Prof. Dr. Melzer-Ridinger SBWL II Internationale Logistik

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Prof. Dr. Melzer-Ridinger SBWL II Internationale Logistik | 16.01.2009 13 dieses Verhalten der Aufgabenträger sind fehlende Informationen über das tatsächliche Leistungsvermögen der Prozessnachbarn. • Koordinationsdefizite zeigen sich durch eine isolierte Produktionsplanung und Versanddisposition. Die Produktionsplanung und die Versanddisposition erfolgen sukzessive. Die Versanddisposition schließt sich an die Produktionsplanung und orientiert sich an den Endterminen der Fertigung, während die Produktionsplanung nicht auf die Transport- und Tourenplanung abgestimmt wird. Möglichkeiten, Transportströme zu bündeln, werden durch diese Vorgehensweise nicht erkannt. 1.4 1.4 Das Das Paradigma Paradigma übergreifendes übergreifendes Supply Supply Chain Chain Management Management Supply Chain Management hat die Aufgabe, den Materialfluss in, durch und aus dem Unternehmen und die zugehörigen administrativen Informations- und Koordinationsprozesse so zu gestalten und zu betreiben, dass eine fehlerfreie, störungsrobuste, schnelle und wirtschaftliche Versorgung des Endkunden gewährleistet ist [Lawrenz et al. 2001 45]. Diese Aufgabe hat das Supply Chain Management mit der Logistik gemeinsam. Dennoch handelt es sich bei Supply Chain Management nicht um einen Modebegriff [Knolmayer et al. S. 1-17; Walther, J. (2001) S. 11-3] (vgl. Abb. 8): • Verbesserungspotenziale werden weniger in den Einzelleistungen der Mitglieder des logistischen Kanals gesucht, als vielmehr an den Schnittstellen. Typische innerbetriebliche Schnittstellen bestehen zwischen den Funktionsbereichen Absatz, Produktion und Beschaffung bei der Auftragsabwicklung und zwischen F&E, Marketing, Produktion und Einkauf bei der Neuproduktentwicklung. Externe Schnittstellen bestehen zwischen Abnehmer und Lieferant. Schnittstellenprobleme zeigen sich als Ressortegoismus, bei dem jede Funktion unkoordiniert ihre Bereichsziele verfolgt, als Dominanz eines Teilbereichs, als Gefahr der persönlichen Ressentiments zwischen den Mitarbeitern und Führungskräften der Bereiche. Die Folge von Schnittstellenproblemen sind Insellösungen und Teiloptimierungen, unabgestimmte Vorgehensweisen und kurzfristige Aktionen, Misstrauen, Verzögerungen, Informationsverlust, (Doppel)Aufwand und Puffer [Bellmann 2002 S. 363ff]. • Supply Chain Management erkennt, dass der Wettbewerb nicht zwischen einzelnen Unternehmen stattfindet, sondern zwischen Supply Chains. Unternehmensübergreifendes Supply Chain Management dehnt daher das ganzheitliche Denken und Handeln aus auf die Wertschöpfungskette vom ersten Vorlieferanten bis zum Endkunden. • Der Konflikt zwischen Verbesserung des Lieferservice und Kostenminimierung wurde lange Zeit als natürlich und unvermeidbar hingenommen. Supply Chain Management zeigt, dass schlechte Termintreue und Lieferbereitschaft, hohe Bestände und Schwankungen der Kapazitätsauslastung häufig die gleichen Ursachen haben. Supply Chain Management entwickelt Konzepte, die Koordination in der Supply Chain zu verbessern und die Supply Chain zu entstören, um gleichzeitig kundenorientierte und finanzielle KPIs zu verbessern. • Supply Chain Management nimmt Rahmenbedingungen auf dem Beschaffungsmarkt (Lieferverzögerungen, nicht-spezfikationsgerechtes Material), in der eigenen Fertigung (hohe Rüstkosten) und auf dem Absatzmarkt (Schwankungen und Ungewissheit der Nachfrage) nicht schicksalsergeben als Datum hin und stellt sich durch Puffer in den Beständen, Durchlaufzeiten und Kapazitäten auf diese Bedingungen ein, sondern gestaltet sie strategisch mit Mitteln der Lieferanten- und Kontraktpolitik auf der buy-side und durch enge Zusammenarbeit mit Schlüsselkunden auf der sell-side. • Supply Chain Management macht Informations- und Abstimmungsdefizite unter den Mitgliedern der Supply Chain für die unbefriedigende performance der Supply Chain verantwortlich: Die Absatzprognose erfolgt auf den Stufen isoliert voneinander, zudem basiert sie ausschließlich auf den (verzerrten und verzögerten) Nachfrageimpulsen der jeweiligen abnehmenden Stufe (nicht auf aktueller Nachfrage des Endkunden oder zukunftsorientierter
Informationen). Die Absatz- und Produktionsplanung der liefernden Stufe hat keine Information über Bestände in der logistischen Kette und die abnehmende Stufe (Produktionsplanung; Vertrieb, Kunde) hat keine Informationen über die Ressourcen der liefernden Stufe. Abbildung 8: Was ist neu am Supply Chain Management? Ganzheitliches Denken und Handeln zur Bewältigung von Interdependenzen und Zielkonflikten Die Ausführungen über die Aufgaben und Handlungsfelder der Logistik und über die logistischen Prozesse und Prozessbeteiligte haben bereits einen Einblick in die Komplexität der Logistik gegeben. Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass die logistische Entscheidungsfindung eine Vielzahl von Interdependenzen (gegenseitige Abhängigkeiten) und Konflikten berücksichtigen muss, um zu ganzheitlich optimalen Konzepten und Lösungen zu kommen. Zu Beginn der systematischen Beschäftigung mit Logistik standen einzelne Themen wie die Einführung von Software, Bestandsoptimierung, Outsourcing logistischer Leistungen oder Standortoptimierung im Mittelpunkt der Diskussion. Die Lösungen zeichneten sich dadurch aus, dass jeweils einzelne Arbeitsschritte, isolierte Fragestellungen und einzelne logistische Ziele im Fokus der Verbesserungsprojekte standen. Teillösungen für einzelne logistischen Subsysteme, Artikel, Entscheidungsparameter oder Ziele bergen jedoch das Risiko, • dass eine Maßnahme zur Senkung einer Kostenart bei einer anderen Kostenart eine Steigerung bewirkt, (Kostenkonflikt), die die gesamten Logistikkosten nicht reduziert, sondern steigert. • dass eine Steigerung der logistischen Leistungsfähigkeit (gemessen am Lieferservice gegenüber dem Kunden) Kostensteigerungen verursachen bzw. Maßnahmen zur Kostensenkung eine Beeinträchtigung bei den Leistungszielen zur Folge haben (Kosten-Leistungskonflikt). Kosten- Leistungskonflikte bergen die Gefahr, dass erfolgreiche Kostensenkung den Gewinn nicht steigert, sondern schmälert, weil der Umsatz stärker zurückgeht als die Kosten bzw. vice versa. Prof. Dr. Melzer-Ridinger SBWL II Internationale Logistik | 16.01.2009 14
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