Duch zakladatelů - Collegium Bohemicum
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„neuen Mittelstandes“ bzw. einer zunehmend professionalisierten Kommunalbürokratie.<br />
Freilich behielten sie weiterhin die diskrete Kontrolle der Gemeindeangelegenheiten und<br />
konnten auf diese Weise dafür sorgen, dass radikal-nationalistische Strömungen in der Kommunalpolitik<br />
vor 1914 nicht Fuß fassen konnten. 10<br />
Dies ist wohl auch dem Umstand zu verdanken, dass die Kommunalpolitik ab der zweiten<br />
Hälfte der 90er-Jahre als äußerst erfolgreich eingeschätzt werden kann. Die Einrichtung<br />
kommunaler Anstalten, eine gezielte Betriebsansiedlungspolitik und sogar ein eigenes kommunales<br />
Wohnbauprogramm („für gute und billige Wohnungen“) trugen zweifellos dazu<br />
bei, den allgemeinen Wohlstand und die Lebensqualität zu steigern, was von den Wählern<br />
auch entsprechend honoriert wurde.<br />
Wie auch anderenorts stellte am Ende der 80er Jahre der Widerspruch zwischen sozialen<br />
Eliten und Mittelstand die schärfste – in den Städten allerdings zumeist latente – Konfliktlinie<br />
dar. Dieser Widerspruch entsprach dem Gegensatz zwischen den altliberalen Parteien<br />
und den in ihrer Mitte entstandenen „Jungen“ Parteien, die nicht nur in ihrer propagandistischen<br />
Praxis – Stichwort „schärfere Tonart – sondern auch hinsichtlich der politischen Ziele<br />
einen Paradigmenwechsel herbeiführten: Sie vertrauten nicht mehr den gesellschaftlichen<br />
Selbstregulierungskräften sondern vielmehr der Gestaltungskraft der politischen Institutionen,<br />
insbesondere der Landtage. Zur Erreichung ihrer Ziele versuchten sie vor allem, ihre<br />
jeweilige mittelständische Klientel fest an sich zu binden, wobei diese sich mit der schrittweisen<br />
Erweiterung des Wahlrechts nach „unten“ ausweitete. Neben den Christlichsozialen in<br />
Niederösterreich waren vor allem die Jungtschechen in Böhmen in ihrer Praxis bereits auf<br />
dem Weg zu einer „modernen“, das gesamte gesellschaftliche Spektrum durchdringenden<br />
Massenpartei mit einer hierarchisch-zentralistischen Struktur. Dagegen – und das ist in unserem<br />
Zusammenhang wichtig – gelang dieser Übergang auch den radikalsten deutschnationalen<br />
Parteien vor 1914 nicht: sie blieben im Wesentlichen mehr oder weniger lockere<br />
Honoratiorenparteien, deren Angehörige nicht ohne weiteres bereit waren, sich den Weisungen<br />
der „Führung“ kritiklos zu unterwerfen.<br />
Mit der Sozialdemokratie formierte sich dagegen ab Ende der 80-er Jahre eine von Beginn<br />
an „moderne“ Massenpartei. Auch wenn die Sozialdemokraten in Aussig auf kommunaler<br />
Ebene vor 1900 kaum eine Rolle spielten, war ihre Entwicklung mittelbar in zweierlei<br />
Hinsicht bedeutsam. Erstens erwuchs hier – angesichts des sich erweiternden Wahlrechtes<br />
– den mittelständischen Parteien mittelfristig eine ernst zu nehmende Konkurrenz im Kampf<br />
um künftige Wählerstimmen. In Böhmen wurde dies von den Jungtschechen sehr früh erkannt:<br />
einerseits liebäugelten diese bereits 1890 (als die Sozialdemokraten noch vergleichsweise<br />
10 Nicht zuletzt war Franz Ohnsorg am 29. Juni 1896 in Prag an der Gründung der neuen<br />
(vergleichsweise gemäßigten) „Deutschen Fortschrittspartei” beteiligt. Vgl. Lothar<br />
Höbelt. Kornblume und Kaiseradler. Die deutschfreiheitlichen Parteien Altösterreichs<br />
1882–1918 (Wien – München 1993) 121.<br />
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