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Anzeigenverkauf : Umstrukturierung zur Gewinnerzielung

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<strong>Anzeigenverkauf</strong> :<br />

<strong>Umstrukturierung</strong> <strong>zur</strong><br />

<strong>Gewinnerzielung</strong>


Dieser Bericht, veröffentlicht als Teil des Projekts R.E.A.D.Y. für<br />

das Jahr 2000, wird von Cepiprint, dem Verband der Zeitungs- und<br />

Magazinpapier-Industrie innerhalb des Dachverbandes der<br />

Europäischen Papierindustrie, und von PubliGroupe, der in der<br />

Schweiz ansässigen internationalen Werbe-und Promotions-<br />

Gruppe, großzügig gefördert.<br />

Dieser Bericht basiert auf dem von WAN im September 1997 veranstalteten<br />

Besuch von Führungskräften beim Hamburger Abendblatt.


Einführung<br />

Das Hamburger Abendblatt, eine<br />

der größten deutschen regionalen<br />

Tageszeitungen, konnte bis vor<br />

kurzem als der Inbegriff einer alten<br />

Weisheit bezeichnet werden:<br />

Erfolg verführt zu Initiativlosigkeit.<br />

Sowohl aus interner als auch aus<br />

externer Sicht war die Zeitung<br />

durchaus erfolgreich. Von einer<br />

überprüften wochentäglichen<br />

Auflage von 300.000, die an<br />

Samstagen auf 400.000 anstieg,<br />

wurden volle 79% über<br />

Abonnements abgesetzt. Das<br />

Verhältnis Anzeigen zu<br />

redaktionellem Teil, das über die<br />

Woche große Abweichungen<br />

aufwies (73% Anzeigen an<br />

Samstagen und 26% an<br />

Montagen), lag im Durchschnitt bei<br />

52%. Das Anzeigenaufkommen<br />

hatte ständig weiter zugenommen,<br />

und das Hamburger Abendblatt<br />

verdiente viel Geld.<br />

Besonders im Hinblick auf<br />

Werbung vermutete man, daß die<br />

Zeitung noch bessere Ergebnisse<br />

erzielen könnte. In welchem<br />

Ausmaß, war allerdings nicht klar.<br />

Deutliche Zeichen waren aber<br />

erkennbar: hohe Absentismusrate<br />

unter internen Mitarbeitern des<br />

<strong>Anzeigenverkauf</strong>s, starker<br />

Wettbewerb insbesondere durch<br />

nationale Zeitungen mit<br />

Regionalausgaben und<br />

un<strong>zur</strong>eichende Kommunikation.<br />

Als Annette van den Bussche dann<br />

im Herbst 1993 zum Hamburger<br />

Abendblatt kam, wurde ihr die<br />

Aufgabe übertragen, die<br />

Verkaufsorganisation stärker<br />

kundenorientiert aus<strong>zur</strong>ichten,<br />

Kosten zu senken und Einnahmen<br />

zu steigern. Sie begann in dem<br />

festen Glauben, daß das nur zu<br />

erreichen sei, wenn die Mitarbeiter<br />

äußerst gut geschult seien und die<br />

Organisation über eine gute<br />

Struktur verfügen würde.<br />

<strong>Anzeigenverkauf</strong> : <strong>Umstrukturierung</strong> <strong>zur</strong> <strong>Gewinnerzielung</strong> - 3<br />

„Mein wichtigstes Ziel im Herbst<br />

1993 war, die Organisation der<br />

Anzeigenabteilung umzustellen“,<br />

sagt van den Bussche. Sie hielt es<br />

für sinnvoll, mit einer gründlichen<br />

Untersuchung zu beginnen. Die<br />

Abteilung <strong>Anzeigenverkauf</strong> des<br />

Hamburger Abendblattes bestand<br />

aus 202 internen Mitarbeitern, von<br />

denen 120 unmittelbar im <strong>Anzeigenverkauf</strong><br />

tätig waren (die<br />

anderen 80 waren entweder mit<br />

telefonisch eingehenden Anzeigen<br />

beschäftigt, arbeiteten in den<br />

Läden des Unternehmens oder<br />

bearbeiteten Kleinanzeigen).<br />

Außerdem beschäftigte die Zeitung<br />

50 unabhängige Verkaufsvertreter,<br />

deren Büros einige Kilometer vom<br />

Haus des Hamburger Abendblattes<br />

entfernt lagen.<br />

„Zuerst habe ich viele Gespräche<br />

mit denen geführt, die für<br />

Einnahmen verantwortlich waren“,<br />

sagt sie. „Ich hatte 120 Gespräche,<br />

über die ich ausgiebig Notizen<br />

machte. Zu den Mitarbeitern sagte<br />

ich: dies ist eine neue Ära, sagen<br />

Sie uns, was Ihnen gefällt und was<br />

Ihnen nicht gefällt. Alle waren sehr<br />

offen“. Nach 120 Gesprächen<br />

wußte van den Bussche recht<br />

genau, was sie zu tun hatte.<br />

Außerdem bat sie 35 Großkunden<br />

der Zeitung, sich zum Stand ihrer<br />

Zufriedenheit zu äußern.<br />

Der nächste Schritt war die<br />

Einschaltung der BBH-<br />

Beratergruppe aus Hamburg, um so<br />

einen näheren Einblick in die<br />

Arbeit der unabhängigen Vertreter<br />

zu bekommen. Diese Berater, die<br />

sich über eine Woche lang in den<br />

Büros aufhielten, nahmen Einblick<br />

in ein- und ausgehende Telefonate,<br />

in das Tagesgeschäft usw. „Die<br />

Vertreter hatten dem zugestimmt“,<br />

so van den Bussche. „Sie waren<br />

sich ihrer so sicher, daß sie ihre<br />

Gewohnheiten nicht änderten.<br />

Selbst während der laufenden<br />

Untersuchung, taten sie genau das


4 - <strong>Anzeigenverkauf</strong> : <strong>Umstrukturierung</strong> <strong>zur</strong> <strong>Gewinnerzielung</strong><br />

