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Entwicklung und Sozialisation bei progredienter Erkrankung<br />
„gilt schon beinahe als ein obszönes Ereignis, als eine Last, die<br />
durchschnittliche Eltern nicht zu tragen erwarten“ (BÜRGIN 1981,<br />
28). Die überwiegen<strong>de</strong> Interpretation <strong>de</strong>s Sterbens eines Kin<strong>de</strong>s als<br />
zu frühes, abnormes, ungerechtes und unverständliches Sterben,<br />
ist im Gegensatz zu früheren Gesellschaft auch dadurch bedingt,<br />
dass Kin<strong>de</strong>r stärker als Bestandteil <strong>de</strong>r eigenen I<strong>de</strong>ntität <strong>de</strong>r<br />
Erwachsenen begriffen wer<strong>de</strong>n. Die Erwartung eines frühen To<strong>de</strong>s<br />
auf Grund einer progredienten Erkrankung be<strong>de</strong>utet somit immer<br />
auch die Bedrohung <strong>de</strong>r adulten I<strong>de</strong>ntität.<br />
Außer<strong>de</strong>m besteht in unserer Gesellschaft die weit verbreitete Auf-<br />
fassung, dass Kindheit „eine sorglose glückliche Zeit sei“ (ORBACH<br />
1990, 27). Krankheit, Leid und Tod passen nicht in diese Vorstel-<br />
lung von Kindheit. Diese Tatsache unterstützt einen Umgang mit<br />
<strong>de</strong>m Themenkreis Kin<strong>de</strong>r und Tod, <strong>de</strong>r die Integration schmerz-<br />
haften, krankheitsspezifischen und sich auf einen frühen Tod zu be-<br />
wegen<strong>de</strong>n Erlebens von Kin<strong>de</strong>rn nur schwer in das vorherrschen<strong>de</strong><br />
Diktat von Unversehrtheit, Glück, Lebensbeginn und Zukunftspla-<br />
nung zu leisten vermag. Dies hat zur Konsequenz, dass die un-<br />
mittelbar betroffenen Kin<strong>de</strong>r, Jugendlichen, Eltern und Geschwister-<br />
kin<strong>de</strong>r häufig keinen sozial <strong>de</strong>finierten Platz vorfin<strong>de</strong>n, „einen Raum<br />
in unserer Gesellschaft, in <strong>de</strong>m sie alle Gefühle mitteilen, aus-<br />
drücken und leben dürfen“ (WIESE 2003, 10). Die im vorange-<br />
gangenen Abschnitt bereits erwähnte Kin<strong>de</strong>rhospizbewegung hat<br />
auch hier entschei<strong>de</strong>nd dazu beigetragen <strong>de</strong>n scheinbaren Gegen-<br />
satz von Kindheit, Jugend und Leid stärker in das öffentliche Be-<br />
wusstsein zu rücken.<br />
Zur Situation <strong>de</strong>r betroffenen Kin<strong>de</strong>r und Jugendlichen sei ab-<br />
schließend konstatiert, dass die „Sozialisationsbedingungen im<br />
westlichen Kulturkreis auf die individuelle und zwischenmenschliche<br />
Verarbeitung <strong>de</strong>r To<strong>de</strong>sgewißheit nicht so vorbereiten, daß sich<br />
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Heilpädagogik online 02/ 06