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NJW Neue Juristische Wochenschrift

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10* <strong>NJW</strong> 2001, Heft 14 Beilage<br />

bedingungen des Lieferanten enthålt. Der Kunde sollte also nicht<br />

darauf verwiesen werden, einfach eine Bestellung per E-Mail<br />

aufzugeben, sondern sollte zur Verwendung der entsprechend<br />

formulierten Bestellseite angehalten werden. Der Hinweis sollte<br />

in unmittelbarer råumlicher Nåhe zum Bestell-Button platziert<br />

werden.<br />

(2) Bei Vertragsschluss. Die Lieferbedingungen sind fçr<br />

den Online-Kunden im Moment der Bestellung, also im<br />

Zeitpunkt seines Mausklicks auf einen Bestell-Button, in<br />

aller Regel nicht in ihrem vollen Text sichtbar, da sie<br />

schon aus Platzgrçnden nicht gleichzeitig mit der Zusammenstellung<br />

der bestellten Waren und dem Namen, der<br />

Adresse usw. des Bestellers bei zugleich geforderter guter<br />

Lesbarkeit des Textes auf einem durchschnittlich groûen<br />

Monitor dargestellt werden kænnen. Allerdings ist dies<br />

auch im klassischen Versandhandel grundsåtzlich nicht<br />

anders. Die Geschåftsbedingungen, auf die im Bestellformular<br />

hingewiesen wird, sind im Katalog des Versenders<br />

und bestenfalls noch auf der Rçckseite des Formulars abgedruckt,<br />

nicht jedoch direkt auf der Seite, auf der die<br />

Bestellung geschrieben und unterzeichnet wird.<br />

Die Rechtsprechung verlangt grundsåtzlich einen Hinweis<br />

im Zusammenhang mit den Erklårungen, die zum<br />

Vertragsschluss gefçhrt haben, und schlieût damit Hinweise<br />

bei frçheren Geschåften aus 71 . Die Ûbertragung<br />

dieses Grundsatzes auf Online-Geschåfte ist nicht unproblematisch<br />

und war, bezogen auf das Internet, noch nicht<br />

Gegenstand von Entscheidungen. Der zeitliche und inhaltliche<br />

Zusammenhang ist gewåhrleistet, wenn von der<br />

oben empfohlenen Mæglichkeit Gebrauch gemacht wird,<br />

Bestellungen auf einer eigenen Bestellseite mit integrierter<br />

Bezugnahme auf die Geschåftsbedingungen zu veranlassen.<br />

Der Text der AGB muss ebenso wenig wie bei Bestellungen<br />

aus gedruckten Katalogen im Moment der Bestellung<br />

dem Kunden zwangslåufig vor Augen liegen. Ausreichend<br />

ist vielmehr, dass im Zeitpunkt der Bestellung<br />

die Mæglichkeit fçr den Kunden besteht, in zumutbarer<br />

Weise vom Inhalt der AGB Kenntnis zu nehmen.<br />

(3) Mæglichkeit zumutbarer Kenntnis. Gem. § 2 I Nr. 2<br />

AGBG muss der Verwender der anderen Vertragspartei<br />

die Mæglichkeit verschaffen, in zumutbarer Weise vom<br />

Inhalt der Geschåftsbedingungen Kenntnis zu nehmen.<br />

Bei Prospekt- oder Katalogwerbung setzt dies voraus,<br />

dass der vollståndige Text der AGB abgedruckt vorliegt.<br />

Verwendet ein Anbieter sowohl Kataloge als auch Internet-Werbung,<br />

so gençgt fçr Bestellungen aufgrund der<br />

elektronischen Werbung nicht die Bezugnahme auf den<br />

gedruckten Katalog, da der Kunde diesen bei der Bestellung<br />

nicht zur Hand haben muss. Deshalb dçrfte eine<br />

solche Bezugnahme auch dann nicht ausreichen, wenn der<br />

Kunde nachgewiesenermaûen den Katalog zugesandt erhalten<br />

hatte. Denn er ist weder verpflichtet, den Katalog<br />

aufzubewahren noch ihn bei seiner Bestellung aufgrund<br />

Internet-Werbung zur Hand zu nehmen.<br />

Der vollståndige Text der Geschåftsbedingungen muss<br />

deshalb, damit der Kunde in zumutbarer Weise hiervon<br />

Kenntnis nehmen kann, auf der Website zum kostenlosen<br />

Zugriff bereit stehen. Zweifelhaft ist, ob es ausreicht, dass<br />

der Hinweis des Verwenders auf seine Geschåftsbedingungen<br />

zu Beginn seiner Homepage deutlich sichtbar angebracht<br />

ist 72 . Vergleicht man die Online-Bestellung mit<br />

dem klassischen Katalog-Versandhandel, bei dem typischerweise<br />

die Geschåftsbedingungen im Katalog abgedruckt<br />

sind, aber nicht etwa ganz vorne auf den Umschlagseiten,<br />

verbunden mit einem Hinweis im Bestellformular<br />

auf die Vertragsbedingungen, und bedenkt man die<br />

vielfåltigen Gestaltungsmæglichkeiten bei E-Commerce<br />

Angeboten im Internet, muss man den ausschlieûlichen<br />

Hinweis auf die Geschåftsbedingungen am Anfang der<br />

Homepage als nicht ausreichend erachten. Denn moderne<br />

Pråsentationen sind geprågt von einer Vielzahl grafischer<br />

und bildlicher Darstellungen mit zahlreichen internen<br />

Links, die immer tiefer in Einzelheiten der angebotenen<br />

Warenvielfalt fçhren. Der Interessent wird deshalb, wenn<br />