gleiche wie immer“. Die Berater<br />

konnten aufgrund der<br />

Beobachtungen Listen für jeden<br />

Vertreter erstellen, in denen der<br />

prozentuale Einnahmenanteil von<br />

Kunden, die sie nie gesehen hatten,<br />

und der prozentuale Anteil von<br />

regelmäßig aufgesuchten und<br />

betreuten Kunden verzeichnet<br />

waren.<br />

Die Untersuchung dauerte bis<br />

Februar 1994. „Dann organisierten<br />

wir umfangreiche Workshops unter<br />

Beteiligung aller Mitarbeiter des<br />

Verkaufs. Die Gruppen arbeiteten<br />

auch an Wochenenden. Bei den<br />

abschließenden Workshops konnte<br />

ich mir eine endgültige Meinung<br />

bilden“, sagt sie.<br />

Drei Hauptschwachstellen<br />

wurden deutlich<br />

Die gründliche Untersuchung<br />

ergab folgende ganz bestimmte<br />

Schwachstellen beim Hamburger<br />

Abendblatt: 1) schlechte<br />

Organisation, 2) fehlende Führung<br />

und Kontrolle und 3) geringe<br />

Berücksichtigung des Marktes.<br />

Die schlechte Organisation der<br />

Zeitung ließ sich auf eine Reihe<br />

von Faktoren <strong>zur</strong>ückführen. Zuerst<br />

sind die geringe Koordination und<br />

Kooperation zwischen dem internen<br />

Personal der Verkaufsabteilung<br />

und den unabhängigen<br />

Verkaufsvertretern zu nennen.<br />

Zudem war der Einfluß der für den<br />

Verkaufserfolg verantwortlichen<br />

Mitarbeiter auf die<br />

Entscheidungsfindung zu gering<br />

(bei der Zeitung gab es sechs<br />

Hierarchieebenen). Außerdem war<br />

die Organisation im Inneren zu<br />

stark auf die eigenen Bedürfnisse<br />

statt auf die ihrer Kunden<br />

ausgerichtet. Und schließlich gab<br />

es keinen wirklichen Mechanismus<br />

<strong>zur</strong> Arbeitskontrolle und/oder -<br />

planung.<br />

Der zweite nicht weniger<br />

gravierende Schwachpunkt war<br />

die fehlende Führung. Die<br />

Außendienstvertreter waren<br />

diejenigen, die die Kunden<br />

‘kontrollierten’. Weder der für<br />

Display-, noch der für<br />

Kleinanzeigen verantwortliche<br />

Manager übte irgendeinen Einfluß<br />

auf deren Handlungen aus. Noch<br />

schlimmer war, daß<br />

Außendienstvertreter für eine große<br />

Anzahl von Kunden exklusive<br />

Rechte und geschützte Gebiete<br />

beanspruchten, erläutert Michael<br />

Bayer, <strong>Anzeigenverkauf</strong>s-Direktor<br />

für ausländische Kunden beim<br />

Axel-Springer-Konzern,<br />

Eigentümer des Hamburger<br />

Abendblattes. „Um Anspruch auf<br />

einen Kunden geltend zu machen,<br />

mußten die Vertreter lediglich ein<br />

Formular ausfüllen und ihn als<br />

ihren Kunden angeben, ungeachtet<br />

der Anzeigensparte oder des<br />

geographischen Gebiets und<br />

ungeachtet der Dienstleistung, die<br />

sie für den Kunden erbrachten.<br />

Viele Vertreter erzielten einen<br />

großen Anteil ihrer Einnahmen von<br />

Kunden, die sie nie gesehen hatten.<br />

Nach ihren Verträgen stand ihnen<br />

ihre Provision für jeden<br />

Geschäftsabschluß mit einem<br />

geschützten Kunden zu.<br />

Neben dem bemerkenswerten<br />

Kundenschutz-System waren auch<br />

die Provisionen mit 12 % hoch.<br />

Verkaufsvertreter konnten auf<br />

diese Weise durchschnittlich ca.<br />

600.000 DM pro Jahr verdienen.<br />

„Ich sagte mir, sollte ich<br />

wiedergeboren werden, möchte ich<br />

als Verkaufsvertreter für das<br />

Hamburger Abendblatt auf die<br />

Welt kommen“, so van den<br />

Bussche scherzend.<br />

Das Provisions-System war nicht<br />

nur überholt, sondern es bestanden<br />

auch keine Anreize für eine


Steigerung des Anzeigenvolumens.<br />

