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fibz::familienmagazin

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Wenn Erfahrungen<br />

zum Trauma werden<br />

Hört man von traumatisierten Kindern, denkt<br />

man erst einmal an Kinder aus Krisen- oder<br />

Katastrophengebieten. Traumata entwickeln<br />

sich jedoch häufig auch als Folge von Missbrauch,<br />

Unfällen oder Verlusterfahrungen wie<br />

bei Scheidung und Tod. Das Thema kann also<br />

ganz schnell ganz nah sein.<br />

Fragen zum Thema beantwortet an dieser Stelle<br />

PD Dr. med. H. Adam, Chefarzt der Klinik für<br />

Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik<br />

des Kindes- und Jugendalters am Martin<br />

Gropius Krankenhaus GmbH Eberswalde.<br />

<strong>fibz</strong>: Herr Dr. Adam, wie kommt es zu einem<br />

Trauma?<br />

PD Dr. med. H. Adam: Ein seelisches<br />

Trauma kann bei Kindern entstehen,<br />

wenn die Möglichkeiten zur Bewältigung,<br />

die ein Kind selbst inne hat<br />

oder die von Eltern zur Verfügung gestellt<br />

werden, nicht ausreichen, mit einer<br />

äußeren Bedrohung fertig zu werden.<br />

Die Bedrohung kann aus einem<br />

einzelnen Ereignis bestehen (z.B. Verkehrsunfall),<br />

aus einer andauernden<br />

Periode von Bedrohung (z.B. schwere<br />

Erkrankung in der Familie) oder aus<br />

einzelnen Ereignissen, die erst in ihrer<br />

Summe über Monate oder gar Jahre<br />

hinweg zu bedrohlichen Zuständen<br />

werden (Umzug, Trennung der Eltern,<br />

Heimaufenthalt).<br />

6 <strong>fibz</strong> :: Familienleben<br />

coverfoto s.u.<br />

<strong>fibz</strong>: Wie erkenne ich, ob eine Situation für ein<br />

Kind zum Trauma werden könnte oder dass bereits<br />

ein Trauma vorliegt?<br />

PD Dr. med. H. Adam: Es gibt scheinbar<br />

einfache objektive Kriterien für<br />

eine traumatische Situation z.B. wenn<br />

Kinder Krieg, den Tod der Eltern oder<br />

Gewalt in der Familie erleben. Wie ist<br />

es aber mit Schulwechsel, Übergriffen<br />

in der Schule oder dem Verlust eines<br />

entfernten Familienmitgliedes? Letztlich<br />

hängt es von der Bedeutung ab,<br />

die das Kind dem Ereignis bzw. den<br />

Ereignissen gibt, ob es sich um eine<br />

traumatische Situation handelt oder<br />

nicht – und welche Reaktion daraus<br />

entsteht. Es gibt kein einheitliches<br />

Zeichen von seelischer Traumatisierung.<br />

Manche Kinder sind sehr ängstlich,<br />

wachen nachts auf oder fallen in<br />

frühere Verhaltensweisen zurück (z.B.<br />

Daumenlutschen). Andere ziehen sich<br />

zurück, vermeiden jeden Kontakt,<br />

werden traurig oder entwickeln unspezifische<br />

körperliche Beschwerden<br />

(z.B. Kopf- und Bauchschmerzen), insbesondere<br />

ältere zeigen auch häufig<br />

Wut und Ärger. Nach außen in Form<br />

von aggressiven Verhaltensweisen,<br />

aber auch nach innen, wenn sie sich<br />

selbst verletzen oder gar lebensmüde<br />

Gedanken entwickeln.<br />

<strong>fibz</strong>: Wie reagiere ich im Akutfall richtig und<br />

was kann ich bei einem verfestigten Trauma<br />

tun?<br />

PD Dr. med. H. Adam: Die meisten<br />

traumatischen Situationen, denen<br />

Kinder heute ausgesetzt sind, sind<br />

eher chronisch denn akut. Immer ist<br />

es jedoch richtig, den Kindern einen<br />

sicheren Ort zu vermitteln, sie mit bekannten<br />

vertrauten Bezugspersonen<br />

zusammenzubringen, Alltagsrituale<br />

wieder herzustellen und ihnen altersgemäß<br />

die bedrohliche Situation zu<br />

erklären. Hat man den Eindruck, das<br />

Kind könnte bereits an den Folgen eines<br />

seelischen Traumas leiden oder<br />

befürchtet man solches, sollte unbedingt<br />

ein Kinder- und Jugendpsychiater<br />

aufgesucht werden.<br />

<strong>fibz</strong>: Was geschieht bei einer professionellen<br />

Trauma-Therapie?<br />