die Geschåftsbedingungen nur am Anfang erwåhnt werden,<br />

alsbald diesen Hinweis aus den Augen verlieren und<br />

sich im Zeitpunkt einer Bestellung hieran kaum noch erinnern<br />

kænnen. 73 Die Mæglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme<br />

der Geschåftsbedingungen durch den Verwendungsgegner<br />

ist deshalb nur dann zu bejahen, wenn der<br />

Verwender den Hinweis in direktem zeitlichem Zusammenhang<br />

mit der Bestellung des Kunden gibt. Empfehlenswert<br />

ist daher eine optische Gestaltung des Angebots dahingehend,<br />

dass in einem getrennten Bildschirmbereich ±<br />

z. B. am oberen oder linken Bildschirmrand74 ± stets eine<br />

Linkmæglichkeit auf die Geschåftsbedingungen sichtbar<br />

und anwåhlbar ist.<br />

Eine zweite Mæglichkeit wird von manchen Softwareanbietern<br />

angewandt und kommt auch beim E-Commerce in Betracht. Der<br />

Text der AGBs ist auf der Bestellseite integriert. Der Kunde muss<br />

den Text erst durchscrollen, um sodann unterhalb des Textes auf<br />

die Eingabefelder und den Absendebutton zu stoûen. So durchlåuft<br />

er den Text zwangslåufig im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang<br />

mit seiner Bestellung.<br />

Zum Kriterium der Zumutbarkeit der Kenntnisnahme gehært<br />

auch die inhaltliche und optische Gestaltung der Geschåftsbedingungen.<br />

Bei der Beurteilung sind zu berçcksichtigen:<br />

± der Umfang des Textes,<br />

± die Ûbersichtlichkeit der Gestaltung,<br />

± Hervorhebung fçr den Kunden wichtiger ihn gegençber der<br />

Gesetzeslage benachteiligender Formulierungen,<br />

± vertretbarer Umfang im Verhåltnis zur Bedeutung des Vertrags<br />

fçr den Kunden.<br />

Hierbei ist zu berçcksichtigen, dass långere Texte auf dem<br />

Bildschirm grundsåtzlich schlechter als in Papierform zu lesen<br />

sind. Auch gab es in der Literatur Bedenken wegen der<br />

Datençbertragungskosten bei långeren Texten; diese erscheinen<br />

bei der Geschwindigkeit heutiger Anschlçsse fçr das Internet<br />

jedoch als vernachlåssigbar. Hinzu kommt, dass der Internet-<br />

Nutzer ± im Gegensatz zu den technischen Gegebenheiten beim<br />

frçheren Btx-System ± in aller Regel çber einen Drucker verfçgt,<br />

der es ihm ermæglicht, die Geschåftsbedingungen offline in aller<br />

Ruhe zu lesen und aufzubewahren; ebenso besteht bekanntlich<br />

die Mæglichkeit der Abspeicherung auf der Festplatte. Allerdings<br />

darf nicht durch eine Frame-Technik das Ausdrucken bzw. Abspeichern<br />

verhindert werden, wie dies nach Erfahrung des Verfassers<br />

jedoch nicht selten geschieht75 . In dieser Hinsicht sind<br />

aktuelle Entwicklungen eher als Rçckschritte zu bewerten, wie<br />

z. B. Internet-fåhige Fernsehgeråte oder gar Kçhlschrånke auf<br />

der einen Seite und Handys bzw. Organizer mit Internet-Funktion<br />

auf der anderen Seite, alle ohne angeschlossenem Drucker<br />

71) BGH, <strong>NJW</strong>-RR 1987, 113. Zur Anwendbarkeit von § 2 I AGBG<br />

auf Formularvertråge vgl. BGH, <strong>NJW</strong> 1995, 190; BGHZ 104, 232<br />

(238) = <strong>NJW</strong> 1988, 2465; s. auch OLG Frankfurt a. M., <strong>NJW</strong> 1986,<br />

2712 (2713); Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 7. Aufl., § 2 Rdnr. 2;<br />

Kætz, in: MçnchKomm, 3. Aufl., § 2 AGBG Rdnrn. 6, 11; Soergel/<br />

Stein, BGB, 12. Aufl., § 2 AGBG Rdnr. 3; Erman/Hefermehl/Werner,<br />

BGB, 10. Aufl. (2000), § 2 AGBG Rdnr. 4; åhnlich Wolf/Horn/Lindacher,<br />

AGBG, 2. Aufl., § 2 Rdnr. 9; mit Einschrånkungen Palandt/Heinrichs<br />

(o. Fuûn. 57), § 2 AGBG Rdnr. 8.<br />

72) Bejahend Spindler (o. Fuûn. 68), S. 221 Rdnr. 27.<br />

73) Øhnlich Mehrings, BB 1998, 2373 (2376).<br />

74) Der von manchen Anbietern hierfçr gewåhlte untere Rand der<br />

Bestellseite ist ungeeignet zur Erfçllung der Anforderungen, da dieser<br />

wegen unterschiedlicher mæglicher Bildschirmauflæsungen mæglicherweise<br />

fçr den Kunden vor und bei seiner Bestellung nicht zu sehen ist,<br />

wenn er nicht so tief auf dem Bildschirm herunter scrollt.<br />

75) Bei Vertrågen, die dem Anwendungsbereich des Fernabsatzgesetzes<br />

unterliegen, mçssen anschlieûend gem. § 2 II Kundeninformationen<br />

getrennt auf einem ¹dauerhaften Datentråger`` erfolgen, wobei einige<br />

dort vorgesehene Pflichtinformationen typischerweise in AGB geregelt<br />

werden; merkwçrdigerweise nicht vorgesehen ist im Gesetz die Verpflichtung,<br />

dem Kunden die vereinbarten Geschåftsbedingungen vollståndig<br />

auf einem dauerhaften Datentråger zu çberlassen.

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