Seniorenpost 2009/2 - Stiftung Diakoniestation Kreuztal
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Kurz darauf kehrte meine Mutter zurück; sie hatte auch<br />
noch ein Stück Wurst für das Abendessen mitgebracht.<br />
Als sie zur Vorbereitung der Mahlzeit das Brotfach des<br />
Küchenschrankes öffnete, bemerkte sie das leicht lädierte<br />
Brot und fragte mich natürlich, was ich da wohl angestellt<br />
habe, und ob ich denn „nur das trockene Brot“ gegessen<br />
habe. Ich habe ihr daraufhin mit dem Brustton der Überzeugung<br />
gesagt: „Mama, wenn mer (man) Hunger hat,<br />
dann schmeckt auch TROCKENBROT !!!“ Diese Erkenntnis<br />
habe ich nicht im Kopf behalten; sie wurde mir in späteren<br />
Jahren von meinen Eltern erzählt, in einer Zeit (50er<br />
Jahre), in der schon wieder alles vorhanden war, in der der<br />
Mangel behoben war, in der zum Abendbrot wieder 3 - 4<br />
Sorten Wurst, mehrere Käsearten und v.a.m. aufgetischt<br />
wurden. Ich habe damals erst mit dem Erwachsenwerden<br />
den tieferen Sinn meiner kindlichen Erkenntnis verstanden<br />
und bekomme heute noch „eine Gänsehaut“, wenn ich die<br />
Geschichte zum Besten gebe … die Gänsehaut läuft aber<br />
auch so manchem meiner Zuhörer über den Rücken, insbesondere<br />
denen, die so etwa in meinem Alter sind.<br />
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Mein Hütchen<br />
Das Angebot neuer Kleider lag nahe Null. Also war Ändern,<br />
Färben, Wechseln und Wenden angesagt. Dabei war der<br />
Fantasie der Frauen keine Grenzen gesetzt. Hier passt<br />
die Geschichte von meinem „Hütchen“.<br />
Meine Mutter besaß aus Vorkriegszeiten einen dunkelgrünen,<br />
weichen Filzhut; für sie war er nicht mehr tragbar<br />
und unter heutigen Umständen wäre er sicher im Lumpensack<br />
geladet. Nicht so in der Nachkriegszeit. Meine<br />
Mutter war mit einer Putzmacherin befreundet. Beide<br />
Frauen hatten dann die glorreiche Idee, den alten Filzhut<br />
in ein „Jägerhütchen“ für den Filius umzumodeln. Gedacht<br />
- getan und schon nach wenigen Tagen trug ich - stolz wie<br />
Oskar - mein neues Jägerhütchen. Der absolute Knüller<br />
war eine mindestens 20 cm lange Feder von einem Hahn<br />
aus der Nachbarschaft. Eine Hose aus Kunstleder und ein<br />
grobes kariertes Sporthemd (ebenfalls Vorkriegsware aus<br />
Beständen der Verwandschaft) vervollständigten mein<br />
forstmännisches Outfit. Dass ich mit dieser Montur in der<br />
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ganzen Nachbarschaft auffiel, sei nur am Rande erwähnt.<br />
Mein Spaß und die Freude meiner Familie über diese außergewöhnliche<br />
Kleidung währte allerdings nicht sehr<br />
lang. An einem ungemültichen Herbsttag im November<br />
1947 stand ich mit meiner Mutter auf einer Brücke, die<br />
über die Hochwasser führende Ferndorf führte. Meine<br />
Mutter unterhielt sich mit einer Bekannten, die uns ausgerechnet<br />
mitten auf der Brücke entgegen kam.<br />
Da ich aus optischen Gründen das Gummiband des Hutes<br />
nicht unter dem Hals führte, passierte es: ein kräftiger<br />
Windstoß blies mein Jägerhütchen im hohen Bogen in<br />
das tiefe Wasser, und schon war es auf Nimmer-Wiedersehen<br />
verschwunden. Meine Enttäuschung war so groß,<br />
