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09.02.2013 Aufrufe

Rezensionen die strukturellen Grenzen der Integration aufzeigen (vgl. Kapitel 10: „Considering Inclusive Education“). Konsequenterweise werden Fallbeispiele aus allen möglichen Fördersettings gewählt: von der Sonderschule für Verhaltensschwierige über Sonderklassen bis hin zu Integrationsversuchen. Die zahlreichen Fallbeispiele stammen allesamt aus der langjährigen eigenen sonderpädagogischen Be- rufserfahrung der Autoren und werden nicht nur dezidiert (meist mehrere Seiten lang) aus Sicht der Sonderpädagogen geschildert, um theoretische Überlegungen zu veranschaulichen, sondern auch ausführlich interpretiert und schließlich als Aufgabe zur eigenen Reflexion an den Leser weitergereicht, der hierüber zur eigenen Be- deutungsbildung angeregt wird: Eine konsequente Umsetzung kon- struktivistischer Didaktik in Lehrbuchform! Das Buch ist im großen und ganzen wenig „theorielastig“ (eine in- teressante Parallele übrigens zur Mehrheit der Entwürfe konstruk- tivistischer Pädagogik bei Verhaltensstörungen im deutschspra- chigen Raum!), obwohl es teilweise mit umfangreichen Quellenver- weisen arbeitet. In diesem mangelnden Theoriebezug liegt zugleich der wesentlichen Kritikpunkt, denn die von den Autoren be- schriebenen Vorgehensweisen werden nur teilweise aus konstruk- tivistischen Hypothesen abgeleitet. Es wird hiermit dann teilweise auch fraglich, was an den beschriebenen Maßnahmen nun eigent- lich das spezifisch „Konstruktivistische“ sei. Dieses Problem zeigt sich vor allem an einem der Kardinalpunkte einer konstruktivistisch orientierten Pädagogik bei Verhaltensstö- rungen: Die Frage nach dem Umgang mit den Emotionen der Betei- ligten. Die Problematik sei exemplarisch an einem Aspekt angedeu- tet: Die Autoren bringen eine ganz hervorragende Analyse, die verdeutlicht, warum die Integration bei der Gruppe der sogenann- - 125 - Heilpädagogik online 02/ 06

Rezensionen ten verhaltensgestörten Schüler sich als äußerst schwierig erweist (diese Gruppe bleibt die am wenigsten integrativ beschulte Be- hinderungsgruppe in den USA). Der wesentliche Grund wird darin gesehen, dass die stark abweichenden und unberechenbaren Verhaltensweisen dieser Kinder und Jugendlichen auf andere Betei- ligte, vor allem die Lehrer, höchst irritierend und angstauslösend wirken und zudem permanent die vermeintliche Kontrolle der Un- terrichtssituation infrage stellen. Bei den involvierten Personen (Lehrern und Mitschülern) rufen dann diese Verhaltensweisen häufig starke affektive Reaktionen und Emotionen hervor. – Diese Analyse ist aber nur bedingt von prak- tischem Nutzen, denn aus der konstruktivistischen Perspektive lassen sich nur schwerlich aussagekräftige Positionen beziehen, die theoretisch und wissenschaftlich begründbar sind und es ermögli- chen würden, eine gezielte Reflexion und Bearbeitung emotionaler Reaktionen aus ihnen abzuleiten. Es fehlt hier an konstruktivis- tischen Theoremen, die – etwa vergleichbar zu verschiedenen psy- chodynamischen Ansätzen – diese handlungspraktischen Konse- quenzen auch theoretisch herzuleiten in der Lage wären. Auf theoriebildender Ebene bringt das hier betrachtete Werk keine wesentlichen neuen Erkenntnisse und es vermag das angedeutete konstruktivistische Grundproblem (den Mangel an Erklärungs- und Interpretationswissen über psychische Prozesse) nicht aufzulösen, scheint es nicht einmal zu bemerken. Im Übrigen wird der im kon- struktivistischen Diskurs der deutschsprachigen Sonderpädagogik versierte Leser den Beitrag der systemischen Sichtweise zum Kon- struktivismus vermissen – erhält dafür aber eine kritische Diskussion über den die Fachrichtung in den USA dominierenden lerntheoretischen Ansatz. - 126 - Heilpädagogik online 02/ 06

Rezensionen<br />

ten verhaltensgestörten Schüler sich als äußerst schwierig erweist<br />

(diese Gruppe bleibt die am wenigsten integrativ beschulte Be-<br />

hin<strong>de</strong>rungsgruppe in <strong>de</strong>n USA). Der wesentliche Grund wird darin<br />

gesehen, dass die stark abweichen<strong>de</strong>n und unberechenbaren<br />

Verhaltensweisen dieser Kin<strong>de</strong>r und Jugendlichen auf an<strong>de</strong>re Betei-<br />

ligte, vor allem die Lehrer, höchst irritierend und angstauslösend<br />

wirken und zu<strong>de</strong>m permanent die vermeintliche Kontrolle <strong>de</strong>r Un-<br />

terrichtssituation infrage stellen.<br />

Bei <strong>de</strong>n involvierten Personen (Lehrern und Mitschülern) rufen dann<br />

diese Verhaltensweisen häufig starke affektive Reaktionen und<br />

Emotionen hervor. – Diese Analyse ist aber nur bedingt von prak-<br />

tischem Nutzen, <strong>de</strong>nn aus <strong>de</strong>r konstruktivistischen Perspektive<br />

lassen sich nur schwerlich aussagekräftige Positionen beziehen, die<br />

theoretisch und wissenschaftlich begründbar sind und es ermögli-<br />

chen wür<strong>de</strong>n, eine gezielte Reflexion und Bearbeitung emotionaler<br />

Reaktionen aus ihnen abzuleiten. Es fehlt hier an konstruktivis-<br />

tischen Theoremen, die – etwa vergleichbar zu verschie<strong>de</strong>nen psy-<br />

chodynamischen Ansätzen – diese handlungspraktischen Konse-<br />

quenzen auch theoretisch herzuleiten in <strong>de</strong>r Lage wären.<br />

Auf theoriebil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Ebene bringt das hier betrachtete Werk keine<br />

wesentlichen neuen Erkenntnisse und es vermag das ange<strong>de</strong>utete<br />

konstruktivistische Grundproblem (<strong>de</strong>n Mangel an Erklärungs- und<br />

Interpretationswissen über psychische Prozesse) nicht aufzulösen,<br />

scheint es nicht einmal zu bemerken. Im Übrigen wird <strong>de</strong>r im kon-<br />

struktivistischen Diskurs <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschsprachigen Son<strong>de</strong>rpädagogik<br />

versierte Leser <strong>de</strong>n Beitrag <strong>de</strong>r systemischen Sichtweise zum Kon-<br />

struktivismus vermissen – erhält dafür aber eine kritische<br />

Diskussion über <strong>de</strong>n die Fachrichtung in <strong>de</strong>n USA dominieren<strong>de</strong>n<br />

lerntheoretischen Ansatz.<br />

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