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NJW Neue Juristische Wochenschrift

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Beilage <strong>NJW</strong> 2001, Heft 14 15*<br />

Die Entscheidung ist in der Literatur auf heftige Kritik gestoûen,<br />

weil sie zur Folge habe, dass aus einer unverbindlichen<br />

wåhrend des Angebotszeitraums eine verbindliche Erklårung<br />

werde, sobald das jeweilige Gebot in die Nåhe des Einstandspreises<br />

komme; damit seien die Grenzen zulåssiger Auslegung<br />

çberschritten.<br />

Im Berufungsrechtszug hat das OLG Hamm durch Urteil vom<br />

14. 12. 2000 die Wirksamkeit des Vertragsschlusses bejaht. In<br />

der Freischaltung der Angebotsseite fçr die Auktion liege ein<br />

rechtsverbindliches Angebot. Das gelte auch fçr Zuschlåge unterhalb<br />

des Einkaufspreises. Ein Anfechtungsgrund liege ebenso<br />

wenig wie ein Verstoû gegen ein gesetzliches Verbot vor 126 .<br />

Im Gegensatz zur Auffassung des LG Mçnster hat nach<br />

Ansicht des AG Sinsheim der Meistbietende einen Erfçllungsanspruch.<br />

Der Kaufvertrag komme im Zeitpunkt des<br />

Endes der Auktionszeit zwischen dem Meistbietenden<br />

und dem Anbieter zustande 127 . Es handelte sich um ein<br />

Verfahren mit geringem Streitwert, in dem die beklagte<br />

Partei innerhalb der gesetzten Frist keine Klagerwiderung<br />

eingereicht hatte, weshalb nach § 495 a ZPO kein Tatbestand<br />

und keine ausfçhrlicheren schriftlichen Urteilsgrçnde<br />

verfasst worden sind 128 .<br />

c) Widerrufsrecht. Verkåufe im Rahmen von Online-<br />

Auktionen, die dem Versteigerungsbegriff des § 156 BGB<br />

entsprechen, sind nach § 3 II Nr. 5 Fernabsatzgesetz vom<br />

Widerrufsrecht des Verbrauchers ausgenommen. Was den<br />

Anwendungsbereich des Fernabsatzgesetzes betrifft, gibt<br />

es sonach verschiedene Konstellationen:<br />

± die Auktion fållt nicht unter den Anwendungsbereich des<br />

Fernabsatzgesetzes, weil der Veråuûerer kein Unternehmer<br />

ist 129 , weshalb der Meistbietende kein Widerrufsrecht hat;<br />

dies wird håufig bei Internet-Auktionen der Fall sein, wenn<br />

das Auktionshaus lediglich die technischen Mæglichkeiten fçr<br />

Versteigerungen von privat an privat zur Verfçgung stellt,<br />

± die Auktion unterliegt dem Fernabsatzgesetz, der Erwerber<br />

hat jedoch kein Widerrufsrecht, obwohl der Veråuûerer Unternehmer<br />

und der Erwerber Verbraucher ist 130 , weil es sich<br />

um eine echte Auktion i. S. des § 156 BGB handelt, sowie<br />

schlieûlich<br />

± die Auktion unterliegt dem Fernabsatzgesetz und der Erwerber<br />

hat ein Widerrufsrecht nach § 3, weil der Veråuûerer<br />

zwar Unternehmer ist, es sich aber nicht um echte Auktionen<br />

sondern um Verkåufe gegen Hæchstgebot handelt.<br />

5. Virtuelle Einkaufsgemeinschaften<br />

Unter dem Begriff des ¹Powershopping`` bekannt geworden<br />

ist eine Vertriebsform, die auch ¹Community<br />

Shopping`` bzw. ¹Co-Shopping`` genannt wird. Die wirtschaftliche<br />

