Duch zakladatelů - Collegium Bohemicum
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Bauarbeiter ausgesperrt worden, weil die Arbeitgeberseite mit aller Gewalt einen reichsweit<br />
gültigen Tarifvertrag durchsetzen wollte, mit dessen Hilfe jegliche Art lokaler Lohn- oder<br />
Arbeitszeitverbesserung unterbunden und die Gewerkschaften finanziell in die Knie gezwungen<br />
werden sollten. Der Kampf hatte die Gewerkschaften 8,8 Millionen Mark gekostet. Die<br />
Botschaft der Zittauer Postkarten ebenso wie die vieler anderer dokumentarischer Streikpostkarten<br />
ist eindeutig: Der Streik ist kein Tumult, sondern eine wohlgeordnete, kompetent<br />
organisierte Angelegenheit. Damit wird den im Stil der Historienmalerei gestalteten Darstellungen<br />
vieler Gravuren und Ölbilder (Abbildungen) direkt widersprochen.<br />
Den geordneten, ruhigen Ablauf unterstreichen auch vielfältige Darstellungen aus dem<br />
Ausland, bei denen immer wieder die vielköpfige Menge der Wartenden oder Marschierenden<br />
abgebildet wurde. Einen ähnlichen Eindruck von Ruhe und Ordnung vermitteln die<br />
Abbildungen zur „Erinnerung an den Bergarbeiter-Streik im Ruhrgebiet 1905“, „Gruß aus<br />
dem Mansfelder Streikgebiet“ und „Streikposten als – ‚Verkehrshindernis‘“.<br />
Das Bild der Ruhe und Ordnung wird auf diesen, wie auf vielen anderen Streikpostkarten<br />
auch durch den Umstand unterstrichen, dass Streikende (1905 an der Ruhr ebenso wie 1910<br />
im Mansfeldischen, bei den Wiener Schneidern 1903 wie bei den dortigen Typographen<br />
1914, beim Generalstreik in Zürich 1912 oder in Holland 1903 wie bei der soupe communiste<br />
in Graulet (1911) oder Fougčres (1907) sich bewusst in Ausgeh- oder Sonntagskleidern, mit<br />
Hut, Krawatte, feinen Kleidern oder frischgebügelten, weißen Schürzen zeigten. Mag bei<br />
den bewusst gestellten Gruppenbildern die natürliche Eitelkeit eine Rolle gespielt haben, so<br />
unterstreicht dieser Umstand doch auch die Tatsache, dass Streiken und Feiern zwei Seiten<br />
derselben Medaille waren.<br />
Das weit freiere französische Demonstrationsrecht eröffnete naturgemäß den Gefühlen<br />
der Streikenden auch größere und spontanere Artikulationsmöglichkeiten. Allen voran sei<br />
der demonstrative Streikumzug meist mit improvisierter roter Fahne, manchmal auch mit<br />
einem Musikcorps an der Spitze erwähnt. Nicht selten sind es Frauen oder Mädchen, die<br />
das proletarische Symbol der roten Fahne tragen, die fast durchweg die republikanische<br />
Trikolore verdrängt hat. Der Streik macht Spaß; man lacht und freut sich, sei es beim Demonstrieren,<br />
bei der gemeinsamen Streikmahlzeit, beim Posieren für den Fotografen oder beim<br />
Kartoffelschälen mit Streikführer, Bürgermeister und sozialistischem Abgeordneten.<br />
Aber auch Soldaten lachen und winken in die Kamera. In Indret spielte eine gewerkschaftliche<br />
Musikgruppe die „Internationale“ vor dem Schloss des Fabrikanten.<br />
Auch für deutsche Arbeitskämpfe sind derartige festliche Begleitumstände überliefert, ohne<br />
dass wir Bildmaterial besitzen. So wanderten Mühlhausener Textilarbeiterinnen 1890 regelmäßig<br />
ins Gründ und kamen erst abends „blumenbekränzt“ wieder zurück. 18 Auch Ruhrbergarbeiter<br />
gestalteten derartige Streikumzüge, die – wie schon in Mühlhausen – vielfach<br />
dazu genutzt wurden, andere Fabrikbelegschaften zur Teilnahme am Streik aufzufordern. Bis<br />
18 Boll, Arbeitskämpfe, Kapitel IV, 5.<br />
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