Prof. Dr. Melzer-Ridinger SBWL II Internationale Logistik
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<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Melzer</strong>-<strong>Ridinger</strong><br />
<strong>SBWL</strong> <strong>II</strong> <strong>Internationale</strong> <strong>Logistik</strong><br />
39 Vorlesungsstunden<br />
MICROSOFT<br />
16 Januar 2009<br />
Verfasst von: <strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Melzer</strong>-<strong>Ridinger</strong>
<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Melzer</strong>-<strong>Ridinger</strong> <strong>SBWL</strong> <strong>II</strong> <strong>Internationale</strong> <strong>Logistik</strong> | 16.01.2009<br />
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39 Vorlesungsstunden<br />
<strong>Prof</strong>. <strong>Prof</strong>. <strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Melzer</strong> <strong>Melzer</strong>-<strong>Ridinger</strong><br />
<strong>Melzer</strong> <strong>Ridinger</strong><br />
<strong>SBWL</strong> <strong>SBWL</strong> <strong>II</strong> <strong>II</strong> <strong>Internationale</strong> <strong>Internationale</strong> <strong>Internationale</strong> <strong>Logistik</strong><br />
<strong>Logistik</strong><br />
Gliederung der Vorlesung <strong>SBWL</strong> <strong>II</strong> <strong>Internationale</strong> <strong>Logistik</strong><br />
39 Präsenzstunden<br />
1. Entwicklungsstufen der <strong>Logistik</strong><br />
1.1. Transport-Umschlag-Lager- <strong>Logistik</strong> - TUL-<strong>Logistik</strong><br />
1.2. <strong>Logistik</strong> als betriebliche Koordinationsfunktion<br />
1.3. <strong>Logistik</strong> als unternehmensübergreifendes Supply Chain Management<br />
2. Lieferservicepolitik<br />
2.1. Komponenten und Instrumente der Lieferservicepolitik<br />
2.2. Dilemma der Lieferservicepolitik<br />
2.3. Einflussfaktoren auf die absatzpolitische Wirkung des Lieferservice<br />
2.4. Differenzierte Lieferserviceziele<br />
3. Frachtkostenmanagement<br />
3.1. Wahl des Transportmittels<br />
3.2. Indirekte Transportsysteme<br />
3.3. Fremdbezug logistischer Dienstleistungen<br />
3.4. INCOTERMS<br />
4. Beschaffungsmarketing - Gestaltung der Zusammenarbeit auf der buy-side<br />
4.1. Gestaltung der Fertigungstiefe<br />
4.2. (<strong>Internationale</strong>) Lieferantenpolitik<br />
4.2.1. Zulassung und laufende Bewertung von Lieferanten<br />
4.2.2. multiple sourcing versus single sourcing<br />
4.2.3. local sourcing versus global sourcing<br />
4.3. Kontraktpolitik<br />
4.3.1. Preisvereinbarungen<br />
4.3.2. Vertragliche Verpflichtungen des Lieferanten<br />
4.3.3. Vertragliche Verpflichtungen des Abnehmers<br />
5. Materialdisposition<br />
Pflichtliteratur:<br />
<strong>Melzer</strong>-<strong>Ridinger</strong>, R.: Materialwirtschaft und Einkauf. Beschaffungsmanagement 5. Auflage München 2008 S. 176-<br />
211<br />
<strong>Melzer</strong>-<strong>Ridinger</strong>, R.: ergänzendes Skript zur Vorlesung (www.melzer-ridinger.de)<br />
<strong>Melzer</strong>-<strong>Ridinger</strong>, R., Neumann, A.: Dienstleistung und Produktion. Physica Verlag 2008 S. 46-76, S. 161-167<br />
Grant/Lambert/Stock/Ellram: Fundamentals of Logistics Management European Edition Chapter 7,<br />
Klaus, P., Nehm, A.: Massengutlogistik. In: Gabler Lexikon <strong>Logistik</strong>. 4. Aufl. Wiesbaden 2008:
Workload Abschnitt 3:<br />
Grant/Lambert/Stock/Ellram: Fundamentals of Logistics Management European Edition Chapter 7,<br />
Klaus, P., Nehm, A.: Massengutlogistik. In: Gabler Lexikon <strong>Logistik</strong>. 4. Aufl. Wiesbaden 2008:<br />
• Welche Bedeutung hat das Transportkostenmanagement?<br />
• Welche Faktoren beeinflussen die Höhe der Transportkosten und die Preise für Transportleistungen?<br />
• Welche Bedeutung und Rolle hat das Transportmanagement für den Lieferservice gegenüber dem Kunden?<br />
Wie kann diese Bedeutung und sein Beitrag gemessen werden?<br />
• Welche Unterschiede weisen die Verkehrsträger hinsichtlich Kosten und Servicecharakteristika auf?<br />
• Begründen Sie die Dominanz des Verkehrsträgers Straße im europäischen und nationalen Verkehr!<br />
• Erläutern Sie am Beispiel des Huckepackverkehrs die Vorteile des intermodalen Verkehrs!<br />
• Begründen Sie die Bedeutung des Containers für das Transportkostenmanagement!<br />
• Welche Vorteile verspricht eine enge, langfristige und partnerschaftliche Bindung an einen logistischen<br />
Dienstleister?<br />
• Welche Maßstäbe sind geeignet, die Leistungsfähigkeit eines logistischen Dienstleisters zu messen?<br />
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Ergänzendes Ergänzendes Skript Skript zur zur Vorlesung Vorlesung<br />
Vorlesung<br />
1. <strong>Logistik</strong>: von der Dienstleistungsfunktion zur Organisationskultur – Begriffsvarianten und<br />
Entwicklungsstufen der <strong>Logistik</strong><br />
1.1 Strategische Handlungsfelder der <strong>Logistik</strong><br />
Als Fachgebiet der Betriebswirtschaftslehre beschäftigt sich die <strong>Logistik</strong> mit der Gestaltung und<br />
Lenkung des Material- und Warenflusses in, durch und aus dem Unternehmen:<br />
Das Unternehmen bezieht Produktionsmaterial, Dienstleistungen und Anlagegüter von externen<br />
Lieferanten (Materialfluss vom Beschaffungsmarkt in das Unternehmen), verarbeitet das Material -<br />
über möglicherweise mehrere Fertigungsstufen - zu Absatzprodukten (Materialfluss durch das<br />
Unternehmen) und verteilt die Absatzprodukte - möglicherweise über ein mehrstufiges Lager- und<br />
Transportsystem - an die Kunden (Warenfluss aus dem Unternehmen). Stellt man sich die<br />
Lieferanten, eventuell eingeschaltete logistische Dienstleister, das betrachtete Unternehmen und<br />
seine Kunden bildlich in einer Kette vor, spricht man von einer Lieferkette oder <strong>Logistik</strong>kette oder<br />
supply chain.<br />
Die Basisstruktur einer supply chain kann durch zwei eng miteinander verknüpfte Prozesse, den<br />
physischen Materialfluss und den Informationsfluss, dargestellt werden:<br />
Im sichtbaren Teil der betrieblichen Lieferkette finden die Produktionsprozesse und die<br />
innerbetrieblichen Transport-, Lager-, Umschlagsvorgänge statt. Der physische Teil der<br />
überbetrieblichen Lieferkette umfasst Beschaffungs- und Warenverteilprozesse (vgl. Abb. 1).<br />
Lieferanten<br />
Beschaffung:<br />
Wareneingang,<br />
Materiallager<br />
Einlagerung,<br />
Identitätsprüfung,<br />
Qualitätsprüfung,<br />
Abb. 1 : physische Prozesse<br />
Ware aanehmen,<br />
Fertigung<br />
Zwischenlagerung<br />
Transport zur nächsten<br />
Fertigungsstufe,<br />
Transformation,<br />
Absatz:<br />
Erzeugnislager,<br />
Versand<br />
Um die betriebliche und überbetriebliche Lieferkette strategisch zu gestalten und den Materialfluss<br />
aktuell zu lenken, benötigen die Mitglieder der logistischen Kette Informationen, die dem Materialfluss<br />
Kundenaufträge ausliefern<br />
Kundenaufträge kommissionieren,<br />
Erzeugnisse lagern,
vorauseilen (z.B. Bedarfsprognosen, Aufträge), ihn begleiten( z.B. Lieferscheine)und ihm nachfolgen<br />
(z.B. Kontroll-Kennzahlen, Analyse-Kennzahlen) vgl. Abb. 2.<br />
Lieferanten<br />
Einkauf<br />
Bestellanforderungen an Vorgaben des<br />
Lieferanten anpassen<br />
Vorteilhaftigkeit der Bestellanforderung<br />
prüfen,<br />
Abb. 2: Dispositive Prozesse<br />
Forecast an wichtige Lieferanten,<br />
Produktionsplanung<br />
Optimierung der Bestellmengen und -termine<br />
Optimierung der Fertigungsmengen und -<br />
termine,<br />
Bedarfsplanung für Erzeugnisse, Kapazität<br />
und Material,<br />
Vertrieb<br />
Die Grundfunktion von <strong>Logistik</strong>systemen ist die raum-zeitliche Veränderung von Gütern:<br />
Güterbereitstellung und –verwendung finden i.d.R. an verschiedenen Orten und zu verschiedenen<br />
Zeitpunkten statt (räumliche und zeitliche Disparitäten) und werden durch Transport- und<br />
Lagerprozesse aufeinander abgestimmt. <strong>Logistik</strong>aktivitäten sind zur Erzeugung des<br />
Gebrauchswertes eines Gutes notwendig: ein Gut hat für den Abnehmer Gebrauchswert, wenn es<br />
für die Befriedigung seiner Bedürfnisse geeignet ist (Eignungswert) und wenn es zeitlich, räumlich und<br />
mengenmäßig faktisch verfügbar ist, wenn es benötigt wird. Logistische Aktivitäten erzeugen<br />
demnach Ort- und Zeitnutzen.<br />
In einem indirekten d.h. mehrstufigen <strong>Logistik</strong>system treten neben die Grundfunktionen transportieren<br />
und lagern Umschlagsprozesse.<br />
Zur Funktion logistischer Systeme gehört ebenfalls, die Kernprozesse zu erleichtern oder zu<br />
vermeiden. Diese Aufgabe wird durch „Verpacken“ und – insbesondere vorauseilende – Information<br />
Liefertermine und –mengen<br />
vereinbaren<br />
Absatzprognosen erstellen,<br />
Aufträge erfassen,<br />
Kunden<br />
