NJW Neue Juristische Wochenschrift
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22* <strong>NJW</strong> 2001, Heft 14 Beilage<br />
Das LG Hamburg verneint den Titelschutz der Zeitschrift<br />
¹bike`` gegençber der gleichnamigen Domain mit der Begrçndung,<br />
ein Titelschutz komme nur dann in Betracht, wenn der<br />
Titel dermaûen bekannt sei, dass die Verwendung der Internet-<br />
Adresse fçr die angesprochenen Verkehrskreise einen Hinweis<br />
auf die Zeitschrift darstelle. Das Wort ¹bike`` sei beschreibender<br />
Natur und fçr eine Bekanntheit der Zeitschrift sei nicht vorgetragen219<br />
. Zwischen der Domain ¹pinakothek.de`` und den Gemåldesammlungen<br />
¹Alte Pinakothek`` sowie ¹<strong>Neue</strong> Pinakothek``<br />
besteht nach LG Nçrnberg-Fçrth220 Verwechslungsgefahr, wenn<br />
der Betreiber der Domain auf dem selben Gebiet tåtig ist und die<br />
Aufmachung der Website einen gewissen Zusammenhang mit<br />
den Mçnchner Gemåldesammlungen suggeriert.<br />
7. Spekulationsmarken<br />
Sozusagen als Gegenstçck zum ¹Domain-Grabbing``<br />
existiert auch ein ¹Marken-Grabbing``: Es werden Marken<br />
zu Spekulationszwecken angemeldet, aber nicht zu<br />
geschåftlichen Zwecken verwendet. Benutzt spåter ein anderes<br />
Unternehmen diesen bzw. einen leicht abgewandelten<br />
Begriff im geschåftlichen Verkehr ± so z. B. als Domain-Name<br />
± erfolgt eine Abmahnung, gegebenenfalls die<br />
Geltendmachung von Unterlassungs- und Schadensersatzansprçchen.<br />
Wesentliche Auswirkungen auf die weitere<br />
Diskussion im Bereich des Domain-Rechts wird das Urteil<br />
des BGH vom 23. 11. 2000 zur Bezeichnung ¹E-Klasse``<br />
bzw. in Frankreich ¹Classe E`` haben221 . Der BGH gab<br />
der Klage von DaimlerChrysler gegen den Inhaber der<br />
internatioalen Marke ¹Classe E`` im Wesentlichen mit der<br />
Begrçndung statt, das Entstehen eines Markenrechts sei<br />
nicht mehr an einen Geschåftsbetrieb gebunden, so dass<br />
grds. Werbeagenturen, Markendesigner und jede Privatperson<br />
Markenrechte erwerben kænne. Die formale<br />
Rechtsstellung dçrfe allerdings nicht rechtsmissbråuchlich<br />
ausgenutzt werden. Dies gelte auch fçr Marken, die zu<br />
Spekulationszwecken angemeldet werden. Ein rechtsmissbråuchliches<br />
Vorgehen kænne in Betracht kommen, wenn<br />
ein Markeninhaber eine Vielzahl von Marken fçr unterschiedliche<br />
Waren oder Dienstleistungen anmelde, hinsichtlich<br />
dieser Marken keinen ernsthaften Benutzungswillen<br />
haben und die Marken im Wesentlichen zu dem<br />
Zweck gehortet werden, Dritte, die identische oder åhnliche<br />
Bezeichnungen verwenden, mit Unterlassungs- und<br />
Schadensersatzansprçchen zu çberziehen. Im konkreten<br />
Fall hatte der Beklagte ca. 50Marken in Bereitschaft<br />
gehalten. In kçnftigen Rechtsstreitigkeiten muss im Anschluss<br />
an diese Entscheidung breit vorgetragen werden<br />
zu Marken, die zwar zwischen den Parteien nicht im Streit<br />
sind jedoch vom gleichen Markeninhaber angemeldet und<br />
geschåftlich nicht genutzt werden, um einen Rechtsmissbrauch<br />
substanziieren und beweisen zu kænnen.<br />
