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Duch zakladatelů - Collegium Bohemicum

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jedoch sprach man von einer regelrechten Streikepidemie, von „Streikfieber„ oder von „complottmäßigen<br />

Arbeitseinstellungen„. Auf Grund eines weltweiten, rapiden Konjunkturanstiegs,<br />

der die jahrelange sogenannte Große Depression zu beenden schien, entwickelte<br />

sich ab 1888 eine in ihren Ausmaßen bisher unbekannte Streikwelle. Auch die bürgerliche,<br />

vor allem die Wirtschaftspresse nahm regen Anteil an dieser Entwicklung, weil sie die Streiks<br />

als „Barometer für die Prosperität„ betrachtete. Außerdem schlugen größere Arbeitskämpfe<br />

unmittelbar auf die Börsenkurse durch. Schließlich spekulierte man, ob nicht irgendwo „ein<br />

internationales Komitee bestände, das die Fäden in der Hand hält“ („Baugewerks-Zeitung“,<br />

27.2.1889). In der von der Frühjahrskonjunktur besonders abhängigen Bauwirtschaft hieß es:<br />

„[...] in fast allen großen Städten Norddeutschlands [...], in Italien, wo Rom, Neapel und<br />

Mailand in die Aktion getreten sind mit dem Feldgeschrei ‚Anarchismus, Atheismus und<br />

Kommunismus‘, in Frankreich, wo es hauptsächlich Paris ist, in Belgien bereiten sich große<br />

Arbeitseinstellungen vor. Ihren Mittelpunkt scheint die Bewegung in der Schweiz zu haben,<br />

denn von dort aus gelangen sozialdemokratische Flugblätter und Zeitungen in die ganze<br />

Welt.“<br />

Gegenüber vorangegangenen Phasen intensiver Streiktätigkeit wie 1848 oder während<br />

der Gründerjahre vor und nach dem deutsch-französischen Krieg hatten sich um 1890 zwei<br />

Dinge grundlegend geändert: die internationale Ausbreitung des Streiks als dem bevorzugten<br />

Kampfinstrument der Arbeiterschaft und damit die weitgehende Ablösung des Aufstands<br />

durch den Streik. Die kollektive Arbeitsniederlegung war zu einer fast alltäglichen Begleiterscheinung<br />

der Industriewirtschaft geworden, ohne dass dies zu ständigen Revolten oder gar<br />

Revolutionen geführt hätte. Auch wenn gerade in Frankreich eine vielfältige Revolutionsmetaphorik<br />

in den Liedern und Slogans der Streikenden Verwendung fand, die Praxis des<br />

Arbeitskampfes verband sich mit Begriffen wie „Lohnbewegung“, „Tarifstreit“, „Minimallohn“<br />

oder mit der Forderung nach einem „gleichmäßigen Lohnsatz“, der „schriftlich auf ein<br />

Jahr zu bewilligen sei“. Diese Veränderungen spiegelten sich in der illustrierten Presse nur<br />

zu einem geringen Teil wider.<br />

Das Symbol der Zeit war nun nicht mehr die Barrikade der revoltierenden Bürger, sondern<br />

der Massenauflauf der streikenden Proletarier. Auch die Orte der Ereignisse hatten sich<br />

geändert: Waren früher die politischen Hauptstädte die Zentren der Bewegung, so kamen<br />

nun die industriellen Ballungsgebiete z. T. auch die fast unbekannten Industriedörfer in die<br />

Schlagzeilen. Auch dafür ist das Koehlersche Bild ein guter Beleg: Die isolierte Industrieanlage<br />

auf freiem Feld, umgeben allenfalls von Arbeitersiedlungen, wird zum Kristallisationskern<br />

der neuen sozialen Protestbewegung. Auf diese Weise haben in Frankreich umfangreiche<br />

Bildberichte über Berg- und Textilarbeiterstreiks das Bild des Arbeiters dieser Zeit nachhaltig<br />

geprägt. Von den größeren Streikberichten in der „Illustration“ zwischen 1881 und<br />

1891 entfielen allein 7 auf Bergarbeiterausstände, je 2 auf Streiks von Textilarbeiter(innen)<br />

und Erdarbeitern sowie je 1 auf solche von Kutschern, Kellnern, Eisenbahnern und Glasbläsern.<br />

Nicht mehr das Pariser Volk (Handwerker, Kleingewerbetreibende) aus der Zeit<br />

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