„Wenn ein Kunde 12.000 mm in<br />

Auftrag gab, erhielt der Vertreter<br />

12% und bei 12.001 mm 8% für das<br />

Ganze! Ein Anreiz war also nicht<br />

gegeben“, erläutert sie. Eine<br />

weitere Abweichung von der Norm<br />

war die Placierung von Anzeigen<br />

in Beilagen, für die eine Provision<br />

von 15% statt der üblichen 12%<br />

gezahlt wurde. „So versuchten sie,<br />

eine bereits für die normale Zeitung<br />

gebuchte Anzeige in die Beilage zu<br />

bringen“, sagt sie weiter.<br />

Erschwernisse durch das<br />

Fehlen aktiver Führung<br />

Natürlich lag die Schuld nicht nur<br />

bei den Verkaufsvertretern, Mängel<br />

gab es auch bei der Führung. „Die<br />

Vorgaben an das Verkaufspersonal<br />

waren sehr gering“, so Bayer.<br />

Es gab zu der Zeit zwei Anzeigen-<br />

Manager, einen für Display- und<br />

den anderen für Kleinanzeigen.<br />

Führung und Weisung, die deren<br />

Aufgabe hätten sein müssen,<br />

wurden durch fehlende Strukturen<br />

unmöglich gemacht. Van den<br />

Bussche gibt zu, daß sich ihr die<br />

gleiche Situation stellte, als sie<br />

zuerst zum Hamburger Abendblatt<br />

kam. „Auch mir war direkte<br />

Führung unmöglich, da die<br />

Vertreter Kunden in unterschiedlichen<br />

Märkten hatten. Wenn ich<br />

eine Frage zu Immobilien hatte,<br />

mußte ich 36 Verkaufsleute<br />

anrufen. Das konnte ich nicht<br />

schaffen, ich war also gelähmt“.<br />

Für die früheren Verkaufs-Manager<br />

war die Situation noch schwieriger,<br />

da sie zu zweit waren. Wenn einer<br />

von ihnen einen Verkaufsvertreter<br />

etwas fragen wollte, so van den<br />

Bussche, erhielt er häufig die<br />

Antwort, „es tut mir leid, ich arbeite<br />

gerade an einer Sache für Ihren<br />

Partner“.<br />

<strong>Anzeigenverkauf</strong> : <strong>Umstrukturierung</strong> <strong>zur</strong> <strong>Gewinnerzielung</strong> - 5<br />

Und schließlich gab es kein<br />

gesichertes Informations- und<br />

Kontrollsystem. „Wir hatten zum<br />

Beispiel Präsentationen für<br />

Kosmetik vorbereitet, hatten aber<br />

keinerlei Angaben dazu“, sagt sie<br />

weiter.<br />

Unzulängliche Organisation und<br />

fehlende Führung führten dann zu<br />

dem wirklichen Schwachpunkt<br />

beim Hamburger Abendblatt,<br />

nämlich der ungenügenden<br />

Beachtung des Marktes. Statt das<br />

Geschäftsvolumen durch positive<br />

Reaktion möglicherweise zu<br />

steigern, reagierte das<br />

Verkaufspersonal auf<br />

Kundenwünsche passiv. Außerdem<br />

wurde das Verkaufspersonal nicht<br />

genügend durch flankierende<br />

Maßnahmen unterstützt oder<br />

jedenfalls nicht auf die richtige Art<br />

und Weise. Hilfestellung bei der<br />

notwendigen differenzierten<br />

Vorgehensweise bei<br />

verschiedenartigen Werbekunden<br />

konnte das unterstützende<br />

Personal angesichts der<br />

Organisation der Abteilung nicht<br />

geben. Der so entstandene nicht<br />

am Kunden orientierte Dienst<br />

machte es schwierig, über den<br />

Status quo hinauszukommen. Das<br />

Marktpotential wurde daher nicht<br />

ausgeschöpft. „1993 kamen<br />

lediglich 15 neue Kunden hinzu. In<br />

den folgenden Jahren konnten wir<br />

bis zu 480 neue Kunden pro Jahr<br />

gewinnen“.<br />

Hin zu einer<br />

kundenorientierten<br />

Organisation<br />

Es war eindeutig, daß<br />

Veränderungen nicht nur bei den<br />

Vertretern, sondern auch in der<br />

internen Struktur der Zeitung


6 - <strong>Anzeigenverkauf</strong> : <strong>Umstrukturierung</strong> <strong>zur</strong> <strong>Gewinnerzielung</strong><br />

