Duch zakladatelů - Collegium Bohemicum
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der Commune (1870/71), sondern der Proletarier aus den Kohlengruben, die Proletarierin<br />
der Textilfabriken wurden zum Symbol der sozialen Kämpfe.<br />
Die Attraktivität des Spektakulären<br />
Im Vordergrund der Bildberichte stand naturgemäß das Sensationelle, das spektakuläre<br />
Ereignis, der Tumult: der Fenstersturz des Ingenieurs Watrin durch die aufgebrachten Bergarbeiter<br />
von Décazeville (1886) der Einsatz der Polizei oder gar der der aufmarschierten<br />
Truppen (Ölgemälde von Roll), die Konfrontation der in kriegsmäßiger Linie aufgereihten<br />
Infanterie auf dem Kirchplatz des nordfranzösischen Textilstädtchens Fourmies (1891), mit<br />
Darstellung der Fusillade und den 20 erschossenen Maidemonstranten (vorwiegend Frauen,<br />
Jugendliche und Kinder), verlassene Hafen- oder Gleisanlagen anläßlich großer Streiks von<br />
Hafenarbeitern oder Eisenbahnern, die Tumulte anläßlich von Kutscher- oder Trambahnstreiks.<br />
Da es sich bei den Darstellungen der 1880er und 1890er Jahre vorwiegend um<br />
Zeichnungen oder um Gravuren (oft nach photographischen Aufnahmen gestaltet) handelte,<br />
konnte der Künstler auch eigene Beobachtungen in die Darstellung einbringen. Viele<br />
dieser frühen Bilder enthalten daher im Gegensatz zu den späteren Photographien gestalterische<br />
Elemente, wie sie bei Koehler oder Roll bereits Verwendung gefunden hatten: das<br />
Steineaufheben oder Steinewerfen (Kellnerstreik in Paris 1888), die geballte Faust, der<br />
kampfbereite, mit einem Knüppel bewaffnete Arm, die flüchtenden oder heranlaufenden<br />
Personen (Kinder, Polizisten), die blanke Waffe der meist berittenen Polizei, der umgestürzte<br />
Baukarren, die miserabel gekleideten Frauen und Kinder (Koehler, die Armen von St.<br />
Quentin), die stillende Frau als Ausdruck des Arbeiterelends (Roll). Derartige Motive, vor<br />
allem die in künstlerischer und satirischer Darstellung meist vorhandenen Knüppel- oder<br />
Kampfszenen, finden sich bei den ab 1900 aufkommenden Streikpostkarten kaum noch<br />
wieder. Zum einen ließen die langen Verschlusszeiten der damaligen Fotoapparate es selten<br />
zu, schnelle Bewegungen (laufende Menge, Steinewerfen, schlagende Polizei) zu fotografieren.<br />
Außerdem blieben derartige Gewaltvorfälle im Zusammenhang mit Streiks auch in<br />
Frankreich äußerst selten. Perrot hat für 1871–1890 konstatiert, dass nur in 3,6 % aller Arbeitskämpfe<br />
Gewalt angewandt wurde, bei 5,6 % kam es zu handgreiflichen Auseinandersetzungen<br />
zwischen Arbeitern. 9<br />
Der Streik als Auslöser für Sozialforschung.<br />
Sozialkritik und dokumentarische Bildberichterstattung<br />
„Der Streik ist ein Ereignis, das spricht und von dem man spricht. Wegen ihm und um ihn<br />
herum, vervielfältigen sich die Beobachtungen, werden die Griffel gespitzt; nicht nur die der<br />
Ordnungshüter, auch die der Chronisten und Erzähler, die der Journalisten, die der Streik in<br />
die Arbeiterquartiere lockt [...]“ (Michelle Perrot). 10 Trotz der immer wieder dominierenden<br />
9 M. Perrot, Les ouvriers en grève, 2 Bde., Paris u. a. 1974.<br />
10 M. Perrot, Jeunesse de la grève, Paris 1984, S. 13 f.<br />
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