Gerichtsstandsklauseln in allgemeinen ... - epartners Rechtsanwälte
Gerichtsstandsklauseln in allgemeinen ... - epartners Rechtsanwälte
Gerichtsstandsklauseln in allgemeinen ... - epartners Rechtsanwälte
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Alexander Schmid / Jean-Daniel Schmid, <strong>Gerichtsstandsklauseln</strong> <strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> über das Internet abgeschlossenen Verträgen<br />
im B<strong>in</strong>nenkontext, <strong>in</strong>: Jusletter 6. Juni 2011<br />
d) Zum Beweiswert<br />
[Rz 56] Im Urteil wird festgehalten, dass e<strong>in</strong>er der Zwecke<br />
der Formvorschrift von Art. 9 Abs. 2 lit. a GestG <strong>in</strong> der Vermeidung<br />
von Beweisproblemen liege 159 . Um e<strong>in</strong>en weiteren<br />
Moment bei der – fraglos die Formvorschrift von Art. 9 Abs. 2<br />
lit. a GestG bzw. Art. 17 Abs. 2 ZPO erfüllenden – per E-Mail<br />
abgeschlossenen Gerichtsstandsvere<strong>in</strong>barung zu bleiben:<br />
Ihr Beweiswert ist gegenüber e<strong>in</strong>er <strong>in</strong> e<strong>in</strong>facher Schriftform<br />
abgeschlossenen Vere<strong>in</strong>barung reduziert. Zwar liegt der Text<br />
der Vere<strong>in</strong>barung vor. Aus e<strong>in</strong>em E-Mail-Verkehr alle<strong>in</strong>e lässt<br />
sich jedoch weder der tatsächliche Versand noch die Urheberschaft<br />
eruieren 160 . Hierfür s<strong>in</strong>d weitere Beweise 161 nötig.<br />
[Rz 57] Gleich verhält es sich mit Gerichtsstandsvere<strong>in</strong>barungen,<br />
welche auf dem Weg geschlossen werden, welcher<br />
Gegenstand des besprochenen Urteils bildet. Der Anbieter<br />
kann den Text der Gerichtsstandsklausel und den Umstand,<br />
dass e<strong>in</strong>e Person, welche sich als Kunde ausgegeben hat,<br />
der die Gerichtsstandsklausel angenommen hat, ohne weiteres<br />
aufgrund se<strong>in</strong>er Datenbank- und Server-Logs belegen.<br />
Zum Beweis der Identität der handelnden Person und der<br />
Person des Kunden s<strong>in</strong>d – wie bei der Vere<strong>in</strong>barung via E-<br />
Mail – weitere Schritte nötig. E<strong>in</strong>e unterschiedliche Behandlungsweise<br />
dieser beiden Abschlussformen ist somit auch <strong>in</strong><br />
Anbetracht der Ähnlichkeit der sich stellenden Beweisprobleme<br />
abzulehnen.<br />
e) Abschliessende Gedanken<br />
[Rz 58] Wie oben dargelegt wurde, handelt es sich beim<br />
Abschluss von Gerichtsstandsvere<strong>in</strong>barungen im Zusammenhang<br />
mit Webshops durchaus um Übermittlungsformen,<br />
welche den Nachweis durch Text erlauben. Falls es sich – je<br />
nach Art des Webshops und der angebotenen Waren oder<br />
Dienstleistungen – bei der Webseite des Anbieters um e<strong>in</strong>e<br />
<strong>in</strong>vitatio ad offerendum handelt, ist es nötig, dass der Akzept<br />
des Anbieters betreffend die Gerichtsstandsvere<strong>in</strong>barung<br />
ebenfalls die Formvorschrift von Art. 17 ZPO wahrt 162 . Im<br />
159 Urteil, Ziff. II./2.2.a. Siehe zur Beweisfunktion auch reetz peter (Fn. 59),<br />
S. 151 f.<br />
160 Ebenso SpüHler K Arl/reetz peter, Die allgeme<strong>in</strong>en Gerichtsstandsvorschriften<br />
des Gerichtsstandsgesetzes (GestG), <strong>in</strong>: Christoph Leuenberger/Renate<br />
Pfister-Liechti (Hrsg.), Das Gerichtsstandsgesetz, Bern 2001,<br />
S. 11-24, S. 21 f.; WirtH mArKuS (Fn. 51), N 99; Berger BernHArd (Fn. 70),<br />
N 26.<br />
161 Zu denken ist an die Logs der beteiligten Mail-Server, allenfalls die IP-Adresse<br />
der sendenden Partei sowie e<strong>in</strong>e Zuordnung dieser e<strong>in</strong>deutigen Adresse<br />
zu e<strong>in</strong>er Person, welche nur der zuständige Internet-Provider erbr<strong>in</strong>gen<br />
kann. Selbst wenn dieser Beweis erbracht ist, lässt sich damit nicht<br />