8. Gattungsbegriffe<br />
a) ¹Wirtschaft-Online``. In der ± soweit ersichtlich ± ersten<br />
Entscheidung zur Frage, ob rechtliche Bedenken gegen rein beschreibende<br />
Domain-Namen 222 bestehen, sah das OLG Frankfurt<br />
a. M. keine Mæglichkeit, im Eilverfahren zu klåren, ob hierdurch<br />
ein Kanalisierungseffekt im Sinne einer unzulåssigen Beeinflussung<br />
der Nutzer eintrete. Hierzu mçsse im Hauptverfahren<br />
eine Aufklårung der Nutzergewohnheiten im konkreten Fall<br />
erfolgen 223 . Es fehlte daher an der erforderlichen Glaubhaftmachung<br />
des Verfçgungsanspruchs nach § 1 UWG.<br />
b) ¹Sat-Shop``. Auch das LG Mçnchen I verneint einen Verstoû<br />
gegen § 1 UWG, ohne allerdings den Gesichtspunkt der<br />
Kanalisierung von Kundenstræmen zu erwåhnen, bezçglich der<br />
Domain des Resellers von TK-Anlagen 224 .<br />
c) ¹Mitwohnzentrale``. Groûe Beachtung hat eine Entscheidung<br />
des OLG Hamburg gefunden, wonach Branchenbezeichnungen<br />
als Domain-Namen wegen praktischer Monopolisierung<br />
im Internet zu einer unlauteren Wettbewerbsverzerrung fçhren<br />
kænnen 225 . Der Senat bejaht eine wettbewerbswidrige Kanalisierung<br />
der Kundenstræme, weil den Interessenten ein mæglichst<br />
einfacher Weg unter Ausschluss der Mitbewerber geboten und<br />
anschlieûend die Bequemlichkeit wesentlicher Teile der Verbrau-<br />
cher, nicht ohne weitere konkurrierende Angebote suchen zu<br />
mçssen, ausgenutzt werde. Folgt man dieser Entscheidung, so ist<br />
damit eine Verpflichtung zum vollståndigen Verzicht auf Branchenbezeichnungen<br />
als Domain-Name nicht verbunden. Zulåssig<br />
bleibt die Verwendung einer solchen Bezeichnung in Verbindung<br />
mit einem unterscheidungskråftigen Zusatz. Auch bietet die<br />
deutsche Sprache håufig sprachliche Alternativen bei der Umschreibung<br />
eines Gattungsbegriffs an; in einem solchen Fall wird<br />
man eine wettbewerbswidrige Monopolisierung eines Gattungsbegriffs<br />
durch einen Domain-Namen keinesfalls bejahen kænnen<br />
226 . Im Fall des OLG Hamburg handelte es sich um ein<br />
Portal mit verschiedenen zum durch den Domain-Namen passenden<br />
Angeboten. Diese Besonderheit unterscheidet den Fall vom<br />
Sachverhalt her gegençber den weiteren Entscheidungen zur Zulåssigkeit<br />
von Branchenbezeichnungen als Domain, die zum entgegengesetzten<br />
Ergebnis fçhrten.<br />
d) ¹Buecher.de``. Bezçglich dieser Domain sind zwei Entscheidungen<br />
des OLG Mçnchen bekannt geworden. Die erste verneint<br />
den erforderlichen kennzeichenmåûigen Gebrauch zur Begrçndung<br />
eines markenrechtlichen Anspruchs aus § 15 MarkenG,<br />
wenn die Domain keinen eigenen Inhalt enthålt, sondern<br />
lediglich eine automatische Weiterleitung an die eigentliche<br />
Homepage des Unternehmens 227 .<br />
An der Schnittstelle zwischen beschreibender Angabe und<br />
Kennzeichnungsrecht liegt der vom OLG Mçnchen entschiedene<br />
Fall einer gewollten Verfremdung einer beschreibenden Angabe<br />
bzw. Branchenbezeichnung in einem Domain-Namen. Konkret<br />
wurde als Firmierung die deutsche TLD ¹de`` dem Begriff<br />
