NJW Neue Juristische Wochenschrift
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20* <strong>NJW</strong> 2001, Heft 14 Beilage<br />
Bei Gleichnamigkeit oder Fast-Gleichnamigkeit und<br />
Branchengleichheit oder -åhnlichkeit sind nach LG Dçsseldorf<br />
beide Unternehmen verpflichtet, Verånderungen<br />
der Gleichgewichtslage zu unterlassen, die geeignet sind,<br />
die Verwechslungsgefahr zu erhæhen. Dabei sei im Regelfall<br />
der Prioritåtsjçngere gehalten, alles Erforderliche und<br />
Zumutbare zu tun, um eine Verwechslungsgefahr wenn<br />
nicht auszuschlieûen, dann jedenfalls auf ein hinnehmbares<br />
Maû zu vermindern. Gerade dies geschehe, wenn der<br />
Bindestrich zwischen den Firmenbestandteilen weggelassen<br />
werde 189 .<br />
Das LG Hamburg bejaht einen Unterlassungsanspruch<br />
unter dem Gesichtspunkt des Verwåsserungsschutzes, verneint<br />
dagegen einen Anspruch auf ¹Umschreibung`` einer<br />
Domain im Falle der Gleichnamigkeit mit einem çberragende<br />
Verkehrsgeltung aufweisenden Unternehmensschlagwort<br />
190 .<br />
Das LG Bonn bejaht ein legitimes eigenes Interesse eines groûen<br />
Unternehmens, das bereits çber mehrere eigene Domains<br />
verfçgt 191 , deren Namen aus der Firmenbezeichnung abgeleitet<br />
sind, sogar an einem Domain-Namen, der von dieser Firma<br />
ansonsten im Geschåftsverkehr nicht verwendet wird (hier: ¹detag.de``)<br />
und verneint deshalb einen Anspruch einer Firma Detag<br />
gegen die Deutsche Telekom AG auf Unterlassung der Benutzung<br />
sowie auf Freigabe dieser Domain.<br />
5. Kurzbezeichnungen<br />
Als Domain-Namen werden håufig Kurzformen der Firmenbezeichnung<br />
verwendet, die ihrerseits selbståndig aussprechbar<br />
sein mægen oder auch nicht. Bei der Kurzbezeichnung<br />
handelt es sich typischerweise um den unterscheidungskråftigen<br />
Bestandteil des Firmennamens. Nach<br />
der ± nicht zum Internet-Recht ergangenen ± Rechtsprechung<br />
des BGH kann fçr einen Teil einer Firmenbezeichnung<br />
ein selbståndiger Namensschutz i. S. von § 12 BGB<br />
beansprucht werden, wenn es sich dabei um einen unterscheidungskråftigen<br />
Firmenbestandteil handelt, der seiner<br />
Art nach im Vergleich zu den çbrigen Firmenbestandteilen<br />
geeignet erscheint, sich im Verkehr als schlagwortartiger<br />
Hinweis auf das Unternehmen durchzusetzen 192 . Auf dieser<br />
Grundlage hat das OLG Stuttgart einen selbståndigen<br />
Namensschutz fçr den Begriff ¹Steiff`` bejaht 193 . Die Klågerin<br />
dieses Verfahrens stellt Plçschtiere her und vertreibt<br />
sie unter dem Familiennamen ihrer Grçnderin Margarete<br />
Steiff, jedoch nicht als eingetragene Marke. Der Namensschutz<br />
wurde bejaht, weil sich der Begriff ¹Steiff`` als<br />
firmenrechtliches Schlagwort eignet und sich in der Allgemeinheit<br />
zur Kennzeichnung des Geschåftsbetriebs<br />
