Kinder-Judotag in Heinsberg - Dachverband für Budotechniken ...
Kinder-Judotag in Heinsberg - Dachverband für Budotechniken ...
Kinder-Judotag in Heinsberg - Dachverband für Budotechniken ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
es zu bedenken, dass e<strong>in</strong> Zustand von Schwäche und Angreifbarkeit<br />
oft auf e<strong>in</strong>en Angriff oder auf die Verteidigung gegen e<strong>in</strong>en Angriff<br />
folgt. Dies ausnutzend lässt sich e<strong>in</strong> Gegner auskontern oder durch<br />
Komb<strong>in</strong>ationen überw<strong>in</strong>den.<br />
Günstige Momente <strong>für</strong> e<strong>in</strong>en Angriff kann man also recht gut durch<br />
das Modell der Wandlungen beschreiben.<br />
Mu´i (Wu-wei) und das <strong>in</strong>tuitive Handeln<br />
Die oben beschriebene Kampfweise setzt voraus, dass man sich <strong>in</strong><br />
den Gegner h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>fühlt - körperlich, aber auch mental. Man spürt<br />
sich, den Gegner und muss se<strong>in</strong>e Aktionen komplementär mit dem<br />
Zustand des Gegners synchronisieren. Dies kann man unmöglich<br />
erzw<strong>in</strong>gen, sondern nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em natürlichen Fluss steuern. Hierzu<br />
muss man sich se<strong>in</strong>er Intuition anvertrauen. Voraussetzung da<strong>für</strong> ist<br />
aber, dass man sich von se<strong>in</strong>en Gefühlen und Gedanken lösen kann<br />
(�����������, s. letzte Folge). In diesem Zustand kann man nun<br />
ganz der Situation angepasst agieren.<br />
��, aiki und Kiai<br />
�����������������������������������������������������������������künsten<br />
allgeme<strong>in</strong> als �� bezeichnet, was mit „weich“ oder „sanft“<br />
nur unzureichend übersetzt wird. Unter Verwendung der Vorstellung<br />
von y<strong>in</strong> und ���� kann man ������������������������������������ bedeutet<br />
danach y<strong>in</strong> mit ���� und ���� mit y<strong>in</strong> begegnen.<br />
Da y<strong>in</strong> und ���� nichts weiter als Bezeichnungen <strong>für</strong> unterschiedliche<br />
Zustände von Ki s<strong>in</strong>d, lässt sich nun auch der Begriff aiki (von Ai:<br />
Harmonie) erklären. Das eigene Ki muss mit dem des Partners <strong>in</strong> Harmonie<br />
gebracht werden. Harmonie me<strong>in</strong>t damit das „Große Ganze“,<br />
das nur <strong>in</strong> der komplementären Ergänzung besteht. Letztlich s<strong>in</strong>d ��<br />
und aiki dasselbe - nur die Perspektive der Betrachtung ist e<strong>in</strong>e andere.<br />
Klassischerweise wird �� über die äußeren Umstände der Aktion<br />
(Bewegung, Kraftrichtung usw.) beschrieben, während aiki auf die<br />
<strong>in</strong>neren Umstände der Aktion bezogen ist.<br />
Dreht man die Wortbestandteile von aiki <strong>in</strong> der Reihenfolge um, erhält<br />
man Kiai. Wahrnehmbares Zeichen e<strong>in</strong>es Kiai ist e<strong>in</strong> „Kampfschrei“,<br />
der bei höchster körperlicher Anstrengung entsteht, wenn<br />
schlagartig durch Kontraktion der Rumpfmuskulatur Luft aus der<br />
Lunge herausgepresst wird. Da wie oben dargelegt bei e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>satz<br />
von Ki die Kraftentfaltung <strong>in</strong> der Körpermitte beg<strong>in</strong>nt und von dort<br />
���������������������������������������Kiai <strong>in</strong> der Tat e<strong>in</strong> Zeichen da<strong>für</strong>,<br />
dass die Aktion „aus ���� heraus“ erfolgt ist. Mentale Voraussetzung<br />
<strong>für</strong> e<strong>in</strong>en Kiai ist Issh<strong>in</strong> oder das „Handeln mit ganzem Herzen“.<br />
Zusammenfassung: Welche Lehren haben welche Bereiche der<br />
�����������������������<br />
So, wie die unterschiedlichen Schwerpunkte der Lehren aufgrund ihrer<br />
zahlreichen Verknüpfungen nur sehr pauschal angegeben werden<br />
können, so können auch die Bereiche der Kampfkünste, <strong>in</strong> denen sie<br />
sich zeigen, nur allgeme<strong>in</strong> angedeutet werden. Dennoch ergibt sich<br />
durchaus e<strong>in</strong> Bild von relativ klarer Struktur.<br />
������ begegnet uns zum Beispiel <strong>in</strong> der Gestaltung des klassischen<br />
����, das e<strong>in</strong>en ������ <strong>für</strong> die Gäste und oft e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en ������-<br />
Altar hat. Von allen Kampfkünsten am stärksten mit dem ������ verwurzelt<br />
ist das ����. Der Kampfrichter ist e<strong>in</strong> ���������������, die<br />
22 der budoka 6/2012<br />
JIGOR� KAN� mit Y. YAMASHITA<br />
(später 10. Dan) bei e<strong>in</strong>er Demonstration<br />
von Koshiki-no-<br />
Kata, die aus �������� <strong>in</strong> das<br />
������������ übernommen<br />
hat. �������� war sehr stark<br />
����������������������<br />
������������������������������������������������������������������<br />
Streuen des Salzes symbolisiert Re<strong>in</strong>heit (re<strong>in</strong>igende Wirkung des<br />
