Download - sonderpaedagoge.de!

Art Brut, Kreativität und geistige Behinderung
stützung bei ihrem alltäglichen Lebensmanagement benötigen
(auch SACKS 1995; 2000; BLUMENTHAL 2001).
Während sich das öffentliche Interesse für die Werke und Leis-
tungen der „savants“ viele Jahrzehnte in Grenzen hielt, spielte sich
ihr Leben doch bis vor kurzem nur hinter Anstaltsmauern ab, erfuh-
ren andere „selbstgebildete“ Künstler weitaus mehr Aufmerksam-
keit und zum Teil hohe Popularität. So wurde zum Beispiel im euro-
päischen Raum der nicht zuletzt von PICASSO entdeckte und ge-
würdigte Autodidakt Henri ROUSSEAU alsbald zum Repräsentanten
der sogenannten Naiven Kunst gekürt; und in den USA gilt bis heu-
te GRANDMA MOSES als bedeutsamste Repräsentantin der „faux
naives“ und zugleich als die populärste „autodidaktische“ Künstlerin
des 20. Jahrhunderts. Längst hat diese Bildgattung den allge-
meinen Kunstmarkt erreicht, ja erobert; und sie ist in den bekann-
testen Museen, Kunsthallen oder Galerien nicht mehr wegzudenken
– ein Beispiel dafür, dass eine scharfe Grenzziehung zwischen auto-
didaktischer Schulung, akademischer Ausbildung, professioneller
und nicht-professioneller Kunst heutzutage obsolet geworden ist.
Maßgeblich dazu beigetragen haben zudem die kulturellen Entwick-
lungen und Ereignisse in den USA, wo im Unterschied zur euro-
päischen Akademie-Tradition schon immer „self-taught-artists“ als
Motor der etablierten Kunst eine prominente Rolle spielten.
Des Weiteren begegnen wir in außereuropäischen Kulturen, zum
Beispiel in Afrika, Arabien, Südostasien, Südamerika oder auf den
Südseeinseln, einer für uns exotisch anmutenden, außergewöhnli-
chen, unkonventionellen Kunst verschiedenster Volksstämme, die
das Zeugnis von Autodidakten ist und in der Vergangenheit gerne
unter den sogenannten „primitiven Künsten“ gefasst bzw. als Kunst
der „Primitiven“, Exoten, Eingeborenen oder Urbevölkerung dekla-
riert wurde. Im Unterschied zur „Naiven Kunst“ haben diese Arbei-
- 34 -
Heilpädagogik online 02/ 06