Duch zakladatelů - Collegium Bohemicum
Duch zakladatelů - Collegium Bohemicum
Duch zakladatelů - Collegium Bohemicum
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
einen allegorischen Inhalt oder eine künstlerisch gestaltete Form. 7 Erst mit dem Ersten<br />
Weltkrieg hätten sich diese Unterschiede angeglichen.<br />
Darstellungen zur deutschen politischen Satirik sind hier in Einzelfällen berücksichtigt. Sie<br />
bilden eine eigene, in beiden Ländern gern benutzte Stil- und politische Kampfform, die die<br />
Fülle der dokumentarischen Bildberichterstattung über Arbeitskämpfe in Frankreich jedoch<br />
nicht heranreicht.<br />
Was sagen die erwähnten Unterschiede über die beiden Arbeiterbewegungen aus? Eine<br />
erste Antwort auf diese Frage soll die genauere Analyse bildlichen Streikdarstellungen ermöglichen.<br />
Die Streikdarstellungen der illustrierten Presse<br />
Als es um 1900 üblich wurde, von größeren Arbeitskämpfen Postkarten anzufertigen,<br />
hatte der Streik bereits ein festumrissenes Image. Deutsche, vor allem aber französische und<br />
gelegentlich auch englische Illustrierte hatten zuerst mit Gravuren und Karikaturen, später<br />
mittels photographischer Aufnahmen über diese immer beliebtere, immer häufiger angewandte<br />
Kampfinstrument der Arbeiterschaft berichtet. Wie bei anderen, besonders häufigen<br />
Bildberichten, z. B. über Naturkatastrophen, Eisenbahnunfällen, Staatsbesuchen,<br />
Einweihungen neuer Gebäude oder Schiffstaufen, dominierte auch beim Arbeitskampf das<br />
Spektakuläre des Ereignisses. Die großen Arbeitskämpfe der 1880er Jahre (vor wie nach der<br />
Entstehung des Koehlerschen Ölgemäldes) waren bereits Medienereignisse für die schreibende<br />
wie für die bildnerische Zunft. Allerdings eilte in dieser Hinsicht die Medienöffentlichkeit<br />
in Frankreich und ab 1886 auch in den USA der Entwicklung in Deutschland und<br />
England voraus.<br />
Die europäische Klassenkampfwelle von 1889/93<br />
Für die schreibende Zunft änderte sich dies schlagartig mit dem 1888 einsetzenden Konjunkturaufschwung,<br />
der den entscheidenden Anstoß zum großen Bergarbeiterausstand von<br />
1889 gab und in der allgemeinen Aufbruchstimmung der erstmaligen Feier des 1. Mai 1890<br />
noch spürbar war. Es verging vor allem während der Frühjahrsmonate kaum ein Tag, an dem<br />
nicht auch in Deutschland über neue ‚Strikes‘ zu berichten gewesen wäre. Die bürgerliche<br />
wie die Arbeiterpresse musste während der Monate April/Mai/Juni ihren Blattumfang allein<br />
wegen der Streikberichte regelmäßig um eine oder zwei Seiten erweitern. 8 Während es in<br />
den voraufgegangenen Jahren seit etwa 1875 weitgehend ruhig geblieben war, traten Streiks<br />
ab Mitte der 1880er Jahre auch in deutschen Industriestädten wieder verstärkt auf. Ab 1888<br />
7 K.-D. Pohl, Allegorie und Arbeiter. Bildagitatorische Didaktik und Repräsentation der<br />
SPD 1890-1914, Diss., Osnabrück 1986.<br />
8 F. Boll, Arbeitskämpfe und Gewerkschaften in Deutschland, England und Frankreich.<br />
Ihre Entwicklung vom 19. zum 20. Jahrhundert, Bonn 1992, Kapitel 3 – Diese Arbeit wird<br />
auch für die folgenden Ausführungen zugrunde gelegt.<br />
25