Bedeutung scheint rasant zuzunehmen. In den<br />

USA sind bereits 1999 von einzelnen Unternehmen Umsåtze<br />

in dreistelliger Millionenhæhe erzielt worden 131 .Im<br />

Berichtszeitraum sind auch in Deutschland zahlreiche<br />

konkurrierende teils marktstarke Unternehmen in diesem<br />

Segment tåtig 132 . Das Konzept sieht vor, dass durch Bildung<br />

virtueller Kaufgemeinschaften die Nachfrage zum<br />

Zwecke des Erzielens besserer Einkaufspreise gebçndelt<br />

wird. Je mehr Interessenten fçr ein bestimmtes Produkt<br />

innerhalb eines festgelegten Zeitraums gefunden werden,<br />

um so preiswerter wird die Ware an alle geliefert. Der<br />

Verkåufer legt mehrere Preisstufen fest.<br />

So wird beispielsweise ein fçr 300 bis 500 DM angebotenes<br />

Fahrrad, wenn sich weniger als 21 Interessenten finden, fçr<br />

500DM verkauft. Finden sich mehr als 20Kåufer, die 450DM<br />

oder mehr bereit sind zu bezahlen, so erhålt jeder das Fahrrad<br />

fçr 450DM selbst dann, wenn er 500DM angeboten hat. Bis zu<br />

einer angegebenen hæchsten Stçckzahl und einem niedrigsten<br />

Preis sind weitere Preisstufen festgelegt.<br />

In dieser Minderung des Ausgangskaufpreises sieht das<br />

OLG Hamburg 133 in einer viel beachteten Entscheidung<br />

einen Verstoû gegen §§ 1 I, 12 RabattG 134 . Denn gegençber<br />

dem im Rabattgesetz geregelten Fall des unzulåssigen<br />

Mengenrabatts bestehe lediglich die Besonderheit, dass<br />

nicht auf die Abnahmemengen eines einzigen Kunden, sondern<br />

mehrerer einzelner Kunden zusammen abgestellt<br />

werde. Der Mengenrabatt sei auch nicht nach § 7 RabattG<br />

erlaubt, weil es sich nicht um eine wirtschaftlich vernçnftige<br />

Fortentwicklung handele; denn ob der Kunde vorliegend<br />

in den Genuss des Rabattes komme, hånge nicht vom<br />

eigenen Umsatzverhalten, sondern dem anderer ab und sei<br />

damit zufållig. Offen gelassen hat es das OLG Hamburg,<br />

ob wegen des Zufallsmoments auch ein Verstoû gegen § 1<br />

UWG vorliegt. Dieser vom LG Kæln 135 und vom LG Nçrnberg-Fçrth<br />

136 bejahte Gesichtspunkt hat deshalb besondere<br />

Bedeutung, weil er auch nach einer Abschaffung des<br />

Rabattgesetzes 137 weiterhin Gçltigkeit behalten wçrde 138 .<br />

Nach einer weiteren Entscheidung des OLG Hamburg zum<br />

Community Shopping entfållt die Klagebefugnis des Wettbewerbers<br />

und der Verfçgungsantrag ist unzulåssig, wenn dieser von<br />

seiner Klagebefugnis nicht in einer deren Zweck dienenden<br />

Weise Gebrauch macht, sondern sie missbråuchlich nutzt. Eine<br />

missbråuchliche Nutzung der Klagebefugnis ist zu bejahen,<br />

wenn mit der einstweiligen Verfçgung eine Zahlung erlangt werden<br />

soll, die weit çber einen mæglicherweise berechtigten Schadensausgleich<br />

hinaus geht 139 .<br />

Die Bundesregierung hålt ¹Powershopping`` fçr unzulåssig,<br />

wie sie in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage<br />

der F. D. P.-Fraktion 140 mitteilte 141 . Die gesetzlichen Rahmenbedingungen,<br />