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erfüllt.<br />
Abb.3: Funktionen des <strong>Logistik</strong>systems<br />
Wegen der Komplexität des logistischen gistischen Entscheidungsfelds ist es üblich, funktionale Subsysteme zu<br />
betrachten, die phasen- oder verrichtungsspezifisch gebildet werden:<br />
Den Phasen des Güterprozesses vom Beschaffungsmarkt, durch das Unternehmen zum Absatzmarkt<br />
und zurück zum Beschaffungsmarkt folgend, werden die Subsysteme Beschaffungs<br />
Beschaffungs-, Produktions-,<br />
Distributions- und Entsorgungslogistik unterschieden. Die Subsysteme sind durch Input Input-Output-<br />
Beziehungen verbunden und weisen enge sachliche und zeitliche Leistungsverflechtungen auf. Die<br />
den Subsystemen zur Verfügung stehenden Instrumente können sich gegenseitig substituieren.<br />
Leistungsverflechtungen haben Kosten Kosten- und Kosten-Leistungskonflikte Leistungskonflikte zur Folge. (vgl. Pfohl 1996 S.<br />
17 f und Bild 4 Pfohl 1996 S. 18)<br />
Die verrichtungsorientierte ierte Bildung logistischer Subsysteme orientiert sich an den bereits in Bild<br />
genannten Aufgabenbereichen und unterscheidet das Transport Transport- (und Umschlags Umschlags-,), Lager- (und
Umschlags-,), Verpackungs- 1<br />
Abb.4: Phasen- und verrichtungsorientierte Subsysteme der <strong>Logistik</strong><br />
und das Informationssystem (vgl. Pfohl 1996 S.17f).<br />
Die <strong>Logistik</strong>leistung besteht allgemein formuliert darin, dafür zu sorgen, dass ein Empfangspunkt<br />
gemäß seines Bedarfs von einem Lieferpunkt mit dem richtigen Produkt, in der richtigen Menge, i iin<br />
der<br />
richtigen Qualität, zur richtigen Zeit am richtigen Ort versorgt wird. Diese als die 5 r’s der <strong>Logistik</strong><br />
bezeichnete Formulierung beschreibt die Aufgabe, einen vom Kunden erwarteten Lieferservice<br />
sicherzustellen.<br />
Die Sicherstellung der faktischen VVerfügbarkeit<br />
des als Primärleistung angebotenen Produktes<br />
entsprechend den Bedürfnissen des externen Kunden ist für Industrie Industrie- und Handelsunternehmen ein<br />
wichtiges Marketinginstrument. Der vom Kunden wahrgenommene Nutzen logistischer Leistungen ist<br />
darauf zurückzuführen, dass das Angebot kurzer und zuverlässiger Lieferzeiten dem Kunden<br />
Kostenersparnisse verspricht und seine eigene logistische Leistungsfähigkeit verbessert:<br />
• Die faktische Verfügbarkeit ist für den industriellen Kunden Voraussetzung<br />
Voraussetzung, ein Gut als<br />
Produktionsmaterial in seiner Fertigung in der gewünschten Menge zum gewünschten Zeitpunkt,<br />
im gewünschten Zustand und am gewünschten Ort zu verarbeiten.<br />
• Für einen privaten Kunden, der Konsumgüter am point of sale einkauft, ist die faktische<br />
Verfügbarkeit arkeit Voraussetzung geplante, generell geplante und spontane Kaufabsichten zu<br />
realisieren. Ist die faktische Verfügbarkeit zum Zeitpunkt der Verwendungs<br />
Verwendungs- bzw. Kaufabsicht<br />
nicht gegeben, drohen dem Handelskunden – und in der Folge auch dem Hersteller -<br />
Fehlmengenkosten.<br />
• Logistische Leistungen steigern die Fähigkeit des industriellen und Handelskunden kurzfristige<br />
Kundenaufträge zu bedienen und kurzfristige Bedarfsänderungen zu bewältigen ( (Flexibilität),<br />
sie reduzieren die beim Abnehmer entstehenden Probleme und Kosten bei Störungen in der<br />
Fertigung und Planungsfehlern ( (Störanfälligkeit) ) und erlauben dem gewerblichen Kunden,<br />
seine Bestandskosten und seinen Planungsaufwand zu senken.<br />
1<br />
Zur Verpackungslogistik vgl. Großmann, G., Kaßmann, M.: Verpackungslogistik. In: In: Gabler<br />
Lexikon <strong>Logistik</strong>. 4. Aufl. Wiesbaden 2008<br />
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Abb. 5: <strong>Logistik</strong> – Einführung<br />
Strategische Entscheidungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie langfristige Festlegungen<br />
treffen, die kurzfristig nicht oder nur mit erheblichen Verlusten revidiert werden können, da sie mit<br />
hohen Investitionen oder vertraglichen Verpflichtungen verbunden sind. Weiterhin bilden strategische<br />
Festlegungen Rahmenbedingungen für die operative Durchführung der logistischen Prozesse.<br />
Strategische Festlegungen der <strong>Logistik</strong> (Handlungsfelder) betreffen 6 Fragestellungen (vgl. Abb.<br />
6):<br />
1. Die Lieferservicepolitik gibt interne Ziele für die Key Performance Indicators (KPI) Lieferzeit,<br />
Terminzuverlässigkeit bzw. Regalverfügbarkeit vor. Das Angebot kurzer und zuverlässiger<br />
Lieferzeiten und einer hohen Regalverfügbarkeit ist oft mit hohen Kosten verbunden. Es ist zu<br />
prüfen, ob der Kunde die logistische Leistungsfähigkeit wahrnimmt und honoriert, welche<br />
logistische Leistung vom Wettbewerber angeboten wird und ob hohe <strong>Logistik</strong>kosten durch<br />
Absatzerfolge gerechtfertigt sind oder über den Verkaufspreis an den Kunden überwälzt werden<br />
können.<br />
2. Die Gestaltung des Lagersystems (auch Lagerhausmanagement) entscheidet über die Zahl der<br />
Lagerstufen und die Zahl und Standorte der Lager auf jeder Stufe. Jeder Lagerstufe werden<br />
Beschaffungsquellen als Empfangspunkte und interne Kunden oder regionale Absatzgebiete als<br />
Lieferpunkte zugeordnet. Für jedes Lager ist festzulegen, welche Aufgaben (Lagern, Umverteilen,<br />
Preisauszeichnung, Aufarbeitung, Retourenbearbeitung) es übernehmen soll, weiterhin ist über
ihre Größe (Palettenstellplätze) und technische Ausstattung sowie über das Kommissioniersystem<br />
zu entscheiden.<br />
3. Das strategische Bestandsmanagement trifft für jede Artikelidentnummer, die beschafft, gefertigt<br />
oder abgesetzt wird, die Entscheidung, ob ein Lagebestand gehalten werden soll oder ob die<br />
Ware erst dann beschafft (in Industriebetrieben gefertigt) werden soll, wenn ein Kundenauftrag<br />
vorliegt. Für lagerhaltige und regelmäßig benötigte Produkte werden auch Regeln für die<br />
Vorratsergänzung d.h. für Bestellzeitpunkte und -mengen festgelegt.<br />
4. Das strategische Transportmanagement entwickelt Richtlinien, welche Transportaufträge direkt<br />
und ohne Unterbrechung oder Umwege zum Zielpunkt transportiert werden. Indirekte Transporte<br />
fahren auf dem Weg zum Zielpunkt Auflösungs- und/oder Bündelungspunkte an, um die<br />
Transportmittel bestmöglich auszulasten und die Anzahl der Warenanlieferungen für die Filialen<br />
zu reduzieren. Ein weiteres Handlungsfeld des strategischen Transportmanagements ist die<br />
Entscheidung über die Transportmittel (Bahn, LKW, Binnenschifffahrt, Seeschifffahrt, Flugzeug).<br />
5. Die Gestaltung der Arbeitsteilung in der logistischen Kette entscheidet darüber, ob logistische<br />
Aufgaben vom Handel, vom Hersteller oder von einem logistischen Dienstleister wahrgenommen<br />
werden sollen. Bezüglich der Frage „Eigenerstellung oder Fremdbezug“ der Transportleistungen<br />
sind derzeit zwei gegenläufige Trends zu beobachten: Bei großen Handelsunternehmen ist die<br />
Übernahme der sog. „Systemführerschaft“ zu beobachten. Während bisher die<br />
Wertschöpfungskette durch die Distributionslogistik der Industrieunternehmen dominiert wurde,<br />
übernehmen die großen filialisierten Handelsunternehmen die Beschaffung und Verteilung der<br />
Waren in die Filialen nun durch ihre Beschaffungslogistik (Insourcing). Ein gegenläufiger Trend ist<br />
das verstärkte Outsourcing logistischer Dienstleistungen. Nicht mehr nur Transportleistungen,<br />
sondern auch Preisauszeichnung, Disposition und Lagerleistungen können und werden vom<br />
Hersteller oder logistischen Dienstleistern fremdbezogen.<br />
6. Das Verpackungsmanagement entwickelt wirtschaftliche und ökologisch vorteilhafte<br />
Verpackungssysteme. Im Mittelpunkt stehen dabei die Fragen, ob Mehrwegverpackungssysteme<br />
die Einwegverpackungssysteme ablösen können und sollen sowie die Standardisierung von<br />
Verpackungen, Redistributions- und Entsorgungsprozessen.<br />
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Abb. 6: Strategische Handlungsfelder der <strong>Logistik</strong>
Paradigmen sind Denkgewohnheiten und Denkmuster, eine spezifische „Weltsicht“, die in einer<br />
wissenschaftlichen Disziplin in einem gewissen Zeitraum allgemein akzeptiert werden und so auch<br />
den Lösungsvorschlägen für praktische Fragestellungen zugrunde liegen. Das Paradigma kann durch<br />
einige charakteristische Grundauffassungen beschrieben werden. Die „Weltsicht“ der <strong>Logistik</strong> hat in<br />
den letzten 30 Jahren Veränderungen erfahren, die 3 Entwicklungsstufen zugeordnet werden können<br />
und den Denkhorizont und Handlungsspielraum der <strong>Logistik</strong> bestimmen:<br />
1.2 Paradigma der TUL-<strong>Logistik</strong><br />
In der Entwicklungsstufe der TUL-<strong>Logistik</strong> wird <strong>Logistik</strong> verstanden als betriebliche Hilfsfunktion, deren<br />
