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Biografiearbeit mit Jugendlichen

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1. Biografie: Intention und Begriff<br />

Intention: <strong>Biografiearbeit</strong> befähigt den Menschen, die eigene Geschichte zu sichten,<br />

wertzuschätzen, einzuordnen und zu erzählen. Die eigene Geschichte erzählen führt<br />

zu einer neuen Art von Identifikation <strong>mit</strong> seiner Vergangenheit und <strong>mit</strong> sich selbst und<br />

lässt Zukunft sichten und planen<br />

Biografie: in lebenslangem Prozess erworbene Aufschichtung von Erfahrungen, die<br />

bewusst oder unbewusst geronnen in unser Handeln eingehen. Erfahrung umfasst<br />

nach diesem Verständnis nicht nur die kognitive Dimension, sondern ist ein<br />

„ganzheitlicher, den Körper und das ganze Spektrum sinnlicher, vorbewusster,<br />

unbewusster und rationaler Potentiale einschliessender Vorgang“ 1<br />

<strong>Biografiearbeit</strong>: ein Mittel zum Verorten des gegenwärtigen Standorts in<br />

entwicklungspsychologischer Hinsicht oder innerhalb des Spannungsfeldes zwischen<br />

kollektiver, gesellschaftlicher und individueller, persönlicher Gestaltung von<br />

Lebensentwürfen.<br />

2. Biografie: Struktur und Spielraum<br />

Menschen verschiedenster Kulturen und Epochen und Wissenschaften haben schon<br />

immer versucht, dem Lebenslauf eine „gesetzmässige“ Ordnung zu geben: Die<br />

Biografie bildet ein derartiges Raster, nach dem den chronologischen Lebensphasen<br />

unterschiedliche Lebensaufgaben zugeordnet werden. Beliebt ist beispielsweise<br />

noch bis vor kurzer Zeit das Bild der „Lebenstreppe“ oder dem „Lebensrad“ gewesen<br />

<strong>mit</strong> einer Auf- und Abstiegsphase und dazwischen einem Höhepunkt.<br />

Charakteristisch für derartige Lebenslaufvorstellungen ist die Annahme, dass Zahl und<br />

Art der Lebensphasen definiert sind und diese eine geordnete Abfolge haben. Sie<br />

bilden das “Sequenzraster“ einer „Normalbiografie“ und diese gibt als Standart ein<br />

allgemeines Orientierungsmuster ab. „Biografie ist (...) nicht die triviale Abfolge von<br />

Lebensereignissen, sondern eine in wesentlichen Teilen vorgegebene soziale Struktur,<br />

die von den Individuen aktualisiert werden muss“ 2<br />

Spätestens in der Folge von 1968 nimmt die Reichweite des „Normallebenslaufs“ als<br />

Orientierungsmuster ab. Im Zuge der technischen Entwicklung und der grossen,<br />

gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Veränderungen, im<br />

Zusammenhang <strong>mit</strong> höherer Mobilität und bedeutenden Migrationswellen, aber<br />

auch <strong>mit</strong> demografischen Veränderungen können wir eine zunehmende<br />

„Deregulierung der Lebensläufe“ beobachten und entsprechend eine Pluralisierung<br />

der Lebensformen. Bisher allgemein(er) anerkannte Werte, Normen und<br />

Rollenvorstellungen werden sowohl individuell als auch gesellschaftlich zunehmend<br />

in Frage gestellt. Zunehmender Rhythmus und unberechenbarere Reichweite von<br />

Veränderungen zwingen uns zu fortlaufenden Anpassungen in einer komplexer<br />

gewordenen Welt.<br />

„Biographien werden komplizierter, individueller, „para-normaler“, zugleich freilich<br />

bunter, autonomer und eigensinniger. Der Lebenslauf scheint sich (...) zu einer Art<br />

1 Herbert Gudjons, Marianne Piper, Birgit Wagner: Auf meinen Spuren, Hamburg 1996, S. 16<br />

2 Peter Alheit: Biographizität als Projekt, Bremen, 1990: S. 14<br />

2

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