NJW Neue Juristische Wochenschrift
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Beilage <strong>NJW</strong> 2001, Heft 14 35*<br />
4. Zweitverwertung<br />
Ob die Veræffentlichung von Fotos im Internet als urheberrechtlich<br />
eigenståndige Nutzungshandlung anzusehen<br />
ist und ob sie eine neue Nutzungsart i. S. des § 31 IV<br />
UrhG darstellt, war im Berichtszeitraum Gegenstand zahlreicher<br />
Prozesse vor dem LG Berlin. Bildjournalisten hatten<br />
den Tagesspiegel wegen unerlaubter Bildnutzungen<br />
verklagt. Das LG Berlin bejaht einen Unterlassungsanspruch,<br />
da die Beklagte nicht das Recht eingeråumt bekommen<br />
habe, die Fotos des Klågers im Internet, in Online-Datenbanken<br />
und in anderen elektronischen Archiven<br />
aufzunehmen und wiederzugeben 363 .<br />
Das KG 364 und das LG Berlin 365 halten die Ûbernahme<br />
fremder Stellenanzeigen fçr wettbewerbswidrig; vgl.<br />
hierzu auch oben Kap. IV 5.<br />
5. Rechtsanwålte<br />
Rechtsanwålte dçrfen nach wohl allgemeiner Meinung<br />
grundsåtzlich eine Homepage betreiben. Es existiert aber<br />
zur Zeit noch wenig Rechtsprechung zu den standes- und<br />
wettbewerbsrechtlichen Grenzen von anwaltlichen Internet-Auftritten366<br />
. Grundlage der Beurteilung ist die<br />
BRAO, dort insb. § 43 b, und die Berufsordnung der<br />
Rechtsanwålte (BORA). Nach einer Stellungnahme der<br />
Rechtsanwaltskammer Kæln vom Dezember 1998 sind<br />
Spezialisierungshinweise auf Homepages in weitergehendem<br />
Umfang zulåssig als auf Briefkæpfen: hier gelten nicht<br />
die strengen Voraussetzungen des § 7 BORA, sondern § 6<br />
II 2 BORA367 .<br />
Auf Tåtigkeits- und Interessensschwerpunkte darf also<br />
hingewiesen werden, es muss jedoch das Sachlichkeitsgebot<br />
nach § 6 I BORA beachtet werden. Nach Ansicht des<br />
LG Kæln ist bereits das Setzen von Links auf kommerzielle<br />
Angebote sachfremd und daher unzulåssig368 . Nach<br />
der gleichen Entscheidung ist auch die Aufnahme eines<br />
Verlagslogos unzulåssig. Ein Button mit einem Logo war<br />
mit einem Link auf ein Angebot mit einem von dem<br />
Rechtsanwalt bearbeiteten Verlagsprogramm innerhalb<br />
des Web-Auftritts dieses Verlags versehen.<br />
Die Einrichtung eines ¹Gåstebuchs`` innerhalb der Internet-Homepage<br />
eines Rechtsanwalts stellt eine unerlaubte<br />
Werbung i. S. von § 43 b BRAO dar, wenn es fçr<br />
beliebige, also auch auf die berufliche Tåtigkeit des Anwalts<br />
bezogene Øuûerungen von ¹Besuchern`` benutzt<br />
werden kann369 .<br />
Nach Auffassung des LG Berlin ist es einem Rechtsanwalt<br />
untersagt, im Rahmen seiner Homepage mit Qualitåtsaussagen<br />
zu werben370 . Der Rechtsanwalt darf hingegen<br />
bei verfassungskonformer Auslegung des § 43 b<br />
BRAO auch mit Informationen çber Rechtsfragen und<br />
Rechtsprechung werben und dabei Formulierungen verwenden,<br />
die fçr das umworbene Publikum nachvollziehbar<br />
und nçtzlich sind371 .<br />
a) Domain-Namen. Die Grenzen der Zulåssigkeit bei der<br />
Wahl von Domain-Namen durch Rechtsanwålte werden im Kapitel<br />
çber Domains dargestellt.<br />
b) Banner-Tausch. Viele Internet-Service-Provider bieten<br />
eine Verbilligung ihrer Dienstleistung an, wenn der<br />
Kunde mit einem sog. Banner-Tausch einverstanden ist.<br />
Der Kunde muss zulassen, dass auf seiner Website Werbebanner<br />
anderer Kunden des gleichen Providers geschaltet<br />
sind. Die Banner sind çblicherweise als Links ausgestaltet,<br />
so dass ein Klick auf die Werbeflåche zum Angebot dieser<br />
Firma schaltet. Damit liegt es nahe, dass einem Bannertausch<br />
eine fachfremde Werbung im Angebot des Anwalts<br />
zu erwarten ist, weshalb von einer Unzulåssigkeit wegen<br />
Verstoûes gegen das Sachlichkeitsgebot auszugehen sein<br />
wird 372 .<br />
c) Hintergrundmusik. Vom Tatsåchlichen eher zu den<br />
Skurrilitåten des Internet-Rechts gehært die Frage, ob es<br />