Aufgabe die Überwindung von Raum-, Zeit- und Mengendiskrepanzen ist. Dabei werden die<br />
Rahmenbedingungen auf dem Beschaffungsmarkt, in der eigenen Fertigung und auf dem<br />
Absatzmarkt als unveränderliches Datum und als ungewiss betrachtet. Bezogen auf die<br />
Terminzuverlässigkeit gegenüber dem Kunden auf dem Absatzmarkt wird das Abzugsverhalten der<br />
Abnehmer als gegeben und als black box betrachtet und versucht, dieses mittels statistischer<br />
Verfahren zu prognostizieren. (Ungewissheit über zukünftigen Marktbedarf, Erwartungswert und<br />
Streuung der Nachfrage als Datenbasis für die Absatzplanung). Gleichzeitig werden die<br />
Rahmenbedingungen in der eigenen Fertigung (Qualitätsprobleme, Kapazitätssituation, Rüstkosten<br />
und –zeiten) nicht als Gestaltungsvariable betrachtet, die Länge und Streuung der Durchlaufzeiten<br />
wird beobachtet und durch eine adäquate Festlegung von Plan-Durchlaufzeiten und<br />
Sicherheitsbeständen berücksichtigt. Ungewissheit über Beschaffungszeiten und<br />
Versorgungsstörungen, die die eigene Terminzuverlässigkeit bedrohen, werden nicht ursächlich<br />
bekämpft, sondern durch Sicherheitsbestand im Materiallager bewältigt. Als Instrument zur<br />
Verbesserung der Terminzuverlässigkeit erkennt die TUL-<strong>Logistik</strong> also nur Bestände und<br />
Kapazitätspuffer, deren Steigerung Kosten verursacht (Konflikt). Ein weiteres Instrument der TUL-<br />
<strong>Logistik</strong> ist der Einsatz schneller Transportmittel, der Verzicht auf die räumliche und zeitliche<br />
Bündelung von Transporten und die Beschäftigung leistungsfähiger logistischer Dienstleister um die<br />
Transportzeit zum Kunden so kurz und zuverlässig wie möglich zu gestalten. Die genannten<br />
Instrumente führen zu hohen Transportkosten. Um die Transportentfernung zum Kunden und damit<br />
auch die Gefahr von Transportverzögerungen möglichst gering zu halten, plädiert die TUL-<strong>Logistik</strong> für<br />
eine Bevorratung der Enderzeugnisse in der Nähe des Kunden. Diese dezentrale Lagerhaltung<br />
steigert die fixen Lagerkosten und die Kapitalbindungskosten.<br />
Die konventionelle Arbeitsweise zur Versorgung der Produktion und des Absatzmarktes -<br />
kostenorientierte Losoptimierung, prognosegesteuerte Nachproduktion, Puffer in den Durchlaufzeiten<br />
und Beständen - ist dem wachsenden <strong>Dr</strong>uck durch steigende Variantenvielfalt, durch geringe<br />
Fertigungstiefe, durch erhöhte Anfälligkeit aufgrund von global und single sourcing, durch verkürzte<br />
Produktlebenszyklen, durch Preisdruck und durch gestiegene Kundenerwartungen an den<br />
Lieferservice nicht mehr gewachsen. Viele Unternehmen schenken daher den Symptomen einer<br />
schlechten supply chain performance eine größere Beachtung [Prockl 2001 S. 62f; <strong>Melzer</strong>-<strong>Ridinger</strong><br />
2003 S. 18f.] und nehmen bewusst wahr,<br />
• dass die Bestände hoch sind und dennoch eine unfriedigende Termintreue bzw. Lieferbereitschaft<br />
gemessen wird,<br />
• dass die Kapazität im längerfristigen Durchschnitt nicht ausgelastet ist und dennoch häufig<br />
Kapazitätsengpässe auftreten,<br />
• dass die vereinbarten Liefertermine mit hohem Personalaufwand durch Engpassmanagement und<br />
Terminjäger sichergestellt werden müssen,<br />
• dass die Lieferanten und die eigene Fertigung lange Anpassungszeiten an Änderungen der<br />
Nachfrage am Absatzmarkt benötigen,<br />
• dass die Absatzprognose große und systematische Prognosefehler aufweist, dass der<br />
Auftrageingang starken Schwankungen unterliegt, obwohl die Nachfrage der Finalkunden stabil ist<br />
(Peitscheneffekt),<br />
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• dass kurzfristige Änderungen des Produktionsplans an der Tagesordnung sind und der Einkauf<br />
mit Eil-Bestellaufträgen stark belastet ist, obwohl eine systemgestützte Bestandsführung und<br />
programmorientierte Materialdisposition praktiziert wird.<br />
1.3 1.3 Das Das Paradigma Paradigma betriebliches betriebliches scm scm - <strong>Logistik</strong> <strong>Logistik</strong> als als betriebliche<br />
betriebliche<br />
Koordinationsfunktion<br />
Koordinationsfunktion<br />
Koordinationsfunktion<br />
Koordinationsbedarf und –defizite im betrieblichen order-to-payment-process<br />
Innerhalb des Unternehmens werden logistisch relevante Entscheidungen in den Funktionsbereichen<br />
Entwicklung/Konstruktion, Marketing/Vertrieb, Produktionsmanagement und Einkauf getroffen. Durch<br />
die Aufteilung von Aufgaben, Kompetenz und Verantwortung werden voneinander abgeschottete<br />
Funktionsbereiche geschaffen. Eine weitere Arbeitsteilung ergibt sich durch die Trennung von<br />
strategischen und operativen Aufgaben. Jeder Teilnehmer der logistischen Kette trifft logistische<br />
Entscheidungen für den von ihm zu verantwortenden Teil der logistischen Kette. Diese Arbeitsteilung<br />
zerlegt die Fragen wann welches Erzeugnis und welche Komponente in welchen Menge, wann, von<br />
welchen Mitarbeitern , auf welchen Anlagen gefertigt werden soll und geliefert werden soll in einzelne<br />
Planungsprobleme, die sowohl inhaltlich als auch organisatorisch isoliert oder sukzessive bearbeitet<br />
werden. In der Realität werden die angesprochenen Planungsaufgaben sowohl inhaltlich als auch<br />
organisatorisch getrennt bearbeitet (Seidl, C. S. 167). Die aus dien einzelnen Planungsaufgaben<br />
resultierenden Entscheidungen bilden Rahmenbedingungen (Daten) für nachgelagerte<br />
Planungsaufgaben. Der Geschäftsprozess Auftragsabwicklung durchläuft die Abteilungen Vertrieb,<br />
Arbeitsvorbereitung/Produktionsplanung, Einkauf, Wareneingang, Lager und Versanddisposition, die<br />
die in Abb. 7 genannten Aufgaben sukzessive bearbeiten.<br />
• Absatzplanung<br />
• Produktionsgrobplanung<br />
• Kundenauftragsverwaltung<br />
• Materialbedarfsplanung<br />
• Beschaffungsmarktforschung und Lieferantenauswahl<br />
• Bestelloptimierung<br />
• Bestellabwicklung<br />
• Erfassung des Wareneingangs<br />
• Qualitätsprüfung<br />
• Maschinenbelegung und Auftragsreihenfolgeplanung<br />
• Betriebsdatenerfassung<br />
• Bestandsverwaltung<br />
• Versanddisposition<br />
Abb.7 : logistische Teilaufgaben im Geschäftsprozess order-to-payment<br />
Arbeitsteilung reduziert die Komplexität und steigert die Effizienz der Erfüllung der Teilaufgaben.<br />
Ergebnis eines solchen Planungsvorgehens ist jedoch nur selten ein über die gesamte Kette optimaler<br />
Materialfluss. Innerhalb der Funktionsbereiche werden ausgefeilte Methoden zur Ermittlung von<br />
Suboptima eingesetzt, so werden optimale Beschaffungslosgrößen und –zyklen optimale<br />
Produktionsprogramme und –losgrößen ermittelt, es werden Methoden zur Transport- und<br />
Tourenplanung eingesetzt. Die Anwendung dieser Methoden führt aber nicht zu einem<br />
Gesamtoptimum. Arbeitsteilung in der Prozesskette hat Nachteile zur Folge, die die Vorteile der
Arbeitsteilung einschränken und aus der Sicht des supply chain management möglicherweise sogar<br />
überkompensieren:<br />
• Isolierte Entscheidungen: Die Aufgabenträger im Einkauf, Produktionsmanagement, Marketing<br />
und Vertrieb treffen Entscheidungen isoliert aus der eigenen Interessenlage heraus und ignorieren<br />
die Handlungskonsequenzen in anderen Funktionsbereichen, weil sie ihnen nicht (genau) bekannt<br />
sind und/oder weil sie sie nicht verantworten.<br />
• Begrenzter Handlungsspielraum: Potentielle Handlungsmöglichkeiten werden nicht in Erwägung<br />
gezogen, weil die durch vorgelagerten Planungsschritte erfolgten Entscheidungen als<br />
unveränderliches Datum betrachtet werden (das Bestandsmanagement betrachtet die<br />
Zuverlässigkeit des Lieferanten als Datum, das Produktionsmanagement betrachtet<br />
Lieferterminvorgaben als Datum).<br />
• Unausgeschöpfte Synergiepotenziale: Synergiepotenziale durch eine gemeinsame statt isolierte<br />
Festlegung von Gestaltungsparametern werden nicht ausgeschöpft (gemeinsame Disposition von<br />
Beschaffungs- und Warenverteiltransporten, simultane Festlegung von Bestellmengen und –<br />
terminen einer von einem Lieferanten bezogenen Artikelgruppe).<br />
Koordination im Sinne von Abstimmung und Rücksichtnahme ist in der betrieblichen Prozesskette<br />
gefordert, wenn der Kunde einen kurzfristigen Auftrag platzieren will, wenn Engpässe bei Kapazitäten<br />
in der Fertigung oder bei den Beständen an Material vorliegen (können), bei der Festlegung von<br />
Puffern in Form von Beständen, Kapazitäten und Durchlaufzeiten:<br />
• Koordinationsdefizite zwischen Vertrieb, Produktionsmanagement und Einkauf zeigen sich bei<br />
kurzfristigen Kundenwünschen, die eine Bereitstellung des Enderzeugnisses in einem Zeitraum<br />
fordern, der kürzer ist als die Standardlieferzeit. Der Vertrieb nimmt Lieferwünsche des Kunden<br />