notwendig waren. Van den<br />

Bussche entwarf eine neue<br />

Organisationsstruktur für die<br />

Zeitung, die zu erhöhten<br />

Einnahmen bei niedrigeren Kosten<br />

führen sollte. Folgende Maßgaben<br />

waren Teil der von ihr entwickelten<br />

Struktur: Ausrichtung auf Markt<br />

und Kunden und nicht nach innen,<br />

Forderung an die Verkaufsvertreter,<br />

Experten in dem Marktsegment zu<br />

sein, für das sie verantwortlich sind,<br />

Entwicklung langfristiger<br />

Wettbewerbsvorteile und stärkerer<br />

Führungs- und Management-<br />

Qualitäten.<br />

Folgende Elemente waren<br />

Bestandteil ihrer geplanten<br />

Struktur. Die neue Anzeigenabteilung<br />

war von der früheren<br />

funktions- auf eine<br />

prozeßorientierte Struktur umzustellen,<br />

die eine Ausrichtung auf<br />

Markt und Kunden zulassen<br />

würde. Verkaufsvertreter hätten<br />

sich auf spezifische<br />

Geschäftssegmente zu<br />

spezialisieren, was eine auf Teams<br />

aufgebaute Organisation<br />

erforderlich machen würde. Die<br />

Struktur müsse kundenorientiert<br />

sein, so daß zentrale Service-<br />

Einheiten - Planung und<br />

Rechnungslegung - die Teams<br />

dabei unterstützen könnten, ihren<br />

Kunden maßgeschneiderte<br />

Konzepte und Angebote<br />

vorzulegen. Zur Gewährleistung,<br />

daß die Absatzbemühungen der<br />

jeweiligen Zielgruppe entsprechen,<br />

erhielte keiner ein Exklusivrecht<br />

für einen bestimmten Kunden. Und<br />

nicht zuletzt wären das<br />

Provisionssystem auf Leistung<br />

aufzubauen und die Umsetzung<br />

eines interaktiven Management-<br />

Stils zu ermöglichen.<br />

Van den Bussche legte ihren<br />

Neuentwurf <strong>zur</strong><br />

Organisationsstruktur dem<br />

Vorstand Ende September 1994<br />

vor. Zu dem Zeitpunkt waren ihre<br />

Pläne der ihr unterstehenden<br />

Abteilung noch nicht bekannt. Sie<br />

wartete auf ‘grünes Licht’, das<br />

bereits einen Monat später<br />

gegeben wurde. Der Vorstand<br />

räumte ihr <strong>zur</strong> Umsetzung der<br />

neuen Struktur einen Zeitraum bis<br />

zum 1. Juli ein<br />

Sie begann mit der<br />

Zusammenstellung eines<br />

‘Umstellungs-Teams’ <strong>zur</strong> Lenkung<br />

und Überwachung der<br />

Veränderungen. Die Mitglieder für<br />

das Team gewann sie, indem sie die<br />

Frage stellte, wer helfen wolle. Für<br />

die erste Phase meldeten sich 12<br />

Mitarbeiter. „Zum Ende waren es<br />

dann nur noch acht, die als Leiter<br />

der Teams eingesetzt wurden“, so<br />

van den Bussche. Während der<br />

Umstellungszeit arbeitete dieses<br />

Team 12 Stunden jeden Tag von<br />

Montag bis Sonntag.<br />

Die Gewerkschaft zu informieren,<br />

der Veränderungen dieser<br />

Dimension bisher nicht<br />

vorgekommen waren, war ein erster<br />

Schritt, den van den Bussche<br />

unternehmen mußte. „Bei der<br />

Gewerkschaft glaubte man, daß die<br />

vorgesehenen Veränderungen<br />

Arbeitsplätze gefährden würden.<br />

Wir mußten zusagen, niemanden zu<br />

entlassen“, erinnert sie sich. „Unser<br />

Problem war also, jedem die richtige<br />

Rolle zu übertragen“.<br />

Im Rahmen einer frühen Initiative<br />

<strong>zur</strong> Klärung dieser Rollen wurden<br />

die für den Verkauf und den<br />

Kundendienst erforderlichen<br />

Richtlinien definiert. War die<br />

Hauptaufgabe eines Mitarbeiters<br />

hauptsächlich der Kundendienst,<br />

war wichtig, daß diese Person<br />

‘LIEB’ sein mußte, d.h. nett,<br />

kompetent, interaktiv, engagiert<br />

und bereit, sich mit jedem Bedürfnis<br />

des Kunden auseinanderzusetzen.<br />

Die Verkaufsleute andererseits<br />

mußten ‘BISS’ haben, d.h. sie<br />

mußten begierig, enthusiastisch,