durchgesetzt hat. Daraus leitet das OLG Stuttgart einen<br />
Unterlassungsanspruch bezçglich der Domain ¹steiff.com``<br />
ebenso wie einen Freigabeanspruch bezçglich dieser<br />
Domain her ungeachtet der Tatsache, dass die Firma unter<br />
¹steiff.de`` bereits eine Domain hatte eintragen lassen.<br />
Das OLG Dçsseldorf bejaht die Namensfunktion der<br />
Bezeichnung ¹Ufa`` 194 . Das LG Frankfurt a. M. anerkennt<br />
ebenfalls den Namensschutz von Abkçrzungen und<br />
Schlagworten, gebildet aus dem Namen der juristischen<br />
Person, wobei hier allerdings das Firmenschlagwort zugleich<br />
als Wort- wie als Bildmarke eingetragen ist 195 . Weiter<br />
gehend bejaht das LG Dçsseldorf einen Namensschutz<br />
einer Kurzbezeichnung auch dann, wenn diese als Wort<br />
nicht aussprechbar ist 196 .<br />
Nach OLG Hamburg steht dem Inhaber einer Domain ein<br />
Unterlassungsanspruch gem. § 12 BGB gegen eine offensichtliche<br />
und erkennbare Abkçrzung des Domain-Namens zu 197 . Der Inhaber<br />
des schutzfåhigen Domain-Namens brauche es nicht hinzunehmen,<br />
dass dieser in abgekçrzter Weise als eigene Internet-<br />
Domain verwendet werde, jedenfalls wenn das im Zusammenhang<br />
mit kritischen Øuûerungen geschehe.<br />
6. Markenrecht<br />
Neben der Problematik einer Verletzung des Namensrechts<br />
waren Ansprçche wegen behaupteter Kennzeichenverletzungen<br />
Gegenstand einer Reihe von Entscheidungen.<br />
Insoweit kommen Ansprçche nach § 14 MarkenG in<br />
Betracht, wenn das verwendete Zeichen entweder originåre<br />
Kennzeichnungskraft oder Verkehrsgeltung besitzt<br />
198 , im Einzelfall auch deliktsrechtliche Ansprçche<br />
nach §§ 823, 826, 1004 BGB, auûerdem wettbewerbsrechtliche<br />
Ansprçche nach §§ 1, 3 UWG. Die deliktsrechtlichen<br />
Ansprçche sind insbesondere dann von Bedeutung,<br />
wenn eine Benutzung ¹im geschåftlichen Verkehr`` nicht<br />
feststellbar ist. So hatte eine Privatperson sich ohne eigenes<br />
schutzwçrdiges Interesse den Domain-Namen ¹weideglueck.de``<br />
registrieren lassen. Die Molkerei, die Inhaberin<br />
von Wort-/Bildmarken mit dem Wortbestandteil ¹Weideglçck``<br />
ist, hatte die Unterlassung der Domain-Verwendung<br />
und die Einwilligung in die Umschreibung auf sie<br />
beantragt. Das OLG Frankfurt a. M. bejaht bei ¹Domain-<br />
Grabbing`` 199 einen Unterlassungsanspruch nach §§ 826,<br />
226, 1004 BGB unabhångig vom Bestehen markenrechtlicher<br />
Ansprçche unter dem Gesichtspunkt schikanæser,<br />
sittenwidriger Behinderung 200 , und hålt in diesem Fall<br />
auch einen Ûbertragungsanspruch fçr denkbar 201 .<br />
a) Drohende Kennzeichenverwendung. Bereits die drohende<br />
Verwendung eines fremden Kennzeichens kann einen markenrechtlichen<br />
Unterlassungsanspruch auslæsen und eine vorbeugende<br />
Unterlassungsklage rechtfertigen 202 . Die Gefahr der Verletzung<br />
