NJW Neue Juristische Wochenschrift
NJW Neue Juristische Wochenschrift
NJW Neue Juristische Wochenschrift
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Beilage <strong>NJW</strong> 2001, Heft 14 23*<br />
nelle und recht neue Dienstleistung. Interessenten wçssten, dass<br />
es kurzfristig zu buchende Reisen von zahlreichen Anbietern<br />
gebe. Interessenten wçrden deshalb nicht von einem bestimmten<br />
Anbieter abgelenkt, sondern in zulåssiger Weise auf das Angebot<br />
eines bestimmten Anbieters hingelenkt.<br />
f) ¹stahlguss.de``. Das OLG Braunschweig verneint die Wettbewerbswidrigkeit<br />
der Kanalisierung von Kundenstræmen durch<br />
Registrierung rein beschreibender freihaltebedçrftiger Domainnamen<br />
und lehnt eine Analogie zur markenrechtlichen Læschungsklage<br />
ab 231 . Wettbewerbsrechtliche Ansprçche kåmen ±<br />
wie im Fall ¹mitwohnzentrale.de`` ± nur bei Vorliegen besonderer<br />
Umstånde wie der Verweigerung einer ¹Partizipation am<br />
Suchvorgang`` des Internet-Nutzers in Betracht.<br />
g) Kennzeichnungskraft eines Gattungsbegriffs. Nach einer<br />
weiteren Entscheidung des OLG Hamburg 232 kann die Verwendung<br />
eines Gattungsbegriffs ± hier: ¹Kulturwerbung`` ± in einem<br />
Domain-Namen fçr ein Unternehmen kennzeichnend sein und<br />
damit eine Verwechslungsgefahr begrçnden, sofern der Verkehr<br />
nicht davon ausgeht, unter diesem Begriff bestimmte Informationen<br />
çber die Gattung zu erhalten 233 .<br />
h) ¹Versteigerungskalender``. Das LG Kæln hålt die Verwendung<br />
der Domains ¹versteigerungskalender.de`` und ¹zwangsversteigerungen.de``<br />
fçr wettbewerbswidrig, da ein relevanter Teil<br />
der Internet-Nutzer Gattungsbezeichnungen ohne Verwendung<br />
von Suchmaschinen als Domain-Namen eingebe, um Einstiegsinformationen<br />
zum Thema ¹Immobilien-Zwangsversteigerungsdaten``<br />
zu erhalten 234 .<br />
i) Ûbernahme eines Katalogs ins Netz. Nach Auffassung des<br />
KG ist die Bezeichnung ¹toolshop`` beschreibend und daher freihaltebedçrftig<br />
235 . Allein der Umstand, dass der Verletzer in unlauterer<br />
Weise den Katalog eines Wettbewerbers çbernommen<br />
habe, rechtfertige noch nicht die Beurteilung einer åhnlichen<br />
Domain als sittenwidrig. Vorliegend bestehe kein Anspruch aus<br />
§ 1 UWG auf Unterlassung der Verwendung einer Domain<br />
¹toolshop.de``.<br />
j) ¹0800-rechtsanwalt`` 236 . Die Problematik der Gattungsbegriffe<br />
stellt sich in Deutschland neuerdings auch bei den sog.<br />
Vanity-Nummern 237 der Festnetz-Telefonie. Das OLG Stuttgart<br />
hat die Werbung eines Rechtsanwalts fçr solche Nummern als<br />
unsachlich verboten 238 .<br />
9. Anspruchsinhalt<br />
a) Einfçhrung. Nicht allen veræffentlichten Entscheidungen<br />
låsst sich eindeutig entnehmen, welcher Antrag<br />
gestellt worden war und wie die stattgebende Entscheidung<br />
tenoriert worden ist. Håufig scheint der schwåchste<br />
Anspruch, nåmlich gerichtet auf die Unterlassung der<br />
Nutzung der Domain, Antragsinhalt zu sein, so dass sich<br />
