(PDF) Die Lupe, Ausgabe 03/2004 - Die Schweizerische Post
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Alte Holzfällregeln und die moderne Forschung<br />
Eines der Ziele der Holzforschung<br />
besteht darin, den Zusammenhang<br />
zwischen dem spezifischen Aufbau<br />
einer Holzart und deren Eigenschaften<br />
zu verstehen und daraus<br />
die optimalen Verwendungsmöglichkeiten<br />
abzuleiten.<br />
Von leichten Nadelhölzern zu schweren<br />
Laubhölzern zeigen sich grosse Unterschiede<br />
in den anatomischen, chemischen,<br />
physikalischen und technologischen<br />
Eigenschaften. Innerhalb einer<br />
bestimmten Holzart spielen aber auch<br />
der Standort des Baumes, das jeweilige<br />
Klima sowie das Alter des Baumes<br />
eine wichtige Rolle. Sehr früh wurde<br />
zudem festgestellt, dass der Erntemoment<br />
(Fällzeitpunkt) im Laufe der<br />
Jahreszeiten von Bedeutung sein kann.<br />
Fällregeln aus früheren Zeiten<br />
Schon unsere keltischen Vorfahren waren<br />
sowohl hervorragende Holz- und Metallhandwerker<br />
als auch grosse Pflanzenkenner,<br />
die ihr Leben nach dem Mondmonat<br />
organisierten. Man vermutet,<br />
dass die seltsamen auf dem Mondstand<br />
basierenden Holzfällregeln, die im Alpenraum<br />
und Jura noch weit verbreitet<br />
bekannt sind – und auch heute teilweise<br />
noch immer praktiziert werden –, auf<br />
keltisches Erfahrungswissen zurückzuführen<br />
sind.<br />
Aus dem Bündnerland sind zum Beispiel<br />
folgende Fällregeln bekannt (sie betreffen<br />
erstens die Jahreszeit, der eine übergeordnete<br />
Bedeutung zugeschrieben wird,<br />
dann die Mondphasen und die Situation<br />
➔<br />
12. In der Druckerei werden die einzelnen<br />
Furnierblätter mit der Selbstklebefolie<br />
versehen.<br />
18<br />
<strong>Die</strong> Produktion der Sondermarke<br />
des Mondes in einem bestimmten Tierkreiszeichen):<br />
� Fälle Holtz in letzten Tagen dieses<br />
Monats (Dezember), es währet lang.<br />
(Churer Schreibkalender 1708)<br />
� Bruuchholz (Nutzholz) schlagen am<br />
zweiten Tag Krebs nach Vollmond (nur<br />
im Winter). (Pany GR 1972)<br />
Aufschlussreich im Hinblick auf das<br />
frühere Empfinden der Holzqualitäten<br />
sind auch Regeln aus dem französischen<br />
Sprachraum:<br />
� Bois tendre en cours, bois dur en<br />
décours (weiches Holz bei Zunahme,<br />
hartes Holz bei Abnahme).<br />
� Le poinct de la Lune est remarquable,<br />
pour en croissant tailler le bois de<br />
chauffage, et en décours, celui des<br />
bastimens. (Der Zeitpunkt des Mondes<br />
ist interessant; bei Zunahme soll<br />
Brennholz und bei Abnahme Bauholz<br />
gefällt werden.)<br />
Auch andere Verwendungsformen mit<br />
spezifischen Eigenschaften werden<br />
mit einem «richtigen Fällzeitpunkt» in<br />
Zusammenhang gebracht: Schindeln,<br />
13. <strong>Die</strong> Furnierblätter werden in zwei kleine,<br />
druckfertige Streifen von 14�52 cm zugeschnitten<br />
und gereinigt.<br />
<strong>Die</strong> dickste Rottanne der Welt<br />
hat einen Stammdurchmesser<br />
von 1,84 Metern. Der Prachtsbaum<br />
steht im St. Galler<br />
Calfeisental und ist mehrere<br />
Hundert Jahre alt. Zum Vergleich:<br />
Rottannen im Mittelland werden<br />
meist nur 60 bis 80 cm dick und<br />
verfügen über ein Volumen bis<br />
zu 8 m 3 Holz – die Fichte im<br />
Calfeisental bringt es auf 22 m 3 .<br />
Mit dieser Holzmenge liesse sich<br />
der gesamte Dachstock für ein<br />
Achtfamilienhaus bauen.<br />
Foto: WSL, Birmensdorf/Lignum<br />
Pfeilbögen, Fassdauben, Brunnentröge.<br />
Bei der höchsten Wertschöpfungsform,<br />
im Musikinstrumentenbau mit<br />
«Resonanzholz», achtet noch mancher<br />
Fachmann auf ganz spezielle, mondbezogene<br />
Daten, die er oft als altes<br />
Berufsgeheimnis hütet.<br />
Forschungsprojekt über Fällzeitpunkt<br />
und Holzeigenschaften<br />
Eine Aufgabe der Wissenschaft in diesem<br />
Zusammenhang ist es, solche Aussagen<br />
kritisch zu prüfen und Fakten von Aberglauben<br />
zu trennen.<br />
Erste systematische Baumfällungen und<br />
Prüfungen von Holzproben nach holztechnologischen<br />
Standards, verglichen<br />
mit Resultaten von anderen Forschergruppen,<br />
ergeben ein zusammenhängendes<br />
Bild im Holzverhalten. Sie<br />
bestätigen, dass durch die Auswahl des<br />
Fällzeitpunktes grosse Unterschiede<br />
in den Holzeigenschaften erzielt werden<br />
können. An bestimmten Wintertagen<br />
vor Neumond gefällte Bäume liefern Holz<br />
mit anderem Trocknungsverhalten, einer<br />
14. Der Rakel der Siebdruckmaschine streicht die<br />
weisse Farbe durch die Druckschablone (Nylonsieb)<br />
auf das Furnier.