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Duch zakladatelů - Collegium Bohemicum

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war bereits ein besonderer, wenn nicht sogar der wichtigste Höhepunkt der Verbreitung<br />

illustrierter Post- oder Ansichtskarten erreicht. Keine Stadt, keine Brücke, keine Straße, die<br />

nicht abgelichtet und feilgeboten worden wäre. Auf etwa 600 Millionen Exemplare, das<br />

sind 15 pro Einwohner, schätzte man die Gesamtauflage der französischen Ansichtskarten im<br />

Jahre 1906. 3 Darunter bildeten die Ansichtskarten sozialen Inhalts naturgemäß eine Minderheit;<br />

noch geringer war die Zahl der Streikpostkarten. Diese Darstellungen bieten einen<br />

außerordentlich wertvollen Zugang zur sozialen Konfliktgeschichte. Sie sind bisher noch nicht<br />

wissenschaftlich ausgewertet worden und wurden anlässlich einer kurzen Ausstellung im<br />

Deutschen Historischen Museum 1992 zum ersten und bisher einzigen Mal in Deutschland<br />

gezeigt.<br />

Die international größte Sammlung von Streikpostkarten, die Collektion Georges Bossi,<br />

Paris, enthält etwa 450 Einzelstücke, davon betreffen allein 365 Karten französische Arbeitskämpfe<br />

des Zeitraums 1901 – 1914. 4 Die Zahl der für diese Ausstellung zusammengetragenen<br />

Streikpostkarten, die sich auf deutsche Arbeitskämpfe beziehen, dürften höchstens ein Zehntel<br />

der französischen ausmachen. Vergleicht man die Gruppe der künstlerisch gestalteten Mai-<br />

Festpostkarten beider Länder, so kehrt sich das Verhältnis um. Der größte Teil der deutschen<br />

Arbeiterbewegungspostkarten entfällt zweifelsohne auf die bekannten Erste-Mai-Festpostkarten.<br />

5<br />

Diese quantitativen Unterschiede finden sich auch in der illustrierten Presse. Während die<br />

führende französische Illustrierte der Zeit, L’ illustration, zwischen 1900 und 1910 rund 111<br />

Gravuren und Bilder zum Thema Streik veröffentlichte 6 , brachte die vergleichbare Leipziger<br />

Illustrierten nur eine Handvoll derartiger Darstellungen, von denen sich die Mehrzahl noch<br />

zudem auf ausländische Arbeitskämpfe bezog. Die genannten Unterschiede lassen sich ergänzen<br />

durch Erfahrungen aus der Szene der Postkartenhistoriker. Der Münchener Sammler<br />

Karl Stehle, der vermutlich die größte Zahl deutscher Streikpostkarten zusammengetragen<br />

hat, berichtet die unter seinen Kollegen weitverbreitete Meinung, dass rund 90 % der deutschen<br />

Arbeiterbewegungspostkarten von Künstler aus dem Umkreis der Sozialdemokratie<br />

geschaffen und von Arbeiterbewegungsverlagen publiziert worden seien. Im Unterschied<br />

zu den Postkarten aus der französischen Arbeiterbewegung, die vornehmlich dokumentarischen<br />

Charakter hätten (überwiegend Fotografien) und aus einer Vielzahl von gerade auch<br />

lokalen Verlagen stammten, hätten vergleichbare Postkarten aus Deutschland fast durchweg<br />

3 M. Rébérioux, La carte postale de grève: propos sur une collection et une exposition,<br />

in: Le Mouvement social, Nr. 131, 1985, S. 135.<br />

4 Cartes postales des grèves 1901-1914, Montreuil 1984 (Collection Georges Bossi,<br />

Ausstellungskatalog). Die Sammlung wird im Stadtarchiv von Montreul verwahrt.<br />

5 Entsprechende Sammlungen besitzt u. a. das Archiv der sozialen Demokratie, Bonn, und<br />

die Historische Kommission zu Berlin.<br />

6 G. Noiriel, Les ouvriers dans la société française XIXe-XXE siècle, Paris 1986, S. 107.<br />

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