fçr die Entscheidung das Problem des Anspruchsinhalts<br />
wegen §§ 308 I 1 ZPO nicht stellt. Ergibt sich aus dem<br />
mitgeteilten Sachverhalt, dass ein weitergehender Anspruch<br />
geltend gemacht worden ist, befassen sich nicht<br />
alle Urteilsgrçnde mit der Problematik, ob bei festgestellter<br />
Rechtsverletzung durch die Verwendung des Domain-<br />
Namens dieser Anspruch oder lediglich ein schwåcherer<br />
gegeben ist; nicht immer dçrfte insofern das nætige<br />
Problembewusstsein bestanden haben.<br />
b) Anspruchsarten. In Betracht kommt im Wesentlichen<br />
± teilweise synonym verwendet ± ein Anspruch auf Unterlassung<br />
der Nutzung einer Domain, ein Anspruch auf<br />
Verzicht auf den Domain-Namen, ein Anspruch auf Freigabe<br />
des Domain-Namens oder ein Anspruch auf Ûbertragung<br />
des Domain-Namens. Håufig wird zur Unterlassung<br />
der Verwendung des Namens verurteilt. Unklar ist in<br />
einem solchen Fall, wenn der Tenor oder zumindest die<br />
Entscheidungsgrçnde dies nicht konkretisieren, ob der<br />
Schuldner den Anspruch schon dadurch erfçllt, dass er<br />
seine Anmeldung bei der Vergabestelle zwar nicht abmeldet,<br />
jedoch alle Inhalte læscht; in diesem Fall sieht der<br />
Internet-Nutzer bei Eingabe des Domain-Namens keine<br />
Fehlermeldung, sondern eine leere Seite. In Betracht<br />
kommt aber auch, falls die Vergabestelle hierzu bereit ist,<br />
eine Erfçllung des Unterlassungsgebots durch Ûbertragung<br />
des Namens auf die Vergabestelle. Im einstweiligen<br />
Rechtsschutz liegt die Problematik darin, dass ein endgçltiger<br />
Rechtsverlust droht, wenn aufgrund einer einstweiligen<br />
Unterlassungsverfçgung die Domain-Aufgabe verlangt<br />
werden kænnte, weil in einem solchen Fall jeder<br />
Dritte zwischenzeitlich die Domain auf sich eintragen<br />
lassen kann.<br />
Versteht man einen auf Unterlassung lautenden Tenor<br />
dahingehend, dass er zur Abmeldung der Domain bei der<br />
Vergabestelle zwingt, so ist der Anspruch inhaltsgleich mit<br />
dem auf Abgabe einer Verzichtserklårung oder auf ¹Einwilligung<br />
in die Læschung`` 239 .<br />
c) Verzicht. Soweit ein Verzicht auf die Domain oder<br />
deren Freigabe tenoriert worden ist, kann dies gleichbedeutend<br />
sein mit der Abgabe einer Erklårung gegençber<br />
der Vergabestelle, dass auf den eingetragenen Namen verzichtet<br />
werde. Denn das Unterlassungsgebot stellt in diesem<br />
Kontext in Wahrheit stets ein Handlungsgebot dar,<br />
nåmlich durch die Abgabe von Erklårungen oder durch<br />
die Durchfçhrung technischer Maûnahmen dafçr zu sorgen,<br />
dass der bisherige Domain-Inhalt unter der beanstandeten<br />
Domain nicht mehr abrufbar ist. Eine Verzichtsoder<br />
Freigabeerklårung kann aber auch gleichbedeutend<br />
mit einer Ûbertragung der Domain auf einen anderen<br />
sein. Der Domain-Inhaber hat ein çbertragbares Recht an<br />
dem Domain-Namen, weshalb seine Erklårung gegençber<br />
der Vergabestelle, die Domain solle auf einen konkret<br />
