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Duch zakladatelů - Collegium Bohemicum

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Zunächst ist auf das bereits erwähnte enorme Wachstum der Bevölkerung zu verweisen,<br />

das im Europa des 19. Jahrhunderts eindeutig als Indikator für den steigenden Wohlstand<br />

einer Region zu bewerten ist. Dieser Zuwachs ist vor allem auch der (Industrie-)Arbeiterschaft<br />

zu verdanken, deren Angehörige (neben den Frauen und den Minderjährigen) vor<br />

1899 praktisch vollständig vom Gemeindewahlrecht ausgeschlossen waren. Aus der Anzahl<br />

der Wahlberechtigten lässt sich somit indirekt auch auf den Bevölkerungsanteil der „unterbürgerlichen<br />

Schichten“ schließen: Demnach waren 1864 1134 von geschätzten 9600 Bewohnern<br />

(11,7%) wahlberechtigt, 1877 1471 von ca. 16.300 (9,0%), 1886 2012 von ca. 24.000<br />

(8,4%) und 1896 schließlich 2648 von 26.800 (9,9%).<br />

Innerhalb dieser Bedingungen entwickelte sich in der Folge ein hoch differenzierter gewerblicher<br />

Mittelstand – was die zentralörtliche Bedeutung der Stadt unterstreicht. Bereits<br />

1860 hatte sich das örtliche Gewerbe im Vergleich zu 1848 stark differenziert, 1872 bestanden<br />

bereits mehr als 600 gewerbliche Unternehmungen. Deren Zahl stieg bis 1896 auf über<br />

1300 an. Konnten die Gewerbe 1860 noch 13 Gewerbegenossenschaften zugeordnet werden,<br />

so listete das Aussiger Adressbuch 1896 nicht weniger als 150 gewerbliche Rubriken<br />

auf.<br />

Die erfolgreichsten Angehörigen dieses gewerblichen Mittelstandes formierten sich in<br />

den 70er-Jahren (in diese Zeit fällt der Beginn der Maschinisierung der erfolgreichen größeren<br />

Gewerbe und Manufakturen der Stadt) zur sehr schmalen Schicht der Aussiger Industriellen<br />

– stellvertretend zu nennen sind die Namen Schicht, Wolfrum, Klepsch, Petschek, Kind, Maresch<br />

und Seiche. Dieser Übergang war nicht selten auch Ergebnis eines Generationenwechsels<br />

an der Spitze der Unternehmen, der auch von Konflikten innerhalb der Fabrikantenfamilien<br />

begleitet gewesen sein konnte: Hinweise hierfür finden sich z.B. sowohl bei den Wolfrums<br />

als auch den Schichts. 6<br />

Diese schmale Fabrikantenschicht gelangte zu enormen Wohlstand. Die Vermögenskonzentration<br />

in den Händen Weniger nahm stetig zu und erreichte in Aussig ein sonst nirgends<br />

in Böhmen erreichtes Ausmaß: Leisteten 1864 noch 3,2% aller Wahlberechtigten bzw.<br />

0,37% der Bevölkerung mehr als ein Drittel aller direkten Steuern, waren es 1899 0,7% der<br />

Wahlberechtigten bzw. weniger als 0,1% der Bevölkerung. 7<br />

Zugleich formierte sich die sozialgeschichtlich neue Schicht der Angestellten, der „Privatbeamten“,<br />

wie sie in der zeitgenössischen Diktion hießen. Diese umfasste 1896 etwa 500<br />

Personen, die gemeinsam mit den Angehörigen des neuen Dienstleistungssektors und<br />

6 Vgl. Erinnerungen an Carl Wolfrum. Eigene Aufzeichnungen, Briefe, reden und<br />

Zeitungsartikel, hg. von senen Söhnen Carl, Otto, Wilhelm und Ludwig Wolfrum, 2 Bde.<br />

(Leipzig o.J [1893]) I/449ff.; Ferdinand Bernt, Johann Schicht. Sein Leben und Wirken<br />

(Wien 1909) 53ff.<br />

7 Diese Werte ergeben sich aus der Einteilung der Wahlberechtigten in die<br />

Gemeindewahlkörper. Vgl. hierzu auch Dějiny Města Ústí nad Labem, 72.<br />

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