Duch zakladatelů - Collegium Bohemicum
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1918 folgte derartigen Manifestationen jedoch regelmäßig die militärische oder polizeiliche<br />
Repression. 19<br />
Naturgemäß war den Fotografen die öffentliche Seite der Arbeitskämpfe leichter zugänglich<br />
als die Betriebe. Daher fanden sich nur wenig betriebsinterne Aufnahmen. Aber auch<br />
dort, wo sich die Betriebstore (meist wegen der zur Hilfe gerufenen Ordnungsmacht) öffneten,<br />
fehlte der Aspekt des Lustigen nicht (Serie über den nordfranzösischen Eisenbahnerstreik<br />
von 1910).<br />
Der dokumentarische Charakter der Streikpostkarten konnte nicht selten auch eine denunziatorische<br />
Funktion annehmen: Da wird das Elend der „exmittierten Steinarbeiter“ aus<br />
Strehlen (Schlesien) unter Beweis gestellt, die sich mit ihrem gesamten Hausrat auf freiem<br />
Feld wiederfinden, da wird des Maschinenmeisters und Tarifobmanns Johann Solingers aus<br />
Tetschen gedacht, der „durch den Streikbrecher-Agenten Paul Keiling“ erschossen worden<br />
sei, oder es wird in vielfältigen Abwandlungen die Polizei, in Frankreich häufig auch die<br />
Armee, als Hilfsorgane der Unternehmermacht bloßgestellt.<br />
Das repressive Vereins-, Demonstrations- und Streikrecht und die im wilhelminischen Reich<br />
übliche, schikanöse Rechtsprechung gegen das Streikostenstehen, gegen öffentliche Streiksammlungen<br />
und Streikumzüge dürften wichtige Ursachen für den Mangel an dokumentarischer<br />
Bildberichterstattung über deutsche Arbeitskämpfe ausmachen. So wurde die<br />
deutsche Arbeiterbewegung weit stärker als die französische auf die stille Organisationsarbeit<br />
im Verein, hinter die verschlossenen Türen der Versammlungssäle und in die sozialistischen<br />
Kulturorganisationen zurückgedrängt. Der Arbeitskampf wurde schnell zur Vereins-,<br />
ja zur Verbandssache (typisch dafür die allegorische Streikpostkarte aus Wien, auf der mitgeteilt<br />
wird: Der Streik endete „mit einem Sieg der Organisation“, d. i. der Gewerkschaft). In<br />
Frankreich hielten sich demgegenüber bis 1914 die spontaneren Formen der Streikorganisation:<br />
die Vollversammlung der Streikenden, das ad-hoc gewählte Streikkomitee und das<br />
öffentliche Sammeln von Streikunterstützung, obwohl auch hier wie in Deutschland über<br />
Dreiviertel aller Streiks von Gewerkschaftsseite geführt wurde.<br />
Die Ausgrenzung aus der wilhelminischen Gesellschaft hatte für die sozialdemokratische<br />
Arbeiterbewegung das Sicheinrichten in der Subkultur der sozialistischen Arbeiterkulturvereinen<br />
zur Folge, die in den Maifestzeitungen und den allegorischen Festpostkarten, aber<br />
auch in der satirischen Presse ihren bildhaften Ausdruck fand. Demgemäß überwiegen in<br />
der deutschen Streikikonografie die allegorischen bzw. satirisch-kämpferischen Darstellungen.<br />
Aber auch darin kommt an vielen Beispielen das zum Ausdruck, was auch die dokumentarischen<br />
oder sozialkritischen Streikpostkarten zeigen: der Stolz derjenigen, die mit ihren<br />
eigenen Händen die Werte dieser Welt erschaffen haben.<br />
Gerade karikaturistische Streikdarstellungen thematisieren diesen Stolz, in dem Streikbrecher<br />
(auch Polizisten) als unfähige oder unbrauchbare Arbeitskräfte dargestellt werden<br />
19 Saul, Zwischen Repression und Integration.<br />
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