Die Kirche Jesu Christi
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3.2 Weite und Deutlichkeit der Bestimmung der <strong>Kirche</strong><br />
<strong>Die</strong> <strong>Kirche</strong> ist bestimmt, als Zeugin des Evangeliums in der Welt Instrument Gottes zur<br />
Verwirklichung seines universalen Heilswillens zu sein. Sie wird dieser Bestimmung gerecht,<br />
indem sie in Christus bleibt, dem unfehlbaren einzigen Instrument des Heils. <strong>Die</strong><br />
Gewißheit der Zuverlässigkeit dieser Verheißung Gottes befreit und ermächtigt die<br />
Christen und <strong>Kirche</strong>n zum Zeugnis vor der Welt und für die Welt.<br />
Da der Zuspruch des Evangeliums dem ganzen menschlichen Leben gilt, weist die Bestimmung<br />
der <strong>Kirche</strong>, Instrument des göttlichen Heilswillens zu sein, sie an alle Bereiche<br />
des Lebens. Es gibt keine Dimension des Lebens, für die der Zuspruch des Evangeliums<br />
nicht gilt, und es gibt keinen Bereich des Lebens, für den Gottes Gebot nicht<br />
Orientierung gewährt. Der umfassende Charakter der ihr aufgetragenen Botschaft bestimmt<br />
die Weite der Bestimmung der <strong>Kirche</strong>. Jede regionale oder nationale Einschränkung<br />
der Praxis von Zeugnis und <strong>Die</strong>nst würde die Universalität des göttlichen Heilswillens<br />
und der in ihm gründenden Bestimmung der <strong>Kirche</strong> widersprechen.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Kirche</strong>n der Reformation haben auf verschiedenen Wegen versucht, der Weite ihrer<br />
Bestimmung und dabei zugleich auch der Deutlichkeit ihres Zeugnisses und <strong>Die</strong>nstes<br />
gerecht zu werden.<br />
− Wo die reformatorischen <strong>Kirche</strong>n als Mehrheitskirche existieren, haben sie der<br />
Weite ihrer Bestimmung in vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens Ausdruck<br />
geben können: in der diakonischen Arbeit der <strong>Kirche</strong>, im Bildungsbereich, im Bereich<br />
der Lebensberatung und in der Öffentlichkeitsarbeit. Der Impuls, kirchliche Arbeit auf<br />
diese Bereiche des gesellschaftlichen Lebens auszudehnen, entsprach der Radikalität<br />
der Einsicht, wonach das Evangelium Anspruch auf das Ganze des Lebens<br />
hat. Heute sehen sich viele volkskirchlich geprägte <strong>Kirche</strong>n vor die Frage gestellt, ob<br />
ihr Engagement in weiten Bereichen gesellschaftlichen Lebens noch die besondere<br />
Eigenart und Unverwechselbarkeit des christlichen Zeugnisses deutlich genug hervortreten<br />
läßt.<br />
− Wo reformatorische <strong>Kirche</strong>n als Minderheitskirche existieren, hat die reformatorische<br />
Einsicht vom Anspruch des Evangeliums auf das Ganze des Lebens zur Unterscheidung<br />
von der gesellschaftlichen Mehrheit geführt. Eine solche Abgrenzung kann<br />
dem Zeugnis zugute kommen und als Befreiung erfahren werden. Sie führt dann zu<br />
einer "nonkonformistischen" Lebensform, die Zeugnischarakter beansprucht. Freilich<br />
ergibt sich dabei oft die Notwendigkeit, diese "nonkonformistische" Zeugnispraxis zu<br />
unterscheiden von unreformatorischem Sektierertum, das sich dem konstruktiven<br />
Einsatz für das Ganze entziehen kann.<br />
<strong>Die</strong> reformatorischen <strong>Kirche</strong>n stehen gemeinsam vor der Aufgabe, der Weite ihrer Bestimmung<br />
gerecht zu werden, ohne die Deutlichkeit ihres Zeugnisses preiszugeben,<br />
und andererseits ihre Botschaft in einer Weise darzustellen, daß die Weite ihrer<br />
Bestimmung, die im umfassenden Zuspruch des Evangeliums begründet ist, nicht<br />
eingeschränkt wird.<br />
Aus der Bestimmung der <strong>Kirche</strong> als Volk Gottes ergibt sich der Auftrag für das Handeln<br />
der Christen als leiturgia (Pflege der gottesdienstlichen Gemeinschaft), zur martyria<br />
(Bezeugung der Wahrheit des Evangeliums in der gesellschaftlichen Öffentlichkeit), diakonia<br />
(der Welt Bestes suchen) und koinonia (Hinarbeiten auf die der Gemeinschaft mit<br />
Gott entsprechende weltliche Gemeinschaft aller Menschen und Geschöpfe).