abschliessend und def<strong>in</strong>itiv bzw. unzweideutig beweisen, welche Person<br />
tatsächlich den mittels der IP-Adresse identifizierten Internetanschluss<br />
verwendet hat. Schliesslich m<strong>in</strong>dert die Tatsache, dass E-Mails i.d.R. auf<br />
e<strong>in</strong>em veränderbaren Datenträger gespeichert und damit leicht nachträglich<br />
zu verändern s<strong>in</strong>d, den Beweiswert von E-Mails massgeblich.<br />
162 Zu pauschal <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong>fAnger dom<strong>in</strong>iK (Fn. 52), N 26, da <strong>in</strong> den<br />
dortigen Ausführungen nur Webshops erfasst werden, welche als Antrag<br />
zu qualifizieren s<strong>in</strong>d.<br />
14<br />
Idealfall geschieht dies gleich <strong>in</strong> der üblichen Bestätigungs-<br />
E-Mail 163 . Andernfalls – falls es sich bei der Webseite um<br />
e<strong>in</strong> Angebot handelt – dürfte die Übermittlung der Webseite<br />
beim Abschluss des Bestellprozesses durch den Kunden<br />
aufgrund der vorgenannten Gründe den Formerfordernissen<br />
von Art. 17 ZPO genügen.<br />
IV. Fazit<br />
1. Zum Abschluss von Gerichtsstandsvere<strong>in</strong>barungen<br />
im Zusammenhang mit Webshops<br />
[Rz 59] Diejenigen Autoren, welche die Frage aufgreifen, ob<br />
die heute <strong>in</strong> der Praxis üblichen Formen des Abschlusses<br />
von Gerichtsstandsvere<strong>in</strong>barungen im Zusammenhang mit<br />
Webshops den Formvorschriften von Art. 17 Abs. 2 ZPO bzw.<br />
Art. 9 Abs. 2 GestG entsprechen, bejahen dies zumeist ohne<br />
genauer auf die sich stellenden Fragen e<strong>in</strong>zugehen 164 . Das<br />
vorliegend besprochene Urteil lässt Zweifel an diesem – als<br />
selbstverständlich empfundenen – Verständnis entstehen.<br />
[Rz 60] Aufgrund der im vorliegenden Beitrag dargelegten<br />
Gründe ist dem Verständnis des Gerichts zu widersprechen.<br />
Bei genauerer Betrachtung lässt sich erkennen, dass diese<br />
gängige Methode – Abbildung der Gerichtsstandsvere<strong>in</strong>barung<br />
<strong>in</strong> den AGB, Inklusion der AGB mittels Checkbox,<br />
Verweis auf die Gerichtsstandsklausel <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Bestätigungs-<br />
E-Mail 165 – die Formerfordernisse von Art. 17 ZPO erfüllt. Dieses<br />
Ergebnis deckt sich mit dem Willen des Gesetzgebers,<br />
neueren Kommunikationsformen Rechnung zu tragen 166 .<br />
2. H<strong>in</strong>weise für die Praxis<br />
2.1. Vorbemerkung<br />
[Rz 61] Da es sich beim vorliegend besprochenen Urteil<br />
soweit erkennbar um das e<strong>in</strong>zige publizierte Urteil handelt,<br />
welches sich mit dem oben besprochenen Thema befasst,<br />
sche<strong>in</strong>t es <strong>in</strong> der Praxis angezeigt, die Methode, mit welcher<br />
Gerichtsstandsvere<strong>in</strong>barungen im Zusammenhang mit Webshops<br />
abgeschlossen werden, zu überprüfen und gegebenenfalls<br />
anzupassen. Nachfolgend werden daher gestützt<br />
163 Wie dargelegt (vorstehend Kap. II.2.1.) ersche<strong>in</strong>t diesbezüglich die Verwendung<br />
von automatisch generierten E-Mails («Auto-Reply») zulässig.<br />
164 Siehe die <strong>in</strong> Fn. 73 zitierte Literatur.<br />
165 Wie noch darzulegen se<strong>in</strong> wird (nachstehend Kap. IV.2.2.) ist h<strong>in</strong>sichtlich<br />
der Notwendigkeit der Bestätigungs-E-Mail danach zu differenzieren, ob<br />
die Webseite als Angebot oder als blosse <strong>in</strong>vitatio ad offerendum zu qualifizieren<br />
ist.<br />
166 Hierbei handelt es sich um e<strong>in</strong> Ziel, welches bei der Entstehung des GestG<br />
e<strong>in</strong>e Rolle gespielt hat. Siehe Botschaft vom 18. November 1998 zum Bundesgesetz<br />
über den Gerichtsstand <strong>in</strong> Zivilsachen (Gerichtsstandsgesetz,<br />
GestG) (Fn. 58), S. 2850.