PD Dr. med. H. Adam: Es gibt „Profis“<br />

aus unterschiedlichen Fachgebieten<br />

und sehr unterschiedliche so genannte<br />

„Trauma Therapien“. Die Betroffenen,<br />

Eltern, Kinder und Jugendlichen<br />

sollten sich die unterschiedlichen Ansätze<br />

ansehen und selbst entscheiden,<br />

was zur eigenen Situation passt -<br />

manchmal auch den „Profi“ wechseln.<br />

Leitlinien zur Behandlung in der Kinderpsychiatrie<br />

findet man unter www.<br />

dgkjp.de.<br />

In unserer Klinik behandeln wir Kinder<br />

und Jugendliche, indem wir ihnen<br />

Schutz durch beispielsweise eine<br />

stationäre Aufnahme anbieten und<br />

versuchen, eventuell aufgetretene<br />

Symptome zu reduzieren. Spezifische<br />

Übungen, Musik-, Kunst- oder andere<br />

Fachtherapien helfen, ängstliches<br />

Verhalten zu bewältigen und das<br />

Selbstwertgefühl zu steigern. Gefühle,<br />

die mit der traumatischen Situation<br />

zusammenhängen, sollen in Worte<br />

gefasst und damit dem Bewusstsein<br />

zugänglich werden.<br />

Traumatische Situationen enden<br />

nicht nach einer bestimmten Zeit<br />

oder dann, wenn das traumatische<br />

Ereignis vorüber ist. Zeit heilt nicht<br />

alle Wunden. Es muss eine qualitativ<br />

andere Situation entstehen - der<br />

Anfang von etwas Neuem. Bei dieser<br />

Auflösung und Überwindung spielen<br />

oft Schuldanerkennung, Wiedergutmachung,<br />

aber auch Sühne und Bestrafung<br />

eine Rolle.<br />

Hierfür sind viele Gespräche und altersangemessenepsychotherapeutische<br />

Spiele notwendig, die nicht nur<br />

das Kind sondern die gesamte Familie<br />

einbeziehen.<br />

<strong>fibz</strong>: Kann man Traumata vorbeugen, indem<br />

man Kindern vermittelt, wie sie mit Krisensituationen<br />

umgehen können?<br />

PD Dr. med. H. Adam: Ja, man kann<br />

Kinder stärken. Schon die Schwangerschaft<br />

und die ersten Lebensjahre<br />

sind wichtig. Zuwendung, Schutz und<br />

ein gemeinsames Einstimmen auf einander<br />

sind wesentliche Voraussetzungen<br />

zum Entstehen einer sicheren<br />

Bindung zwischen Kind und Eltern. Sicher<br />

gebundene Kinder können sich<br />

einerseits ohne Schuldgefühle von<br />

den Eltern lösen und die Außenwelt<br />

erkunden und wissen andererseits,<br />

wann und wo sie bei Gefahr Schutz erhalten.<br />

Eltern wiederum trauen ihren<br />

Kindern etwas zu, wissen allerdings,<br />

wo kindspezifische Gefahren lauern.<br />

Man kann Kinder und Jugendliche auf<br />

mögliche Gefahren wie z.B. einen neuen<br />

Schulweg oder nächtliches „Partymachen“<br />

am Wochenende hinweisen<br />

und schwierige Situationen mit ihnen<br />

im Vorfeld besprechen. Wichtig ist immer,<br />

dass man ihren Ängsten, Sorgen<br />

und Problemen zuhört und sich in ihre<br />

Welt hineinversetzt.<br />

<strong>fibz</strong>: Vielen Dank!<br />

Traumatherapie und Körperarbeit<br />

für Säuglinge, Kinder und Erwachsene<br />

Traumatherapie<br />

Osteopathie<br />

Cranio-Sacral-Therapie<br />

Ortho-Bionomy<br />

Terminvereinbarung: 03303 400544<br />

info@naturheilpraxis-marit-uhlig.com<br />

16556 Borgsdorf Breitscheidstr.2B<br />

Trauma und Verletzungen<br />

bei Kindern - ein<br />

ganzheitlicher Ansatz<br />

Familienheilpraktikerin Marit Uhlig aus Borgsdorf<br />

schildert hier nun, was bei einem vermeintlich<br />

lapidaren Sturz vom Baum passiert<br />

und was zu tun ist.<br />

Was geschieht im Körper des Kindes?<br />

Im Bereich der Verletzung, hier im<br />

Rücken und Nacken verriegelt die<br />

Muskulatur - eine überlebenswichtige<br />

Schutzreaktion vor Wirbelbrüchen.<br />

In der Folge haben die Kinder meist<br />

starke Nackenschmerzen, da sich die<br />

Verriegelung sehr langsam auflöst.<br />

Oft bleibt ein Rest Schutzspannung,<br />

der zu Konzentrationsstörungen und<br />

