DAS RECHT DER TIERE DAS RECHT DER TIERE - Bund gegen ...
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Das Recht der Tiere 4/2012<br />
12<br />
cher in der Regel optisch ansprechender<br />
als bspw. die oben erwähnten kleinen<br />
Vogelvolieren. Aber beide Haltungssysteme<br />
sind aus Gründen des<br />
Tierschutzes inakzeptabel, wenn den<br />
untergebrachten Vögeln ihre arteigene<br />
Fortbewegungsweise, das Fliegen, verwehrt<br />
wird.<br />
Die von vielen Zoos schön gestylten<br />
Freianlagen mit verschiedensten Wasservogelarten<br />
entpuppen sich somit als<br />
"Potemkische Dörfer des Tierschutzes".<br />
Letztlich bleibt es ein rein ökonomischer<br />
Grund, Tiere für das Haltungssystem<br />
"zurechtzuschneiden". Damit<br />
wenden die Zoos ein tierschutzwidriges<br />
Prinzip an, das in intensiven Nutztierhaltungen<br />
(z.B. Schnäbelkupieren von<br />
Geflügel, Schwänzekupieren bei Ferkeln)<br />
millionenfache Anwendung findet:<br />
Die Tiere werden an ihre Haltungsumwelt<br />
angepasst - notfalls<br />
durch operative Eingriffe.<br />
Der umgekehrte Weg wäre aber tiergerecht<br />
und ethisch vertretbar: Die<br />
Haltungsumwelt hat sich an den Bedürfnissen<br />
der Tiere zu orientieren. Somit<br />
verstoßen Zoos <strong>gegen</strong> ihre eigenen<br />
ethischen Grundsätze der Tierhaltung.<br />
So fordert der Weltzooverband (WAZA)<br />
in seinen "Grundsätzen für Tierschutz<br />
und Ethik" von allen seinen Mitgliedern,<br />
dass sie sicher stellen sollen,<br />
dass alle Tiere in ihrer Obhut mit der<br />
"größten Rücksicht" behandelt werden,<br />
ihr "Wohlergehen höchste Priorität" habe.<br />
Gesetzliche Vorgaben im Tierschutz<br />
sollten stets als "Mindestanforderungen"<br />
betrachtet werden.<br />
Hin<strong>gegen</strong> ist es schon bedauerlich, wie<br />
einige Zoos diese Problematik insgesamt<br />
herunterspielen. So wird teilweise<br />
die Notwendigkeit voll funktionsfähiger<br />
Flügel für die in Freianlagen gezeigten<br />
Vögel sogar grundsätzlich in<br />
Frage gestellt, da die Vögel ja dort<br />
ausreichend Futter erhielten, einen<br />
Brutpartner hätten und keine Gefahr<br />
vor Fressfeinden drohe. Nicht nur aus<br />
biologischer und tierärztlicher Sicht ist<br />
diese Sichtweise falsch, sie wirft auch<br />
ein ungutes Licht, mit welchem Tierverständnis<br />
offensichtlich einige Zoos<br />
Tiere präsentieren.<br />
Die Flügel der Vögel dienen nämlich<br />
nicht nur zur artgemäßen Fortbewegung<br />
in der Luft (teilweise auch unter<br />
Wasser) - sie haben zudem große Bedeutung<br />
bei der Ventilierung der Luftsäcke,<br />
der innerartlichen Kommunikation,<br />
beim Fortpflanzungsverhalten, für<br />
den Gleichgewichtssinn und bei der<br />
Thermoregulation. Wissenschaftlich<br />
belegt ist, dass der Verlust der Flugfähigkeit<br />
zu Stoffwechsel- und Faktorenerkrankungen<br />
führen kann. Keineswegs<br />
zu unterschätzen ist, dass der<br />
operative Eingriff selber mit erheblichem<br />
Tierleid und gesundheitlichen Risiken<br />
für die Tiere verbunden ist. Wird<br />
dann noch eine Methode gewählt, die<br />
an sich schon ein hohes Risiko birgt<br />
und erfahrungsgemäß mit schlechten<br />
praktischen Erfahrungen verbunden ist<br />
und wird dieser Eingriff zudem nicht<br />
von einem erfahrenen Tierarzt ausgeführt,<br />
ist weiteres Leid vorprogrammiert.<br />
Aus Sicht des <strong>Bund</strong>es <strong>gegen</strong> Missbrauch<br />
der Tiere ist es dringend geboten,<br />
diese tierschutzrechtlichen Verstöße<br />
sofort zu stoppen. Dass die<br />
zuständigen Stellen dies seit mehr als<br />
zehn Jahren ignorieren, lässt sich<br />
durchaus als Skandal titulieren. Der<br />
bmt hat sich, da es sich um ein<br />
bundesweites Vollzugsproblem handelt,<br />
mit zwei konkreten Forderungen<br />
an die Tierschutzreferenten der Länder<br />
gewandt:<br />
Erstens muss sichergestellt werden,<br />
dass das Amputationsverbot des Tierschutzgesetzes<br />
auch zukünftig keine<br />
Ausnahmen für zoologische Einrichtungen<br />
zulässt, selbst wenn durch den<br />
Eingriff die Vögel auf größeren Flächen<br />
für den Besucher besser präsentiert<br />
werden könnten.<br />
Da zoologische Einrichtungen auch eine<br />
Vorbildfunktion für andere Tierhalter<br />
im Umgang mit Tieren einnehmen,<br />
ist es unseres Erachtens wichtig, gerade<br />
hier konsequent das Tierschutzrecht<br />
anzuwenden. Denn viele private Halter<br />
von Vögeln, die ebenfalls ohne Rechtsgrundlage<br />
ihre Tiere flugunfähig machen,<br />
berufen sich nicht selten in Internetforen<br />
auf die gängige nicht<br />
rechtskonforme Praxis in den Zoos.<br />
Zweitens ist es notwendig, dass die zuständigen<br />
Veterinärbehörden über die<br />
rechtliche Situation informiert und angewiesen<br />
werden, Verstöße konsequent<br />
als Ordnungswidrigkeit zu ahnden.<br />
Sollten die Gespräche der<br />
Tierschutzreferenten nicht zu einem raschen<br />
Ende dieser tierschutzwidrigen<br />
Praxis führen, so wird der bmt den<br />
Gang zu den Gerichten wählen.<br />
Text: Torsten Schmidt<br />
Foto (unten): Petra Zipp<br />
Es geht auch ohne Tierquälerei: Im französischen Bioparc Doue-La-<br />
Fontaine werden den frei fliegenden Papageien nicht die Flügel gestutzt.<br />
Ihr Lebensraum wurde so gestaltet, dass die Vögel ihre artgerechten<br />
Bedürfnisse ausleben können