proaktiv, methodisch und<br />

selbstsicher sein.<br />

Mit ‘LIEB’ und ‘BISS’ im Sinne,<br />

machten van den Bussche und ihr<br />

Team sich daran, die neue teamorientierte<br />

Prozeßstruktur der<br />

Organisation, die einen<br />

grundlegenden Wandel gegenüber<br />

der bisherigen allen Mitarbeitern<br />

bekannten Funktionsstruktur<br />

bedeutete, zu erläutern.<br />

Teams statt Einzelkämpfer;<br />

Prozeß statt Funktion<br />

Zuerst wurden Kunden an Teams<br />

übertragen; diese Verfahrensweise<br />

stützte sich auf zwei Ideen: daß<br />

dem Kunden die Namen von nur<br />

zwei Personen beim Hamburger<br />

Abendblatt (dem Außendienst- und<br />

dem Innendienstmitarbeiter)<br />

bekannt zu sein brauchen und die<br />

Teams nach Marktsegmenten<br />

geordnet sind. Die jeweiligen<br />

Ansprechpartner für den Kunden<br />

wären dann entweder der Vertreter<br />

im Außendienst oder der<br />

Innendienstmitarbeiter für alle<br />

Angelegenheiten im<br />

Zusammenhang mit seiner Anzeige:<br />

von Druckvorgaben bis <strong>zur</strong><br />

Rechnungstellung, von<br />

Farbwünschen bis zu<br />

Erscheinungsterminen und<br />

Positionierung. Bei der alten<br />

Organisationsstruktur waren in der<br />

Zeitung viele Ansprechpartner für<br />

den Kunden zuständig: der<br />

Vertreter, der Mitarbeiter des<br />

Verkaufs, der die Anzeige<br />

bearbeitende Mitarbeiter, die für<br />

die Ausstellung der Rechnung<br />

verantwortliche Person und so fort.<br />

Das führte dazu, daß Kunden<br />

häufig weitergereicht wurden (‘tut<br />

mir leid, dafür bin ich nicht<br />

zuständig’).<br />

Für die Mitarbeiter bedeutete die<br />

Änderung von einer funktions- zu<br />

<strong>Anzeigenverkauf</strong> : <strong>Umstrukturierung</strong> <strong>zur</strong> <strong>Gewinnerzielung</strong> - 7<br />

einer prozeßorientierten<br />

Organisation eine große<br />

Umstellung. „Jeder war am<br />

gesamten Prozeß beteiligt: eine<br />

Person für Mahnschreiben und<br />

eine für verkaufsunterstützende<br />

Maßnahmen gab es nicht mehr.<br />

Jeder Verkaufsvertreter hatte jetzt<br />

einen Ansprechpartner bei der<br />

Zeitung, dem alles über seinen<br />

Kunden bekannt war und der<br />

wußte, was vor sich ging“, erläutert<br />

van den Bussche. „Die Teams<br />

zeigen, daß wir uns von einem<br />

intern ausgerichteten auf einen<br />

kundenorientierten Aufbau<br />

umgestellt haben“.<br />

Statt Mitarbeiter in bestimmte<br />

Positionen einzusetzen, legte van<br />

den Bussche dem Personal eine auf<br />

Teams gestützte Struktur vor und<br />

ließ sie wählen, an welcher Stelle<br />

sie tätig sein wollten. „Die<br />

Mitarbeiter entschieden, welche<br />

Stelle sie einnehmen wollten. Von<br />

120 fanden nur 20 nicht ihren<br />

richtigen Platz. Anzumerken ist<br />

hier, daß die neue<br />

Organisationsform ihnen bereits<br />

vorher verschiedentlich genau<br />

erläutert worden war.<br />

„Es gab viele Ängste über die<br />

neuen Systeme und wie mit<br />

Mahnschreiben umzugehen sei.<br />

Mitarbeiter, die sonst Rechnungen<br />

ausgestellt hatten, mußten jetzt mit<br />

Kunden reden. Das erforderte sehr<br />

viel Schulung“, so van den<br />

Bussche.<br />

Schulung mußte daher ein<br />

wesentlicher Bestandteil des<br />

Konzeptes sein. Um die Umstellung<br />

zu erleichtern und die veränderte<br />

Kultur umzusetzen, wurden<br />

verschiedene Schulungsarten<br />

durchgeführt: individuelle, Teamund<br />

Gruppenschulung und dazu<br />

Training in interaktiver<br />

Konfliktbewältigung sowie<br />

Gruppentraining bei<br />

psychologischen Problemen.


8 - <strong>Anzeigenverkauf</strong> : <strong>Umstrukturierung</strong> <strong>zur</strong> <strong>Gewinnerzielung</strong><br />