einen Verstoû gegen das Sachlichkeitsgebot darstellt,<br />
wenn bei Aufruf der Anwalts-Website eine Hintergrundmusik<br />
ablåuft. Das LG Kæln hålt dies fçr zulåssig 373 .<br />
Dem gegençber ist es nach OLG Mçnchen dem Anwalt<br />
verboten, Hærfunkspots (z. B. kurze, prågnante Schilderungen<br />
von Problemfållen) mit Musikeinspielungen zu<br />
unterlegen und/oder mit ¹Problemgeråuschen`` einzuleiten,<br />
weil er damit die Werbebeschrånkung des § 43 b<br />
BRAO çberschreite 374 .<br />
d) ¹Online-Anwalt``. Unzulåssig ist es nach Ansicht des<br />
LG Mçnchen I, sich durch den Internet-Service-Provider<br />
als ¹Online-Anwalt`` bewerben zu lassen 375 .<br />
6. Berufsbezeichnung ¹Rechtsanwalt und Notar``<br />
Gegenstand eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen<br />
Verfçgung war eine Homepage einer in Hannover ansåssigen<br />
Kanzlei von Rechtsanwålten und Notaren. Dort heiût<br />
es: ¹Willkommen Dr. . . . Partner . . . Notare. Rechtsanwålte``.<br />
Die zur gleichen Berufsgruppe gehærenden Antragsteller<br />
halten dies fçr unlauter i. S. des § 1 UWG, weil<br />
durch diese von der amtlichen Berufsbezeichnung ¹Rechtsanwalt<br />
und Notar`` abweichende Reihenfolge Suchmaschinen<br />
den Begriff ¹Notar`` bevorzugten. Das KG verneint<br />
einen Verstoû gegen § 3 UWG mit der Argumentation,<br />
Suchmaschinen-Nutzer gelangten durch die Formulierung<br />
¹Notare. Rechtsanwålte`` zu keiner Fehlvorstellung 376 . Einen<br />
Verstoû gegen § 1 UWG verneint die Entscheidung<br />
trotz der Abweichung von der vorgeschriebenen Berufsbezeichnung,<br />
da keine Geeignetheit bestehe, die Wettbewerbslage<br />
zugunsten der Antragsgegner zu beeinflussen.<br />
7. Ørzte/Zahnårzte<br />
Informationen çber Ørzte kænnen auch in çber das<br />
Internet allgemein zugånglichen Datenbanken zur Verfçgung<br />
gehalten werden, wenn sie nicht çber den bei Praxisschildern<br />
und Patienteninformationen im Praxisraum gestatteten<br />
Umfang hinausgehen. Weitere Informationen,<br />
wie zu Referententåtigkeiten des Arztes, Besuche von Weiterbildungsveranstaltungen<br />
etc. sind nach Ansicht des LG<br />
Mçnchen I unzulåssig 377 .<br />
Bundesweite Bekanntheit hat der Fall des besonders engagierten<br />
Zahnarztes Michael Vorbeck aus Trier 378 erreicht. Die Zahn-<br />
363) LG Berlin, K&R 2000, 249 m. Anm. Czychowski = <strong>NJW</strong>-CoR<br />
2000, 308 L. Ebenso LG Berlin in einer Reihe von Parallelverfahren.<br />
Das KG fçhrt die Berufungen unter Az.: 5 U 9418/99, 5 U 9537/99,<br />
5 U 9538/99, 5 U 9427/99 und 5 U 9539/99.<br />
364) KG, K&R 2000, 459.<br />
365) LG Berlin, K&R 2000, 195 (Vorinstanz zu KG, K&R 2000,<br />
459).<br />
366) Vgl. allg. zum Umfang der Mæglichkeiten fçr Rechtsanwålte,<br />
im E-Commerce tåtig zu werden: Horst, MDR 2000, 1293.<br />
367) Schneider, MDR 2000, 133.<br />
368) LG Kæln, Beschl. v. 20. 10. 1998 ± 31 O 817/98; zit. bei<br />
Schneider MDR 2000, 133 (134 Fuûn. 5).<br />
369) OLG Nçrnberg (Hauptsacheverfahren), <strong>NJW</strong> 1999, 2126 =<br />
MMR 1999, 489 m. Anm. Rein = OLGR 1999, 199 = AnwBl 1999, 407;<br />
Ræmermann, MDR 1999, 769; Vorinstanz (einstweilige Verfçgung): LG<br />
Nçrnberg-Fçrth, <strong>NJW</strong> 1999, 1409 m. Anm. Rein S. 1377 = MMR 1998,<br />
488 = CR 1998, 622 = DB 1998, 1404 = K&R 1998, 508.<br />
370) LG Berlin, MMR 2000, 490 = MDR 2000, 915.<br />
371) AnwG Hamm, MDR 2000, 55 = K&R 2000, 259 m. Anm.<br />
Hårting.<br />
372) LG Kæln, Beschl. v. 20. 10. 1998 ± 31 O 817/98.<br />
373) LG Kæln, Beschl. v. 20. 10. 1998 ± 31 O 723/98.<br />
374) OLG Mçnchen, <strong>NJW</strong> 1999, 1409 = AnwBl 1998, 478 = MDR<br />
1999, 448 = ZUM 1998, 573 m. Anm. Bornemann.<br />
375) LG Mçnchen I, CR 1996, 736 m. Anm. Raubenheimer.<br />
376) KG, <strong>NJW</strong> 2001, 526 = BB 2000, 2068.<br />
377) LG Mçnchen I, MMR 1999, 491.<br />
378) www.vorbeck.de mit einer umfangreichen Dokumentation der<br />
rechtlichen Auseinandersetzungen um seine Homepage.