Mündlichkeit - elementargermanistik.uni-bremen.de - Universität ...
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Praxis Kin<strong>de</strong>rgarten und Grundschule:<br />
� Die Studieren<strong>de</strong>n machen in einer Einrichtung Ton- o<strong>de</strong>r Vi<strong>de</strong>oaufnahmen, in<strong>de</strong>m sie die Kin<strong>de</strong>r<br />
nacheinan<strong>de</strong>r zu einem festen Thema berichten lassen. Sie suchen durch Nachfragen, genauere Beschreibungen<br />
und Ergänzungen zu erhalten.<br />
� Sie analysieren die Äußerungen auf die Fähigkeit <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r hin, erstens am Thema zu bleiben, zweitens<br />
die Regeln einer Gruppenbefragung einzuhalten.<br />
Themenbeispiele:<br />
� Meine liebsten Spielzeuge<br />
� Mein Zimmer<br />
� Mein Lieblingsessen<br />
� Wie ich meinen Geburtstag feiere<br />
Zweiter Schritt: Erklären und Argumentieren<br />
Beim Beschreiben wie beim Berichten wer<strong>de</strong>n räumlich<br />
o<strong>de</strong>r zeitlich strukturierte Feststellungen getroffen.<br />
In<strong>de</strong>m Feststellungen aufeinan<strong>de</strong>r bezogen wer<strong>de</strong>n,<br />
stellt sich die Frage, wie und in welchem Zusammenhang<br />
die verschie<strong>de</strong>nen Zustän<strong>de</strong> stehen. Ist <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>r Küche von Porzellanscherben übersät, so<br />
fragt sich <strong>de</strong>r Hörer/Leser nach <strong>de</strong>r Ursache <strong>de</strong>r Verän<strong>de</strong>rung.<br />
Wenn die friedlichen Spaziergänger plötzlich<br />
hektisch auseinan<strong>de</strong>r rennen, ist zu klären, was<br />
sie dazu veranlasst. Solche Erklärungen geben zunächst<br />
Eindrücke und Einstellungen wie<strong>de</strong>r, sie erfolgen<br />
als Meinungsäußerung.<br />
Meinungsäußerungen bil<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Ausgangspunkt je<strong>de</strong>r<br />
Diskussion. Sie sind subjektiv ausgerichtet und emotional<br />
gefärbt, sie dürfen selbst Vorurteile zum Ausdruck<br />
bringen. Es ist ja gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Sinn <strong>de</strong>r Diskussion,<br />
diese über die Konfrontation mit an<strong>de</strong>ren Urteilen<br />
zu relativieren und im Verlauf <strong>de</strong>s Diskutierens abzubauen.<br />
In je<strong>de</strong>m Fall stellt die Meinungsäußerung <strong>de</strong>n<br />
entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n ersten Schritt für die Än<strong>de</strong>rung eigener<br />
Einstellungen dar. Erst in<strong>de</strong>m Einstellungen und<br />
Gefühle verbalisiert wer<strong>de</strong>n, können sie ausreichend<br />
ins Bewusstsein treten und damit <strong>de</strong>r sprachlichen<br />
Bearbeitung zugänglich wer<strong>de</strong>n.<br />
Auch wenn die schiere Meinungsäußerung vor <strong>de</strong>r<br />
Klasse o<strong>de</strong>r Gruppe für Schüler schon ein großer<br />
Schritt sein kann, sollte es dabei nicht bleiben. Zu<br />
je<strong>de</strong>r Meinung sollte eine Begründung gefor<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n,<br />
wobei es zunächst nicht um überzeugen<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r<br />
stichhaltige Grün<strong>de</strong> geht, son<strong>de</strong>rn darum, dass über-<br />
Themen:<br />
� Die Rolle von Erfahrung und Emotion bei<br />
<strong>de</strong>r Meinungsbildung<br />
� Die Objektivität als Leitbild wissenschaftlichen<br />
Argumentierens<br />
haupt Grün<strong>de</strong> gesucht und geliefert wer<strong>de</strong>n. Sie wer<strong>de</strong>n<br />
zunächst so kontrovers und unvereinbar ausfallen<br />
wie die Meinungen.<br />
Sie erlauben jedoch im nächsten Schritt weiter zu<br />
fragen, inwieweit die angegebenen Grün<strong>de</strong> mit überprüfbaren<br />
Tatsachen untermauert wer<strong>de</strong>n können.<br />
„Tatsachen“ sind dabei nicht mit <strong>de</strong>r einzig gültigen<br />
„Wahrheit“ zu verwechseln, auch sie fallen selten<br />
genug ein<strong>de</strong>utig aus o<strong>de</strong>r bleiben unwi<strong>de</strong>rsprochen.<br />
Sie beziehen sich jedoch nicht mehr allein auf Einstellungen<br />
und Begründungen einzelner Personen, son<strong>de</strong>rn<br />
müssen sich auf (mehr o<strong>de</strong>r weniger) übereinstimmen<strong>de</strong><br />
Wahrnehmungen, Beobachtungen, Feststellungen<br />
einer ganzen Reihe von Personen zurückführen<br />
lassen. Sie dürfen <strong>de</strong>shalb eine intersubjektive<br />
Gültigkeit o<strong>de</strong>r Zeugenschaft beanspruchen.<br />
Argumentative Begründungen können dabei nach <strong>de</strong>m<br />
Mo<strong>de</strong>ll von Ursache und Wirkung gegeben wer<strong>de</strong>n.<br />
Dafür müssen die dafür verantwortlichen Faktoren aus<br />
ihrem vielfältigen Zusammenhang gelöst und in einer<br />
einsehbaren Folge von Ursache und Wirkung angeordnet<br />
wer<strong>de</strong>n. Sie können auch als wechselseitige Prozesse<br />
beschrieben wer<strong>de</strong>n, wenn sich die beteiligten<br />
Faktoren gegenseitig beeinflussen (systemisches Mo<strong>de</strong>ll).<br />
� Das Mo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>r linearen Kausalität<br />
� Die Rückkopplung im systemischen Mo<strong>de</strong>ll<br />
Geißner, H. (1998): Argumentationspraxis. In: Geißner, H. et al. (Hg.): Gesprächsführung. Führungsgespräche. St. Ingbert.<br />
Van <strong>de</strong>r Meer, E. (2003): Verstehen von Kausalitätszusammenhängen. In: Rickheit, G. et al. (Hg.): Psycholinguistik. Berlin.<br />
Literatur<br />
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