Bei der neuen Organisation gibt es<br />

acht Verkaufs-Teams. Das nationale<br />

Team ist als Verbindung zu den<br />

fünf nationalen Verkaufspartnern<br />

tätig. (Van den Bussche hat auch<br />

Großkunden). Dann gibt es das<br />

Regional-Team, das alle Anzeigen<br />

an die vier lokalen Ausgaben der<br />

Zeitung verkauft. Ein anderes<br />

Team beschäftigt sich mit allem, das<br />

mit Haus, Garten und der<br />

Verbesserung der Lebensqualität<br />

zu tun hat (Garten,<br />

Haushaltsartikel, Kosmetik und<br />

ähnliches), und ein weiteres Team,<br />

das sich mit dem lokalen<br />

Einzelhandel befaßt. Die Arbeit der<br />

anderen Teams konzentriert sich<br />

auf Stellenanzeigen, Immobilien,<br />

Autos sowie auf Restaurants und<br />

Essen.<br />

„Einschließlich eines Teams für<br />

Marktbeobachtung hatten wir<br />

anfänglich neun Teams. Ideen und<br />

Anregungen kommen aber von den<br />

Verkaufs-Teams, da diese dem<br />

Markt am nächsten sind“, sagt sie.<br />

Folglich wurde das<br />

Marktbeobachtungs-Team<br />

aufgelöst und die Mitarbeiter in<br />

andere Teams integriert.<br />

Die Teams bestehen aus fünf bis<br />

achtzehn Mitarbeitern. Es besteht<br />

genügend Flexibilität,<br />

Veränderungen in den Teams<br />

vorzunehmen, was aber nicht<br />

systematisch geschieht. „Wenn<br />

zum Beispiel Änderungen im Markt<br />

eintreten, etwa ein Rückgang in<br />

Immobilienanzeigen, können wir<br />

Verschiebungen vornehmen. Einen<br />

routinemäßigen Wechsel der Teams<br />

gibt es indes nicht. Sie sind<br />

sozusagen zu Familien geworden“,<br />

fügt sie hinzu.<br />

Allen Mitarbeitern bieten sich<br />

individuelle<br />

Entwicklungsmöglichkeiten, wenn<br />

sie Tätigkeiten innerhalb des Teams<br />

übernehmen wollen. Es geschieht<br />

zwar nicht häufig, aber es ist<br />

möglich, die Barriere zu<br />

überspringen und von einer<br />

Nichtverkaufstätigkeit zum<br />

Verkauf zu wechseln. Van den<br />

Bussche zufolge wollte ein Team-<br />

Leiter Verkaufsvertreter werden,<br />

änderte dann aber seine Meinung.<br />

Eingedenk der Begriffe ‘LIEB’<br />

und ‘BISS’mußte er sich fragen:<br />

Wie bin ich veranlagt? Suche ich<br />

Sicherheit, ein bestimmtes Umfeld,<br />

Verantwortung? „Verkaufsleute<br />

sind geldorientiert“, so von den<br />

Bussche, und wenn Geld auch<br />

wichtig ist, so ist es nicht immer der<br />

Grund zu höherer Leistung.<br />

Die Teams erhalten Vorgaben von<br />

zwei Zentralabteilungen:<br />

Anzeigenplanung und Produktion<br />

sowie Rechnungswesen. „Die<br />

Vorgänge sind jetzt transparent“,<br />

erklärt van den Bussche. Jeder<br />

kann Einblick in die Vorgänge<br />

nehmen, was früher nicht möglich<br />

war. Ich habe jetzt außerdem<br />

Techniker für das Layout in meiner<br />

Abteilung. Bei vielen anderen<br />

Zeitungen sind Werbung und<br />

Anzeigenproduktion auf zwei<br />

getrennte Gruppen aufgeteilt“.<br />

Weniger Hierarchie,<br />

angemessenere<br />

Provisionen<br />

Die Umsetzung der neuen<br />

Organisation hat mehrere Monate<br />

gebraucht. „In der Zeit von<br />

Oktober 1994 bis 1. Juli 1995<br />

haben wir alles vorbereitet und<br />

eingeübt. Am 1. Juli haben wir<br />

dann die Umstellung<br />

vorgenommen. Hundertzwanzig<br />

Personen hatten einen neuen Platz<br />

und neue Arbeitsinhalte“, erläutert<br />

van den Bussche (die anderen 80<br />

waren diejenigen, die eingehende<br />

Telefonate entgegennahmen usw.<br />

Dort erfolgte keine Änderung). Van<br />

den Bussche zufolge war die<br />

Stimmung während dieser Zeit eine


Mischung aus Freude und Panik.<br />

„Um alles zu bewerkstelligen,<br />

arbeiteten wir äußerst intensiv.<br />

Heute ist die Lage sehr viel<br />

ruhiger“, sagt sie. Insgesamt<br />

anderthalb Jahre waren<br />

erforderlich, bis alles routinemäßig<br />

lief.<br />

Parallel zu dieser neuen auf Teams<br />

aufgebauten Struktur nahm van<br />

den Bussche zwei bedeutende<br />

Veränderungen vor. Eine davon<br />

war die Verringerung der Hierarchieebenen<br />

in der Abteilung von<br />

sechs auf drei: van den Bussche<br />

selbst, die Team-Leiter und die<br />

Mitarbeiter. „Ich habe jeden<br />

Monat eine Sitzung mit jedem<br />

Team-Leiter“, sagt sie. Das bei den<br />

Sitzungen Besprochene wird<br />

schriftlich festgehalten und in<br />

Umlauf gebracht“. Team-Leiter<br />

sind <strong>zur</strong> Einstellung neuer<br />

Mitarbeiter berechtigt, müssen aber<br />

zuerst innerhalb der Zeitung<br />

Ausschau halten.<br />

Die andere Änderung - ohne die<br />

viele der internen Umstellungen gar<br />

nicht hätten durchgesetzt werden<br />

können - betraf die unabhängigen<br />

Verkaufsvertreter. „Wir lösten die<br />

Verträge mit unserer<br />

Verkaufsorganisation, was uns<br />

zwar viel Geld kostete, uns aber<br />

auch in die Lage versetzte, einen<br />

Wandel in der Denkweise herbeizuführen“,<br />

so van den Bussche.<br />

Wir boten neue Verträge an, die<br />

eine Senkung der früheren<br />

Provision von 12% (15% für<br />

Beilagen) auf 1,8% für<br />

Stellenanzeigen und auf 5,6% für<br />

lokale Geschäftsanzeigen<br />

vorsahen. Diese unterschiedlichen<br />

Provisionssätze tragen dem<br />

Aufwand Rechnung, der für die<br />

Gewinnung eines Werbekunden<br />

für das Hamburger Abendblatt<br />

erforderlich ist. Die Provision für<br />

Stellenanzeigen ist niedriger<br />

angesetzt, da, wie van den Bussche<br />

sagt, „jeder Inserent ohnehin zu<br />

uns kommt“. Van den Bussche<br />

<strong>Anzeigenverkauf</strong> : <strong>Umstrukturierung</strong> <strong>zur</strong> <strong>Gewinnerzielung</strong> - 9<br />

