Duch zakladatelů - Collegium Bohemicum
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jenen der Intelligenzberufe (Ärzte, Advokaten, Lehrer, Freie Berufe 8 etc.) eine besonders<br />
dynamische Kerngruppe des neuen städtischen Mittelstandes bildete. Dessen Angehörige<br />
zeichneten sich durch ein gewisses Mindestmaß an gemeinsamer Bildung und Ausbildung,<br />
durch eine große Bereitschaft zur Mobilität, aber auch durch eine gewisse „Modernität“<br />
und Aufgeschlossenheit den neuen politischen Strömungen gegenüber aus. Unter ihnen<br />
bildete sich einerseits der Kern der radikalen Deutschnationalen. Andererseits hatte dieser<br />
neue Mittelstand wesentlich mehr Berührungspunkte mit den liberalen Großbürgern als mit<br />
dem traditionellen gewerblichen Mittelstand.<br />
In kürzester Zeit hatte sich damit nicht nur ein abgeschiedenes königliches Provinzstädtchen<br />
zu einem wichtigen überregionalen Zentrum entwickelt, sondern auch und vor allem<br />
eine hoch differenzierte lokale Industriegesellschaft mit allen ihr inhärenten Widersprüchen<br />
und Konflikten, die von der immer wieder beschworenen „Einheit des Bürgertums“ immer<br />
weniger überdeckt werden konnten.<br />
Dabei ist auf eine klare Historizität der sich wandelnden zentralen Konfliktlinien zu verweisen.<br />
Eine erste entstand in den Jahren nach 1848, als sich im Zuge einer ersten Zuwanderungsbewegung<br />
(vor allem auch im Bereich der „lokalen Eliten“) ein Gegensatz zwischen Neuerern<br />
und altbürgerlichen Führungsschichten entwickelte. Plakativ könnte dieser Konflikt auch<br />
als Gegensatz von „altbürgerlichem Schlendrian“ und Notwendigkeit einer Modernisierung<br />
der Kommunalverwaltung beschrieben werden, die insbesondere für die Steuerzahler nachhaltig<br />
spürbar wurde. Auch wenn die 1850 gewählte Gemeindevertretung (die dann bis 1861<br />
amtieren sollte) noch eindeutig von den Angehörigen der altstädtischen Eliten dominiert<br />
war, hatten sich die Gewichte bis 1860 deutlich zugunsten der „Neubürger“ verschoben.<br />
Grund dafür war zum einen, dass die Gemeindeverwaltungen in den 50er-Jahren weniger<br />
als Repräsentanten der kommunalen Selbstverwaltung als vielmehr als weisungsgebundene<br />
Organe der staatlichen Behörden anzusehen sind. Dagegen hatte sich in der „Ressource“,<br />
der eben erst gebildeten Vereinigung der neuen Eliten (die Ressource sollte sich in der<br />
Folge zu der großbürgerlichen Vereinigung schlechthin entwickeln) rasch ein informelles<br />
Machtzentrum gebildet: Hier verkehrten die „Neubürger“ mit den Staatsbeamten und nicht<br />
zuletzt auch mit den leitenden Angestellten der chemischen Fabrik, hier fiel unter anderem<br />
der Beschluss der Errichtung einer Gasbeleuchtung für die Stadt.<br />
Mit dem „Aussiger Anzeiger“, der ersten regelmäßig erscheinenden Zeitschrift in der Stadt,<br />
verfügten die neuen Eliten zudem über ein Informationsmonopol, mit dem sie es in zuweilen<br />
8 1896 hatten sich den Abgaben im Aussiger Adressbuch zufolge in Aussig 13 Ärzte und 17<br />
Advokaten niedergelassen. Zudem war die Stadt bis dahin zu einem wichtigen Schulort<br />
geworden. Neben acht Volks- und Bürgerschulen gab es ein Gymnasium, eine “höhere<br />
Handelsschule, eine „Höhere Töchterschule” und eine gewerbliche Fortbildungsschule.<br />
An den Schulen unterrichteten in diesem Jahr etwa 100 Lehrer, 36 davon an den<br />
höheren Schulen.<br />
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