugangskontrollen<br />
und verbindlich festgelegte Nutzungsbedingungen stehe<br />
grundsåtzlich ein ¹virtuelles Hausrecht`` zu. Er mçsss Stærungen<br />
innerhalb eines Party-Chats, die bis hin zu Beleidi-<br />
406) Begr. d. RegE zum FernAbsG, BT-Dr 14/2658, S. 24 ± 26.<br />
407) So auch: Tettenborn, K&R 2000, 386 (388).<br />
408) Vgl. Bærner, CR 2000, 715 (716).<br />
409) LG Augsburg, <strong>NJW</strong> 2000, 593, unter Aufhebung der eigenen<br />
Beschlussverfçgung, gerichtet auf Unterlassung weiterer Werbung,<br />
<strong>NJW</strong>-CoR 1999, 52 L, nachdem der Datenbankbetreiber bereits vorgerichtlich<br />
auf die Abmahnung hin mit der Streichung des Verfçgungsklågers<br />
aus der Kundenliste und einer entsprechenden Mitteilung reagiert<br />
hatte. Rechtskråftig nach Berufungsrçcknahme (OLG Mçnchen, 30U<br />
567/99).<br />
410) OLG Hamburg, CR 2000, 183.<br />
411) OLG Kæln, CRUR-RR 2001, 17 = MMR 2000, 700.<br />
412) OLG Hamburg, GRUR-RR 2001, 15 = MMR 2000, 702.<br />
413) OLG Hamburg, MMR 2000, 712 L.<br />
414) OLG Hamburg, CR 2000, 828.<br />
415) OLG Hamburg, <strong>NJW</strong>E-WettbR 2000, 257 = MMR 2000,<br />
712 L = CR 2000, 522 ± ¹T-Online Eco``.<br />
416) OLG Kæln, MMR 2000, 703: Festgesetztes Ordnungsgeld<br />
300 000 DM.<br />
417) OLG Kæln, MMR 2000, 698: Festgesetztes Ordnungsgeld<br />
500 000 DM fçr zwei Verstæûe gegen die einstweilige Verfçgung. Bezçglich<br />
der Hæhe der Ordnungsgelder ist darauf hin zu weisen, dass es<br />
sich um Verstæûe des weltweit græûten Providers handelte.<br />
418) LG Bonn, <strong>NJW</strong> 2000, 961 = MMR 2000, 109 = CR 2000, 245<br />
= K&R 2000, 256.