möchte die Provisionsstruktur<br />

insofern noch weiter verändern, als<br />

künftig der Nachweis der<br />

erbrachten Leistung<br />

zugrundegelegt werden soll. Nach<br />

den neuen Verträgen können die<br />

Vertreter zwischen 120.000 und<br />

150.000 DM verdienen. Von den<br />

früheren Vertretern blieben nur drei<br />

dabei, alle anderen wurden von<br />

außen neu angeworben.<br />

Als natürliche Folge dieser<br />

Entwicklung wurde das<br />

Kundenschutz-System von van<br />

den Bussche neu organisiert.<br />

„Früher hatten unsere<br />

Verkaufsvertreter Gebiete, in denen<br />

sie für alle Arten von Anzeigen<br />

verantwortlich waren, die von<br />

Stellenanzeigen bis zu denen von<br />

Großkunden reichten“, erläutert<br />

van den Bussche. „Heute haben<br />

sie Schutz für ihren Sektor und für<br />

ihre Kunden in einem bestimmten<br />

Gebiet. Außerdem sind ihre<br />

Zuständigkeiten genau<br />

festgelegt“. Verkaufsvertreter<br />

müssen nicht nur ihre Pflichten,<br />

sondern auch ihren Markt genau<br />

kennen, und zwar so gut, daß ein<br />

Vertreter für Immobilienanzeigen<br />

auch als Direktor einer<br />

Immobilienagentur tätig sein<br />

könnte. Außerdem hebt van den<br />

Bussche hervor, daß eine<br />

Segmentierung der Märkte in<br />

dieser Form von der Kenntnis der<br />

Kunden und deren Umsatz<br />

abhängt, so daß eine<br />

entsprechende Zuweisung der<br />

Kunden möglich wird. Obwohl die<br />

Anzeigenvertreter unabhängig<br />

bleiben, sind sie in die Büros der<br />

Zeitung integriert. Sie müssen allerdings<br />

Miete (1.400 DM) sowie ihre<br />

Telefon- und Faxrechnungen<br />

bezahlen. Das interne Team<br />

unterstützt sie mit allen für ihre<br />

Branche erforderlichen<br />

Informationen. Pro Tag besuchen<br />

sie fünf Kunden. Natürlich sind die<br />

Absatzziele für jeden Kunden<br />

genau festgelegt. Die Zielvorgaben<br />

gelten für das ganze Jahr, und zwar


10 - <strong>Anzeigenverkauf</strong> : <strong>Umstrukturierung</strong> <strong>zur</strong> <strong>Gewinnerzielung</strong><br />

