NJW Neue Juristische Wochenschrift
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24* <strong>NJW</strong> 2001, Heft 14 Beilage<br />
main-Name wird sodann fçr die Dauer des Rechtsstreits zu<br />
seinen Gunsten reserviert. Klagt ein Dritter gegen den Domain-<br />
Inhaber und erhålt er vor dem in der Dispute-Liste Eingetragenen<br />
eine rechtskråftige Verurteilung zur Ûbertragung der Domain<br />
auf ihn, mçsste die Vergabestelle den Dispute-Eintrag ignorieren<br />
und diesen Klåger wegen der græûeren Schnelligkeit des Gerichtsverfahrens<br />
bei der Eintragung vorziehen. Erfahrungsgemåû<br />
wird jedoch oft versåumt, den Dispute-Eintrag vornehmen zu<br />
lassen. So hatte es die Krupp AG im bereits erwåhnten Verfahren<br />
242 versåumt, den damals sog. ¹Wait``-Eintrag vornehmen zu<br />
lassen. Das OLG Hamm vertrat die Auffassung, dass ein Anspruch<br />
auf Ûbertragung bzw. Umschreibung der Domain wegen<br />
mæglicher gleichrangiger Rechte Dritter nicht bestehe, sondern<br />
lediglich ein Unterlassungsanspruch bezçglich der Benutzung des<br />
Domain-Namens. Dies hatte zur Folge, dass nach der Læschung<br />
des Beklagten ein Dritter der Krupp AG zuvor kam 243 .<br />
d) Unterlassungsanspruch. Ebenso wie das OLG<br />
Hamm bejaht nach Presseberichten das OLG Kæln bei<br />
Verwechslungsgefahr lediglich einen Unterlassungsanspruch<br />
gegen den Domain-Inhaber. Das LG Kæln hatte<br />
einen Ûbertragungsanspruch der Bundesrepublik gegen<br />
die Lazarus-Gesellschaft bezçglich des Domain-Namens<br />
¹zivildienst.de`` bejaht 244 . In der mçndlichen Verhandlung<br />
vor dem Senat vertrat dieser nach Pressemitteilung die<br />
Auffassung, dem Bund stehe ein Unterlassungsanspruch,<br />
aber kein direkter Ûbertragungsanspruch zu, entsprechend<br />
der oben erwåhnten Rechtsprechung des OLG<br />
Hamm. Durch teilweise Klagrçcknahme und teilweise Berufungsrçcknahme<br />
wurde ein streitiges Urteil vermieden.<br />
Lediglich einen Unterlassungsanspruch bzw. Anspruch<br />
auf Læschung der Registrierung bejaht auch der 6. Zivilsenat<br />
des OLG Mçnchen in seinem Urteil vom 12. 8.<br />
1999 245 . Der Schutzanspruch aus § 12 BGB gebe nicht<br />
ohne weiteres das Recht, die Zustimmung zur Ûbertragung<br />
des streitigen Domain-Namens zu verlangen, weil<br />
das Gesetz dem Verletzten lediglich einen Anspruch auf<br />
Beseitigung der Beeintråchtigung, mithin einen Unterlassungsanspruch,<br />
einen Anspruch auf Læschung der Registrierung,<br />
einen Auskunftsanspruch und ggf. einen Schadensersatzanspruch<br />
einråume. Das bedeute, dass die beklagte<br />
Partei ihre Sperrposition, die sie mit der Registrierung<br />
und Nutzung des Domain-Namens ausçbe, aufgeben<br />
mçsse.<br />
e) Ûbertragungsanspruch. Einige Monate zuvor hatte<br />
der gleiche Senat im Fall der Deutschen Shell AG dagegen<br />
einen dem Ûbertragungsanspruch gleich kommenden Anspruch<br />
auf die Einwilligung in eine Umschreibung der<br />
Domain bejaht 246 . Auch das LG Mçnchen I hat in mehreren<br />
im gleichen Zeitraum ergangenen Entscheidungen<br />
verschiedener Kammern fçr Handelssachen einen Ûbertragungsanspruch<br />
der Juris GmbH 247 bzw. einen wohl im<br />
Sinne der Ûbertragung zu verstehenden Anspruch auf<br />
Freigabe der Domain bejaht 248 .<br />
Das LG Berlin 249 bejaht bezçglich der Domain<br />
¹deutschland.de`` ebenfalls neben einem Anspruch auf<br />
Unterlassung der Nutzung 250 auch den Freigabeanspruch<br />
der Bundesrepublik Deutschland bezçglich der Domain<br />
¹deutschland.de``. Nåhere Ausfçhrungen hierzu enthalten<br />
die Entscheidungsgrçnde nicht; allerdings wird auf die<br />
fehlende Gleichnamigkeit der Beklagten mit der von dieser<br />
benutzten Domain hingewiesen. Das LG Hamburg<br />
verneint dem gegençber einen Ûbertragungsanspruch 251 .<br />
f) Einstweiliger Rechtsschutz. Ein Groûteil der rechtlichen<br />
Auseinandersetzungen um Domain-Namen findet im<br />
Rahmen von Antrågen auf Erlass einer einstweiligen Verfçgung<br />
statt. Hier besteht die oben schon dargestellte Gefahr<br />
einer Vorwegnahme der Hauptsache durch Aufgabe<br />
der Domain. Die neuere obergerichtliche Rechtsprechung<br />
hat die Problematik erkannt und lehnt den Erlass einer<br />
einstweiligen Verfçgung ab, wenn deren Vollstreckung<br />