Kopfschmerzen führen kann. Im Nervensystem<br />

kommt es zu Verwirrung:<br />

Eben war das Kind noch auf dem<br />

Baum und nun liegt es unten. Das ist<br />

zu schnell fürs Nervensystem. Und zu<br />

schnell ist neben zu viel und zu oft<br />

eine Traumaursache. Das Nervensystem<br />

kleiner Kinder reagiert auch bei<br />

Bagatellverletzungen mit Panik, da<br />

es sich noch nicht selbst beruhigen<br />

kann. Zusätzlich wird Blut von Kindern<br />

als höchst bedrohlich erlebt: „Ich<br />

laufe aus.“<br />

Wie können Eltern traumapräventiv reagieren?<br />

Ob Verletzungen und Stürze bei Kindern<br />

traumatisierend wirken, hängt<br />

sehr von der Reaktion der Bezugspersonen<br />

ab. Panik der Eltern begünstigt<br />

Panik des verletzten Kindes! Wenn<br />

aus Sicht der Mutter keine unmittelbare<br />

Gefahr besteht (Straßenverkehr,<br />

bewusstloses Kind…), setzen Sie sich<br />

neben das Kind und berühren es<br />

sanft. Lassen Sie es realisieren, wo<br />

es jetzt liegt und beruhigen Sie sich<br />

selbst erst einmal. Hilfreich ist, den<br />

Boden unter Becken und Füßen zu<br />

spüren, sich umzuschauen und sich<br />

einzugestehen: Ich bin erschrocken.<br />

Wenn Sie sich beruhigt haben, gehen<br />

Sie mit ruhiger Stimme auf das Kind<br />

ein: „Du hast dir ja weh getan. Magst<br />

du auf meinen Schoß kommen?“<br />

oder „So ein Glück, der Kopf ist noch<br />

ganz“. Sehr wichtig ist Zeit. Viel Zeit.<br />

Das können zwanzig Minuten sein, in<br />

denen Sie das Kind halten, mit ihm<br />

sitzen und einfach nur da sind, damit<br />

das Nervensystem nachkommen<br />

kann. Wenn das Kind einen tiefen<br />

Atemzug macht, wieder beginnt, sich<br />

zu bewegen und sich umschaut, ist<br />

die „Sortierungszeit“ beendet. Zeit<br />

P. A. Levine, M. Kline:<br />

“Kinder vor seelischen<br />

Verletzungen schützen -<br />

Wie wir sie vor traumatischen<br />

Erfahrungen<br />

bewahren und im Ernstfall<br />

unterstützen können”,<br />

übersetzt aus dem<br />

Amerikanischen von<br />

Karin Petersen,<br />

Kösel 2010, 288 S.,<br />

ISBN: 978-3-466-30837-8<br />

17,95 €<br />

Elternratgeber von Traumaexperte Dr. P. A. Levine und<br />

Kindertherapeutin M. Kline zum Thema Kindertrauma.<br />

Einfach umsetzbare Rituale, Spiele und Alltagsideen<br />

stärken Selbstvertrauen und Widerstandskraft.<br />

Der Leser wird dafür sensibilisiert, dass nicht nur Erfahrungen<br />

von Gewalt oder Katastrophen traumatisieren<br />

können. Auch erschreckende medizinische Eingriffe,<br />

Stürze und Verlusterfahrungen wie Scheidung<br />

oder Tod können tiefe Spuren hinterlassen, die Kinder<br />

jahrelang belasten.<br />

Anzeigen<br />

<br />

Wenn Kinder<br />

und Jugendliche<br />

Sorgen haben ...<br />

Die Psychiatrische Institutsambulanz<br />

der Klinik für Psychiatrie,<br />

Psychotherapie und Psychosomatik<br />

des Kindes- und Jugendalters<br />

bietet Hilfe für Kinder<br />

und Jugendliche mit seelischen<br />

Problemen bzw. für Eltern oder<br />

Sorgeberechtigte, die seelische<br />

Probleme bei ihren Kindern<br />

vermuten.<br />

Ambulanz:<br />

0 33 34/ 53 – 701<br />

erreichbar ab 8.00 Uhr bis 16.30 Uhr,<br />

darüber hinaus über den<br />

Bereitschaftsdienst 0 33 34/ 53 – 0<br />

Wenn Eltern ratlos<br />

sind ...<br />

„Welch eine erleichternde<br />

Erfahrung, dass andere Familien<br />

ähnliche Probleme haben!“<br />

Hilfe zur Selbsthilfe für Familien<br />

mit Problemen und „auffälligen“<br />

Kindern bietet die<br />

Familientherapeutische Einheit.<br />

Sie ermutigt Eltern:<br />

• Problemursachen zu erkennen<br />

• ihre Kompetenzen zu stärken<br />

• Ressourcen zu suchen<br />

Ansprechpartner für Sie ist:<br />

Dipl.-Med. Christine Keller<br />

0 33 34/ 53 – 273<br />

0 33 34/ 53 – 400 Station K2

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