auf Grundlage von Einkommen<br />

und nicht Anzeigenfläche“, so<br />

Michael Bayer. Außerdem gibt es<br />

nach den neuen Verträgen keine<br />

Anreize mehr durch Staffeltarife bei<br />

größerem Volumen. Auch<br />

Überschneidungen, die zu<br />

doppelter Bezahlung für eine im<br />

wesentlichen gleiche Anzeige<br />

führten, sind jetzt ausgeschlossen.<br />

Das Ergebnis wird jedes Jahr<br />

überprüft, und Verträge werden<br />

nicht unbedingt erneuert.<br />

Als letzten Schritt „setzten wir<br />

unsere Kunden von unserer<br />

Neuorganisation in Kenntnis und<br />

suchten sie auf“, sagt van den<br />

Bussche. Die Zeitung entwickelte<br />

zusammen mit den Kunden Module<br />

zwecks Förderung einer<br />

nachhaltigen Beziehung zwischen<br />

der Zeitung und ihren Kunden. Ich<br />

glaube, daß diejenigen, die ihre<br />

Kunden kennen, diese gewinnen<br />

können“. Darüber hinaus wurde<br />

den Kunden die neue strategische<br />

Positionierung des Hamburger<br />

Abendblattes dargelegt, d.h., daß<br />

das Hamburger Abendblatt das<br />

dauerhaft erfolgreiche Medium im<br />

Großraum Hamburg ist, daß es das<br />

Verlagshaus ist, das Kunden lokal<br />

und regional am nächsten ist und<br />

zudem eine Publikation, zu der<br />

Leser direkten Zugang haben. Des<br />

weiteren machten wir deutlich, daß<br />

das Hamburger Abendblatt<br />

besonderen Wert darauf legt, daß<br />

ein wechselseitiger Nutzen<br />

entsteht..<br />

Die Zeitung organisiert<br />

Veranstaltungen, mit denen diese<br />

Position nicht nur deutlich gemacht<br />

wird, sondern die auch einen<br />

Mehrwert für ihre Kunden<br />

darstellen. Für Kleinkunden des<br />

Einzelhandels führt sie zum<br />

Beispiel Seminare über neue<br />

Präsentationsmethoden für deren<br />

Werbung durch, und zwar nicht<br />

nur für Druckerzeugnisse, sondern<br />

auch für Funk und Fernsehen.<br />

Niedrigere Kosten, höhere<br />

Motivation<br />

Die Ergebnisse dieses Einsatzes?<br />

Am offensichtlichsten war der<br />

Rückgang in den Betriebskosten,<br />

d.h., die im Zusammenhang mit<br />

Provisionen entstehenden Kosten<br />

gingen um 60% <strong>zur</strong>ück. Van den<br />

Bussche zufolge werden andere<br />

Zeitungen des Axel-Springer<br />

Konzerns jetzt darin bestärkt, den<br />

gleichen Weg zu gehen.<br />

Ergebnisse, die sich in Einnahmen<br />

widerspiegeln, sind - zumindest<br />

vorläufig - weniger deutlich.<br />

Während das Hamburger<br />

Abendblatt in den letzten Jahren<br />

einen Rückgang von lediglich<br />

1,8% bis 2% zu verzeichnen hatte,<br />

mußten viele andere deutsche<br />

Zeitungen allerdings einen<br />

Einnahmenverlust von<br />

durchschnittlich 10% hinnehmen.<br />

„Beim Einzelhandel konnte das<br />

Niveau trotz des Trends von<br />

Regionalzeitungen zu Magazinen<br />

beibehalten werden“, sagt sie.<br />

Außerdem war es möglich neue<br />

Werbekunden für die Zeitung zu<br />

gewinnen<br />

Auch bei der Motivation von<br />

Mitarbeitern haben sich Ergebnisse<br />

gezeigt. Absentismus wegen<br />

Krankheit ist <strong>zur</strong>ückgegangen.<br />

„Die Mitarbeiter haben ein<br />

stärkeres Verantwortungsgefühl,<br />

ihre Arbeitsinhalte sind sehr<br />

interessant“, so van den Bussche.<br />

Neue Mitarbeiter mußten zwar<br />

eingestellt werden, aber in vier<br />

Jahren hat keiner seine Stellung<br />

gekündigt. Wenn die<br />

vorgenommene Reduzierung der<br />

Hierarchieebenen es auch<br />

schwieriger gemacht hat, die<br />

sprichwörtliche Leiter hinaufzuklettern,<br />

wird dies dadurch<br />

ausgeglichen, daß die Tätigkeiten


interessanter und vielfältiger sind.<br />

Außerdem ist nicht nur der Axel-<br />

Springer-Konzern groß, sondern<br />

auch der Medienmarkt Hamburg,<br />

so daß Möglichkeiten für einen<br />

Stellenwechsel gegeben sind, fügt<br />

sie hinzu.<br />

Die größte Frustration, die van den<br />

Bussche im Zusammenhang mit<br />

ihrer Neustrukturierung empfindet,<br />

ist die Schwierigkeit, das interne<br />

Team in das Bonussystem<br />

einzubeziehen. Nur<br />

Verkaufsvertreter erhalten<br />

gegenwärtig eine Provision. Da das<br />

System transparent ist, wissen<br />

Team-Leiter natürlich, was verdient<br />

wird (obwohl sie selbst ebenfalls<br />

gut verdienen). „Ich bin<br />

Angestellte des Axel-Springer-<br />

Verlages und kann daher Extra-<br />

Anreize als Belohnungsmittel für<br />

Teams nicht durchsetzen“, sagt sie.<br />

Das Durchschnittsalter von<br />

Verkaufsvertretern ist 38 bis 40<br />

und das von Team-Leitern ca. 32.<br />

Nachdem die Neuorganisation jetzt<br />

Wirkung zeigt, bringt das<br />

Hamburger Abendblatt ein<br />

spezielles Angebot auf den Markt.<br />

Eingeführt worden ist ein neues<br />

Produkt, AD-Extra, mit dem die<br />

Zeitung Kunden nicht nur<br />

Werbefläche anbietet, sondern<br />

außerdem vollständiges<br />

Werbedesign. Van den Bussche<br />

zufolge „sind die Kunden mit dem<br />

Ergebnis sehr zufrieden. Wir haben<br />

in vier Monaten bereits Gelder in<br />

Höhe von 500.000 DM<br />

eingenommen, die wir früher nicht<br />

erhalten hätten“. Für Arbeiten im<br />

Rahmen dieses Angebots greift van<br />

den Bussche auf freiberufliche<br />

Mitarbeiter <strong>zur</strong>ück und setzt einen<br />

Koordinator ein. Dieser<br />

Koordinator sucht nicht nur nach<br />

den richtigen Leuten, die schreiben<br />

und Fotos machen können,<br />

sondern befaßt sich auch mit den<br />

Druckaufträgen, um sicherzustellen,<br />

daß er den Überblick über bereits<br />

<strong>Anzeigenverkauf</strong> : <strong>Umstrukturierung</strong> <strong>zur</strong> <strong>Gewinnerzielung</strong> - 11<br />

placierte Anzeigen und weitere<br />

Möglichkeiten behält.<br />

Van den Bussche führte außerdem<br />

neue Anreiz-Programme ein, um<br />

zum Beispiel Werbekunden dazu<br />

zu bewegen, von schwarz/weiß zu<br />

Farbe zu wechseln. Und schließlich<br />

werden bei der Zeitung neue<br />

Planungs- und Produktionssysteme<br />

eingeführt. „Wir haben zwar ein<br />

Werkzeug, aber wir brauchen noch<br />

entsprechende Kriterien. Wir sind<br />

mitten in der<br />

Spezifizierungsphase“, erläutert<br />

sie.<br />

„Unsere Struktur ist jetzt einfach<br />

und angepaßt und reagiert auf die<br />

Bedürfnisse unserer Kunden. Wir<br />

planen aber eine Überprüfung<br />

unseres Dienstes alle fünf Jahre, so<br />

daß strukturelle Verkrustungen<br />

vermieden werden können“, sagt<br />

van den Bussche.

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