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NJW Neue Juristische Wochenschrift

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Beilage <strong>NJW</strong> 2001, Heft 14 25*<br />

gegençber der Vergabestelle abzugebenden Willenserklårung,<br />

die Domain werde aufzugeben, so findet die Vollstreckung<br />

nicht nach den Regeln zur nicht vertretbaren<br />

Handlung gem. § 888 ZPO durch Festsetzung von Ordnungsmitteln<br />

statt. Die Vollstreckung findet vielmehr<br />

nach § 894 ZPO ± Abgabe einer Willenserklårung ± statt,<br />

so dass die Willenserklårung mit Rechtskraft der Entscheidung<br />

als abgegeben gilt255 . Eine Festsetzung der Ordnungsmittel<br />

des § 888 ZPO vor Rechtskraft ist im Anwendungsbereich<br />

des § 894 ZPO ausgeschlossen256 , da<br />

die Ausnahmefålle der § 895 ZPO und § 16 HGB hier<br />

nicht vorliegen kænnen. Damit entsteht die Problematik,<br />

dass Beschlussverfçgungen wegen der unbefristeten Mæglichkeit<br />

des Widerspruchs nach § 925 ZPO nie rechtskråftig<br />

werden. Durch einstweilige Verfçgung kann daher zur<br />

Abgabe einer Willenserklårung und daher zur Freigabe<br />

der Domain nur dann verurteilt werden, wenn diese sich<br />

auf eine nur vorlåufige Regelung oder Sicherung bezieht257<br />

und dies durch Urteil geschieht, da dieses im<br />

Gegensatz zum Beschluss formell258 rechtskråftig werden<br />

kann.<br />

Dem gegençber hat es das LG Wiesbaden im Fall eines ¹Domain<br />

Grabbing`` dem Antragsgegner im Beschlusswege durch<br />

einstweilige Verfçgung unter Androhung der Ordnungsmittel des<br />

§ 888 ZPO untersagt, die streitbefangene Domain ¹zu beanspruchen<br />

und/oder zu verwenden oder verwenden zu lassen`` sowie<br />

gegençber der Denic den Verzicht auf die Domain zu erklåren259 ,<br />

wobei aus dem Tenor nicht eindeutig klar wird, ob die Androhung<br />

von Ordnungsmitteln sich auch auf die Verzichtserklårung<br />

bezieht. Die Verwendung des wesentlichen Bestandteils des Firmennamens<br />

der Antragstellerin als Domain, ohne zu dem Namen<br />

einen eigenen Bezug zu haben, rechtfertige den Anspruch<br />

auf Unterlassung und Verzicht zugunsten der Antragstellerin.<br />

Der Streitwert fçr das Verfçgungsverfahren wurde auf<br />

30 000 DM festgesetzt, weil dies die geforderte Ablæsesumme<br />

war; die Vorwegnahme der Hauptsache war also vom LG Wiesbaden<br />

gewollt, da ansonsten der Streitwert auf einen Bruchteil<br />

des Hauptsachewerts håtte festgesetzt werden mçssen.<br />

g) Herausgabeanspruch an Provider. Nach wirksamer<br />

Kçndigung des Geschåftsbesorgungsvertrags mit dem Provider<br />

hat dessen Kunde nach Ansicht des LG Stuttgart<br />

einen Anspruch auf Ûbertragung der Domain gegen den<br />

Provider gem. § 667 BGB 260 .<br />

10. Pfåndung<br />

Ob Domain-Namen der Pfåndung unterliegen, war Gegenstand<br />

mehrerer gerichtlicher Entscheidungen. Bis Anfang<br />

Juni 2000 sollen der Denic eG 14 Pfåndungsbeschlçsse,<br />

zum Teil mit einem Ûberweisungsbeschluss zur<br />

Einziehung, zugestellt worden sein261 .<br />

Das AG Gladbeck hatte einen Pfåndungsbeschluss erlassen262<br />

. Dieser wurde im Beschwerdeverfahren vom LG<br />

Essen beståtigt263 . Zur Begrçndung fçhrt die Beschwerdeentscheidung<br />

aus, es handele sich bei einer Domain um<br />

ein Rechtsinstitut sui generis, vergleichbar etwa einer Lizenz.<br />

Eine Domain-Adresse kænne gekauft, verkauft, vermietet<br />

und versteigert werden. Ein çbertragbares Recht<br />

sei auch pfåndbar. Einen Schuldnerschutz wegen der Berufsbezogenheit<br />

der konkreten Domain nach §§ 850ff.,<br />

765 a ZPO verneint das LG Essen mangels substantiierter<br />

entsprechender Angaben des Schuldners, hålt ihn also anscheinend<br />

fçr grundsåtzlich denkbar.<br />

Nach § 6 II der Denic-Registrierungsbedingungen ist die Domain<br />

çbertragbar. Dies geschieht durch Kçndigung des Registrierungsauftrags<br />

seitens des bisherigen Domain-Inhabers und durch<br />

anschlieûende Beauftragung zur Registrierung seitens des vom<br />

bisherigen Kunden benannten Dritten. Dies korrespondiert mit<br />

der rechtlichen Konstruktion des die Grundlage der Registrierung<br />

bildenden Vertrags: Nach Abschnitt III der Denic-Registrierungsrichtlinien<br />

ist der Domain-Inhaber264 der Vertragspartner<br />

der Vergabestelle und damit der an der Domain materiell Berech-<br />

tigte. Der Registrierungsvertrag sieht als Hauptleistungspflichten<br />

die Speicherung des Domain-Namens auf dem Primary Name<br />

Server und die Aufnahme des Kunden in die Whois-Datenbank ±<br />

sowie die Pflege dieser Daten ± gegen Zahlung eines Entgelts vor.<br />

Vollstreckungsrechtlich kommt daher die Pfåndung und Ûberweisung<br />

dieser vertraglichen Ansprçche des Kunden gegen die<br />

Registrierungsstelle in Betracht 265 .<br />

Die Registrierung wird bei Vorliegen eines sog. Dispute-Eintrags<br />

abgelehnt. Es gibt eine Reihe von Konstellationen, bei<br />

denen die Pfåndung wirtschaftlich sinnvoll sein kann 266 . Bei<br />

Gleichnamigkeit mit der Domain liegt das eigene Interesse des<br />

Glåubigers, çber den Domain-Namen verfçgen zu kænnen,<br />

grundsåtzlich nahe. Øhnliches gilt bei Gleichnamigkeit von Firmenbezeichnungen,<br />