¹buecher`` angehångt, so dass sich hieraus der Firmenname<br />
¹buecher.de AG`` ergab 228 . Die Antragsgegnerin verwendet die<br />
Domain ¹buecherde.com``; Nutzer, die diesen Begriff eingeben,<br />
werden automatisch auf deren gånzlich anders lautende Domain<br />
weitergeleitet. Nach Ansicht des Senats kann die Verwendung<br />
der TLD in einer Firma ± anders als in einem Domain-Namen ±<br />
ungewæhnlich sein und deshalb einer im Ûbrigen beschreibenden<br />
Angabe auûerhalb des Internet Kennzeichnungskraft verleihen.<br />
Wird der auf diese Weise kennzeichnungskråftige Firmenbestandteil<br />
von einem Konkurrenten in einer Second-Level-Domain<br />
çbernommen, liegt darin eine Verletzung des Firmenrechts, die<br />
unter den Gesichtspunkten der Behinderung und des Ausspannens<br />
von potenziellen Kunden gleichzeitig wettbewerbswidrig<br />
sein kann. Die Entscheidung gab vielen Firmen Anlass, gleichfalls<br />
einen Firmennamen zu wåhlen, der aus einer beschreibenden<br />
Angabe und der Zeichenkombination ¹.de`` besteht.<br />
e) ¹Lastminute``. Trotz der Entscheidung des OLG Hamburg<br />
zu ¹mitwohnzentrale.de`` 229 sieht das LG Hamburg bei der Verwendung<br />
von Gattungsbegriffen keine generelle sittenwidrige<br />
Behinderung des Konkurrenten durch Abfangen von Kundenstræmen<br />
230 . Zwar sei die verwendete Bezeichnung als Gattungsbegriff<br />
anzusehen. Jedoch seien die Suchgewohnheiten im Internet<br />
vielfåltig und der Druck, der dem Abfangen von Kundenstræmen<br />
innewohne, sei hier nicht festzustellen. Es werde nicht der<br />
Eindruck erweckt, es handele sich um ein Portal fçr eine origi-<br />
219) LG Hamburg, MMR 1998, 46 ± ¹bike.de``.<br />
220) LG Nçrnberg-Fçrth, MMR 2000, 629 ± ¹pinakothek.de``.<br />
221) BGH, GRUR 2001, 242 = WRP 2001, 160 ± ¹E-Klasse``.<br />
222) Gattungsbegriffe, auch als ¹generische`` (Second-Level-)Domains<br />
bezeichnet. Zu den Rechtsfragen ausfçhrlich: Sosnitza, K&R 2000,<br />
209.<br />
223) OLG Frankfurt a. M., <strong>NJW</strong> 1998, 165 = WRP 1997, 341 =<br />
GRUR 1997, 481 = BB 1997, 545 = CR 1997, 271 m. Anm. Bettinger<br />
± ¹wirtschaft-online.de``.<br />
224) LG Mçnchen I, <strong>NJW</strong>-RR 1998, 978 = CR 1997, 545 ± ¹satshop.de``.<br />
225) OLG Hamburg, MMR 2000, 40 = CR 1999, 779 m. Anm.<br />
Hartmann = K&R 2000, 190 m. Anm. Stræmer; EWiR 2000, 193<br />
(Hoeren) ± ¹mitwohnzentrale.de``; nicht rkr., der BGH fçhrt die Revision<br />
unter Az.: I ZR 216/99, die Revision wurde durch Beschl. v. 4. 5.<br />
2000 angenommen.<br />
226) Ebenso: Hartmann, CR 1999, 783.<br />
227) OLG Mçnchen, MMR 1999, 547 = <strong>NJW</strong>-CoR 1999, 368 = CR<br />
1999, 595 L = K&R 1999, 327 = ZUM 1999, 582; Sosnitza, K&R<br />
2000, 210; Rheinbaben, K&R 2/2000, I ± ¹buecher.de/buecher.com/<br />
amazon.de/amazon.com``.<br />
228) OLG Mçnchen, MMR 2000, 100 = <strong>NJW</strong>E-WettbR 2000, 70 =<br />
GRUR 2000, 518.<br />
229) MMR 2000, 40 = CR 1999, 779.<br />
230) LG Hamburg, MMR 2000, 763 L = CR 2000, 617 m. Anm.<br />
Bettinger = DB 2000, 2060 = K&R 2000, 409 ± ¹lastminute.com``; nicht<br />
rkr., das OLG Hamburg fçht die Berufung unter Az.: 3 U 169/00.