besteht schon dann, wenn ein anderer eine Domain registrieren<br />
låsst, um sie Dritten anzubieten 203 . Dies gilt auch bei<br />
Verwendung der Top-Level-Domain ¹.com`` 204 . Da seit 1. 2.<br />
1997 eine bloûe Reservierung eines Domain-Namens jedenfalls<br />
unter der TLD ¹.de`` nicht mehr mæglich ist, dçrfte heute die<br />
vorbeugende Unterlassungsklage insoweit keine wesentliche<br />
praktische Bedeutung mehr haben.<br />
189) <strong>NJW</strong>-RR 1999, 841 = K&R 1999, 137 ± ¹alltours.de``, ¹Alltours``.<br />
190) LG Hamburg, MMR 2000, 620 m. Anm. Bottenschein ±<br />
¹joop.com``, ¹joop.de``.<br />
191) LG Bonn, MMR 1998, 110= <strong>NJW</strong>-RR 1998, 977 = ZUM-RD<br />
1998, 347. Ag. des Verfahrens war die Deutsche Telekom AG mit ihren<br />
Domain-Namen ¹dtag.de`` und ¹telekom.de``.<br />
192) BGH, <strong>NJW</strong> 1997, 1928 = CR 1997, 409 = GRUR 1997, 468 =<br />
MDR 1997, 768 = WRP 1997, 1093 = ZUM-RD 1997, 480; Marly,<br />
LM H. 9/1997 § 5 MarkenG Nr. 6 ± ¹NetCom``.<br />
193) OLG Stuttgart, <strong>NJW</strong>-RR 1998, 1341 = MMR 1998, 543 = CR<br />
1998, 621 = K&R 1998, 263 m. Anm. Funk = ZUM-RD 1998, 945 ±<br />
¹steiff.com``.<br />
194) OLG Dçsseldorf, <strong>NJW</strong>-RR 1999, 626 = MMR 1999, 556 L =<br />
WRP 1999, 343 = OLG-R 1999, 205 ± ¹ufa.de``.<br />
195) LG Frankfurt a. M., CR 1997, 287 = BB 1997, 1120m. Anm.<br />
Zahrnt ± ¹das.de``.<br />
196) LG Dçsseldorf, <strong>NJW</strong>-RR 1999, 629 = CR 1998, 688, ±<br />
¹jpnw.de`` fçr ¹Junge Presse Nordrhein-Westfalen e. V.``.<br />
197) OLG Hamburg, AfP 2000, 93 = ZUM-RD 2000, 190 ± ¹manager-magazin.de``.<br />
198) OLG Mçnchen, CR 1999, 778 = ZUM 2000, 71 ± ¹tnet.de``,<br />
¹t-net.de``. Vorinstanz: LG Mçnchen I, CR 1999, 325.<br />
199) Zum Rechtsschutz im Zusammenhang mit Domain-Grabbing<br />
vgl. Sick/Richter, K&R 2000, 339.<br />
200) OLG Frankfurt a. M., MMR 2000, 424 = WRP 2000, 645 =<br />
CR 2000, 615 ± ¹weideglueck.de``.<br />
201) OLG Frankfurt a. M., GRUR-RR 2001, 5 = MMR 2000, 752 ±<br />
¹mediafacts.de``. Zum gleichen Ergebnis kommt LG Hamburg, K&R<br />
2000, 613 ± ¹audi-lamborghini.net`` çber §§ 823 II, 1004 BGB.<br />
202) LG Dçsseldorf, <strong>NJW</strong>-RR 1998, 979 = CR 1998, 165 = DZWir<br />
1997, 374 m. Anm. Kilian = GRUR 1998, 159 = WM 1997, 1444 ±<br />
¹epson.de``. Ebenso: OLG Karlsruhe, MMR 1999, 171 = ZUM 1998,<br />
944 = WRP 1998, 900 m. Anm. Någele ± ¹zwilling.de``.<br />
203) LG Lçneburg, MMR 1999, 624 L ± ¹profas.de``.<br />
204) LG Braunschweig, MMR 1998, 272 L = <strong>NJW</strong>-CoR 1998, 112 L<br />
= CR 1998, 364 ± ¹deta.com``. Ebenso: OLG Stuttgart, <strong>NJW</strong>-RR 1998,<br />
1341 = MMR 1998, 543 = CR 1998, 621 = K&R 1998, 263 = ZUM-RD<br />
1998, 945 ± ¹steiff.com``; KG, <strong>NJW</strong> 1997, 3321 = MMR 1998, 56 L =<br />
CR 1997, 685 = K&R 1998, 36 ± ¹concert-concept.com``, ¹concert-concept.de``.