entgegen und vereinbart einen Liefertermin mit dem Kunden, ohne den aktuell verfügbaren<br />
Bestand an Enderzeugnissen, Kapazitätsverfügbarkeit und Materialsituation zu prüfen. Er gibt<br />
diesen Kundenauftrag an das operative Produktionsmanagement weiter, der die vereinbarte<br />
Liefermenge und den –termin als strenge Vorgabe betrachten muss. Der Kundenauftrag erfordert<br />
unter Umständen eine Umplanung der Fertigung, die ungünstige Fertigungskosten (ungünstige<br />
Lose oder Stillstandszeiten der Anlagen, Überstunden etc.) oder Materialengpässe verursachen<br />
kann. Möglicherweise wird die Termineinhaltung anderer Kundenaufträge gefährdet. Die geteilte<br />
Verantwortung hat zur Folge, dass der Vertriebsmitarbeiter die Kosten, die durch Terminengpässe<br />
in der Fertigung oder im Einkauf entstehen, nicht verantwortet.<br />
• Koordinationsdefizite zwischen Produktionsmanagement und Einkauf zeigen sich in Engpass-<br />
Situationen. Das operative Produktionsmanagement arbeitet mit einer Systemunterstützung, die<br />
der MRP<strong>II</strong>-Logik folgt. Diese zeichnet sich durch eine hierarchisch sukzessive Planung aus. Die<br />
Entscheidungen der Produktionsprogrammplanung und Losmengenoptimierung werden für die<br />
Materialbedarfsplanung und Bestellplanung als bindend betrachtet, auch dann, wenn Material<br />
nicht in ausreichender Menge und termingerecht beschaffbar ist. Die kostenorientierte<br />
Losoptimierung betrachtet Rüst- und Bestandskosten als entscheidungsrelevant. Verursacht das<br />
„optimale“ Los Materialengpässe (und damit Fehlmengenkosten) sind diese im Einkauf zu<br />
verantworten und zu bewältigen. Der Disposition hätte durch eine Veränderung der Losmenge<br />
oder des –termins eventuell die Möglichkeit gehabt, die Engpasssituation zu vermeiden. Zur<br />
Einsparung von Rüstkosten werden Fehlmengenkosten hingenommen.<br />
• Koordinationsdefizite zeigen sich bei der isolierten Festlegung von Puffern in Beständen,<br />
Kapazitäten und Plan-Durchlaufzeiten. Die einzelnen Funktionsbereiche verantworten ihre<br />
Leistung gegenüber dem internen Kunden. Um sich vor Störungen und Leistungsdefiziten der<br />
Prozessnachbarn zu schützen, werden Sicherheiten aufgebaut in Form von Puffern in den<br />
Beständen, Plan-Beschaffungs- und –Durchlaufzeiten und in den Kapazitäten. Ursachen für<br />
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dieses Verhalten der Aufgabenträger sind fehlende Informationen über das tatsächliche<br />
Leistungsvermögen der Prozessnachbarn.<br />
• Koordinationsdefizite zeigen sich durch eine isolierte Produktionsplanung und Versanddisposition.<br />
Die Produktionsplanung und die Versanddisposition erfolgen sukzessive. Die Versanddisposition<br />
schließt sich an die Produktionsplanung und orientiert sich an den Endterminen der Fertigung,<br />
während die Produktionsplanung nicht auf die Transport- und Tourenplanung abgestimmt wird.<br />
Möglichkeiten, Transportströme zu bündeln, werden durch diese Vorgehensweise nicht erkannt.<br />
1.4 1.4 Das Das Paradigma Paradigma übergreifendes übergreifendes Supply Supply Chain Chain Management<br />
Management<br />
Supply Chain Management hat die Aufgabe, den Materialfluss in, durch und aus dem Unternehmen<br />
und die zugehörigen administrativen Informations- und Koordinationsprozesse so zu gestalten und zu<br />
betreiben, dass eine fehlerfreie, störungsrobuste, schnelle und wirtschaftliche Versorgung des<br />
Endkunden gewährleistet ist [Lawrenz et al. 2001 45]. Diese Aufgabe hat das Supply Chain<br />
Management mit der <strong>Logistik</strong> gemeinsam. Dennoch handelt es sich bei Supply Chain Management<br />
nicht um einen Modebegriff [Knolmayer et al. S. 1-17; Walther, J. (2001) S. 11-3] (vgl. Abb. 8):<br />
• Verbesserungspotenziale werden weniger in den Einzelleistungen der Mitglieder des logistischen<br />
Kanals gesucht, als vielmehr an den Schnittstellen. Typische innerbetriebliche Schnittstellen<br />
bestehen zwischen den Funktionsbereichen Absatz, Produktion und Beschaffung bei der<br />
Auftragsabwicklung und zwischen F&E, Marketing, Produktion und Einkauf bei der<br />
Neuproduktentwicklung. Externe Schnittstellen bestehen zwischen Abnehmer und Lieferant.<br />
Schnittstellenprobleme zeigen sich als Ressortegoismus, bei dem jede Funktion unkoordiniert ihre<br />
Bereichsziele verfolgt, als Dominanz eines Teilbereichs, als Gefahr der persönlichen<br />
Ressentiments zwischen den Mitarbeitern und Führungskräften der Bereiche. Die Folge von<br />
Schnittstellenproblemen sind Insellösungen und Teiloptimierungen, unabgestimmte<br />
Vorgehensweisen und kurzfristige Aktionen, Misstrauen, Verzögerungen, Informationsverlust,<br />
(Doppel)Aufwand und Puffer [Bellmann 2002 S. 363ff].<br />
• Supply Chain Management erkennt, dass der Wettbewerb nicht zwischen einzelnen Unternehmen<br />
stattfindet, sondern zwischen Supply Chains. Unternehmensübergreifendes Supply Chain<br />
Management dehnt daher das ganzheitliche Denken und Handeln aus auf die<br />
Wertschöpfungskette vom ersten Vorlieferanten bis zum Endkunden.<br />
• Der Konflikt zwischen Verbesserung des Lieferservice und Kostenminimierung wurde lange<br />
Zeit als natürlich und unvermeidbar hingenommen. Supply Chain Management zeigt, dass<br />
schlechte Termintreue und Lieferbereitschaft, hohe Bestände und Schwankungen der<br />
Kapazitätsauslastung häufig die gleichen Ursachen haben. Supply Chain Management entwickelt<br />
Konzepte, die Koordination in der Supply Chain zu verbessern und die Supply Chain zu<br />
entstören, um gleichzeitig kundenorientierte und finanzielle KPIs zu verbessern.<br />
• Supply Chain Management nimmt Rahmenbedingungen auf dem Beschaffungsmarkt<br />
(Lieferverzögerungen, nicht-spezfikationsgerechtes Material), in der eigenen Fertigung (hohe<br />
Rüstkosten) und auf dem Absatzmarkt (Schwankungen und Ungewissheit der Nachfrage) nicht<br />
schicksalsergeben als Datum hin und stellt sich durch Puffer in den Beständen, Durchlaufzeiten<br />
und Kapazitäten auf diese Bedingungen ein, sondern gestaltet sie strategisch mit Mitteln der<br />
Lieferanten- und Kontraktpolitik auf der buy-side und durch enge Zusammenarbeit mit<br />
Schlüsselkunden auf der sell-side.<br />
• Supply Chain Management macht Informations- und Abstimmungsdefizite unter den<br />
Mitgliedern der Supply Chain für die unbefriedigende performance der Supply Chain<br />
verantwortlich: Die Absatzprognose erfolgt auf den Stufen isoliert voneinander, zudem basiert sie<br />
ausschließlich auf den (verzerrten und verzögerten) Nachfrageimpulsen der jeweiligen<br />
abnehmenden Stufe (nicht auf aktueller Nachfrage des Endkunden oder zukunftsorientierter
Informationen). Die Absatz- und Produktionsplanung der liefernden Stufe hat keine Information<br />
über Bestände in der logistischen Kette und die abnehmende Stufe (Produktionsplanung; Vertrieb,<br />
Kunde) hat keine Informationen über die Ressourcen der liefernden Stufe.<br />
Abbildung 8: Was ist neu am Supply Chain Management?<br />
Ganzheitliches Denken und Handeln zur Bewältigung von Interdependenzen und Zielkonflikten<br />
Die Ausführungen über die Aufgaben und Handlungsfelder der <strong>Logistik</strong> und über die logistischen<br />
Prozesse und Prozessbeteiligte haben bereits einen Einblick in die Komplexität der <strong>Logistik</strong> gegeben.<br />
Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass die logistische Entscheidungsfindung eine Vielzahl von<br />
Interdependenzen (gegenseitige Abhängigkeiten) und Konflikten berücksichtigen muss, um zu<br />
ganzheitlich optimalen Konzepten und Lösungen zu kommen.<br />
Zu Beginn der systematischen Beschäftigung mit <strong>Logistik</strong> standen einzelne Themen wie die<br />
Einführung von Software, Bestandsoptimierung, Outsourcing logistischer Leistungen oder<br />
Standortoptimierung im Mittelpunkt der Diskussion. Die Lösungen zeichneten sich dadurch aus, dass<br />
jeweils einzelne Arbeitsschritte, isolierte Fragestellungen und einzelne logistische Ziele im Fokus der<br />
Verbesserungsprojekte standen.<br />
Teillösungen für einzelne logistischen Subsysteme, Artikel, Entscheidungsparameter oder Ziele<br />
bergen jedoch das Risiko,<br />
• dass eine Maßnahme zur Senkung einer Kostenart bei einer anderen Kostenart eine Steigerung<br />
bewirkt, (Kostenkonflikt), die die gesamten <strong>Logistik</strong>kosten nicht reduziert, sondern steigert.<br />
• dass eine Steigerung der logistischen Leistungsfähigkeit (gemessen am Lieferservice gegenüber<br />
dem Kunden) Kostensteigerungen verursachen bzw. Maßnahmen zur Kostensenkung eine<br />
Beeinträchtigung bei den Leistungszielen zur Folge haben (Kosten-Leistungskonflikt). Kosten-<br />
Leistungskonflikte bergen die Gefahr, dass erfolgreiche Kostensenkung den Gewinn nicht steigert,<br />