bezeichneten Dritten çbertragen werden, von dieser ausgefçhrt<br />
wird 240 .<br />
Vereinzelt ist ein Anspruch auf ¹Herausgabe`` der Domain<br />
tituliert worden 241 . Dies dçrfte gleichbedeutend mit einem Ûbertragungsanspruch<br />
gemeint sein. Da es sich nicht um eine kærperliche<br />
Sache, sondern um ein Nutzungsrecht handelt, ist es<br />
sprachlich vorzuziehen, eine Abgabe einer Ûbertragungserklårung<br />
bzw. Verzichts- oder Freigabeerklårung zugunsten der klagenden<br />
Partei zu tenorieren.<br />
Sowohl bei namensrechtlichen als auch bei markenrechtlichen<br />
Ansprçchen ist es denkbar, dass bei Gleichnamigkeit nicht nur<br />
die Parteien des konkreten Rechtsstreits, sondern auch Dritte die<br />
Domain mit gleichem oder gar besserem Recht beanspruchen<br />
kænnten. Wer gegençber der Vergabestelle ein rechtlich geschçtztes<br />
Interesse an der konkreten Domain geltend machen kann,<br />
wird dort in die Dispute-Liste eingetragen. Er muss nachweisen,<br />
dass er rechtlich gegen den Domain-Inhaber vorgeht. Der Do-<br />
231) OLG Brandenburg, MMR 2000, 610 m. Anm. Abel = CR<br />
2000, 614 ± ¹stahlguss.de``.<br />
232) OLG Hamburg, <strong>NJW</strong>-WettbR 2000, 237 = MMR 2000, 544 ±<br />
¹kulturwerbung.de``; s. auch OLG Hamburg, <strong>NJW</strong>-RR 1999, 625 =<br />
MMR 1999, 159 zu ¹emergency.de``.<br />
233) Nach OLG Karlsruhe, <strong>NJW</strong>E-WettbR 2000, 138 besteht Verwechslungsgefahr<br />
zwischen der als Dienstleistungsmarke u. a. fçr die<br />
Sendung und Weitersendung von Rundfunk- und Fernsehprogrammen<br />
geschçtzten Geschåftsbezeichnung ¹Sçdwestfunk`` und der Bezeichnung<br />
¹Sçdwest-Online`` fçr einen vom Herausgeber einer Tageszeitung betriebenen<br />
Online-Dienst.<br />
234) LG Kæln, MMR 2001, 55 ± ¹versteigerungskalender.de`` ±<br />
¹zwangsversteigerungen.de``.<br />
235) KG, K&R 2000, 514 L ± ¹toolshop.de``.<br />
236) Ûber die heute auf Telefontastaturen einheitlich angebrachten<br />
Buchstaben låsst sich hieraus die von der Reg TP zugewiesene Nr.<br />
0800-269 258 ableiten. Von der Regulierungsbehærde wird lediglich<br />
diese Ziffernfolge, aus der sich wegen der Mehrfachbelegung der Tasten<br />
von Telefonapparaten mit Buchstaben die verschiedensten Begriffe zusammensetzen<br />
lassen, zugewiesen.<br />
237) Vgl. hierzu: Demmel/Skrobotz, MMR 1999, 74.<br />
238) OLG Stuttgart, MMR 2000, 164 m. Anm. Demmel/Skrobotz =<br />
<strong>NJW</strong>-CoR 2000, 308 L = OLGR 2000, 64 = K&R 2000, 247; nicht<br />
rkr.; der BGH fçhrt die Revision unter Az. I ZR 281/99.<br />
239) LG Mannheim, K&R 1998, 558 ± ¹brockhaus.de``; nur Unterlassung:<br />
LG Frankfurt a. M., <strong>NJW</strong>-RR 1998, 974 = MMR 1998, 151 ±<br />
¹lit.de``; Unterlassung und Freigabe: OLG Stuttgart, <strong>NJW</strong>-RR 1998,<br />
1341 = MMR 1998, 543 ± ¹steiff.com``.<br />
240) Vgl. § 6 II der Denic-Registrierungsbedingungen. Zur Abrufbarkeit<br />
im Internet vgl. o. Fuûn. 144.<br />
241) LG Hamburg, MMR 1998, 448 L = CR 1999, 47 = K&R<br />
1998, 365 ± ¹eltern.de``.