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NJW Neue Juristische Wochenschrift

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14* <strong>NJW</strong> 2001, Heft 14 Beilage<br />

nach Art. 5 dçrfen jedoch nicht von der Akkreditierung<br />

des Diensteanbieters abhångig gemacht werden.<br />

e) Rechtsentwicklung im deutschen Recht. Die Signatur-Richtlinie<br />

ist nach Art. 13 I bis 18. 7. 2001 in nationales<br />

Recht umzusetzen. In einem ¹Gesetz çber Rahmenbedingungen<br />

fçr elektronische Signaturen`` sollen die Begriffe<br />

und die Sicherheitsanforderungen an die Richtlinie<br />

angepasst werden Mit dem Wegfall der Genehmigungspflicht<br />

fçr Zertifizierungsstellen wird ein Aufsichtssystem<br />

eingefçhrt sowie eine freiwillige Akkreditierung fçr Zertifizierungsstellen<br />

mit der Berechtigung, im Geschåftsverkehr<br />

damit zu werben 116 . Im Privatrecht erfolgt die Umsetzung<br />

durch die Einfçhrung der elektronischen Form<br />

und der Textform in den neuen §§ 126 a und 126 b BGB<br />

in Verbindung mit einer auf die ¹qualifizierte elektronische<br />

Signatur nach dem Signaturgesetz`` Bezug nehmenden<br />

Ønderung des § 126 BGB durch das Formvorschriftengesetz<br />

117 , im Zivilprozessrecht durch neue Beweisvorschriften<br />

118 .<br />

4. Online-Auktionen<br />

Eine Reihe von Firmen bietet auch in Deutschland Online-Auktionen<br />

an. Erste Rechtsprechung liegt hierzu vor,<br />

und zwar einerseits zu gewerberechtlichen Fragen und<br />

andererseits zur Wirksamkeit der online abgeschlossenen<br />

Geschåfte.<br />

a) Gewerberecht. Das Internet-Auktionshaus Ricardo.de<br />

hatte bei der Wirtschaftsbehærde der Hansestadt<br />

Hamburg eine Erlaubnis nach § 34 b GewO fçr die von<br />

ihr durchgefçhrten Online-Auktionen beantragt und ein<br />

Negativ-Testat erhalten, dass die Ausçbung des Gewerbes<br />

nicht erlaubnispflichtig sei. Diese Auffassung wird von<br />

den Aufsichtsbehærden vertreten, nachdem der Bund-<br />

Lånder-Ausschuss ¹Gewerberecht`` die Internet-Auktionen<br />

nicht als Versteigerungen i. S. von § 34 b GewO einstuft<br />

119 . Dieser Anbieter verwendet im Wesentlichen drei<br />

verschiedene Auktionsformen, nåmlich die ¹Live Auktionen``<br />

mit kurzen Bietzeiten, die ¹Nonstop Auktionen`` mit<br />

långeren Bietzeiten sowie die ¹Private Auktionen``, die<br />

Dritten ermæglicht, eigene Waren versteigern zu lassen,<br />

wobei die Anbieter sowohl Privatpersonen als auch Gewerbetreibende<br />

sein kænnen. Øhnliche Modelle betreiben<br />

auch andere Internet-Auktionshåuser wie z. B. eBay 120 .<br />

Das LG Hamburg hat einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen<br />