sondern schmälert, weil der Umsatz stärker zurückgeht als die Kosten bzw. vice versa.<br />
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Das moderne <strong>Logistik</strong>management ist daher geprägt von einer ganzheitlichen (systemischen,<br />
integrierten) Sichtweise der Informations- und Materialflüsse innerhalb und zwischen Unternehmen.<br />
Ganzheitliches Denken und Handeln hat seinen Ursprung in der Systemtheorie, die sich bemüht, jede<br />
Funktion, jedes Unternehmen, jeden Arbeitsschritt als Teil eines größeren Ganzen zu betrachten.<br />
Ganzheitliches oder Systemdenken fordert prozessorientiertes anstelle funktionsorientiertem Denken<br />
und Handeln. Geschäftsprozesse wie Beschaffung, Auftragssteuerung, Produktion, Lagerung,<br />
Distribution wurden in der Vergangenheit in erster Linie aus einer isolierten funktionalen Sicht<br />
betrachtet. Diese Sichtweise genügt heute nicht mehr. Die Aufgabe besteht demnach nicht mehr<br />
darin, einzelne Teilprozesse zu optimieren und aneinander zu reihen, sondern den Gesamtprozess<br />
der Leistungserstellung zu verbessern, Wirkungszusammenhänge zwischen den einzelnen Prozessen<br />
zu analysieren und ein Gesamtoptimum zu schaffen.<br />
Das Systemdenken analysiert die bestehenden Interdependenzen im logistischen Kanal und macht<br />
beschreibende und erklärende Aussagen, aus denen im Hinblick auf die Unternehmensziele<br />
Gestaltungsempfehlungen abgeleitet werden können (Pfohl S. 16).<br />
Das Systemdenken zielt darauf ab, Wechselwirkungen der interdependenten Prozesse in der<br />
logistischen Kette zu erfassen, Ursache-Wirkungsketten zu quantifizieren und bei Gestaltungs- und<br />
Steuerungsentscheidungen zu berücksichtigen. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit, eine<br />
interfunktionale und darüber hinaus interorganisationale Perspektive einzunehmen.<br />
Bei der Beschreibung von <strong>Logistik</strong>systemen ist man gezwungen, die komplexen logistischen<br />
Systemzusammenhänge zu erfassen. Man wird die phasen- und verrichtungsorientierten Subsysteme<br />
(Beschaffungs-, Produktions-, Distributions-, Entsorgungslogistik und Transport-, Lager-,<br />
Verpackungs-, Kommissionierungs-, Informationssystem) nicht isoliert beschreiben, sondern ihr<br />
Zusammenwirken bei der Erreichung des Ziels, einen Lieferpunkt mit dem richtigen Produkt (in<br />
Menge und Spezifikation), im richtigen Zustand , zur richtigen Zeit, am richtigen Ort zu minimalen<br />
Kosten zu versorgen.<br />
Bei der Erklärung von Ursache-Wirkungs-Beziehungen werden die Wirkungen einer Veränderung in<br />
einem logistischen Teilsystem in allen anderen Teilsystemen erfasst. Probleme in einzelnen<br />
Teilsystemen werden auch auf Ursachen in anderen Teilsystemen untersucht.<br />
Das Systemdenken trägt dazu bei, bei der Entscheidungsfindung suboptimale Insellösungen zu<br />
vermeiden und stattdessen optimale Gesamtlösungen anzustreben. Entscheidungsmodelle zur<br />
Unterstützung einer ganzheitlichen Entscheidungsfindung beurteilen die Eignung einer<br />
Handlungsmöglichkeit in einem logistischen Subsystem ausschließlich an ihrem Beitrag zur Leistung<br />
des ganzen Systems.<br />
Eine aus dem Systemdenken abgeleitete Leitlinie für die Gestaltung und Steuerung der Prozesskette<br />
stellt die Kundenorientierung dar. Das Prinzip der Kundenorientierung findet intern und extern<br />
Anwendung, indem die gesamte Abfolge der Prozessschritte als Abfolge von Kunden-Lieferanten-<br />
Beziehungen interpretiert wird. Diesem outputbezogenen Aspekt steht der inputbezogene Aspekt des<br />
Systemkostenansatzes (total cost approach) gegenüber. Er besagt, dass für die Beurteilung der<br />
Effizienz von Handlungsmöglichkeiten den Wechselwirkungen der Kosten besondere Aufmerksamkeit<br />
zu schenken ist:<br />
Bei der Beurteilung von Handlungsmöglichkeiten zur Senkung einer Kostenart muss damit gerechnet<br />
werden, dass eine Maßnahme zur Senkung einer Kostenart bei einer anderen Kostenart Steigerungen<br />
zur Folge hat (Kostenkonflikt). In der <strong>Logistik</strong> treten häufig Konflikte auf zwischen<br />
• Bestandskosten und Transportkosten,<br />
• Bestandskosten und Bestellabwicklungskosten,
• Bestandskosten und Einstandskosten,<br />
• Bestandskosten und Dispositionskosten,<br />
• Transportkosten und Verpackungskosten,<br />
• Transportkosten und Handlingskosten.<br />
Zwischen Bestandskosten und Transportkosten besteht eine konfliktäre Beziehung - d.h. um<br />
Bestandskosten zu reduzieren, werden oft Maßnahmen in Erwägung gezogen, die die<br />
Transportkosten erhöhen. So kann der Sicherheitsbestand gesenkt werden (vgl. Abschnitt 7.5), um<br />
Bestandskosten zu reduzieren, diese Maßnahme wird jedoch die Häufigkeit von Eil- und<br />
Sondertransporten erhöhen, weil der Lieferbereitschaftsgrad des Lagers sinkt. Eine weitere<br />
Maßnahme zur Senkung der Bestandskosten ist die Zentralisierung der Lagerstruktur. Diese erhöht<br />
jedoch die Transportentfernung zu den Lieferpunkten und erfordert schnelle, teure Transportmittel, um<br />
die geforderte Lieferzeit gewährleisten zu können.<br />
Ein weiterer für das Bestandsmanagement (vgl. Abschnitt 7) bedeutsamer Konflikt besteht zwischen<br />
Bestands-, Bestellabwicklungs- und Einstandskosten. Dieser muss bei der Festlegung der<br />
Bereitstellungsart und der Bestellmenge beachtet werden. Kleine Bestellmengen mit einer kurzen<br />
Reichweite sind günstig für die Bestandskosten. Jedoch verursachen sie eine große Bestellhäufigkeit<br />
und damit hohe Bestellabwicklungskosten. Große Bestellmengen sind geeignet die Einstandskosten<br />
zu reduzieren durch die Erzielung von Mengenrabatten, steigern jedoch den im Lager befindlichen<br />
durchschnittlichen Lagerbestand und damit die Kapitalbindung und das Bestandsrisiko<br />
(Bestandskosten).<br />
Offensichtlich ist es nur dann sinnvoll eine Maßnahme durchzuführen, wenn die Kostennachteile nicht<br />
die ursprüngliche Kostensenkung übersteigen. Bei der Beurteilung von Maßnahmen zur Verbesserung<br />
des Kostenziels dürfen daher die Kostenerfolge nicht isoliert betrachtet werden. Die Beurteilung der<br />
Eignung einer Handlungsmöglichkeit sollte vielmehr auf Basis der gesamten von der<br />
Handlungsmöglichkeit beeinflussten Kosten erfolgen (total cost approach). Die Bestimmung der sog.<br />
entscheidungsrelevanten Kosten ist daher von zentraler Bedeutung, um ganzheitlich vorteilhafte<br />
Entscheidungen zu treffen. Dabei wird es in vielen Fällen nicht ausreichen, die Kostenanalysen und –<br />
vergleiche auf einzelne Abteilungen zu beschränken.<br />
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Abb.9: Kostenkonflikte (Quelle: Pfohl 2004 S. 31)<br />
Die Umsetzung des total cost approach in der Praxis ist nicht immer einfach,<br />
• weil die Nachteile bei einer anderen Kostenart, bei einem anderen Artikel, in einem anderen<br />
Verantwortungsbereich und zu einem späteren Zeitpunkt auftreten können und daher schwer zu<br />
erfassen und zu quantifizieren sind.<br />
• weil die Kostensteigerungen und –senkungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten auftreten können:<br />
Häufig müssen kurzfristig Kostensteigerungen hingenommen werden, um langfristig<br />
Kostensenkungen zu erreichen (oder umgekehrt). Dem daraus resultierenden Bewertungsproblem<br />
kann durch Auf- und Abzinsen der Kosten Rechnung getragen werden.<br />
• weil die Kosten unterschiedlichen Charakter haben können: Haben die Kostensenkungen den<br />
Charakter kalkulatorischer Einsparpotentiale, die durch aktive Maßnahmen und nur langfristig<br />
erschlossen werden können (z.B. Einsparung an Personal-Arbeitsstunden müssen durch<br />
Personalfreisetzung aktiv erschlossen werden), sollten diese nicht unmittelbar mit<br />
auszahlungswirksamen Kostenänderungen verglichen werden. Dieses Bewertungsproblem tritt<br />
zum Beispiel bei der Beurteilung des outsourcing von Einkaufsleistungen auf. Der Einkauf von<br />
Einkaufleistungen spart Personalarbeitszeit ein, die anderweitig etwa für strategische Aufgaben<br />
genutzt werden kann oder durch Freisetzung von Einkäufern zur langfristigen Reduzierung der<br />
Personalkosten im Einkauf führt. Kurzfristig entstehen jedoch auszahlungswirksame<br />
Einstandskosten für Dienstleistungen. Auch beim Vergleich von Opportunitätskosten (z.B.<br />
Fehlmengenkosten) mit aufwandsgleichen oder zahlungswirksamen Kosten (z.B. Bestandskosten)<br />
ist zumindest ein Hinweis auf den unterschiedlichen Charakter der Kosten erforderlich. Ein<br />
methodischer Ansatz diesem Bewertungsproblem Rechnung zu tragen ist bisher nicht bekannt.<br />
Kosten-Leistungskonflikte können bewältigt werden, indem für eines oder mehrere Ziele Mindest-<br />
Zielerreichungsgrade als strenge Nebenbedingung vorgegeben werden und anschließend die<br />
Handlungsmöglichkeit gesucht wird, die das Ziel bestmöglich erfüllt.