Waren und Marken. Generell kann die Geschåftståtigkeit<br />

des Glåubigers einen Bezug zur gepfåndeten Domain<br />

haben. In Betracht kommt auch das wirtschaftliche Interesse,<br />

die gepfåndete Domain versteigern oder sonstwie verwerten<br />

zu lassen. Es ist aber auch denkbar, dass die Pfåndung aus<br />

obstruktiven Grçnden des Versuchs erfolgt, einen missliebigen<br />

Konkurrenten, der zugleich Schuldner ist, in dessen Geschåftståtigkeit<br />

zu beeintråchtigen.<br />

Das LG Mçnchen I unterstellt die Pfåndung eines Domain-Namens<br />

ebenfalls dem § 857 ZPO und nicht den<br />

Regelungen einer Forderungspfåndung nach §§ 829 ff.<br />

ZPO 267 . Es låsst offen, ¹ob in bestimmten engen Grenzen<br />

in Einzelfållen`` Domain-Namen gemåû § 857 ZPO<br />

pfåndbar und in welcher zulåssigen Form sie verwertbar<br />

seien. Denn die Pfåndung eines Domain-Namens, der dem<br />

eigenen Namen des Schuldners entspreche, sei eine Verletzung<br />

des Namensrechts gem. § 12 BGB. Aus der Namensfunktion<br />

neben der Adressfunktion des Domain-Namens<br />

folge, dass der Schuldner, der Inhaber eines aus seinem<br />

Nachnamen bestehenden Domain-Namens sei, durch die<br />

Entziehung des Domain-Namens im Wege der Pfåndung<br />

mit dem Ziel einer Ûbertragung an Dritte in seinem Recht<br />

auf Namensschutz verletzt werde. Dass Dritte mit dem<br />

gleichen Nachnamen ein Interesse an der Domain haben,<br />

rechtfertige es unter Berçcksichtigung des Namensschutzes<br />

nicht, dem Schuldner den unter Verwendung seines<br />

Familiennamens befugtermaûen erworbenen Domain-Namen<br />

im Wege der Pfåndung zu entziehen und unter Mitwirkung<br />

des Vollstreckungsgerichts zu verwerten.<br />

Ob diese Ausfçhrungen dem Problem gerecht werden,<br />

ist zu bezweifeln. Da, wie oben ausgefçhrt, die Rechte des<br />

Kunden aus der Domain-Registrierung çbertragbar sind,<br />

die Denic eG sonach auf entsprechende Erklårung des<br />

Kunden zur Ûbertragung verpflichtet ist, kann im Aus-<br />

255) Das LG Mçnchen I hat daher durch Beschl. v. 4. 4. 2000 ±<br />

21 O 4375/00 ± die Zwangsvollstreckung aus einer durch Beschluss erlassenen<br />

einstweiligen Verfçgung vom 10. 3. 2000, worin bei Androhung<br />

von Ordnungsmitteln nach § 890ZPO die Ûbertragung einer Domain<br />

sowie von E-Mail-Adressen angeordnet war, ohne Sicherheitsleistung<br />

eingestellt, weil die einstweilige Verfçgung nicht håtte ergehen<br />

dçrfen. A. A. OLG Nçrnberg, CR 2001, 54 L, das im Begehren auf<br />

Freigabe eines Domain-Namens keinen Antrag auf Abgabe einer nach<br />

§ 894 ZPO zu vollstreckenden Willenserklårung, sondern einen Beseitigungsantrag<br />

sieht.<br />

256) Zæller/Stæber, ZPO, 22. Aufl. (2001), § 894 Rdnr. 4.<br />

257) OLG Stuttgart, <strong>NJW</strong> 1973, 279; Zæller, ZPO, § 894 Rdnr. 3.<br />

258) Hierum (§ 705 ZPO) und nicht um die materielle Rechtskraft<br />

geht es bei § 894 ZPO.<br />

259) LG Wiesbaden, MMR 2001, 59.<br />

260) LG Stuttgart, Beschl. v. 26. 4. 2000 ± 11 KfH O 28/00, JurPC<br />

Web-Dok. 194/2000.<br />

261) Plaû, WRP 2000, 1077 Fuûn. 4.<br />

262) AG Gladbeck, Beschl. v. 14. 7. 1999 ± 13 M 56/99; unveræffentlicht.<br />

263) LG Essen, MMR 2000, 286 m. Anm. Viefhues = CR 2000, 247<br />

= Rpfleger 2000, 168 = K&R 2000, 91 L.<br />

264) In der Whois-Datenbank ¹descr:`` genannt.<br />

265) Vgl. im einzelnen die Denic-Registrierungsbedingungen. Nåher<br />

hierzu: Hanloser, CR 2000, 703 (704).<br />

266) Vgl. im Einzelnen Viefhues, MMR 2000, 286.<br />

267) LG Mçnchen I, MMR 2000, 565 = CR 2000, 620 m. Anm.<br />

Hanloser S. 703 = K&R 2000, 563 ± ¹liebwein.de``; nicht rkr.

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