u. a. die Rabatt- und Zugabebestimmungen,<br />

mçssten wegen der durch die neue Technologie<br />

geschaffenen Werbe- und Vertriebsmæglichkeiten jedoch<br />

çberdacht werden. Den aktuellen Anlass dazu gebe die<br />

Verabschiedung der Richtlinie zum elektronischen Geschåftsverkehr,<br />

mit der das Herkunftslandprinzip fçr den<br />

Bereich des Werberechts eingefçhrt werde. Da es dem<br />

deutschen Rabattgesetz vergleichbare Regelungen im EU-<br />

Ausland nicht gebe, habe diese Regelung zur Folge, dass<br />

bei elektronischem Geschåftsverkehr nur deutschen Anbietern<br />

die Gewåhrung groûzçgigerer Rabatte verboten<br />

wåre, nicht aber ihren auslåndischen Konkurrenten. Eine<br />

126) Wiebe, MMR 2000, 284. ± Berufungsurteil OLG Hamm, <strong>NJW</strong><br />

2001, 1142 = MMR 2001, 105.<br />

127) AG Sinsheim, MMR 2000, 181 = <strong>NJW</strong>-CoR 2000, 105 L =<br />

K&R 2000, 201 L.<br />

128) Es ist aber entgegen Wiebe, MMR 2000, 323, und Herberger,<br />

<strong>NJW</strong> 2000, 2082 nicht ein Versåumnisurteil, sondern ein streitiges Urteil,<br />

gegen das ein Einspruch nach § 338 ZPO nach statthaft ist.<br />

129) Vgl. § 1 I FernAbsG; § 14 BGB.<br />

130) Vgl. § 1 I FernAbsG; §§ 13, 14 BGB.<br />

131) Huppertz, MMR 2000, 65 Fuûn. 1.<br />

132) Vgl. die Ûbersichten z. B. bei Ernst, CR 2000, 239 Fuûn. 2 sowie<br />

bei Leible/Sosnitza, ZIP 2000, 732 Fuûn. 1 ff.<br />

133) OLG Hamburg, <strong>NJW</strong> 2000, 2033 = MMR 2000, 278 = BB<br />

2000, 115 = CR 2000, 182 m. Anm. Ernst S. 239 = K&R 2000, 135<br />

m. Anm. Kotthoff = WRP 2000, 412 m. Anm. Menke S. 337 = VuR<br />

2000, 144 m. Anm. Ernst; EWiR 2000, 247 (Mankowski).<br />

134) Geklagt hatte die Fa. Philips wegen des Verkaufs von Fernsehgeråten,<br />

vgl. Ernst, CR 2000, 239 (240 Fuûn. 5).<br />

135) LG Kæln (31. ZK), K&R 2000, 137 = CR 2000, 318 = ZUM<br />

2000, 318, Berufung: OLG Kæln 6 U 4/00, zurçck genommen; LG<br />

Kæln ( 33. ZK), MMR 2001, 54: Verstoû gegen § 1 UWG unter dem<br />

Aspekt des çbertriebenen Anlockens; offen gelassen, ob zugleich ein<br />

Verstoû gegen das Rabattgesetz und/oder das Verbot von Sonderveranstaltungen<br />

nach § 7 UWG vorliegt ± ¹Powershopping``.<br />

136) LG Nçrnberg-Fçrth, MMR 2000, 640 L ± ¹Powerbuying``.<br />

137) Hiermit ist vor dem Hintergrund des in der E-Commerce-Richtlinie<br />

grundsåtzlich festgelegten Herkunftslandprinzips zu rechnen. Eine<br />

Anhærung hierzu hat am 29. 6. 2000 stattgefunden, wobei fast einhellig<br />

die Abschaffung des RabattG und der ZugabeVO befçrwortet wurde,<br />

vgl. Hæche, WM 2000, 1609.<br />

138) Vgl. zur Thematik auch: Huppertz, MMR 2000, 65; Leible/Sosnitza,<br />

ZIP 2000, 732; Kæhler, BB 7/2000, I.<br />

139) OLG Hamburg, K&R 2000, 556. Vorinstanz: LG Hamburg,<br />

CR 2000, 774.<br />

140) BT-Dr 14/3365.<br />

141) BT-Dr 14/3618.

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