Prof. Dr. Melzer-Ridinger SBWL II Internationale Logistik
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Arbeitsteilung einschränken und aus der Sicht des supply chain management möglicherweise sogar<br />
überkompensieren:<br />
• Isolierte Entscheidungen: Die Aufgabenträger im Einkauf, Produktionsmanagement, Marketing<br />
und Vertrieb treffen Entscheidungen isoliert aus der eigenen Interessenlage heraus und ignorieren<br />
die Handlungskonsequenzen in anderen Funktionsbereichen, weil sie ihnen nicht (genau) bekannt<br />
sind und/oder weil sie sie nicht verantworten.<br />
• Begrenzter Handlungsspielraum: Potentielle Handlungsmöglichkeiten werden nicht in Erwägung<br />
gezogen, weil die durch vorgelagerten Planungsschritte erfolgten Entscheidungen als<br />
unveränderliches Datum betrachtet werden (das Bestandsmanagement betrachtet die<br />
Zuverlässigkeit des Lieferanten als Datum, das Produktionsmanagement betrachtet<br />
Lieferterminvorgaben als Datum).<br />
• Unausgeschöpfte Synergiepotenziale: Synergiepotenziale durch eine gemeinsame statt isolierte<br />
Festlegung von Gestaltungsparametern werden nicht ausgeschöpft (gemeinsame Disposition von<br />
Beschaffungs- und Warenverteiltransporten, simultane Festlegung von Bestellmengen und –<br />
terminen einer von einem Lieferanten bezogenen Artikelgruppe).<br />
Koordination im Sinne von Abstimmung und Rücksichtnahme ist in der betrieblichen Prozesskette<br />
gefordert, wenn der Kunde einen kurzfristigen Auftrag platzieren will, wenn Engpässe bei Kapazitäten<br />
in der Fertigung oder bei den Beständen an Material vorliegen (können), bei der Festlegung von<br />
Puffern in Form von Beständen, Kapazitäten und Durchlaufzeiten:<br />
• Koordinationsdefizite zwischen Vertrieb, Produktionsmanagement und Einkauf zeigen sich bei<br />
kurzfristigen Kundenwünschen, die eine Bereitstellung des Enderzeugnisses in einem Zeitraum<br />
fordern, der kürzer ist als die Standardlieferzeit. Der Vertrieb nimmt Lieferwünsche des Kunden<br />
entgegen und vereinbart einen Liefertermin mit dem Kunden, ohne den aktuell verfügbaren<br />
Bestand an Enderzeugnissen, Kapazitätsverfügbarkeit und Materialsituation zu prüfen. Er gibt<br />
diesen Kundenauftrag an das operative Produktionsmanagement weiter, der die vereinbarte<br />
Liefermenge und den –termin als strenge Vorgabe betrachten muss. Der Kundenauftrag erfordert<br />
unter Umständen eine Umplanung der Fertigung, die ungünstige Fertigungskosten (ungünstige<br />
Lose oder Stillstandszeiten der Anlagen, Überstunden etc.) oder Materialengpässe verursachen<br />
kann. Möglicherweise wird die Termineinhaltung anderer Kundenaufträge gefährdet. Die geteilte<br />
Verantwortung hat zur Folge, dass der Vertriebsmitarbeiter die Kosten, die durch Terminengpässe<br />
in der Fertigung oder im Einkauf entstehen, nicht verantwortet.<br />
• Koordinationsdefizite zwischen Produktionsmanagement und Einkauf zeigen sich in Engpass-<br />
Situationen. Das operative Produktionsmanagement arbeitet mit einer Systemunterstützung, die<br />
der MRP<strong>II</strong>-Logik folgt. Diese zeichnet sich durch eine hierarchisch sukzessive Planung aus. Die<br />
Entscheidungen der Produktionsprogrammplanung und Losmengenoptimierung werden für die<br />
Materialbedarfsplanung und Bestellplanung als bindend betrachtet, auch dann, wenn Material<br />
nicht in ausreichender Menge und termingerecht beschaffbar ist. Die kostenorientierte<br />
Losoptimierung betrachtet Rüst- und Bestandskosten als entscheidungsrelevant. Verursacht das<br />
„optimale“ Los Materialengpässe (und damit Fehlmengenkosten) sind diese im Einkauf zu<br />
verantworten und zu bewältigen. Der Disposition hätte durch eine Veränderung der Losmenge<br />
oder des –termins eventuell die Möglichkeit gehabt, die Engpasssituation zu vermeiden. Zur<br />
Einsparung von Rüstkosten werden Fehlmengenkosten hingenommen.<br />
• Koordinationsdefizite zeigen sich bei der isolierten Festlegung von Puffern in Beständen,<br />
Kapazitäten und Plan-Durchlaufzeiten. Die einzelnen Funktionsbereiche verantworten ihre<br />
Leistung gegenüber dem internen Kunden. Um sich vor Störungen und Leistungsdefiziten der<br />
Prozessnachbarn zu schützen, werden Sicherheiten aufgebaut in Form von Puffern in den<br />
Beständen, Plan-Beschaffungs- und –Durchlaufzeiten und in den Kapazitäten. Ursachen für<br />
<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Melzer</strong>-<strong>Ridinger</strong> <strong>SBWL</strong> <strong>II</strong> <strong>Internationale</strong> <strong>Logistik</strong> | 16.01.2009<br />
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