Eine andere Vorgehensweise ist die Gewichtung der Ziele entsprechend ihrer Bedeutung und die<br />
Anwendung eines Punktbewertungsmodells (scoring-Verfahrens), mit dem die<br />
Handlungskonsequenzen in dimensionslose Nutzenkennziffern umgerechnet und gewichtet werden.<br />
Diese können anschließend zum Vergleich der Handlungsmöglichkeiten addiert werden<br />
Die Forderung nach ganzheitlichem Denken und Handeln verlangt von jedem Funktions- und<br />
Entscheidungsträger, Kosten-Kosten- und Kosten-Leistungskonflikte, die durch seine Aktivitäten und<br />
Handlungsalternativen verursacht werden, zu erkennen und in seiner Entscheidungsfindung zu<br />
berücksichtigen. In der Praxis bedeutet dies, auf Vorteile im eigenen Verantwortungsbereich zu<br />
verzichten, wenn Vorteile für die gesamte Kette erreicht werden können bzw. Nachteile vermeidbar<br />
sind. Zugleich wird verlangt, Nachteile im eigenen Verantwortungsbereich zu akzeptieren, wenn<br />
Vorteile in anderen Verantwortungsbereichen erzielt werden können. Das Supply Chain Management<br />
in der Praxis ist dadurch gekennzeichnet, dass die Kostenverantwortung und Kosteneinfluss in der<br />
logistischen Kette auf mehrere Funktionsträger, Verantwortungsbereiche und Unternehmen verteilt<br />
sind. Die Anwendung des Systemansatzes verlangt daher, dass der einzelne Funktionsträger seine<br />
Entscheidungsfindung nicht nur an den Kosten orientiert, die er zu verantworten hat. Vielmehr muss<br />
jeder Funktionsträger bereit sein, auf Vorteile in seinem Verantwortungsbereich zu verzichten, um aus<br />
übergeordneter Sicht Nachteile zu vermeiden oder Vorteile zu erzielen.<br />
2 2 Lie Lieferservicepolitik<br />
Lie ferservicepolitik<br />
2.1 2.1 Key Key Performance Performance Indicators Indicators und und Instrumente Instrumente der der Lieferservicepolitik<br />
Lieferservicepolitik<br />
Das Ergebnis der logistischen Prozesse ist der Lieferservice eines Anbieters. Lieferserviceleistungen<br />
sind Dienstleistungen, die dem Kunden ergänzend zu einem physischen Produkt angeboten werden.<br />
Sie machen das Produkt für den Kunden faktisch verfügbar und erzeugen Gebrauchsnutzen.<br />
Lieferservicepolitik hat die Aufgabe, die Kundenerwartungen hinsichtlich des Lieferservice und das<br />
Lieferserviceangebot der konkurrierenden Anbieter zu untersuchen und darüber zu entscheiden, in<br />
welchem Umfange diese Erwartungen erfüllt werden können und sollen.<br />
Komponenten und Instrumente des Lieferservice sind (vgl. Abb.10):<br />
• Lieferbereitschaft ab Lager bzw. Regalverfügbarkeit - falls das Produkt ab Lager zur<br />
Selbstabholung bereitgestellt wird, nimmt der Kunde die Qualität der <strong>Logistik</strong> als Verfügbarkeit<br />
wahr. Die Lieferbereitschaft kann gemessen werden an der Bedarfsmenge, die ab Lager<br />
bedient werden konnte im Verhältnis zur gesamten Bedarfsmenge einer Periode oder an der<br />
Anzahl Fehlmengentage einer Periode.<br />
Die wichtigsten Instrumente zur Erzielung einer hohen Lieferbereitschaft sind verlässliche<br />
Absatzprognosen, eine lagerhaltige statt auftragsorientierter Bereitstellung,<br />
Sicherheitsbestände und beherrschte Nachschubprozesse.<br />
• Lieferzeit - falls der Artikel zum Kunden geliefert wird oder auftragsorientiert bereitgestellt<br />
wird und falls ein lagerhaltiges Erzeugnis eine Fehlmenge aufweist, ist die Lieferzeit Ausdruck<br />
des Lieferservice. Sie umfasst aus der Sicht des Kunden den Zeitraum von der<br />
Auftragserteilung bis zum Eintreffen der Ware beim Kunden oder am Verkaufspunkt. Kurze<br />
Lieferzeiten sind durch eine lagerhaltige Bereitstellung und hohe Lieferbereitschaft im<br />
Auslieferungslager sowie durch schnelle Kommissionier- und Transportprozesse zu erreichen.<br />
Im Falle einer auftragsorientierten Bereitstellung und im Falle einer Fehlmenge wird die Länge<br />
der Lieferzeit gegenüber dem Kunden außerdem durch die Wiederbeschaffungszeit des<br />
Artikels bestimmt.<br />
• Termintreue - falls ein Liefertermin vorab vereinbart wird, ist die Fähigkeit des Anbieters,<br />
diesen einzuhalten, ein Maßstab für die Zuverlässigkeit des Anbieters. Eine hohe Termintreue<br />
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erfordert zunächst eine verlässliche und individuelle Planung des Liefertermins und<br />
anschließend einen zuverlässigen Auftragsabwicklungsprozess.<br />
• Lieferqualität - insbesondere bei Lieferungen frei Haus und Aufträgen, die mehrere<br />
Auftragspositionen umfassen, ist die Fähigkeit des Anbieters von Bedeutung, die richtigen<br />
Artikel, vollständige Lieferungen und unbeschädigte Ware zu liefern. Erfolgsfaktoren der<br />
Lieferqualität sind das Bestandsmanagement, der Kommissionierprozess, die Verpackung<br />
und der Transportprozess.<br />
• Lieferflexibilität - sie bezeichnet die Fähigkeit und Bereitschaft eines Anbieters auf<br />
individuelle Kundenwünsche hinsichtlich Abnahmemengen und -zeitpunkten, Verpackung<br />
oder Versandbedingungen einzugehen.<br />
• Informationsbereitschaft - in Störungssituationen fordert der Kunde Informationen über den<br />
aktuellen Status der Auftragsabwicklung, bei individuellen Lieferterminvereinbarungen<br />
erwartet der Kunden verlässliche Angaben über den voraussichtlichen Liefertermin, bei<br />
Qualitätsproblemen fordert der Kunde Rückverfolgbarkeit einer Lieferung bis zum Lieferanten.<br />
Informationsbereitschaft bezeichnet die Fähigkeit eines Anbieters, diese Informationen<br />
jederzeit und kompetent geben zu können.<br />
Abb. 10: Komponenten und Instrumente der Lieferservicepolitik<br />
2.2 Dilemma Dilemma Dilemma der der Lieferservicepolitik<br />
Lieferservicepolitik<br />
Die Lieferservicepolitik ist von hoher strategischer Bedeutung, da sie eine wichtige Rahmenbedingung<br />
für die Gestaltung der dispositiven und physischen Prozesse sowie des Lager- und Transportsystems<br />
bildet. Vorgaben über die Ziel - Lieferbereitschaft, - Lieferzeit und -treue sind ein wesentlicher<br />
Einflussfaktor auf die strategischen und operativen Entscheidungen des Bestandsmanagements.<br />
Eine Anpassungsstrategie passt sich einem „branchenüblichen“ Lieferservice an. Lieferservice kann<br />
unter Umständen aber auch als Wettbewerbsinstrument eingesetzt werden, um Kundenzufriedenheit<br />
und Kundenbindung zu erzeugen und um zusätzliche Umsätze zu generieren.