Verfçgung gegen Ricardo.de mit der Begrçndung<br />

abgelehnt, die Verkaufsaktivitåten dieser Firma seien<br />

zwar als Versteigerungen einzustufen, weshalb die Firma<br />

gegen § 34 b GewO verstoûe. Dieses Verhalten sei aber<br />

nicht als sittenwidriges Handeln im geschåftlichen Verkehr<br />

zu bewerten. Denn angesichts der Rechtsauffassung<br />

der Ûberwachungsbehærden handele es sich nicht um einen<br />

nach § 1 UWG zu bewertenden bewussten und planmåûigen<br />

Verstoû gegen die Regelungen des Versteigerungsrechts,<br />

um sich einen Vorsprung im Wettbewerb vor<br />

gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen 121 .<br />

Aufgrund dieser Entscheidung hat der Bund-Lånder-<br />

Ausschuss sich erneut mit der Thematik befasst und ist<br />

bei seiner Auffassung verblieben 122 .<br />

Das LG Wiesbaden verneint wegen dieser Haltung der<br />

Behærden einen Wettbewerbsverstoû ± Irrefçhrung gem.<br />

§ 3 UWG ± bei der Ankçndigung von Internet-Auktionen<br />

123 . Es ist der Auffassung, dass die angesprochenen<br />

Verkehrskreise der Internet-Nutzer sich mit Online-Versteigerungen<br />

auskennen und die damit verbundenen Gefahren<br />

erkennen. Die Kammer scheint die Nutzung des<br />

Internet fçr etwas besonders Schwieriges zu halten, weil<br />

sie den Nutzern des Mediums generell spezielle hierfçr<br />

erforderliche Kenntnisse unterstellt, die quasi automatisch<br />

zur Kenntnis der Ablåufe der dort stattfindenden Auktionen<br />

fçhrten.<br />

Das LG Mçnster verneint fçr die ¹Ricardo private<br />

Auktionen`` im Gegensatz zu den çbrigen oben aufgefçhrten<br />

Geschåftsformen dieser Firma die Anwendbarkeit von<br />

§ 34 b GewO, weil es sich nicht um Versteigerungen im<br />

Sinne von § 156 BGB sondern um Verkåufe gegen<br />

Hæchstgebot handele. Es kænne nicht zur Abgabe eines<br />

Hæchstgebots kommen, wie es zum Wesen einer Versteigerung<br />

gehære 124 .<br />

b) Wirksamkeit des Vertragsschlusses. Unterschiedlich<br />

bewertet die Rechtsprechung die Frage, ob und gegebenenfalls<br />

unter welchen Voraussetzungen bei Online-Auktionen<br />

ein Vertragsschluss zustande kommt. Entzçndet<br />

hat sich eine lebhafte Diskussion zu dieser Frage anhand<br />

des bereits erwåhnten Urteils des LG Mçnster 125 . Ein<br />

Håndler hatte bei Ricardo.de einen fabrikneuen VW Passat<br />

Variant TDI unter ¹Private Auktionen`` bei einem<br />

Startpreis von 10DM ohne Angabe eines darçber liegenden<br />

Mindestpreises bei einem Listenpreis von ca.<br />

57 000 DM angeboten. Der Klåger gab innerhalb der festgesetzten<br />

Bietzeit als dreihundertdreiundsechzigster und<br />

letzter Bieter ein Angebot çber 26 350DM ab und erhielt<br />

kurz darauf von Ricardo.de per E-Mail die Mitteilung, er<br />

habe zu diesem Betrag den Zuschlag erhalten und solle<br />

sich mit dem Automobilhåndler in Verbindung setzen, um<br />

Versand und Bezahlung schnell und einfach zu regeln. Der<br />

Håndler hatte bei der Anmeldung seiner Auktion die Geschåftsbedingungen<br />

von Ricardo.de beståtigen mçssen,<br />

die in der damaligen Fassung unter § 5 IV die Formulierung<br />

enthielt:<br />

¹Bei Private Auktionen erklårt der anbietende Teilnehmer bereits<br />

mit der Freischaltung seiner Angebotsseite . . . die Annahme<br />

. . . des hæchsten . . . wirksam abgegebenen Kaufangebots. Der<br />

anbietende Teilnehmer wird von Ricardo.de vom Zustandekommen<br />

des Vertrags alsbald . . . per E-Mail unterrichtet.``<br />

Das LG Mçnster verneint einen wirksamen Vertragsschluss.<br />

Gem. § 133 BGB sei entscheidend fçr das Zustandekommen<br />

eines Vertrages, ob der Beklagte mit der vorweggenommenen<br />

Annahmeerklårung die ihn rechtlich<br />

bindende Erklårung abgeben wollte, das hæchste innerhalb<br />

des Angebotszeitraums abgegebene Vertragsangebot<br />

ohne Rçcksicht auf dessen Hæhe anzunehmen. Eine antizipierte<br />

Annahmeerklårung sei dann nicht als verbindliche<br />

Willenserklårung auszulegen, wenn das Hæchstgebot am<br />

Ende des Angebotszeitraums deutlich unter Einstandspreis<br />

liege.<br />

116) Vgl. zum aktuellen Stand des Gesetzgebungsverfahrens:<br />

www. bmwi. de. Bei Manuskripterstellung lag der Beschluss der BReg.<br />

vom 16. 8. 2000 vor.<br />

117) Vgl. o. Fuûn. 50.<br />

118) In der Signatur-Richtlinie findet sich der Begriff der ¹qualifizierten<br />

elektronischen Signatur`` nicht. Er wird in § 2 Nr. 3 SigG-E definiert.<br />

Zum gleichen Problem nach § 361 a I BGB vgl. o. Fuûn. 102.<br />

119) TOP 10 der 80. Tagung v. 22./23. 10. 1996, GewArch 1997, 60<br />

(63), sowie TOP 4 der 85. Tagung v. 18./19. 5. 1999.<br />

120) Vgl. im Einzelnen: Wiebe, MMR 2000, 323.<br />

121) LG Hamburg, MMR 1999, 678 m. Anm. Vehslage = <strong>NJW</strong>-CoR<br />

2000, 169 m. Anm. Wilmer = CR 1999, 526 = K&R 1999, 424 = DB<br />

1999, 1951 = GewArch 1999, 334.<br />

122) Vgl. Schænleiter, GewArch 2000, 49. Vgl. auch: Bullinger, WRP<br />

2000, 253; Wilmer, <strong>NJW</strong>-CoR 2000, 94.<br />

123) LG Wiesbaden, MMR 2000, 376 = <strong>NJW</strong>-CoR 2000, 171 m.<br />

Anm. Wilmer = K&R 2000, 152 = CR 2000, 317 = ZUM-RD 2000,<br />

143, ¹ExtraLot.com``; nicht rechtskråftig, Berufung: OLG Frankfurt<br />

10 U 24/00.<br />

124) LG Mçnster, MMR 2000, 280 m. Anm. Wiebe = <strong>NJW</strong>-CoR<br />

2000, 167 = CR 2000, 313 = DB 2000, 663 = ZUM-RD 2000, 515 =<br />

K&R 2000, 197 m. Anm. Klewitz/Mayer; EWiR 2000, 415 (Mankowski),<br />

Ulrici JuS 2000, 947.<br />

125) O. Fuûn. 124.

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