Salzes). Des Weiteren gehen viele traditionelle ����-Aktivitäten, wie<br />
z.B. �������������, auf ������-Bräuche zurück.<br />
Buddhismus setzt die Kampfkünste <strong>in</strong> den Kontext der Entwicklung<br />
des Menschen, verweist also auf die persönlichkeitsbildende<br />
Funktion der Kampfkünste. Durch Lösen vom Ego gel<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong> den<br />
Umständen des Kampfes angepasstes Verhalten. Dieses setzt an der<br />
buddhistischen Bewusstse<strong>in</strong>slehre an. Zen-Buddhismus lieferte hierzu<br />
Begriffe und Übungsmethoden. Gleichzeitig können Kampfkünste<br />
auch so betrieben werden, dass sie zu Zen-Wegen werden.<br />
Konfuzianische Vorstellungen bestimmen das soziale Gefüge und<br />
���������������������������������������������������������������<br />
Etikette. Der Neokonfuzianismus <strong>in</strong>tegriert viele der anderen Lehren<br />
und ist die philosophische Basis des ������� des 17.-19. Jahrhunderts.<br />
Die Strategien des Kämpfens werden durch ursprünglich daoistisches<br />
Gedankengut beschrieben. Im Mittelpunkt stehen dabei die Wandlungen<br />
(y<strong>in</strong>/����) und die Vorstellung vom „Weichen, das das Harte“<br />
besiegt. Dies gel<strong>in</strong>gt vor allem durch Mu´i (������), dem Agieren im<br />
E<strong>in</strong>klang mit dem natürlichen Lauf der D<strong>in</strong>ge. Da der Daoismus als<br />
eigenständige Lehre <strong>in</strong> Japan kaum Fuß gefasst hat, ist se<strong>in</strong> Gedankengut<br />
durch Integration <strong>in</strong> den Neokonfuzianismus <strong>in</strong> die Gesellschaft<br />
transportiert worden. Dieser war wiederum als Staatsideologie<br />
<strong>in</strong> der Bildung der Samurai der ���-Zeit omnipräsent.<br />
Anmerkungen:<br />
(1) E<strong>in</strong>ige Elemente des Daoismus gelangten bereits im 6./7. Jahr-<br />
��������������������������������������������������������������������<br />
daoistisches Gedankengut bereits <strong>in</strong> frühen Formen des ������ und<br />
���������������������������������<br />
(2) E<strong>in</strong> zentrales Element des Daoismus und des (Zen-)Buddhismus<br />
ist Ganzheitlichkeit, die <strong>in</strong> den Begriffen Dao, ������� und Satori<br />
steckt. Allen drei ist geme<strong>in</strong>sam, dass man sie nicht logisch-<strong>in</strong>tellektuell<br />
erfassen und erklären kann. Schon Aristoteles wird die Erkenntnis<br />
„das Ganze ist mehr als die Summe se<strong>in</strong>er Teile“ zugesprochen.<br />
Der westlich-wissenschaftliche Ansatz ganzheitlicher Betrachtungen<br />
�������� ������ ��� ��������� ����� ���������������� ���� ���� �������tungsobjekt<br />
möglichst genau und <strong>in</strong> ihren Wechselwirkungen zu erfassen<br />
- e<strong>in</strong> Vorgehen, das nach fernöstlicher Philosophie fehlgehen<br />
muss. Nach fernöstlicher Sichtweise steht h<strong>in</strong>ter allem e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziges<br />
universelles Pr<strong>in</strong>zip.<br />
(3) Die Unterfütterung der Kampfkünste mit theoretischen Konzepten<br />
war erst möglich, nachdem e<strong>in</strong> entsprechender Bildungsstand bei<br />
den Samurai vorhanden war. Von daher ist es ke<strong>in</strong> Zufall, dass der<br />
Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>er fortschreitenden Ausdifferenzierung der Kampfkünste<br />
<strong>in</strong> die zahlreichen ����� und die Entwicklung e<strong>in</strong>er standestypischen<br />
Bildung der Samurai zeitlich <strong>in</strong> dieselbe Epoche - nämlich das 17.<br />
Jahrhundert - fällt.<br />
(4) Das Kämpfen und damit die Kampfkünste wurden <strong>in</strong> der ���-Zeit<br />
durch die Theoriebildung aus den damaligen Welterklärungsmodellen<br />
als Mikrokosmos des menschlichen Dase<strong>in</strong>s betrachtet. Insofern<br />
wurde ihnen zum<strong>in</strong>dest teilweise e<strong>in</strong>e wichtige erzieherische Funktion<br />
zugesprochen.<br />
Literatur (Auswahl)<br />
BRAUN, JULIAN: Der geme<strong>in</strong>same Weg von Schwert und P<strong>in</strong>sel: Philosophie und<br />
Ethik japanischer Kriegskunst der ��������-Zeit (1603-1868); Dissertation<br />
Tüb<strong>in</strong>gen 2006<br />
BRAUN JULIAN: Philosophie Ethik und die Kunst des Kämpfens, 2007<br />
BRAUN JULIAN: Philosophie Ethik und die Kunst des Kämpfens, Bd. 2, 2008<br />
GOERTZ, ERIK: ����� die „weiche Kunst“, und die wichtigsten geistesgeschichtlichen<br />
Aspekte, Magisterarbeit Universität zu Köln, 1994<br />
HANELT, KLAUS: Taschenwörterbuch der Kampfkünste Japans, Verlag Dieter<br />
Born, 2009<br />
WATTS, ALAN: Der Lauf des Wassers, Suhrkamp 1983<br />
Tipp: Die Artikel <strong>in</strong> der Wikipedia zu den religiösen und philosophischen Lehren<br />
Japans und ganz allgeme<strong>in</strong> Asiens s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> guter E<strong>in</strong>stiegspunkt <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e<br />
vertiefende Beschäftigung.