Abb. 11: Dilemma der Lieferservicepolitik<br />
Abbildung 11 zeigt das Dilemma der Lieferservicepolitik: Verbesserungen des Lieferservice<br />
steigern den Gewinn nicht automatisch – Die Verbesserung des Lieferservice und die häufig damit<br />
einhergehende Kostensteigerung ist nicht in jedem Falle durch adäquat steigende Umsätze<br />
gerechtfertigt. Umsatzsteigerungen können sich aus steigenden Absatzmengen und/oder steigenden<br />
Preisen ergeben. Absatz- bzw. Umsatzsteigerungen sind zu erwarten, wenn der Kunde Unterschiede<br />
in den Lieferserviceleistungen der Anbieter bewusst wahrnimmt und diese Unterschiede für seine<br />
Marken- und Lieferantenwahl eine erhebliche Bedeutung haben.<br />
2.3 Einflussfaktoren Einflussfaktoren auf auf die die absatzpolitische absatzpolitische Wirkung Wirkung des des Lieferservice<br />
Lieferservice<br />
Inwieweit Unterschiede in den Lieferserviceleistungen eines Anbieters bewusst wahrgenommen<br />
werden, ist zunächst vom Ausmaß der Unterschiede zwischen konkurrierenden Anbietern abhängig.<br />
Je geringer die Unterschiede, umso geringer ist die Chance des Anbieters, sich durch einen guten<br />
Lieferservice zu profilieren. Geringe Verbesserungen gegenüber einem marktüblichen Lieferservice<br />
werden vom Kunden weniger wahrgenommen und wertgeschätzt als Verbesserungen eines bisher<br />
schlechten Lieferservice. Diese Aspekte erklären den abnehmenden Absatz- und Umsatzerfolg von<br />
Lieferserviceverbesserungen (vgl. nochmals Abb. 11).<br />
Die Wahrnehmung von Lieferserviceleistungen und –unterschieden wird beeinflusst von Merkmalen<br />
des Kunden, des Produkts und der aktuellen Beschaffungssituation des Kunden:<br />
Gewerbliche Kunden (Industrie, Handel, Handwerk) erfassen und beobachten den Lieferservice ihrer<br />
Lieferanten eher systematisch als private Verbraucher – professionelle Einkäufer führen zumindest<br />
für wichtige Lieferanten und regelmäßig beschaffte Produkte und Dienstleistungen eine systematische<br />
Lieferantenbeurteilung vor der Auftragsvergabe und eine laufende Lieferantenbewertung nach der<br />
Lieferung durch. Die Qualität der Lieferleistung wird regelmäßig ausgewertet und kann neben Preis,<br />
Produktqualität und anderen Kundendienstleistungen ein wesentliches Argument für oder gegen einen<br />
Anbieter sein.<br />
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Eine besonders hohe Sensibilität für Lieferserviceleistungen haben gewerbliche Kunden bei<br />
Produkten, , die möglichst geringe Bestände aufweisen sollen (Gefahrgü (Gefahrgüter, ter, hohe Kapitalbindung,<br />
hohes Bestandsrisiko durch Überalterung oder Verderb, sperrige Güter) und bei Produkten, die im<br />
Falle eines Stockouts hohe Fehlmengenkosten (z.B. Ersatzteile, Produktionsmaterial mit<br />
Mehrfachverwendung) verursachen.<br />
Auch Merkmale der Beschaffungssituation beeinflussen die Sensibilität des gewerblichen Kunden<br />
für Lieferserviceleistungen und – –unterschiede: unterschiede: Liegt beim Kunden ein Terminengpass vor, hat er ein<br />
besonders starkes Interesse an einem Anbieter, der schnell und flexibel lief liefert. ert. Für Aktionsware ist<br />
zunächst die Termintreue als Fähigkeit, die vereinbarte Liefermenge zum vereinbarten Termin zu<br />
liefern, wichtiger als eine kurze Lieferzeit. Während der Laufzeit der Promotion ist bei überraschend<br />
hohem Absatzerfolg eine schnelle NNachlieferung<br />
achlieferung von besonderer Bedeutung für den Absatzmittler,<br />
einerseits um drohenden Imageverlusten bei den Kunden vorzubeugen und andererseits um das<br />
Absatzpotenzial der Aktion voll auszuschöpfen.<br />
Der private Verbraucher trifft seine Kaufentscheidungen weniger bewusst und rational als<br />
gewerbliche Kunden. Dennoch ist auch in dieser Branche der Lieferservice des Herstellers und des<br />
stationären oder des Versandhändlers von erheblicher Bedeutung für den kurzfristigen und<br />
langfristigen Absatzerfolg. Der priva private te Verbraucher registriert die Verfügbarkeit oder Fehlmenge<br />
bewusst, wenn er die Absicht hatte, einen bestimmten Artikel zu kaufen ( (geplanter geplanter Kauf Kauf). Ist der<br />
gewünschte Artikel nicht vorrätig, hat er die Alternativen einen anderen Artikel der gleichen Marke<br />
oder ein Substitutionsprodukt eines anderen Herstellers zu wählen, den Kauf zu verschieben, auf den<br />
Kauf zu verzichten oder den Händler zu wechseln und dort das gewünschte Produkt zu suchen.<br />
Die Bereitschaft des Kunden, ein Substitutionsprodukt zu wählen wählen, , ist von seiner Marken Marken- und<br />
Lieferantentreue, von der <strong>Dr</strong>inglichkeit des Bedarfs und dem Angebot an geeigneten<br />
Substitutionsprodukten abhängig. Auch die Entfernung zu einem alternativen Handelsunternehmen<br />
und der Preis des gewünschten Artikels spielen dabe dabei i eine wesentliche Rolle. Im Falle des geplanten<br />
Kaufs hat die Regalverfügbarkeit demnach die Funktion, Umsatz Umsatz-, Image- und Kundenverlust zu<br />
vermeiden. Abb. 12 zeigt die Ergebnisse einer empirischen Untersuchung über das<br />
Konsumentenverhalten in Fehlmengens<br />
Fehlmengensituationen:<br />
Abb. 12: : Konsumentenverhalten bei Lieferunfähigkeit (Quelle Hertel 2005 S. 137)<br />
Im Falle eines generell geplanten Kaufs hat der Kunde nur die Warengruppe geplant, in der kaufen<br />
möchte (z.B. Putzmittel, Süßwaren) und entscheidet vor Ort angesichts des verfügbaren Sortiments,<br />
welchen Artikel er kauft. Aus der Sicht des Handels ist hierbei die Verfügbarkeit eines bestimmten<br />
Artikels von untergeordneter Bedeutung. Er muss sicherstellen, dass der Kunde ein breites Sortiment<br />
vorfindet, aus dem er auswählen kann. Regalverfügbarkeit leistet hier einen Beitrag zur Imagebildung<br />
und ist Voraussetzung, dass der Kunde seine Kaufabsicht in die Tat umsetzt.
Im Falle des Spontankaufs hat die Regalverfügbarkeit eine besondere Bedeutung: Sie erinnert den<br />
Kunden an seinen Bedarf (z.B. Glühbirnen) oder weckt Bedarf (z.B. Süßwaren).<br />
Der private Kunde wird bei Aktionsware besonders sensibel auf Bestandslücken reagieren.<br />
Fehlmengensituationen verärgern den Kunden besonders, wenn er das Geschäft wegen einer Aktion<br />
aufgesucht hat. Um den Vorwurf des „Lockvogelangebots“ zu vermeiden, sollte die Aktionsware<br />
während der Gültigkeit des Angebots angemessen verfügbar sein.<br />
2.4 Differenzierte Differenzierte Lieferserviceziele<br />
Lieferserviceziele<br />
Lieferserviceziele<br />
Um das Verhältnis zwischen Kosten für Lieferservice und dessen absatzpolitische Wirkung zu<br />
optimieren, sollte eine selektive Lieferservicepolitik praktiziert werden. Diese zeichnet sich dadurch<br />
aus, dass sie gezielt und systematisch innerhalb des Sortiments (d.h. zwischen den Artikeln),<br />
zwischen Kunden und Absatzmärkten differenziert. Differenzierte Zielvorgaben machen differenzierte<br />
logistische Prozesse und eine differenzierte Bestandshaltung erforderlich.<br />
In einem Handelsunternehmen würde eine entsprechende Differenzierung der Regalverfügbarkeit für<br />
Artikel sowohl Interessen des Händlers als auch Kundeninteressen berücksichtigen:<br />
Für Artikel,<br />
• die nur einen geringen Anteil am Umsatz haben,<br />
• die für das Image eher unbedeutend sind,<br />
• die einen geringen Deckungsbeitrag haben,<br />
• die beim Kunden nur geringe Fehlmengenkosten verursachen,<br />
• die innerhalb des angebotenen Sortiments leicht substituiert werden können,<br />
• die hohe Bestandskosten und ein hohes Bestandsrisiko aufweisen,<br />
• deren Absatz schlecht planbar ist (sporadischer Bedarf)<br />
wird im Konzept der selektiven Lieferservicepolitik ein geringerer Soll-Lieferbereitschaftsgrad als<br />
internes Ziel vorgegeben.<br />
Die <strong>Prof</strong>ilanalyse (vgl. Abb. 12) bildet eine solide Basis, erste grobe Empfehlungen für die<br />
Festlegung des Soll-Lieferbereitschaftsgrades zu geben. Sie dient dazu, Artikel und ihre Hauptkunden<br />
grob zu klassifizieren. Sie kann als qualitatives Verfahren auch dann verwendet werden, wenn<br />
Fehlmengen- und Restbestands- bzw. Bestandskosten nicht quantifiziert werden (können). Für den<br />
betrachteten Artikel werden die oben beschriebenen Einflussfaktoren auf die Bedeutung der<br />
Regalverfügbarkeit eingeschätzt. Liegt das Merkmal vor, ist eine hohe Lieferbereitschaft anzustreben,<br />
liegt das entsprechende Merkmal nicht vor, entstehen durch kurzfristige Regallücken keine<br />
erheblichen Verluste für den Händler. Für den betrachteten Artikel ist erkennbar, dass ein hoher<br />
Lieferbereitschaftsgrad erforderlich ist.<br />
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23<br />
Artikel- und Kundenmerkmale<br />
Artikel wird spontan gekauft X<br />
geringe Sortimentsbreite in der<br />
Warengruppe<br />
Artikel hat geringe Bestandskosten<br />
und -risiko<br />
Artikel hat hohen Anteil am Umsatz<br />
Artikel hat hohen Deckungsbeitrag X<br />
Kunde ist markentreu X<br />
Kunde hat hohe Fehlmengenkosten X<br />
Soll-Lieferbereitschaftsgrad<br />
hoch<br />
Merkmal liegt vor<br />
Abb. 11: Differenzierung der Lieferbereitschaft mittels <strong>Prof</strong>ilanalyse<br />
X<br />
Soll-Lieferbereitschaftsgrad<br />
niedriger<br />
Merkmal liegt nicht vor<br />
Eine Differenzierung nach Kunden kann sich an den Beständen beim Kunden orientieren und an der<br />
<strong>Dr</strong>inglichkeit ihres Bedarfs. Kunden, die das gewünschte Produkt nicht bevorraten und gleichzeitig<br />
einen sehr dringenden Bedarf haben, sind für Unterschiede in der Lieferqualität sehr sensibel (Beispiel<br />
Ersatzteile) und sollten deshalb besonders schnell und zuverlässig beliefert werden können. Bei<br />
Kunden, die den Artikel regelmäßig benötigen und deren Bedarf weniger dringlich ist, weil<br />
Bestellaufträge ihrer Lagerergänzung dienen, werden kurzen und zuverlässigen Lieferzeiten nicht die<br />
gleiche Wertschätzung entgegenbringen. Eine Differenzierung nach Kunden würde aus Sicht eines<br />
Industrieunternehmens Endabnehmer und Vertriebsgesellschaften/Absatzmittler unterscheiden oder<br />