çber die Sicherungsfunktion des einstweiligen Rechtsschutzes<br />
hinausgehen wçrde. So kommt nach Auffassung<br />
des OLG Mçnchen eine Verurteilung zur Abgabe einer<br />
Verzichtserklårung gegençber der Vergabestelle im Wege<br />
der einstweiligen Verfçgung nicht in Betracht, da dies zu<br />
einer endgçltigen Erfçllung fçhren wçrde 252 . Die Verzichtserklårung<br />
gegençber der Vergabestelle fçhrt allerdings<br />
nur dann direkt zu einer Erfçllung, wenn diese als<br />
Ûbertragung der Domain auf die antragstellende Partei zu<br />
verstehen ist. Wird die Domain auf diese çbertragen, so<br />
besteht immerhin noch im Falle gegenteiligen Ausgangs<br />
des Hauptsacheverfahrens die Mæglichkeit der Rçckçbertragung,<br />
die bei einem zwischenzeitlichen Erwerb der Domain<br />
durch einen Dritten ausscheidet.<br />
Nach Ansicht des OLG Frankfurt a. M. kann die Aufgabe<br />
der Reservierung einer beanstandeten Internet-Domain<br />
in der Regel nicht im Wege der einstweiligen Verfçgung<br />
beansprucht werden 253 . Beim Unterlassungsanspruch<br />
bezçglich einer Domain handele es sich der Sache nach um<br />
einen Anspruch auf Vornahme einer Handlung, nåmlich<br />
der Aufgabe der Reservierung dieser Domain. Dieser Anspruch<br />
kænne regelmåûig nicht im Wege des Eilverfahrens<br />
geltend gemacht werden, weil hiermit die vollståndige und<br />
mæglicherweise nicht mehr rçckgångig zu machende Erfçllung<br />
des Hauptsacheanspruchs verbunden wåre.<br />
Die Entscheidung verweist insoweit auf eine Literaturfundstelle<br />
254 , die allerdings ausschlieûlich æsterreichisches Recht behandelt,<br />
und scheint zu çbersehen, dass seit 1. 2. 1997 in<br />
Deutschland eine Reservierung von Domains bei der Vergabestelle<br />
nicht mehr mæglich ist. Der zugrundeliegende Antrag bezog<br />
sich auch nicht auf eine Reservierung, sondern auf die ¹Benutzung``<br />
der beanstandeten Domain. Der Entscheidung ist<br />
gleichwohl mit der Maûgabe zuzustimmen, dass sie sich nicht<br />
(nur) auf die Reservierung, sondern auf die Anmeldung und<br />
Nutzung der Domain bezieht.<br />
Die Verpflichtung zur Aufgabe der Domain dçrfte inhaltsgleich<br />
sein mit der Verpflichtung zur Abgabe einer<br />
entsprechenden Willenserklårung gegençber der Vergabestelle.<br />
Die sich daraus ergebenden prozessualen Schwierigkeiten<br />
im Rahmen von Antrågen auf Erlass einer einstweiligen<br />
Verfçgung sind in der Rechtsprechung bislang<br />
kaum erærtert. Handelt es sich hierbei um die begehrte<br />
Verpflichtung des Verfçgungsbeklagten auf Abgabe einer<br />
242) OLG Hamm, <strong>NJW</strong>-RR 1998, 909 = MMR 1998, 214.<br />
243) Zu dem sich daran anschlieûenden Verfahren gegen diesen vgl.<br />
OLG Hamm, <strong>NJW</strong>-RR 1998, 909 = MMR 1998, 214.<br />
244) LG Kæln, <strong>NJW</strong>-RR 1999, 629.<br />
245) OLG Mçnchen, MMR 2000, 104 m. Anm. Hoffmann = BB<br />
1999, 2412 = CR 2000, 247 = <strong>NJW</strong>-CoR 2000, 237 L = OLGR 2000,<br />
145 = K&R 1999, 569 = GRUR 2000, 519 ± ¹rollsroyce.de``. Das<br />
OLG Frankfurt a. M. verneint ebenfalls einen Ûbertragungsanspruch<br />
bei Namensverletzung, vgl. GRUR-RR 2001, 5 = MMR 2000, 752 sowie<br />
B. v. 5. 12. 2000 ± 6 W 122/00.<br />
246) Vgl. MMR 1999, 487. Im vor dem gleichen Senat verhandelten<br />
Fall ¹freundin.de`` war lediglich Unterlassung der weiteren Domain-Verwendung<br />
beantragt worden, so dass sich die Problematik dort nicht gestellt<br />
hatte: <strong>NJW</strong>-RR 1998, 984 = MMR 1998, 668 = CR 1998, 556<br />
m. Anm. Hackbarth = K&R 1998, 363 = MDR 1999, 310.<br />
247) LG Mçnchen I, <strong>NJW</strong>-RR 1998, 973 = CR 1997, 479 = WM<br />
1997, 1455 ± ¹juris.de``.<br />
248) LG Mçnchen I, Urteil vom 9. 1. 1997 ± 4 HK O 14 792/96 ±<br />
¹dsf.de``, ¹eurosport.de``, ¹sportschau.de``.<br />
249) Vgl. CR 2000, 700.<br />
250) Tenoriert wurde insofern: Verurteilung es zu unterlassen, unter<br />
Benutzung des Namens Deutschland, insbesondere unter der Internet-<br />
Adresse ¹http://deutschland.de`` Leistungen anzubieten oder sich vorzubehalten,<br />
Leistungen anzubieten.<br />
251) MMR 2000, 620.<br />
252) OLG Mçnchen, Urt. v. 20. 4. 2000 ± 6 U 5868/99 ± ¹intersearch.de``,<br />
¹intersearch.net``.<br />
253) OLG Frankfurt a. M., GRUR-RR 2001, 5 = MMR 2000, 752 ±<br />
¹mediafacts.de``.<br />
254) Bçcking, WRP 2000, 701.