dass ich nach Aussage meiner Mutter noch tagelang bittere<br />
Tränen vergossen habe.<br />
Das Neue Fahrrad<br />
Da war ich doch einen Sommer lang der König des Viertels -<br />
im Sommer 1947 nämlich. Und das kam so zustande:<br />
Mein Vater, der als Montagemeister für eine Siegerländer<br />
Stahlbaufirma tätig war, hatte eine große, lang andauernde<br />
Baustelle im Reichsbahn-Ausbesserungswerk Osnabrück<br />
zu betreuen. Aufgrund der weitläufigen Wege im<br />
Werksgelände wurde ihm von der Werksleitung eine funkelnagelneues<br />
- allerdings sehr einfaches - Fahrrad zur<br />
Verfügung gestellt. Nach Beendigung der Baumaßnahmen<br />
konnte er dieses Fahrrad behalten; er brachte es im Frühjahr<br />
1947 mit nach Hause; dadurch war ich plötzlich von<br />
einem Tag zum anderen der stolze Besitzer eines neuen<br />
Fahrrades.<br />
Die anderen Familien bzw. deren Kinder nutzten entweder<br />
alte, schon stark lädierte Fahrräder, Roller u.ä. oder sie<br />
waren auf die Großzügigkeit der Freunde angewiesen,<br />
dass sie deren Spielgeräte auch einmal benutzen durften.<br />
Großer Beliebtheit erfreuten sich auch Seifenkisten, die<br />
wir aus bunten Brettern und Achsen/Rädern von alten<br />
Kinderwagen - unterstützt durch einige ältere Jungen aus<br />
der Nachbarschaft - zusammenbauten. Hiermit wurden regelrechte<br />
Rennen auf einer abschüssigen Straße gestartet.<br />
Das war jedoch alles nichts gegen mein neues Fahrrad.<br />
Der Witz war allerdings, dass ich mit 7 Jahren noch zu<br />
klein war, um das 28er Herrenrad ordentlich zu fahren.<br />
Ich nutzte es also als Roller mit dem rechten Fuß auf der<br />
linken Pedale. Doch schon sehr bald konnte ich auch fast<br />
richtig fahren, indem ich das rechte Bein unter der Stange<br />
hindurch auf die Pedale setzte - zugegeben etwas umständlich<br />
und vor allem sehr unbequem.<br />
Bereits kurz nach Schulende versammelten sich die größeren<br />
Jungen der Nachbarschaft vor unserem Hause und<br />
warteten ungeduldig auf mich - nein auf mein Fahrrad<br />
natürlich. Nach Plan und für genau 10 Minuten - abgelesen<br />
an der nahen Kirchturmuhr - durfte dann jeder das<br />
Rad nutzen und wehe, einer kam auch nur eine Minute zu<br />
spät zurück. Ich hatte plötzlich Freunde, die schon 12 - 14<br />
Jahre alt waren, also fast doppelt so alt wie ich, und sie<br />
waren mir alle wohl gesonnen.<br />
Bald war ich dann auch groß genug, um „über der Stange<br />
zu fahren“; der Sattel - immer noch zu hoch - wurde durch<br />
einen fest gewickelten Sack ersetzt. Dadurch waren die<br />
„Verleihzeiten“ auch deutlich kürzer und siehe da, auch<br />
der „Freundeskreis“ verringerte sich wieder auf ein Normalmaß.<br />
Das Fahrrad begleitete mich dann bis zum 14. Geburtstag;<br />
an diesem Tag schenkten meine Eltern mir ein tolles<br />
Sportrad; das Modell Baujahr 1947 wurde verschrottet...<br />
...und ich war einen Sommer lang König des Viertels.<br />
Der Lederball<br />
Für Jungen - unabhängig vom Alter - gibt es sicher kein<br />
wichtigeres Spielzeug als einen Ball; das ist heute so und<br />
das war auch vor 60 Jahren - also in der Nachkriegszeit - so.<br />
62 Erinnerungen - Die Nachkriegszeit Erinnerungen - Die Nachkriegszeit 63