aus der Sicht eines Handelsunternehmens gewerbliche und private Kunden.<br />
Eine Differenzierung nach Absatzmärkten kann unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen und<br />
Entfernungen Rechnung tragen.<br />
Eine besondere Herausforderung ist die Festlegung des Soll-Lieferbereitschaftsgrades für Artikel, die<br />
innerhalb ihrer Verkaufssaison (kurze Haltbarkeit, kurzer Produktlebenszyklus bzw. Saisonware) nur<br />
einmal disponiert werden können und deren Absatz nicht genau bekannt ist. Der<br />
Lieferbereitschaftsgrad wird in diesem Falle durch die Bestellmengen-Entscheidung festgelegt. Eine<br />
Lieferbereitschaft von 100% wird theoretisch erreicht, wenn die in der Verkaufsperiode höchste<br />
denkbare Absatzmenge beschafft und eingelagert wird. Wird diese Absatzmenge später nicht erreicht<br />
entstehen Restbestände, die mit Preisabschlägen verkauft werden müssen oder entsorgt werden<br />
müssen (Restbestandskosten). Wird umgekehrt eine Bestellmenge geordert, die geringer als der<br />
spätere Absatz ist, entstehen Fehlmengenkosten. Zur Bestimmung des optimalen<br />
Lieferbereitschaftsgrades müssen also Restbestands und Fehlmengenkosten abgewogen werden,<br />
allerdings sind diese - ebenso wie der Absatz - unsicher.<br />
X<br />
X
3 Transportkostenmanagement<br />
Transportkostenmanagement<br />
Transportkostenmanagement<br />
3.1 3.1 Wahl Wahl des des Transportmittels<br />
Transportmittels<br />
Vgl. <strong>Melzer</strong>-<strong>Ridinger</strong>, Neumann: Dienstleistung und Produktion. Physica Verlag 2008<br />
3.2 3.2 Indirekte Indirekte Transportsysteme:<br />
Transportsysteme:<br />
Vgl. <strong>Melzer</strong>-<strong>Ridinger</strong>, Neumann: Dienstleistung und Produktion. Physica Verlag 2008<br />
3.3 Fremdbezug Fremdbezug logistischer Dienstleistungen<br />
Logistische Dienstleistungen werden in der Praxis häufig fremdbezogen - Die Alternative BUY kann<br />
bedeuten, dass die logistischen Dienstleistungen vom Lieferanten der physischen Produkte oder dass<br />
sie von einem spezialisierten Dienstleister (dem sog. 3rd party logistics provider) bezogen werden.<br />
Immer häufiger werden nicht nur Transportleistungen, sondern auch die filialgerechte<br />
Kommissionierung, Preisauszeichnung und Regalbewirtschaftung 2 an den Hersteller oder einen<br />
logistischen Dienstleister delegiert.<br />
2 Seit 1996 wird bei der <strong>Dr</strong>ogeriemarktkette dm erfolgreich VMI praktiziert: 16 Hersteller disponieren insgesamt 18 % des<br />
Umsatzes für dm. Seit der Einführung des VMI konnte die Bestandsreichweite um 2 Tage verringert werden, die<br />
Lieferbereitschaft wurde gleichzeitig auf über 98 % gesteigert. vgl. Ester, B., Modtberger, P.: Supply Chain Planning bei dmdrogerie<br />
markt<br />
<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Melzer</strong>-<strong>Ridinger</strong> <strong>SBWL</strong> <strong>II</strong> <strong>Internationale</strong> <strong>Logistik</strong> | 16.01.2009<br />
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Der Fremdbezug logistischer Dienstleistungen verspricht die folgenden Vorteile. Der Dienstleister<br />
bzw. Hersteller hat eventuell Kostenvorteile, die er im Preis weitergeben kann (vgl. Bretzke 1998 S.<br />
393-399),<br />
• Die Erstellung logistischer Dienstleistungen erfordert hohe Investitionen in Transportmittel, Lager-,<br />
Kommissioniersysteme. Logistische Dienstleister und große Hersteller bündeln den Bedarf vieler<br />
Kunden und erzielen Größenvorteile (economies of scale): Investitionen amortisieren sich<br />
schneller, hohe Fixkosten automatischer Kommissionier- und Lagertechnik verteilen sich auf einen<br />
großen Bedarf, sodass die Stückkosten sinken.<br />
• Eigenerstellung der logistischen Dienstleistungen benötigt flexible oder überschüssige<br />
Personalkapazität und Puffer der Betriebsmittelkapazität, um den Lieferservice bei<br />
Bedarfsschwankungen nicht zu gefährden. Im längerfristigen Durchschnitt sind diese Kapazitäten<br />
schlecht ausgelastet und verursachen hohe Fixkosten. Bedient der Dienstleister bzw. Hersteller<br />
mehrere Kunden, gleichen sich deren Bedarfsschwankungen gegenseitig in gewissem Umfange<br />
aus, sodass er mit geringeren Kapazitätspuffern arbeiten kann.<br />
• Logistische Dienstleistungen sind personalintensiv. Der Dienstleister bzw. Hersteller erzielt<br />
eventuell Einsparungen bei den Lohn- und Lohnnebenkosten durch ein geringeres Lohnniveau,<br />
andere Tarifverträge oder andere Sozialgesetzgebung.<br />
• Logistische Dienstleistungen am Produkt (Transport-, Lager- Kommissionierleistungen) müssen<br />
den besonderen Merkmalen der Produkte angepasst werden. Der Hersteller bzw. Dienstleister<br />
erzielt gegenüber dem Handelsunternehmen Kostenvorteile durch Spezialisierung, wenn er über<br />
die größere kumulierte Erfahrung, besonders ausgebildetes Personal, spezialisierte Anlagen und<br />
Prozesse verfügt 3 .<br />
Demgegenüber wirft der Fremdbezug logistischer Dienstleistungen auch einige Probleme auf:<br />
• Wenn logistische Dienstleistungen von einer Vielzahl Lieferanten physischer Produkte bezogen<br />
werden, können die Warenanlieferungen nicht koordiniert werden.<br />
• Mit zunehmender Individualität der fremd zu vergebenden Dienstleistung wächst die<br />
Abhängigkeit von einem fremden Partner. Die Beziehung zum Dienstleister muss als<br />
Wertschöpfungspartnerschaft betrachtet und behandelt werden, die differenzierte organisatorische<br />
und vertragliche Regelungen benötigt.<br />
• Der Auftraggeber muss die Zusammenarbeit mit dem logistischen Dienstleister permanent<br />
überwachen, um die Servicequalität sicherzustellen und um notwendige Vertragsanpassungen zu<br />
erkennen und durchzusetzen. Die hierfür entstehenden Kosten müssen in den Make-or-Buy-<br />
Kostenvergleich einbezogen werden.<br />
Erfolgreiche Beziehungen zum <strong>Logistik</strong> Dienstleister erfordern die Vereinbarung eines Service Level<br />
Agreements. Es dient als Leistungsbeschreibung und legt die zu erbringende Leistung quantitativ und<br />
qualitativ fest und umfasst auch die Festlegung geeigneter Messgrößen und Sanktionen für den Fall<br />
der Schlechterfüllung, wie Gutschriften, Vertragsstrafen oder Kündigungsrechte. Bei der Kontrolle des<br />
Outsourcing-Vertrags sollte überprüft werden, ob die im Service Level Agreement beschriebenen<br />
Leistungsinhalte noch den aktuellen Anforderungen entsprechen und ob die erbrachte Leistung den<br />
geforderten Leistungen entspricht. Eine Vertragsanpassung sollte aus der Sicht des Auftragsgebers<br />
gefordert werden, wenn sich Änderungen ergeben haben, die auf die Kosten des Dienstleisters<br />
3 Beispiele für spezialisierte Full-Service-<strong>Logistik</strong>dienstleister sind die Unternehmensgruppe HM Inter<strong>Dr</strong>ink, die sich auf die<br />
Getränkelogistik spezialisiert hat und Hermes, der für gewerbliche Auftraggeber wie Versandhändler jährlich 200 Millionen<br />
Pakete an die private Haustür liefert.
nachhaltigen Einfluss haben. Dazu zählt beispielsweise die Veränderung des Mischpalettenanteils,<br />
eine Änderung der durchschnittlichen Sendungsgröße, die durchschnittliche Anzahl Aufträge mit<br />
mehreren Auftragspositionen und das durchschnittliche Sendungsgewicht.<br />
Die Entscheidung über Make or Buy logistischer Dienstleitungen muss individuell von Fall zu Fall<br />
getroffen werden. Zur Unterstützung der Entscheidungsfindung kann ein Punktbewertungsverfahren<br />
eingesetzt werden. Es stellt quantitative und qualitative Entscheidungskriterien entsprechend ihrer<br />
jeweiligen Bedeutung gegenüber und fasst die Bewertung zusammen (vgl. Abb.12).<br />
Abb. 12: Punktbewertungsverfahren (Kummer 2006 S. 102)<br />
3.4 INCOTERMS<br />
Frachtkonditionen sind wichtige Komponenten beim Abschluss von Verträgen zwischen Lieferanten<br />
und Kunden. Zu ihrer Festlegung existieren zwei grundlegende Möglichkeiten, sie werden als<br />
„Incoterms“ (Abk. für „International Commercial Terms“; dt.: „<strong>Internationale</strong> Handelsklauseln“)<br />
bezeichnet: Zum einen trägt der Kunde die Frachtkosten, er wird „Ab-Werk“ versorgt; zum anderen<br />
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zahlt der Lieferant die Frachtkosten, er liefert „Frei-Haus". Letztere Variante hat sich in vielen<br />
Branchen etabliert. Es ist jedoch kritisch anzumerken, dass der Lieferant meist nicht wirklich die<br />
Frachtkosten komplett trägt, sondern über einen erhöhten Verkaufspreis einen Teil der Frachtkosten<br />
auf den Kunden abwälzt.<br />
1936 wurden von der <strong>Internationale</strong>n Handelskammer (International Chamber of Commerce, ICC)<br />
erstmals internationale Regeln zur Auslegung von handelsüblichen Vertragsformeln aufgestellt, die<br />
sogenannten „Incoterms 1936“. Um die Klauseln an die jeweils gängige Handelspraxis anzupassen,<br />
wurden Neufassungen veröffentlicht, zuletzt im Jahr 2000. „Ab-Werk“ und „Frei-Haus“ sind zwei der 13<br />
„Incoterms 2000“. Die Incoterms sind Handelsklauseln, die die Rechte und Pflichten der<br />
Vertragspartner eines Kaufvertrages im Hinblick auf die Lieferung von Ware definieren. Sie regeln<br />
unter anderem einen eindeutigen Kosten- und Gefahrenübergang sowie die Transportdokumentation.<br />
CIF COST, INSURANCE, FREIGHT (... named port of destination)<br />
KOSTEN, VERSICHERUNG, FRACHT (... benannter Bestimmungshafen)<br />
CIP CARRIAGE AND INSURANCE PAID TO (... named place of destination)<br />
FRACHTFREI VERSICHERT (... benannter Bestimmungsort)<br />
CPT CARRIAGE PAID TO (... named place of destination)<br />
FRACHTFREI (... benannter Bestimmungsort)<br />
DAF DELIVERED AT FRONTIER (... named place)<br />
GELIEFERT GRENZE<br />
DDP DELIVERED DUTY PAID (... named place of destination)<br />
GELIEFERT VERZOLLT<br />
EXW EX WORKS (... named place)<br />
AB WERK<br />
FAS FREE ALONGSIDE SHIP (... named port of shipment)<br />
FREI LÄNGSSEITE SEESCHIFF (... benannter Verschiffungshafen)<br />
FOB FREE ON BOARD (... named port of shipment)<br />
FREI AN BORD (... benannter Verschiffungshafen)